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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 19.03.2013, RV/0564-F/12

1. Steuerliche Behandlung von "überobligatorischen" Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen in die 2. Säule des Schweizer Vorsorgekonzepts 2. Voraussetzungen für die Berücksichtigung als steuerlich begünstigte Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Einkommensteuer 2011 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem am Ende der folgenden Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen, das einen Bestandteil dieses Bescheidspruches bildet.

Entscheidungsgründe

Der in Österreich wohnhafte Berufungswerber war im Streitjahr bei der Firma P AG in R, Schweiz, als Drucker beschäftigt. In seiner Steuererklärung machte er u.a. von ihm geleistete Beiträge zur beruflichen Vorsorge (2. Säule des Schweizer Vorsorgekonzepts) als Werbungskosten geltend.

Gegen den Einkommensteuerbescheid legte er mit der Begründung Berufung ein, dass steuerfreie Zulagen und Zuschläge gemäß Lohnzettel nicht berücksichtigt worden wären. In der Folge kam es mit der Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes zu einer Reformatio in Peius. Seitens des Finanzamtes wurde begründend ausgeführt:

Gemäß Art. 8 BVG (Anm.: Schweizer Bundesgesetz über die berufliche Alters- Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge) sei nur der koordinierte Arbeitslohn zwingend zu versichern. Die im Rahmen des Pensionskassenreglements höher einbezahlten Beträge seien laut Gesetz nicht obligatorisch, sondern überobligatorisch und damit keine Pflichtbeiträge iSd § 16 Abs. 1 Z 4 lit. h EStG 1988. Daher könnten für das Streitjahr nur 5% des koordinierten Arbeitslohnes als Pflichtbeiträge berücksichtigt werden, das seien 2.958,00 SFr anstatt 5.089,00 SFr. Den darüber hinausgehenden Arbeitnehmerbeiträgen von 2.131,00 SFr. (=1.702,93 €) komme nur eine Berücksichtigung als Topf-Sonderausgaben gemäß § 18 EStG 1988 zu. Die vom Arbeitgeber bezahlten überobligatorischen Altersgutschriften seien überdies in Höhe von 2.131,00 SFr. als Vorteil aus dem Dienstverhältnis dem Bruttolohn hinzuzurechnen.

Die Nachtarbeitszuschläge seien im angefochtenen Bescheid berücksichtigt worden.

Der Berufungswerber brachte daraufhin einen Antrag auf Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz (Vorlageantrag) ein. Er beantragte "die vollständige Berücksichtigung der Pensionskassenbeiträge". Außerdem sei die von ihm geltend gemachte Schmutz- und Erschwerniszulage nicht berücksichtigt worden.

In einer Stellungnahme zum Vorlageantrag hielt das Finanzamt seine Rechtsmeinung aufrecht, wonach es sich bei den überobligatorischen Beiträgen um keine Pflichtbeiträge handle. Da jedoch laut vorliegendem Reglement 3% Risikobeiträge zu entrichten gewesen wären, werde nunmehr beantragt, diese gemeinsam mit Sparbeiträgen (= 1.774,80 SFr. plus 2.958,00 SFr., zusammen 4.732,80 SFr.) als Werbungskosten zu berücksichtigen, sodass lediglich 356,20 SFr. an überobligatorischen Beiträgen nicht anzuerkennen wären.

Was die Schmutz- und Erschwerniszulagen betreffe, werde darauf hingewiesen, dass laut im Akt aufliegenden Monatslohnzetteln keine solchen ausgewiesen seien. Mangels funktioneller Voraussetzung stehe daher keine Steuerbegünstigung zu.

