Gemeinschaftswidrigkeit der Kammerumlage 1
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Miterledigte GZ: |
---|
RV/3133-W/09 |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw., vertreten durch Stb., vom und gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Abweisung des Antrages auf Festsetzung der Kammerumlage 1 für den Voranmeldungszeitraum 01-03/2009 mit EUR 0,00 und vom betreffend Abweisung des Antrages auf Festsetzung der Kammerumlage 1 für den Voranmeldungszeitraum 04-06/2009 mit 0,00 entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (Bw) beantragte mit Schreiben vom , die Kammerumlage 1 für den Zeitraum 01-03/2009 mit 0,-- festzusetzen und führte aus, rechnerisch ergäbe sich für die Kammerumlage 1 für das erste Quartal 2009 ein Zahlungsbetrag von EUR 1.762,10,--, der aber aG der Rechtsansicht der Bw nicht geschuldet und nicht zur Einzahlung gebracht werde. Die Selbstberechnung der Kammerumlage 1 mit dem Betrag von EUR 0,-- erfolge mit der Begründung, - dass die abgabepflichtige Gesellschaft eine Steuerpflichtige iSd Art 9 der MwSt-Systemrichtlinie sei; - dass ein Verstoß von § 122 WKG gegen Art 168 MwSt-Systemrichtlinie vorliege. Der Verstoß liege darin, dass Art 168 MwSt-Systemrichtlinie einen Vorsteuerabzug für bestimmte Beträge vorsehe, während Art 122 WKG diese Beträge der Umlagepflicht unterziehe und somit den Vorsteuerabzug in unzulässiger Weise einschränke.
Sohin werde der Antrag gestellt, die Kammerumlage bescheidmäßig mit dem Betrag von EUR 0,-- festzusetzen, jedenfalls aber die Kammerumlage mit Bescheid festzusetzen.
Das Finanzamt (FA) wies mit Bescheid vom diesen Antrag ab und führte in der Begründung aus, das FA sei gem Art 18 Abs 1 B-Vg bei der Berechnung der Kammerumlage 1 zur Anwendung der streitgegenständlichen Gesetzesbestimmung des § 122 WKG und somit zur Festsetzung der Kammerumlage mit € 1.762,10,-- verpflichtet.
Gleichzeitig wurde die Kammerumlage 1 für den Zeitraum 01-03/2009 mit € 1.762,10,-- festgesetzt.
In der Berufung wurde nach Darstellung der Gesetzesbestimmung des § 122 WKG und des Art 168 MwSt-Systemrichtlinie ausgeführt, die Bestimmung des Art 168 MwSt-Systemrichtlinie sei eindeutig, genau und unbedingt und erfülle daher die Voraussetzungen dafür, dass sich ein Einzelner vor den nationalen Behörden und Gerichten auf diese Bestimmung berufen könne. Wie der EuGH in ständiger Rechtsprechung ausführe, folge aus dem Mehrwertsteuersystem, dass die Steuerpflichtigen das Recht auf Abzug der gesamten Steuerbelastung sofort ausüben dürfen, sofern es keine Vorschrift gäbe, die den Mitgliedstaaten eine Einschränkung dieses Rechts gestatte. Da derartige Einschränkungen in allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise gelten müssten, seien Ausnahmen nur in den in der Richtlinie ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig (vgl EuGH 11.7.19919, Rs C-94/90, Lennartz, Rz 27 und , Kommission/Frankreich, Rz 16 und 17).
Es liege daher ein Verstoß von § 122 WKG gegen Art 168 MwSt-Systemrichtlinie vor, welcher darin liege, dass Art 168 MwSt-Systemrichtlinie einen Vorsteuerabzug für bestimmte Beträge vorsehe, während Art 122 WKG diese Beträge der Umlagepflicht unterziehe und somit den Vorsteuerabzug in einer Weise einschränke, die nach der MwSt-Systemrichtlinie nicht ausdrücklich zugelassen sei.
Es werde daher der Antrag gestellt, die Kammerumlage 01-03/2009 mit EUR 0,-- festzusetzen.
Das FA legte die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Finanzsenat (UFS) zur Entscheidung vor.
