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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 19.03.2013, RV/0397-F/12

Steuerliche Anerkennung einer Fruchtgenussvereinbarung: Beurteilung der Einkünfte eines Fruchtnießers als originäre Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG 1988

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0397-F/12-RS1
Voraussetzung für die Beurteilung der Einkünfte eines Fruchtnießers als originäre Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG 1988 ist die Übertragung der Einkunftsquelle. Dies setzt voraus, dass der Fruchtgenussberechtigte auf die Einkünfteerzielung Einfluss nehmen kann, indem er am Wirtschaftsleben teilnimmt und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen gestaltet. Dazu gehört unter anderem, dass der Fruchtgenussberechtigte die ihm gemäß § 512 und § 513 ABGB obliegenden Lasten im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Fruchtgenusses (insbesondere Erhaltungsaufwand, Abgaben, Hypothekarzinsen usw.) trägt (vgl. , mwN).

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch betreffend Einkommensteuer 2011 entschieden:

Der Berufung wird im Umfang der Berufungsvorentscheidung teilweise Folge gegeben.

Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Abgabe wird auf die Berufungsvorentscheidung vom verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungsführer hat im Jahr 2009 von seinem Vater im Erbweg das Alleineigentum an der Liegenschaft [Straße] in [Ort] erworben. Das darauf befindliche Wohngebäude hat er im Jahr 2010 saniert und ab vermietet. Der monatliche Mietzins wurde im Mietvertrag (Punkt 7.) mit 950,00 € (netto, ohne Betriebskosten) vereinbart, wobei dieser Betrag laut Punkt 8. des Mietvertrages im Vorhinein mittels Dauerauftrag je zur Hälfte auf ein Konto des Berufungsführers und ein Konto seiner Schwester zu überweisen ist.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 hat der Berufungsführer neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit solche aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 1.701,44 € erklärt, wobei in Übereinstimmung mit dem Mietvertrag die Mieteinnahmen mit der Hälfte des vereinbarten Mietzinses, die Ausgaben hingegen zur Gänze in Ansatz gebracht wurden.

Das Finanzamt versagte der Aufteilung der Mieteinnahmen im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 mit der Begründung, die bloße Überlassung von Mieteinnahmen ohne entsprechende (grundbücherlich eingetragene) Rechtseinräumung stelle eine steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung dar, die steuerliche Anerkennung und rechnete die Mieteinnahmen dem Berufungsführer zur Gänze zu.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Berufungsführer zusammengefasst vor, es sei bereits im Rahmen der Erbauseinandersetzung vereinbart worden, dass die Erträge aus der Vermietung des Hauses mit seiner Schwester geteilt würden. Richtig sei, dass bisher kein Notariatsakt über dieses Nutzungsrecht erstellt worden sei, es werde aber in den nächsten Tagen ein diesbezüglicher Notariatsakt erstellt und das Recht im Grundbuch eingetragen. Zudem seien die beantragten Sonderausgaben (Kosten für Wohnraumschaffung, Kirchensteuer) nicht berücksichtigt worden.

Auf Vorhalt des Finanzamtes vom wurde eine Dienstbarkeitsvereinbarung zwischen dem Berufungsführer und seiner Schwester vom vorgelegt, die auszugsweise wie folgt lautet:

FRUCHTGENUSSRECHT:

Seit wird das Objekt [Adresse], zu einem Brutto-Mietzins in Höhe von € 950,00 (Euro neunhundertfünfzig) brutto vermietet. Seit diesem Zeitpunkt tritt Herr XY 50% (fünfzig Prozent) der Mieteinnahme an seine Schwester Frau Dr. Z ab.

Herr XY räumt nunmehr auf Grund dessen seiner Schwester Frau Dr. Z für die Dauer einer Vermietung oder Teilvermietung gegenständlichen Objektes das als Dienstbarkeit grundbücherlich sicherzustellende und vollkommen unentgeltliche Fruchtgenussrecht ob der Liegenschaft EZ [...], rückwirkend seit , ein, jedoch betraglich beschränkt mit 50% (50 Prozent) der Mieteinnahmen des Objektes.