Im Hinblick auf die Nachtarbeits- und Schichtzuschläge werde beantragt, neben dem schon gewährten Nachtbonus von 1.588,25 SFr. 15% der Nachtschichtzulagen, das sind 1.570,71 SFr. sowie Sonntagszulagen in Höhe von 63,13 SFr. zu erfassen. Samstagsschichtzulagen und Samstagsboni seien gemäß § 68 EStG 1988 nicht steuerbegünstigt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Überobligatorische Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge:

Im Spannungsfeld der kontrovers diskutierten Frage, wie "überobligatorisch" zu leistende Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge sowie die daraus erfließenden Pensionskassenauszahlungen steuerlich zu beurteilen sind, fand im Jänner 2013 an der Außenstelle Feldkirch eine Veranstaltung statt, an der neben UFS-Mitgliedern Vertreter der steuerberatenden Berufe, Finanzamtsvertreter, der Obmann des Grenzgängerverbandes sowie ein Repräsentant einer Schweizer Vorsorgeeinrichtung teilnahmen.

Das Ergebnis der Informationsveranstaltung präsentiert sich in Zusammenschau mit einschlägiger Literatur, Judikatur und sachbezogenem Schriftverkehr wie nachstehend (Riemer/Riemer-Kafka, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz2; Helbling, Personalvorsorge und BVG8; Finanzgericht Baden-Württemberg , 3 K 4156/08; Versicherungsgericht Kanton Basel-Stadt , 121 V 104, E-Mail der St. Galler Steuerverwaltung):

"Berufliche Vorsorge in der Schweiz

Das Drei-Säulen-Konzept

In der Schweiz wird die Alterssicherung von drei verfassungsrechtlich vorgesehenen Säulen getragen. Die staatliche Vorsorge basiert auf dem Umlageverfahren und deckt als erste Säule den Existenzbedarf. Die zweite Säule ist die an das Arbeitsverhältnis gekoppelte berufliche Vorsorge. Sie ist seit 1985 gesetzlich verpflichtend, basiert auf dem Kapitaldeckungsverfahren und soll zusammen mit der ersten Säule die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung ermöglichen. Die berufliche Vorsorge kennt zwei Bereiche, die miteinander verknüpft sind, zahlreiche Gemeinsamkeiten, aber auch gewisse Unterschiede aufweisen. In beiden Teilbereichen liegt beim Arbeitgeber die Verantwortung für die Organisation und Durchführung der Vorsorge. Meist schließt sich der Arbeitgeber in Erfüllung dieser Verpflichtung einer selbständigen privatrechtlichen Vorsorgeeinrichtung an. Beide Bereiche dieser Säule werden grundsätzlich paritätisch durch Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge finanziert, unterstehen der behördlichen Aufsicht und werden steuerrechtlich gleich behandelt. Das sogenannte "Obligatorium" stellt die Säule 2a dar. Für diesen Bereich geben die Gesetze neben Gestaltungsmöglichkeiten relativ strenge Minimalanforderungen vor. Das sogenannte "Überobligatorium" bildet die Säule 2b. Dieser Bereich ist rahmengesetzlich geregelt, bietet den Arbeitgebern Gestaltungsmöglichkeiten, sieht aber auch Gestaltungsgrenzen und staatliche Kontrollen vor. Die dritte Säule ist die individuelle, private bzw freiwillige Vorsorge (-F/08).

Rechtliche Grundlagen der beruflichen Vorsorge (2. Säule)

Die rechtlichen Grundlagen der beruflichen Vorsorge sind die Bundesverfassung, das Stiftungsrecht, das Arbeitsvertragsrecht sowie Spezialvorschriften über die berufliche Vorsorge, Steuerrechtliche Vorschriften sowie Vorschriften mit Bezug zur beruflichen Vorsorge wie zB das Eherecht.

