Reparaturkosten nach einem Verkehrsunfall auf der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Mag. Eva Woracsek und die weiteren Mitglieder Mag. Margit Mayr, KR Gregor Ableidinger und Dr. Franz Kandlhofer über die Berufung des Bw., vertreten durch Stb., gegen den Bescheid des FA betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2006 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) ist Polizeibeamter und erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In der elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006 machte er sonstige Werbungskosten (Reparaturkosten des privaten Kfz nach Auffahrunfall) in Höhe von € 5.432,00 geltend.
Über Ergänzungsersuchen des zuständigen Finanzamtes (FA) teilte er mit, dass der geltend gemachte Betrag die Reparatur seines Kfz Corolla Verso, Kennzeichen X1, nach einem Unfall am früh auf seinem Arbeitsweg von B. nach W. betroffen habe. Der Unfall habe sich auf der B4 zwischen B. und G. ereignet, indem sein Corolla infolge kurzer Unachtsamkeit auf ein aus verkehrstechnischen Gründen (Baustelle) bereits angehaltenes Kfz aufgeprallt sei. Dieser reine Sachschaden-Unfall sei mit Schaden-Nr. XY bei seiner Versicherung erfasst worden.
In der Tiefgarage des Arbeitgebers I. sei ihm ein amtlicher Abstellplatz zugewiesen, wofür monatlich etwa € 52,00 vom Monatsbezug einbehalten würden. Er benütze diesen Abstellplatz regelmäßig entweder mit seinem Pkw X1 oder X2, weil er für die beruflich veranlasste Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte immer das eigene Kfz benutze. Zufolge RL stehe es ihm dabei frei, ob er öffentliches MBM oder das eigene Kfz benutze.
Zudem erkläre er, dass sein Schaden weder durch eine eigene Kaskoversicherung noch durch eine Versicherung des Unfallgegners gedeckt sei, da Eigenverschulden vorgelegen sei. Die Rechnung betreffend die Reparatur sowie die Zahlungsbestätigung werde beigelegt.
Mit Bescheid vom führte das FA die Arbeitnehmerveranlagung durch. Die geltend gemachten Werbungskosten wurden mit folgender Begründung nicht anerkannt:
"Aufwendungen im Zusammenhang mit einem auf einer beruflich veranlassten Fahrt erlittenen Verkehrsunfall können unter bestimmten Voraussetzungen Werbungskosten sein. Dies gilt jedenfalls für einen unverschuldeten Unfall. Tritt ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers hinzu, kann dadurch der berufliche Veranlassungszusammenhang unterbrochen werden.Aus Ihren Ausführungen geht hervor, dass Sie infolge Unachtsamkeit auf ein bereits stehendes Fahrzeug aufgefahren sind, also den Unfall verursacht haben. Ein direkter Zusammenhang mit Ihrer Tätigkeit kann mit dem Unfall nicht in Zusammenhang gebracht werden. Ihr Antrag war daher in diesem Punkt abzuweisen."
Dagegen wurde Berufung erhoben und eingewendet, dass die Fahrt am morgens auf dem Arbeitsweg von B. nach W. erfolgt sei. Der Bw. sei an Arbeitstagen grundsätzlich immer um diese Zeit unterwegs, seit 1994 pendle er ausschließlich mit dem privaten Kfz zu seiner Arbeitsstelle, seit 2002 sei ihm ein sachbezugspflichtiger Abstellplatz in der Tiefgarage des Arbeitgebers zugewiesen.
In all diesen Jahren des Pendelns mit dem eigenen Kfz habe er weder auf dem Arbeitsweg noch sonst irgendwo oder irgendwann einen selbst verschuldeten Unfall verzeichnen müssen, wodurch er bei seiner Versicherung hinsichtlich der Haftpflichtversicherung in die Bonusstufe Minus 3 gelangt sei und ihm für diesen Schaden ein "Frei-Schaden" gewährt worden sei. Daraus sei erkennbar, dass ihm außerordentlich gute Fahrpraxis zugemutet werden könne und er als unfallfreier Lenker seit 1975 unterwegs sei (1 Mio. gefahrene Kilometer). Zudem habe er als Polizeibeamter in diversen Ausbildungen und Kursen auch Ausbildung für Einsatzfahrten mit Einsatzfahrzeugen bei allen möglichen Witterungsbedingungen genossen.