Diese Rechtseinräumung wird als höchstpersönliche Dienstbarkeit vereinbart und gehen Rechte hieraus daher nicht auf die Nachkommen oder Rechtsnachfolger von Frau Dr. Z über.

Frau Dr. Z kann aus dieser Rechtseinräumung keinen Anspruch auf Bewohnung des Gebäudes ableiten.

Die Vertragsparteien kommen überein, dass dieses Fruchtgenussrecht lediglich für den Fall der Vermietung des Einfamilienhauses gilt. Bei Eigenbewohnung durch Herrn XY ruht jeglicher Anspruch von Frau Dr. Z.

Für den Fall des Verkaufs des Gebäudes verpflichtet sich Frau Dr. Z bereits heute zur Unterfertigung einer grundbuchsfähigen Löschungserklärung hinsichtlich des heute eingeräumten Fruchtgenussrechtes, und zwar unverzüglich über jederzeitiges Verlangen ihres Bruders oder von dessen Rechtsnachfolgern.

Frau Dr. Z nimmt diese Rechtseinräumung hiermit ausdrücklich an. Sie bestätigt ausdrücklich, die anteiligen Mieteinnahmen seit überwiesen erhalten zu haben.

In der Folge wurde das Fruchtgenussrecht im Grundbuch eingetragen.

Auf weiteren Vorhalt des Finanzamtes betreffend die Laufzeit des Mietvertrages hat der Berufungsführer eine Zusatzvereinbarung vom vorgelegt, derzufolge das am endende Mietverhältnis zwei Jahre verlängert wird und durch Zeitablauf ohne Kündigung endet.

Mit Berufungsvorentscheidung gab das Finanzamt der Berufung insoweit teilweise statt, als die beantragten Sonderausgaben berücksichtigt wurden. Der Aufteilung der Mieteinnahmen versagte das Finanzamt die steuerliche Anerkennung erneut. Nach umfassender Wiedergabe des Verfahrenslaufs sowie rechtlichen Erwägungen wies das Finanzamt vor allem darauf hin, dass stets der Berufungsführer nach außen als Vermieter aufgetreten sei. Dies sei etwa aus der Unterfertigung der Allonge zum Mietvertrag vom aber auch aus dem Vertragspunkt "Vermieter", in welchem nur der Berufungsführer genannt sei, ersichtlich. Auch erfolge die Einräumung des Fruchtgenusses nicht auf die Dauer von zumindest zehn Jahren, sodass sich die Schwester des Berufungsführers nicht in der von den Einkommensteuerrichtlinien verlangten rechtlich abgesicherten Position befinde. Dies umso mehr, als im Notariatsakt vereinbart worden sei, dass der usus fructus nur für eine solche Zeitdauer eingeräumt werde, als der Berufungsführer die Wohnung nicht für eigene Wohnzwecke nutze. Die vorliegende Vereinbarung vermöge eine vom zivilrechtlichen Eigentum divergierende Einkünftezurechnung somit nicht zu begründen.

Mit Schreiben vom wurde mit der Begründung, den in der Berufungsvorentscheidung geäußerten Einwänden werde Rechnung getragen, die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragt und eine Nachtragsvereinbarung zum Dienstbarkeitsvertrag vom vorgelegt.

Diese lautet auszugsweise wie folgt:

I.

In Ergänzung zum vorzitierten Vertrag räumt Herr XY nunmehr seiner Schwester Frau Dr. Z das als Dienstbarkeit grundbücherlich sicherzustellende Fruchtgenussrecht am Objekt [Adresse], ausdrücklich und unwiderruflich für die Dauer von 10 Jahren ein und Frau Dr. Z nimmt diese Rechtseinräumung ausdrücklich an. Hiermit verbunden ist das Recht auf Bezug von 50% der Mieteinnahmen.

Herr XY verzichtet für diesen Zeitraum, somit bis (fünfzehnter Februar zweitausendeinundzwanzig), ausdrücklich auf einen Widerruf dieser Dienstbarkeitseinräumung und Frau Dr. Z nimmt dies zustimmend zur Kenntnis.

II.