Der Arbeitsvertrag bildet die Basis für alle weiteren hier interessierenden Rechtsbeziehungen. Dies gilt auch für das Obligatorium. Auch die Rechtsbeziehungen im Obligatorium sind somit eine gesetzliche Folge des Arbeitsvertrages. Im überobligatorischen Bereich beruhen die Rechtsbeziehungen auf einem (eigenen) Vertragsverhältnis (Vorsorgevertrag), welches in der Praxis vielfach in den Arbeitsvertrag integriert ist und de facto hinsichtlich Abschluss-, Partnerwahl- und Inhaltsfreiheit stark eingeschränkt ist bzw dem Arbeitnehmer faktisch keine Wahl lässt. Rechte und Pflichten der Vorsorgebeteiligten ergeben sich im Bereich des Obligatoriums unmittelbar und im Bereich des Überobligatoriums (meist) mittelbar aus dem Gesetz. Im Bereich des Obligatoriums ist das Rechtsverhältnis (überwiegend) öffentlich-rechtlicher Natur, im Bereich des Überobligatoriums überwiegend privatrechtlicher Natur. Der Grundsatz der kollektiven Beitragsparität basiert im Bereich des Obligatoriums auf Art. 66 Abs. 1 BVG, im Bereich des Überobligatoriums auf der im wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des Art. 331 Abs. 3 OR. Die zuletzt genannte Bestimmung ist im Bereich des Überobligatoriums neben dem auch hier geltenden Art 66 BVG (arg. reglementarischen Bestimmungen) jene gesetzliche Bestimmung, auf der die Beitragspflicht von AG und AN beruht. Auch hier gilt wie im Bereich des Obligatoriums, dass der AG den gesamten Betrag der Vorsorgeeinrichtung schuldet.

In der Praxis bedeutet dies: Umhüllende Vorsorgelösungen, also mit obligatorischer und überobligatorischer Basis, sind der große Regelfall. Reine obligatorische Vorsorgelösungen gibt es praktisch nicht, werden in der Regel gar nicht angeboten. Basis für den überobligatorischen Bereich ist immer das Obligatorium. Eine ziffernmäßige Trennbarkeit zwischen Obligatorium und Überobligatorium ist bei umhüllenden Lösungen weder beitrags- noch leistungsseitig möglich (ausgenommen im Sparbereich).

Zusammenfassend gilt, dass heute eine sehr große Anzahl von Normen des BVG-Obligatoriumsbereiches auch auf den überobligatorischen Bereich anzuwenden ist.

Sozialversicherung

Die berufliche Vorsorge ist sowohl im obligatorischen als auch im überobligatorischen Bereich dem Eidgenössischen Versicherungsgericht und der Sozialversicherungsgerichtsbarkeit unterstellt. Für Locher ist deshalb auch der überobligatorische Teil der beruflichen Vorsorge Sozialversicherungsrecht.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten des obligatorischen und des überobligatorischen Bereichs

Die gesamte 2. Säule ist insgesamt von privatrechtlicher Organisation getragen. Einzige Ausnahme bilden die öffentlich rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen für Arbeitnehmer der öffentlichen Hand.

Die Finanzierung der gesamten zweiten Säule erfolgt nach dem Kaptialdeckungsverfahren, grundsätzlich durch Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge.

Auch die im überobligatorischen Bereich angesiedelte Personalfürsorgestiftung steht unter staatlicher Aufsicht. Das Aufsichtsverhältnis ist öffentlich-rechtlicher Natur. Die Aufsichtsbehörde tritt gegenüber der Stiftung mit hoheitlicher Gewalt auf. Gemäß Art. 62 Abs. 1 BVG, der gem. Art.49 Abs. 2 auch im üo Bereich gilt, wacht die Aufsichtsbehörde darüber, dass die Vorsorgeeinrichtung (iwS) die gesetzlichen Vorschriften einhält, indem sie insbesondere die Übereinstimmung der reglementarischen Bestimmungen mit den gesetzlichen Vorschriften prüft, Berichterstattung fordert, in Berichte der Kontrollstelle Einsicht nimmt und bestimmte Streitfragen beurteilt.

Sowohl im obligatorischen als auch im überobligatorischen Bereich besteht die Verpflichtung, eine Kontrollstelle zu bestimmen für die jährliche Prüfung der Geschäftsführung, des Rechnungswesens und der Vermögenslage. In diesem Rahmen werden auch die Auszahlungen und die Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften geprüft.

Auch im Bereich des Überobligatoriums ist zwingend auf die Prinzipien der Angemessenheit, Kollektivität, Gleichmäßigkeit, Planmäßigkeit, Versicherungspflicht Bedacht zu nehmen. Dies hat beispielsweise zur Folge, dass Vorsorgelösungen für den Einzelfall nicht zulässig sind.

