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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 05.11.2004, RV/0471-I/04

Rechtzeitigkeit der Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie 2002

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/15/0061 (früher 2004/14/0150) eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes C vom betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für das Jahr 2002 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Veranlagung des Berufungswerbers (Bw.) zur Umsatz- und Einkommensteuer 2002 erfolgte mit Bescheiden vom und .

Mit Eingabe vom beantragte der Bw. die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für das Jahr 2002 nach § 201 Abs. 3 Z 1 BAO. Dem Antrag war eine "Beilage zur Einkommensteuererklärung für 2002" zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG (Formular E 108e) von 12.150,00 € beigefügt. Da es sich beim Verzeichnis um eine eigenständige Abgabenerklärung handle, werde ersucht, ein Veranlagungsverfahren durchzuführen. Zum Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärungen für das Jahr 2002 habe die Meinung gegolten, dass Neugründungen von der Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie ausgeschlossen seien. Dies habe sich jedoch später dahin gehend geändert, dass Neugründungen in den Genuss der Prämie kommen, wenn kein Missbrauch vorliege. Ein weiterer Grund sei gewesen, dass das Steuererklärungsformular 2002 keinen Hinweis für ein anzuschließendes Formular E 108e enthalten habe. Es werde daher ersucht, die verspätete Abgabe des Verzeichnisses als entschuldbaren Irrtum zu betrachten.

Der Antrag wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom mit folgender Begründung abgewiesen:

"Gem. § 108e (4) EStG kann die Investitionszuwachsprämie nur in einem der Steuererklärung (§§ 41, 42 EStG) des betreffenden Jahres angeschlossenen Verzeichnis (Formular E 108e) geltend gemacht werden. Das Verzeichnis gilt als Abgabenerklärung.

Nach Ansicht der Abgabenbehörde geht aus der genannten Gesetzesstelle eindeutig und klar hervor, dass die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie mit der Abgabenerklärung zu erfolgen hat. Diese Meinung wird auch in der einschlägigen Fachliteratur geteilt (Zorn in Hofstätter/Reichel, ESt-Kommentar, § 108e Tz 7; Doralt, ESt-Kommentar, § 108e Tz 15) und lässt eine Interpretation im Sinne des Berufungsbegehrens nicht zu. Es ist keinerlei Grund dafür ersichtlich, aus dem Wortlaut des § 108e EStG nicht den Willen des Gesetzgebers abzuleiten, die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie an die Abgabe der Steuererklärung zu binden. Ist aber nach dem Willen des Gesetzgebers die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie an die Abgabe der Steuererklärung gebunden, ergibt sich als Rechtsfolge einer verspäteten Geltendmachung, dass ein die beantragte Prämie abweisender Bescheid (§ 201 BAO) zu ergehen hat.

Im Hinblick auf den Umstand, dass die Geltendmachung der Prämie (aus Platzgründen) nicht in der Steuererklärung (Formular E 1) selbst erfolgen konnte, sondern dafür eine eigene Beilage aufgelegt wurde (Formular E 108 e) toleriert die Verwaltungspraxis die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie (noch) bis zur Zustellung des jeweiligen Abgabenbescheides.

Hinsichtlich der in der Berufungsschrift angeführten Gründe für die verspätete Einreichung des Antrages wird bemerkt, dass die Vorgangsweise der Verwaltung hinsichtlich der Inanspruchnahme der Investitionszuwachsprämie in Zusammenhang mit der Neugründung von Unternehmen bereits Anfang 2003 bekannt war (vgl. SWK-Heft 6/2003 vom , T 21). Es stand Ihnen somit frei, einen entsprechenden Antrag rechtzeitig mit der am eingereichten Einkommensteuererklärung für 2002 einzubringen.

Im gegenständlichen Fall ist der Einkommensteuerbescheid 2002 bereits am ergangen. Das Verzeichnis (Formular E 108 e) wurde aber erst am bei der Abgabenbehörde eingereicht.

Die Gewährung der Investitionszuwachsprämie gem. § 108e EStG für 2002 war daher wegen verspäteter Geltendmachung nicht mehr möglich".

Dagegen wurde in der Berufung vom eingewendet, dass das Verzeichnis (Formular E 108e) als eigene Abgabenerklärung gelte. Es habe daher ein eigenes Veranlagungsverfahren laut BAO stattzufinden. Die Entscheidung über die Investitionszuwachsprämie sei vom Einkommensteuerverfahren abgekoppelt und müsse nicht im Einkommensteuerverfahren des betreffenden Jahres bei der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer berücksichtigt werden.

Das Gesetz sage zwar, dass die Abgabenerklärung betreffend die Investitionszuwachsprämie mit der Jahreserklärung abzugeben sei. Eine Rechtsfolge bei Nichtabgabe der Abgabenerklärung betreffend die Investitionszuwachsprämie gleichzeitig mit der Einkommensteuererklärung sehe § 108e EStG jedoch nicht vor. Rechtsfolgen einer verspätet abgegebenen Abgabenerklärung bestimme vielmehr § 135 BAO. Die verspätete Gutschrift der Investitionszuwachsprämie stelle jedoch für das Finanzamt keinen Nachteil dar.

Die Rechtsfolge, dass bei einer Einreichung der Abgabenerklärung betreffend die Investitionszuwachsprämie nach Ergehen des Bescheides für das betreffende Jahr die Investitionszuwachsprämie nicht mehr gewährt werden könne, sei weder aus dem EStG noch aus der BAO herauszulesen und daher durch das Gesetz nicht gedeckt.