Für den Zeitraum bis verzichtet Herr XY hiermit ausdrücklich darauf, das Objekt [Adresse], auf welche Art immer zu veräußern. Diese Dienstbarkeitseinräumung gilt für den vereinbarten Zeitraum unabhängig vom derzeitigen Mietverhältnis.

III.

Die Fruchtgenussberechtigte, Frau Dr. Z, trägt einvernehmlich 50% der Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Fruchtgenusses (insbesonders Erhaltungsaufwand, Abgaben und Zinsen). Sie nimmt zur Kenntnis, dass ihr daher nur 50% des Nettoertrages verbleiben (Einnahmen abzüglich Aufwendungen).

Frau Dr. Z nimmt seit Februar 2011 auf die Einkunftserzielung Einfluss, sie nimmt am Wirtschaftsleben teil und gestaltet die Nutzungsmöglichkeiten mit.

IV.

Alle Bestimmungen des Dienstbarkeitsvertrages vom , welche mit dieser Nachtragsurkunde nicht im Gegensatz stehen, bleiben aufrecht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG 1988 sind nach Lehre und Rechtsprechung demjenigen zuzurechnen, dem die Einkunftsquelle zuzurechnen ist. Zurechnungssubjekt ist dabei derjenige, der aus der entsprechenden Tätigkeit das Unternehmerrisiko trägt (vgl. Doralt/Toifl, EStG14, § 2 Tz 142, mwN).

Im Zusammenhang mit Einkünften aus einem Fruchtgenussrecht hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass Voraussetzung für die Beurteilung der Einkünfte eines Fruchtnießers als (originäre) Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG die Übertragung der Einkunftsquelle ist (vgl. ; ; ). Wird eine Einkunftsquelle nämlich nicht übertragen, dann bleiben die aus dieser Quelle fließenden Einkünfte grundsätzlich solche des Inhabers der Einkunftsquelle, auch wenn er die "Einkünfte" im Voraus einem anderen abtritt. Die Verfügung des Steuerpflichtigen über die ihm zuzurechnenden Einkünfte stellt in diesem Fall lediglich steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung dar (vgl. , mwN).

Damit eine Einkunftsquelle als überlassen in diesem Sinne angesehen werden kann, muss der Fruchtgenussberechtigte auf die Einkünfteerzielung Einfluss nehmen können, indem er am Wirtschaftsleben teilnimmt und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen gestaltet; dazu gehört, dass der Fruchtgenussberechtigte die ihm gemäß § 512 und § 513 ABGB obliegenden Lasten im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Fruchtgenusses (insbesondere Erhaltungsaufwand, Abgaben, Hypothekarzinsen usw.) trägt (vgl. , mwN). Betreffend die Fruchtnießung an einem Gebäude, aus dem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung fließen, bedeutet dies nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weiters, dass der Fruchtnießer den Bestandnehmern gegenüber als Bestandgeber aufzutreten hat (bei Übernahme bestehender Verträge ist die Vertragsübernahme den Bestandnehmern zumindest anzuzeigen), (neue) Bestandzinsvereinbarungen mit den Bestandnehmern der Fruchtnießer trifft, er Anspruchspartner für die Rechte und Pflichten aus dem Bestandverhältnis ist und die Mieten auf sein Konto überwiesen werden. Bei einem anteiligen Fruchtgenuss gilt dies sinngemäß, dh. in einem solchen Fall hat der Fruchtnießer den Bestandnehmern gegenüber bezüglich seines Anteiles (unter Anzeige der anteiligen Vertragsübernahme) als Bestandgeber aufzutreten (vgl. ).

Eine Eintragung im Grundbuch ist hingegen nicht Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung einer solchen Vereinbarung. Zwar entsteht das dingliche Recht auf Fruchtgenuss an Liegenschaften nach § 481 ABGB durch die Verbücherung (vgl. Hofmann, in: Rummel, ABGB3, § 509 Rz 1) und entspricht eine solche zivilrechtliche Fruchtnießung im Sinne der §§ 509 ff ABGB an einem Bestandobjekt grundsätzlich dem oben dargelegten Bild der Überlassung einer Einkunftsquelle, es kann daraus, dass der Wille der Vertragsparteien nicht auf die Verbücherung gerichtet gewesen ist und nur ein dem Fruchtgenuss inhaltlich ähnliches, obligatorisches Recht begründet wird, aber nicht abgeleitet werden, dass einem solchen Recht keine wirtschaftliche Bedeutung zukommt (vgl. und ; ebenso -F/07, mwN).