Die Begünstigtenordnung ist im überobligatorischen Bereich gleich wie im obligatorischen geregelt.

Für den obligatorischen Bereich gelten insbesondere das BVG, für den darüber hinaus gehenden überobligatorischen Bereich die in Art. 49 Abs. 2 BVG aufgezählten Bestimmungen (ua betreffend die Definition und Grundsätze der beruflichen Vorsorge, die paritätische Verwaltung,, die Verantwortlichkeit und Kontrolle, die Vermögensverwaltung und Information der Versicherten), die dort nicht erwähnten Vorschriften über die steuerliche Behandlung, die Bestimmung über die Aufteilung der Beiträge sowie eine Vielzahl weiterer gesetzlicher Bestimmungen. Art. 89a ZGB bestimmt; dass eine Reihe von BVG-Bestimmungen (ua betreffend die Grundsätze der beruflichen Vorsorge, die Verantwortlichkeit, die Zulassung und Aufgaben der Kontrollorgane, die Aufsicht und die Oberaufsicht, die finanzielle Sicherheit und Transparenz, die Rechtspflege, den versicherbaren Lohn und das versicherte Einkommen) auch für Personalfürsorgestiftungen (im überobligatorischen Bereich) gilt. Und auch das Arbeitsvertragsrecht des OR enthält vorsorgerechtliche Gesetzesbestimmungen, die es im überobligatorischen Bereich zu beachten gilt.

Ausländisches Steuerrecht

Obligatorium und Überobligatorium werden vom schweizerischen Gesetzgeber in steuerrechtlicher Hinsicht völlig gleich behandelt (Art. 79a - 84 BVG): Die Vorsorgebeiträge der Arbeitgeber sind unwiderrufliche Zuweisungen an Vorsorgeeinrichtungen und gelten bei diesen vollumfänglich als Geschäftsaufwand. Die laufenden Beiträge der Arbeitnehmer, auch die vom Arbeitgeber finanzierten, sind bei ihnen vollumfänglich abzugsfähig. Demgegenüber sind die Leistungen von Vorsorgeeinrichtungen vollumfänglich einkommensteuerpflichtig. An dem im BVG festgeschriebenen Prinzip der vollen Abzugsfähigkeit einerseits und der nachgelagerten vollen Besteuerung andererseits hat sich durch die 1 BVG-Revision nichts geändert. Die gesetzlichen Bestimmungen zielen klar auf die Förderung der beruflichen Vorsorge und verhindern gleichzeitig Missbrauch, indem auf die Prinzipien der Angemessenheit, Kollektivität, Gleichmäßigkeit, Planmäßigkeit, Versicherungspflicht (zwingend) Bedacht zu nehmen ist, widrigenfalls ein Vorsorgeplan aufsichtsbehördlich nicht genehmigt wird. Durch die nachgelagerte Besteuerung wird die Steuerlast von der aktiven auf die passive Bevölkerung verschoben. Aus der zeitlichen Verlagerung, weiters als Folge der meist niedrigeren Progression und schließlich wegen der begünstigten Besteuerung von Kapitalleistungen nimmt die steuerliche Ergiebigkeit tendenziell ab.

Rechtsverhältnis

Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Arbeitgeber und der Personalfürsorgestiftung sind im Bereich des Obligatoriums vor allem von den Artikeln 39 Abs. 2, 41 und 66 Abs. 1 und 2 BVG, im Bereich des Überobligatoriums von Art. 41 BVG, BVV 2 und Art. 331 Abs. 3 OR geregelt. Die unterschiedlichen Normen sind materiell bewusst in Übereinstimmung gebracht worden.

Unter der Herrschaft des BVG gibt es auch noch Raum für kantonales Recht. So sind die Kantone verpflichtet, die zuständige Aufsichtsbehörde und das zuständige Gericht zu bezeichnen.