Von der Änderung de Rechtauffassung hinsichtlich der Neugründung von Unternehmen habe der Bw. leider erst später Kenntnis erlangt. Die Rechtsauslegung des Finanzamts bewirke im Fall des Bw. eine zur Größe des Verschuldens unverhältnismäßige Rechtsfolge.

Über die Berufung wurde erwogen:

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ist davon auszugehen, dass der Bw. Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2002 erstmals mit dem am eingereichten (und am beim Finanzamt eingelangten) Verzeichnis E 108e, das als "Beilage zur Einkommensteuer- /Körperschaftsteuer- oder Feststellungserklärung für 2002" bezeichnet ist, geltend gemacht hat und der - unbekämpft gebliebene - Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 (wie ausgeführt) bereits am ergangen ist. Die Einkommensteuererklärung für 2002 war am eingereicht worden.

Gemäß § 108e Abs. 4 EStG 1988 ist der Steuererklärung ein Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie des betreffenden Jahres anzuschließen (§§ 42, 43). Das Verzeichnis hat die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die daraus ermittelte Investitionszuwachsprämie zu enthalten. Das Verzeichnis gilt als Abgabenerklärung.

Gemäß § 108e Abs. 5 erster Satz EStG 1988 ist die sich aus dem Verzeichnis ergebende Prämie auf dem Abgabenkonto gutzuschreiben, es sei denn, es ist ein Bescheid gemäß § 201 BAO zu erlassen. Gemäß § 108e Abs. 5 letzter Satz EStG 1988 ist die Prämie zu Lasten des Aufkommens an veranlagter Einkommensteuer zu berücksichtigen.

Dem Abgabepflichtigen steht es frei, eine Investitionszuwachsprämie geltend zu machen. Macht er von diesem Recht Gebrauch, ist die Prämie - nach dem insoweit klaren Wortlaut des Gesetzes - in einem Verzeichnis geltend zu machen, das der Steuererklärung des betreffenden Jahres beizuschließen "ist". Darin stimmt die herrschende Lehre überein (vgl. dazu die in der Begründung des angefochtenen Bescheides zitierte Literatur sowie Denk/Gaedke, SWK 2003, S 496, Thunshirn/Untiedt, SWK 2004, S 69, und Unger, SWK 2004, S 775).

Ein Veranlagungsverfahren hat nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen zu erfolgen. Wenn das EStG 1888 für die Investitionszuwachsprämie vorsieht, dass der Steuererklärung - im vorliegenden Fall der Einkommensteuererklärung (§§ 42 EStG) - ein eigenes Verzeichnis für die Investitionszuwachsprämie beizuschließen ist, gibt es damit ausreichend deutlich zu erkennen, dass es der Abgabenbehörde ermöglicht werden soll, eine allfällige Festsetzung der Prämie bereits im Zuge der Veranlagung des Abgabepflichtigen zur Einkommensteuer vorzunehmen. Keineswegs sollte nach der Intention des Gesetzes ein eigenes Veranlagungsverfahren zur Festsetzung der Investitionszuwachsprämie erfolgen. Dies schon deshalb, weil die Prämie (als eine besondere Form der "negativen" Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer) vom Abgabepflichtigen selbst zu berechnen und nur in den Fällen der unrichtigen Berechnung bescheidmäßig festzusetzen ist. Soweit in diversen Gesetzen angeordnet wird, dass Anbringen "als Abgabenerklärung gelten", wird damit der Zweck verfolgt, mit solchen Anbringen jene Rechtsfolgen herbeizuführen, wie sie nach den Rechtsfolgeanordnungen der BAO mit der Abgabe solcher Erklärungen generell verbunden sind (vgl. Ritz, BAO-Handbuch, § 133 Tz 1 ff. sowie zum seinerzeitigen IPrG Nolz, ÖStZ 1982, 75 [79]; siehe weiters § 108e Abs. 5 dritter Satz EStG 1988: "gilt als Abgabe").

Hätte der Gesetzgeber die Begünstigung in den Fällen der Neugründung eines Unternehmens (wie hier im Jahr 2002) ausschließen wollen, wäre im EStG 1988 zweifellos ein entsprechender Ausschlussgrund verankert worden (vgl. Doralt, EStG, § 108e Tz 2). Es blieb dem Bw. daher unbenommen, eine Investitionszuwachsprämie zeitgerecht geltend zu machen (vgl. schon SWK 2002, S 856). Der Ansicht, die verspätete Abgabe des Verzeichnisses sei in den meisten Fällen als ein entschuldbarer Irrtum anzusehen (SWK 2004, S 389) , kann - in dieser Allgemeinheit - nicht gefolgt werden.

Im Hinblick auf die Antragstellung des Bw. gemäß § 201 Abs. 3 Z 1 BAO wäre die Investitionszuwachsprämie mit Null € festzusetzen gewesen. Das Finanzamt hat auch über die "Geltendmachung" der Investitionszuwachsprämie abgesprochen, den - auf § 201 Abs. 3 Z 1 BAO gestützten - Antrag allerdings abgewiesen. Mit Rücksicht auf die Begründung des angefochtenen Bescheides kann jedoch kein Zweifel bestehen, dass der Bw. eine Investitionszuwachsprämie nicht gewährt werden sollte, was - inhaltlich betrachtet - einer Festsetzung der Prämie mit 0,00 € gleichzusetzen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Investitionszuwachsprämie
Rechtzeitigkeit

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at