Aufgrund der im Einkommensteuerrecht maßgeblichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise genügt allerdings die bloß rechtliche Begründung der Fruchtnießung nicht; es müssen vielmehr auch die tatsächlichen den rechtlichen Verhältnissen entsprechend gestaltet werden (vgl. , mwN). Maßgebend ist dabei, dass der Fruchtgenussberechtigte in der Lage ist, die Dispositionen zur Erzielung der Einkünfte selbst zu treffen. Nach der Verwaltungspraxis ist weiters erforderlich, dass der Fruchtgenuss für eine gewisse Dauer bei rechtlich abgesicherter Position eingeräumt wird, wobei ein Zeitraum von zehn Jahren in der Regel als ausreichend angesehen werden kann (vgl. Doralt/Toifl, EStG14, § 2 Tz 147).

Vor diesem Hintergrund bedarf es nach Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates aber keiner näheren Erörterung, dass der Schwester des Berufungsführers im Streitjahr eine Dispositionsbefugnis hinsichtlich der Vermietungseinkünfte im Sinne einer Gestaltung der Tätigkeit nach eigenen Intentionen nicht zukam. Abgesehen davon, dass nach den unbestrittenen Ausführungen des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung nach außen stets der Berufungsführer als Vermieter aufgetreten ist, hatte die Schwester des Berufungsführers nach der ursprünglichen Vereinbarung Anspruch auf die Hälfte der Mieteinnahmen. Dementsprechend wurde ihr nach Punkt 8. des Mietvertrages auch die Hälfte des Mietzinses überwiesen und hat der Berufungsführer bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die Mieteinnahmen nur zur Hälfte, die Ausgaben hingegen zur Gänze in Ansatz gebracht. Die Schwester des Berufungsführers hatte damit ohne jeden Zweifel keine Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Vermietungsobjekt zu tragen. Folglich kann betreffend das Streitjahr auch nicht von einer Übertragung der Einkunftsquelle ausgegangen werden und können der Schwester des Berufungsführers daher auch keine anteiligen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zugerechnet werden.

Die im Jahr 2012 abgeschlossene und verbücherte Dienstbarkeitsvereinbarung bzw. die in der Folge getroffene Nachtragsvereinbarung vermögen daran nichts zu ändern, kann ein entstandener Abgabenanspruch nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch nachträgliche Dispositionen des Abgabepflichtigen doch nicht beseitigt werden (vgl. und , mwN, sowie Ritz, BAO4, § 4 Rz 11, mwN). Die im Streitjahr mangels (anteiliger) Überlassung der Einkunftsquelle erfolgte Erfassung der gesamten Einkünfte aus der Vermietungstätigkeit beim Berufungsführer kann damit durch die nachträglichen Vereinbarungen ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Zulässigkeit nicht rückwirkend in Wegfall gebracht werden. Ob die im Jahr 2012 getroffenen Vereinbarungen den oben dargelegten Voraussetzungen für eine Einkünftezurechnung Genüge tun, kann an dieser Stelle daher, abgesehen davon, dass die tatsächlichen Verhältnisse entsprechend den rechtlichen Vereinbarungen gestaltet sein müssen, dahingestellt bleiben. Zudem müssten die Einkünfte, sofern das Vorliegen einer gemeinsam bewirtschafteten Einkunftsquelle und damit einer Vermietungsgemeinschaft zu bejahen sein sollte, wohl gemäß § 188 BAO einheitlich und gesondert festgestellt werden.

Gesamthaft gesehen war der Berufung daher insoweit teilweise stattzugeben, als die beantragten Sonderausgaben wie bereits in der Berufungsvorentscheidung zu berücksichtigen waren. Im Übrigen war die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Feldkirch, am

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