Reglement

Dem Reglement kommt im Rahmen des Überobligatoriums die Bedeutung von allgemeinen Geschäftsbedingungen und im Bereich des Obligatoriums von materiellem Recht zu. Bei allen Vorsorgeeinrichtungen mit festem Leistungs- bzw Beitragssystem werden die Einzelheiten des Versicherungsplans im von der Aufsichtsbehörde zu genehmigenden Reglement geregelt. Registrierungspflicht besteht (nur) für Vorsorgeeinrichtungen, die an der Durchführung der obligatorischen Versicherung teilnehmen wollen.

Öffentlich-rechtliche Vorsorgeeinrichtungen

Bund, Kantone und zahlreiche Gemeinden haben als öffentliche Vorsorgeträger ihre Rechtgrundlage im öffentlichen Recht, also im Gesetz, in Verordnungen, in öffentlich rechtlichen Statuten. Bei den privat Angestellten gilt der Beitragsprimat, bei den öffentlich Bediensteten der Leistungsprimat. Im zuerst genannten Bereich gilt das Kapitaldeckungsverfahren, im zweiten das Umlageverfahren. Die Leistungen der zweiten Säule für die öffentlich Bediensteten sind im Vergleich zu jenen der privat Bediensteten geradezu Luxus.

Rechtsvergleich

Während in Österreich 1990 die freiwillige berufliche Vorsorge eingeführt worden ist (Helbling, Personalvorsorge und BVG8, S 45), gibt es in der Schweiz die verpflichtende berufliche Vorsorge seit 1985. Dies zeigt besonders deutlich, dass sich die lohnsteuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz von jenen Österreichs erheblich unterscheiden (siehe auch UFSaktuell, 1/2003, 18). Eine wechselseitige Abstimmung der unterschiedlichen Rechtskreise fehlt. In Teilbereichen wirkt das FZA harmonisierend."

Die solcherart den bisherigen Wissensstand ergänzende und vervollkommnende Information führte bei den Teilnehmern der Veranstaltung zu der Meinungsbildung, dass - kurz umrissen - für Arbeitnehmer in der Schweiz seit Geltung des BVG ganz allgemein eine Verpflichtung besteht, die reglementmäßig vorgesehenen Beiträge, auch die überobligatorischen, an die Pensionskasse zu leisten. Die zunächst auf faktischen und schuldrechtlichen Grundlagen beruhende Verpflichtung ist gesamthaft betrachtet rahmengesetzlich reguliert und aufsichtsbehördlich kontrolliert. Steuerrechtlich und erbrechtlich sind die auf Basis eines Reglements geleisteten Beiträge den obligatorischen Verpflichtungen gleichgestellt. Der Arbeitnehmer kann sich auch im Bereich des Überobligatoriums der gesetzlich verankerten Zahlungsverpflichtung nicht entziehen. Der Terminus "überobligatorisch" darf insofern nicht mit "freiwillig" gleichgesetzt werden. Die ausdrücklich als "freiwillig" bezeichnete Versicherung ist in Art. 4 BVG angesprochen und betrifft die dritte, hier nicht interessierende Säule des Schweizer Vorsorgemodells.

Da das Freizügigkeitsabkommen eine Benachteiligung von auspendelnden Arbeitnehmern untersagt, wären die Arbeitnehmerbeiträge jedenfalls als unter den allgemeinen Werbungskostenbegriff fallend zu werten, würde eine Subsumption unter § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 fehlschlagen. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung () ist im Hinblick auf die geänderte Rechtslage wohl als insofern obsolet zu betrachten.