Weiters beantragte die Berufungswerberin (Bw) mit Schreiben vom , die Kammerumlage 1 für den Zeitraum 04-06/2009 mit 0,-- festzusetzen und führte aus, rechnerisch ergäbe sich für die Kammerumlage 1 für das zweite Quartal 2009 ein Zahlungsbetrag von EUR 1.960,63,--, der aG der Rechtsansicht der Bw nicht geschuldet und nicht zur Einzahlung gebracht werde. Die Selbstberechnung der Kammerumlage 1 mit dem Betrag von EUR 0,-- erfolge mit der Begründung, - dass die abgabepflichtige Gesellschaft eine Steuerpflichtige iSd Art 9 der MwSt-Systemrichtlinie sei; - dass ein Verstoß von § 122 WKG gegen Art 168 MwSt-Systemrichtlinie vorliege. Der Verstoß liege darin, dass Art 168 MwSt-Systemrichtlinie einen Vorsteuerabzug für bestimmte Beträge vorsehe, während Art 122 WKG diese Beträge der Umlagepflicht unterziehe und somit den Vorsteuerabzug in unzulässiger Weise einschränke.
Sohin werde der Antrag gestellt, die Kammerumlage bescheidmäßig mit dem Betrag von EUR 0,-- festzusetzen, jedenfalls aber die Kammerumlage mit Bescheid festzusetzen.
Das FA wies mit Bescheid vom diesen Antrag ab und führte in der Begründung aus, das FA sei gem Art 18 Abs 1 B-Vg bei der Berechnung der Kammerumlage 1 zur Anwendung der streitgegenständlichen Gesetzesbestimmung des § 122 WKG verpflichtet.
Gleichzeitig wurde die Kammerumlage 1 für den Zeitraum 04-06/2009 mit € 1.960,63,-- festgesetzt.
In der Berufung wurde nach Darstellung der Gesetzesbestimmung des § 122 WKG und des Art 168 der MwSt-Systemrichtlinie ausgeführt, die Bestimmung des Art 168 MwSt-Systemrichtlinie sei eindeutig, genau und unbedingt und erfülle daher die Voraussetzungen dafür, dass sich ein Einzelner vor den nationalen Behörden und Gerichten auf diese Bestimmung berufen könne. Wie der EuGH in ständiger Rechtsprechung ausführe, folge aus dem Mehrwertsteuersystem, dass die Steuerpflichtigen das Recht auf Abzug der gesamten Steuerbelastung sofort ausüben dürfen, sofern es keine Vorschrift gäbe, die den Mitgliedstaaten eine Einschränkung dieses Rechts gestatte. Da derartige Einschränkungen in allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise gelten müssten, seien Ausnahmen nur in den in der Richtlinie ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig (vgl EuGH 11.7.19919, Rs C-94/90, Lennartz, Rz 27 und , Kommission/Frankreich, Rz 16 und 17).
Es liege daher ein Verstoß von § 122 WKG gegen Art 168 MwSt-Systemrichtlinie vor, welcher darin liege, dass Art 168 MwSt-Systemrichtlinie einen Vorsteuerabzug für bestimmte Beträge vorsehe, während Art 122 WKG diese Beträge der Umlagepflicht unterziehe und somit den Vorsteuerabzug in einer Weise einschränke, die nach der MwSt-Systemrichtlinie nicht ausdrücklich zugelassen sei.
Es werde daher der Antrag gestellt, die Kammerumlage 04-06/2009 mit EUR 0,-- festzusetzen.
Das FA legte die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem UFS zur Entscheidung vor.
Über die Berufung wurde erwogen:
Der UFS hat bereits mehrfach entschieden, dass die Kammerumlage 1 (§ 122 Wirtschaftskammergesetz idgF; in der Folge kurz: WKG) gemeinschaftsrechtskonform ist (vgl zB ; ; ; , ). Der UFS kam in seinen Entscheidungen zum Schluss, dass die Einforderung der Umlage keine "Rückgängigmachung" der gemäß Art 168 MWSt-Systemrichtlinie gewährten Vorsteuer darstellt und dass ein Verstoß gegen Art 33 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie (neu Art 401) nicht gegeben ist, weil die Kammerumlage keine der Mehrwertsteuer ähnliche Abgabe ist.
Im gegenständlichen Fall ist in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des UFS auszuführen wie folgt (vgl dazu auch Laudacher in SWK 2009, T 145, und die dort zitierte Lehre und EuGH-Rechtsprechung).