Am betreffenden Unfalltag sei mit Bauarbeiten zur Herstellung eines Radweges in unmittelbarer Nähe der Bundesstraße begonnen worden, was offensichtlich die Aufmerksamkeit des vor ihm fahrenden Unfallgegners auf sich gezogen habe, sodass dieser nach Ansicht des Bw. unerwartet abgebremst habe und dadurch abrupt langsamer geworden sei. Als Einheimischem sei dem Bw. bekannt gewesen, dass diese Arbeiten am Radweg begonnen hatten, anscheinend aber nicht dem Unfallgegner, der aus dem Nachbarbezirk stamme.
An dieser Stelle der Bundesstraße bremse normalerweise niemand, es sei denn, der Verkehr oder andere Umstände würden dies erfordern; es biege auch normalerweise niemand ab. Zudem existiere auch keine Kreuzung, sodass nicht zu erwarten gewesen sei, dass der vor ihm fahrende Geländewagen mit Anhängevorrichtung (deshalb sei der Schaden des Bw. auch derart hoch und der des Gegners sehr gering gewesen) bremsen würde. Trotz sofortiger Vollbremsung sei er, auch aufgrund der etwas verschmutzten Straße, mit geringer Geschwindigkeit in die Anhängevorrichtung hineingerutscht, sodass etliche Kühlersysteme seines Kfz zerstört worden seien, was den relativ hohen Schaden erkläre.
Aus diesen Ausführungen könne entnommen werden, dass er als überaus achtsamer Autofahrer gelte und weder ein vorsätzliches noch ein leicht oder grob fahrlässiges Verhalten vorgelegen sei, sondern es sich um eine entschuldbare Fehlleistung oder um einen Grad minderen Versehens handle.
Mit Ergänzungsersuchen vom forderte das FA den Bw. auf, einen Unfallbericht sowie den Bericht der Versicherung nachzureichen.
In der Folge übermittelte der Bw. eine Kopie der Kfz-Schadenanzeige. Ergänzend teilte er mit, dass der Unfallgegner seinerzeit auf die Ausfüllung eines "europäischen Unfallberichts" verzichtet habe. Seine heutige telefonische Anfrage bei der Versicherung habe ergeben, dass außer der Kfz-Schadenanzeige nichts im Unfallakt aufliege. Die Kfz-Schadenmeldung sei erst fast 4 Wochen später (Schaden am 11.10, Meldung am 7.11.) von seiner Frau ausgefüllt und unterfertigt worden, einerseits weil sie auch Mitbesitzerin und auch Versicherungsnehmerin des Kfz X1 sei. Allerdings habe sie auch als Fahrzeuglenkerin unterfertigt, weil bzw. obwohl sie beim Schadensereignis nur Beifahrerin und Zeugin gewesen sei, andererseits die Meldung aber am 7. November bei der Versicherung direkt dringend zu erstatten und er an jenem 7. November in seinem Büro in W. gewesen sei. Zudem habe seine Frau für ihn den ganzen Schadensfall abgewickelt, habe auch auf der Unfallstelle auf das Abschleppfahrzeug gewartet, während er sich von einem Bekannten nach Hause bringen ließ, um mit dem zweiten Kfz noch einigermaßen zeitgerecht an seinen Arbeitsplatz zu gelangen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das FA die Berufung als unbegründet ab:
Grundsätzlich können Schäden aufgrund höherer Gewalt u. a. Reparaturaufwendungen nach einem Unfall, die sich im Rahmen der beruflichen Verwendung eines Fahrzeuges ereignen, neben den laufenden Kfz-Kosten bzw. neben dem Verkehrsabsetzbetrag sowie dem Pendlerpauschale als Werbungskosten abgesetzt werden; dies insoweit, als der Schaden nicht durch eine Versicherung gedeckt ist und kein grob fahrlässiges Verhalten zu Grunde liegt. Eine berufliche Verwendung ist nach der Verwaltungspraxis u. a. auch bei der Benützung des Fahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gegeben, sofern an diesem Tag die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels nicht zumutbar war. Da Ihnen das zumutbare Pendlerpauschale für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gewährt wird, ist auch bei dieser Fahrt von Zumutbarkeit auszugehen; sämtliche tatsächlich angefallenen Kosten für die Fahrten zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte sind von der speziellen Norm des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG umfasst und damit durch den Verkehrsabsetzbetrag und das gewährte Pendlerpauschale abgegolten.