Was die Seite des Arbeitgebers und die von ihm entrichteten überobligatorischen Arbeitgeberbeiträge betrifft, so scheint es sich oberflächlich betrachtet allenfalls um eine wirtschaftliche, nicht aber um eine gesetzliche Leistungsverpflichtung im hier maßgeblichen Sinne zu handeln. Dass es zumindest einen wirtschaftlichen Zwang zur Gewährung überobligatorischer Anreize gibt, ist aber unstrittig. Auf der allgemeingültigen Regelung von Art. 1 BVG beruhend, wonach auch für den Bereich des Überobligatoriums normiert ist, dass die berufliche Vorsorge den Zweck verfolgt, beim Eintritt des Versicherungsfalles die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise zu erlauben, scheint es vertretbar, eine entsprechende, grundsätzlich gesetzliche Verpflichtung anzunehmen. Vor allem aber spricht Art. 66 BVG, der seiner Textierung nach auch im Bereich des Überobligatoriums Anwendung findet, klar für das Vorliegen einer auch den Arbeitgeber treffenden gesetzlichen Verpflichtung. Denn danach muss zum einen der Beitrag des Arbeitgebers mindestens gleich hoch sein wie die gesamten Beiträge aller seiner Arbeitnehmer. Zum anderen schuldet der Arbeitgeber der Vorsorgeeinrichtung die gesamten Beträge, weshalb er den in den reglementarischen Bestimmungen festgelegten Beitragsanteil des Arbeitnehmers vom Lohn abzieht. Schließlich darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Pensionskassen gemäß der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterbliebenen- und Invalidenvorsorge vom (BVV 2) verpflichtet sind, bei der inhaltlichen Ausgestaltung die Grundsätze der Angemessenheit , Kollektivität, Gleichbehandlung, Planmäßigkeit sowie das Versicherungsprinzip zu beachten. Die in § 124 b Z 53 EStG 1988 vorgesehene Gleichstellung der Besteuerung von Pensionskassenabfindungen aufgrund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen untermauert eine solche Auslegung.

Geht man aber von einer ausländischen gesetzlichen Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beitragsleistung aus, so muss eine Erfassung dieser Arbeitgeberbeiträge auf Arbeitnehmerseite bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit iSd § 26 Z 7 lit. a, zweiter Teilstrich, EStG 1988 verneint werden, ohne dass es darüber hinausgehend der Untersuchung eines allenfalls vorliegenden (eingeschränkten) Zuflusses bedarf.

Bei Ablehnung der Anwendbarkeit der oben genannten Gesetzesstelle und Annahme eines steuerpflichtigen Zuflusses bei Arbeitnehmern mit Grenzgängereigenschaft, baut wohl auch hier das Freizügigkeitsabkommen eine Schranke auf, die der Benachteiligung auspendelnder Steuerpflichtiger entgegensteht (vgl. Schreiben der Europäischen Kommission vom , 4211/12/TAXU).

In zusammenfassender Würdigung ist der UFS zu der Rechtsmeinung gelangt, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Schweiz seit 1985 nicht nur arbeitsvertraglich bzw. obligationenrechtlich (ZGB, OR), sondern letztlich auch öffentlich-rechtlich verpflichtet sind, die im Reglement vorgesehenen Beiträge in die Vorsorgeeinrichtung einzubezahlen (Art.66 BVG, BVV 2). Dies bedeutet ein Abrücken von den Berufungsentscheidungen des -F/09 und vom , RV/0296-F/09, die sich offenbar nicht vertieft mit der ausländischen Rechtslage auseinandersetzten und den Terminus "überobligatorisch" unzutreffend mit "freiwillig" gleichsetzten. Die festgestellte Verpflichtung trifft alle Arbeitnehmer von Schweizer Arbeitgebern, somit auch alle Grenzgänger. Die faktische, obligationenrechtliche und durch öffentliches Recht rahmengesetzlich geregelte und kontrollierte Verpflichtung zur Beitragsleistung geht über eine rein dienstvertragliche, aber auch über eine kollektivvertragliche Verpflichtung in ihrer Intensität und Breitenwirkung hinaus. Insofern steht auch die Judikatur des VwGH betreffend die Nichtanerkennung kollektivvertraglich verpflichtender Beiträge einer Auslegung im dargelegten Sinn nicht entgegen (, ) und entspricht dem auch die in LStR 2000 Rz 245b und EAS 3081 zum Ausdruck gebrachte Rechtsmeinung des BMF.