Gemäß § 122 Abs 1 WKG idgF kann zur Bedeckung nicht gedeckter Aufwendungen von den Kammermitgliedern eine Umlage nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme eingehoben werden. Die Umlage ist in einem Tausendsatz zu berechnen von jenen Beträgen, die
Z 1: aufgrund der an das Kammermitglied für dessen Unternehmen von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen vom anderen Unternehmer, ausgenommen auf Grund von Geschäftsveräußerungen, als Umsatzsteuer geschuldet werden
Z 2: als Umsatzsteuerschuld auf Grund der an das Kammermitglied für dessen Unternehmen von anderen Unternehmern erbrachten Lieferungen oder sonstigen Leistungen auf das Kammermitglied übergegangen sind (Reverse Charge)
Z 3: aufgrund der Einfuhr von Gegenständen für das Unternehmen des Kammermitgliedes oder aufgrund des ig Erwerbes für das Unternehmen des Kammermitgliedes vom Kammermitglied als Umsatzsteuer geschuldet werden.
Der Tausendsatz beträgt für die Bundeskammer 1,3 vT und für alle Landeskammern einheitlich 1,9 vT der Bemessungsgrundlagen. Das Erweiterte Präsidium der Bundeskammer kann jeweils geringere Tausendsätze beschließen.
Nach § 122 Abs 2 WKG kann für einzelne Gruppen von Kammermitgliedern eine abweichende Bemessungsgrundlage bestimmt werden.
Gem § 122 Abs 5 Z 4 WKG wird die Kammerumlage von Kammermitgliedern, deren Umsätze gemäß § 1 Abs 1 Z 1 UStG 1994, BGBl Nr. 663/1994, jährlich 150.000,00 € nicht übersteigen nicht erhoben.
Es ist zu prüfen, ob § 122 WKG gegen die Art 168 bzw Art 401 der MWSt-Systemrichtlinie verstößt.
Artikel 168 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ("MwSt-Systemrichtlinie") lautet:
"Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden;
b) die Mehrwertsteuer, die für Umsätze geschuldet wird, die der Lieferung von Gegenständen beziehungsweise dem Erbringen von Dienstleistungen gemäß Artikel 18 Buchstabe a sowie Artikel 27 gleichgestellt sind;
c) die Mehrwertsteuer, die für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i geschuldet wird;
d) die Mehrwertsteuer, die für dem innergemeinschaftlichen Erwerb gleichgestellte Umsätze gemäß den Artikeln 21 und 22 geschuldet wird;
e) die Mehrwertsteuer, die für die Einfuhr von Gegenständen in diesem Mitgliedstaat geschuldet wird oder entrichtet worden ist."
Artikel 401 der MwSt-Systemrichtlinie hat folgenden Wortlaut:
"Unbeschadet anderer gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften hindert diese Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern die Erhebung dieser Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübertritt verbunden ist."
Die nunmehr in Geltung stehende Mehrwertsteuersystemrichtlinie trat am in Kraft und löste die Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ab. Die Artikel 17 Abs 2 und Art 33 Abs 1 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie wurden durch die Artikel 168 und 401 der MwSt-Systemrichtlinie ersetzt. Die dabei vorgenommenen Änderungen sind keine Änderungen inhaltlicher Natur.
Art. 401 der MwSt-Systemrichtlinie regelt die Zulässigkeit anderer Abgaben und Steuern neben der Mehrwertsteuer und es sind nach dieser Bestimmung grundsätzlich konkurrierende Abgaben zulässig. Nach der Rechtsprechung des EuGH zu Artikel 33 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie soll durch diese Bestimmung die Einführung von Steuern, Abgaben und Gebühren verhindert werden, die das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems beeinträchtigen, indem sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie kommerzielle Umsätze so belasten, wie es für die Mehrwertsteuer kennzeichnend ist (vgl , Banca popolare di Cremona).
Eine Belastung liegt jedenfalls dann vor, wenn die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer gegeben sind:
1. Allgemeine Geltung der Steuer für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte
2. Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen
3. Erhebung der Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe einschließlich der Einzelhandelsstufe
4. Abzug der auf den vorhergehenden Stufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer, sodass sich die Steuer auf einer bestimmten Stufe nur auf den vorhandenen Mehrwert bezieht und die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen wird.
Wendet man diese Kriterien auf die streitgegenständliche Kammerumlage an, so ist festzustellen, dass der Kammerumlage die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer fehlen und sich eine der Mehrwertsteuer vergleichbare Abgabe auch nicht im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ergibt:
1. Die Kammerumlage ist von den Beträgen zu rechnen, die von anderen Unternehmern auf Grund der an das Kammermitglied erbrachten Lieferungen und sonstigen Leistungen geschuldet werden. Es liegt damit aber keine Bemessung von den Umsätzen der Gegenstände und Dienstleistungen des umlageverpflichteten Kammermitglieds vor.
2. Die Abgabe wird von der Mehrwertsteuer des Vorlieferanten berechnet, daher ist keine proportionale Zuordnung zum Preis des Gegenstandes und der Dienstleistung gegeben.
3. Sie wird auf der Einzelhandelsstufe nicht erhoben.
4. Eine Zuordnung der Belastung der Kammermitglieder auf allfällige Verbraucher ist nicht möglich; die Abgabe wird nicht vom Verbraucher getragen.
Im Zuge der nach der Rechtsprechung des EuGH darüber hinaus anzustellenden Gesamtbeurteilung ist auf die Belastungskonzeption und die Besteuerungstechnik der Kammerumlage abzustellen: Im Gegensatz zur Mehrwertsteuer ist bei der Kammerumlage von der Belastungskonzeption her eine Abwälzung auf den Letztverbraucher nicht beabsichtigt und auch nicht möglich, weil eine genaue Zuordnung der Belastung nicht erfolgen kann. Auch die Besteuerungstechnik der Kammerumlage, und zwar die Bemessung von den Vorsteuern, Einfuhrumsatzsteuern und Erwerbssteuern, deutet nicht auf eine mit der Umsatzsteuer vergleichbare Abgabe hin.
Wenn vorgebracht wird, § 122 WKG verstoße gegen Artikel 168 der MwSt-Systemrichtlinie, da Artikel 168 der MwSt-Systemrichtlinie einen Vorsteuerabzug für bestimmte Beträge vorsehe, während § 122 WKG diese Beträge der Umlagepflicht unterziehe und somit den Vorsteuerabzug in einer Weise einschränke, die nach der MwSt-Systemrichtlinie nicht ausdrücklich zugelassen sei, ist auf das Urteil des EuGH vom, C-318/96, Spar, zu verweisen, indem der EuGH judizierte, dass die Kammerumlage 1 nicht dem Mehrwertsteuerrecht der Gemeinschaft widerspricht, zumal die Artikel 17 Absatz 2 und 33 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie inhaltlich praktisch unverändert in die Artikel 168 und 401 der MwSt-Systemrichtlinie übernommen wurden. Ruppe gelangt in seinem Beitrag "Kein Verstoß der KU 1 gegen Gemeinschaftsrecht" () zur Auffassung, dass die Regelung des § 122 WKG mit einer Beschneidung des Vorsteuerabzuges inhaltlich nichts zu tun habe, da die Kammerumlage 1 nicht an die abziehbaren Vorsteuern anknüpfe, sondern die in Rechnung gestellten Vorsteuern die Bemessungsgrundlage bildeten. Das bedeute aber, so Ruppe aaO, dass ein Unternehmer auch dann mit Kammerumlage 1 belastet sei, wenn er seine Vorsteuern gar nicht oder nur teilweise abziehen könne, weil er zum Beispiel ausschließlich oder teilweise steuerfreie Umsätze im Inland tätige. In diesem Fall bedeute die Kammerumlage 1 offensichtlich keine Beschneidung des Vorsteuerabzuges, sondern eine Zusatzbelastung. Wäre die Kammerumlage 1 inhaltlich als Regelung zu verstehen, die den Vorsteuerabzug wieder teilweise rückgängig machen solle, dürfte sie selbstverständlich nicht erhoben werden, wenn der Steuerpflichtige ohnehin nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Damit sei aber bestätigt, dass die Kammerumlage 1 nicht eine Beschneidung des Rechts auf Vorsteuerabzug bezwecke, sondern dass man eine praktikable und objektive Bemessungsgrundlage für eine Beitragsfinanzierung gesucht habe, die lediglich bemessungstechnisch mit dem Vorsteuerabzug in Verbindung stehe.
Da die Kammerumlage 1 die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer nicht aufweist, kann keine unzulässige Einschränkung des Vorsteuerabzugs iSd Art 168 der MWSt-Systemrichtlinie vorliegen. Hinzugefügt wird, dass daher auch der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer nicht verletzt wird.
Aus diesen Gründen widerspricht § 122 WKG nicht dem Art 168 MWSt-Systemrichtlinie und ist daher anzuwenden.
Die Festsetzungen durch das FA sind der Höhe nach unbestritten. Auch die Bw geht von der richtigen Höhe der festgesetzten Beträge bei Anwendung des § 122 WKG aus.
Es wird darauf hingewiesen, dass der VfGH eine Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der genannten Bestimmung mit Beschluss vom , B 882/09 ff. abgelehnt hat, da die wesentlichen Fragen schon im Erkenntnis vom , B 1933/94 (ergangen zu § 57 HKG), geklärt worden sind.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 122 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998 Art. 168 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1 Art. 401 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at