Von einer derartigen Auslegung ist seit der verpflichtenden Einrichtung der beruflichen Vorsorge auszugehen. Hinsichtlich der Arbeitgeberbeiträge manifestiert das Freizügigkeitsabkommen auch eine abkommensrechtliche Verpflichtung. Es wäre nämlich eine unzulässige Diskriminierung von Grenzgängern, wenn die meist pauschal zu deren Gunsten verpflichtend zu leistenden Arbeitgeberbeiträge - im Unterschied zu jenen für inländische Arbeitnehmer - steuerlich erfasst würden (anders im deutschen Steuerrecht, das ausgaben- wie auch einnahmenseitig in einer Weise differenziert, die dem österreichischen Ertragsteuerrecht fremd ist sowie eine Gleichsetzung von Gesetz und Statuten nicht kennt).

Aus verfassungsrechtlicher Sicht scheint es im Übrigen im Hinblick auf die unterschiedliche Behandlung von Beiträgen bei privat angestellten Arbeitnehmern und öffentlich Bediensteten unsachlich und nicht gerechtfertigt, angesichts dem Grunde und der Höhe nach vergleichbarer Leistungen aus Pensionskassen im überobligatorischen Bereich, die entsprechenden Beiträge unterschiedlich zu behandeln, weil sie im einen Fall von der öffentlichen, im anderen von einer privaten Hand getragen werden.

Im Sinne der obenstehenden Analyse kann es - hierüber bestand Uneinigkeit in der UFS-Rechtsprechung - hinsichtlich Bezügen und Vorteilen aus ausländischen Pensionskassen dahingestellt bleiben, ob die Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 eher systematisch (vgl. -F/09 und , RV/0296-F/09, , Reiner/Reiner, Festschrift Doralt, 350) oder rein wörtlich (vgl. -G/09) auszulegen ist. In beiden Fällen ist nämlich das Resultat ident. Einerseits stellen nach dem Ausgeführten auch die im Bereich des Überobligatoriums aufgrund von Reglements verpflichtend zu leistenden Arbeitnehmerbeiträge seit Einführung der verpflichtenden beruflichen Vorsorge Werbungskosten und die korrespondierenden Arbeitgeberbeiträge nicht steuerbare Einkünfte dar. Andererseits wurden sowohl die Arbeitnehmer- als auch die Arbeitgeberbeiträge aufgrund der dargelegten aus- und inländischen Rechtslage nach in der bisherigen Praxis gepflogenem Usus steuerlich voll zum Abzug zugelassen bzw. nicht erfasst. Ein Auseinanderklaffen zwischen Gesetzeslage und faktischen Gegebenheiten ist daher nicht feststellbar.

Für den Berufungsfall bedeutet dies:

  • Die vom Berufungswerber in die zweite Säule der Schweizer Pensionskasse einbezahlten Beiträge sind auch im überobligatorischen Bereich als Pflichtbeiträge nach ausländischem Recht einzustufen und als Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. h EStG 1988 absetzbar.

  • Auch die vom Arbeitgeber bezahlten überobligatorischen Beiträge haben ihre Grundlage nach dem vorstehend Ausgeführten in einer ausländischen gesetzlichen Verpflichtung, weshalb sie gemäß § 26 Z 7 lit. a, zweiter Teilstrich, EStG 1988 nicht unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit fallen.

  • Für beide Konstellationen von Beitragszahlungen im überobligatorischen Bereich steht im Übrigen das Freizügigkeitsabkommen einer Benachteiligung auspendelnder steuerpflichtiger Arbeitnehmer entgegen.

Schmutz- und Erschwerniszulage:

Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 sind u. a. Schmutz- Erschwernis- und Gefahrenzulagen bis zu 360 € monatlich steuerfrei. Nach herrschender Lehre (vgl. Doralt15, EStG, § 68 Tz 10 ff) müssen für die steuerliche Begünstigung drei Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sein. Schon bei Fehlen einer Voraussetzung kommt die Begünstigung nicht in Betracht.

  • Voraussetzung funktioneller Art: Die Zulage bzw. der Zuschlag muss neben dem Grundlohn gewährt werden. Das heißt, es ist unzulässig, Zulagen lediglich rechnerisch aus dem Grundlohn herauszuschälen. Schon die Bedeutung des Begriffes "Zulagen und Zuschläge", mit dem ein zusätzlicher Lohnbestandteil angesprochen wird, macht deutlich, dass das Tatbestandsmerkmal des Vorliegens einer Tätigkeit, die etwa mit einer Verschmutzung des Arbeitnehmers verbunden ist, für sich allein noch nicht zur Steuerfreiheit eines Teiles des für solche Arbeiten bezahlten Lohnes führen kann.

  • Voraussetzung formeller Art: Anspruch auf Steuerbegünstigung besteht demnach nur dann, wenn die Zulagen aufgrund von lohngestaltenden Vorschriften bezahlt werden. Diese Bedingung ist auch dann erfüllt, wenn die Zulagen zumindest innerbetrieblich allen Arbeitnehmern oder einer bestimmten Gruppe von Arbeitnehmern gewährt werden.

  • Voraussetzung materieller Art: Der Arbeitnehmer muss tatsächlich Arbeiten verrichten, die nach ihrer Art und nach ihrem Ausmaß die gewährte Zulage dem Grunde und der Höhe nach rechtfertigen. Hiezu ist die Kenntnis von Art, Ausmaß der Dienstpflichten und der Arbeitsbedingungen des Arbeitnehmers erforderlich. Auch pauschalierte Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen können begünstigt besteuert werden. Voraussetzung hiefür ist allerdings, dass über eine längere Zeit Aufzeichnungen geführt werden, aus denen sich die tatsächlich geleisteten Stunden und die Tatsache, dass die Arbeit überwiegend unter zuschlagswürdigen Umständen erfolgt, ergeben.

Umgelegt auf den Streitfall bedeutet dies: Überprüft man das Vorliegen der Voraussetzung funktioneller Art, ist festzustellen, dass zwar der von der Permapack AG ausgestellte Jahreslohnausweis einen Betrag von 4.200,00 SFr. für Schmutz-, Erschwernis-und Gefahrenzulagen ausweist, sich jedoch in keinem der im Akt aufliegenden Monatslohnausweise ein entsprechender Posten befindet. Dies ist umso erstaunlicher wenn man berücksichtigt, dass die Monatslohnabrechnungen in sehr detaillierter Weise Positionen für Früh- und Spätschicht, Nachtschicht, Samstagsschicht, Leistungsprämie, Samstags- und Sonntagsbonus und Nachtbonus sowie 13. Und 14. Monatslohn wiedergeben, wobei jeder Monat individuell unterschiedlich ist.

Für den Unabhängigen Finanzsenat muss der Eindruck entstehen, dass der Jahreslohnausweis "für österreichische Arbeitnehmer in der Schweiz", der laut einem darauf befindlichen Vermerk "zuhanden der österreichischen Finanzbehörde erstellt" wurde, in einer dem in Österreich steuerpflichtigen Grenzgänger entgegenkommenden Art einen Betrag unter dem Titel "Zulage" aus dem Grundlohn herausgeschält hat. Die Monatslohnabrechnungen hingegen, die an den Berufungswerber persönlich adressiert sind, geben die tatsächlichen Verhältnisse wieder.

Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass realiter zusätzlich zum Grundlohn Schmutz- Erschwernis- oder Gefahrenzulagen gewährt wurden.

Wegen nichterfüllter funktioneller Voraussetzung ist daher eine Überprüfung des allfälligen Vorliegens der formellen und materiellen Voraussetzungen entbehrlich und war dem Berufungswerber die beantragte Begünstigung zu versagen.

Nachtschichtzulagen, Sonntagszulagen:

Im von der Abgabenbehörde I. Instanz vorgeschlagenen Umfang (siehe oben) wurden zusätzliche Beträge für Nacht- und Sonntagsarbeit berücksichtigt, das sind also insgesamt 3.222,09 SFr. Reine Schichtzulagen sind nicht begünstigt. Hinsichtlich Samstagszulagen und -boni wird auf das von der Abgabenbehörde I. Instanz Ausgeführte verwiesen.

Insgesamt war wie im Spruch zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
Huisman/Turcan in SWI 2016, 200

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at