Abgesehen davon, dass gegenständlich aus den oben genannten Gründen nicht von einer beruflichen Verwendung des Fahrzeuges ausgegangen werden kann, würde auch ein beruflicher Zusammenhang durch die auf privaten Umständen beruhenden Tatsachen überlagert werden, da sowohl aus der Schadensanzeige, als auch aus Ihren schriftlichen Erläuterungen Fehlverhalten und Eigenverschulden hervorgehen und in Anbetracht des geschilderten Unfallhergangs ein grob fahrlässiges Verhalten nicht auszuschließen ist.
Dagegen stellte der Bw. einen Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Der Bw. habe am mit seinem privaten Kfz auf seinem Arbeitsweg einen Auffahrunfall mit Sachschaden gehabt. Der Unfall habe sich auf der Strecke zwischen seinem Wohnsitz (B.) und dem Bahnhof G. ereignet. Diese Bundesstraße sei zu benützen, wenn man von B. nach G. fahre, weil sie die einzige Straße sei, die diese Orte miteinander verbinde. In der Nähe der Unfallstelle (50 bis 100 m neben der Bundesstraße) sei zu diesem Zeitpunkt gerade eine Baustelle gewesen.
Gemäß BVE des FA seien folgende Punkte für die Behörde noch unklar: - Berufliche Verwendung des Kfz - Art des Verschuldens
Ad) Berufliche Verwendung des Kfz
Dem Bw. sei am Tag des Unfalls auf der relevanten Strecke die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht zumutbar gewesen. Von seinem Wohnsitz aus habe der Bw. kein öffentliches Verkehrsmittel benützen können, da er sonst keine Möglichkeit gehabt hätte, am selben Tag auf zumutbare Weise nach Hause zu gelangen, denn die letzte Verbindung zwischen Bahnhof G. und dem Wohnsitz des Bw. sei um 18:20 Uhr (siehe beiliegende VOR-Fahrplanauskunft). Da der Bw. jedoch bis mindestens 18 Uhr oder länger in W. arbeite (siehe beiliegende Bestätigung des Dienstgebers, sowie Ausdrucke Basisbezüge und Monatsabrechnungen Jänner und Dezember 2006, aus denen die dienst- und besoldungsrechtliche Einstufung in die Funktionsgruppe 11, Dienstzulagenstufe 3 hervorgehe) und er für die Strecke Arbeitsplatz - Bahnhof G. über eine Stunde benötige (siehe beiliegende ÖBB-Fahrplanauskunft), sei es ihm nicht möglich bzw. zumutbar auf der Strecke zwischen Bahnhof G. und seinem Wohnsitz ein öffentliches Massenbeförderungsmittel zu benutzen.
Dieses Teilstück des Arbeitsweges sei somit für den Zweck der Absetzbarkeit von Werbungskosten jedenfalls als "unzumutbar" zu qualifizieren.
Eine andere Auslegung würde zu einer - verfassungsrechtlich wohl bedenklichen - ungerechtfertigten Ungleichbehandlung führen, wie nachfolgendes Beispiel verdeutlichen solle:
Beispiel: Herr XY hat den gleichen Wohnsitz wie unser Mandant, nur sein Arbeitsplatz ist am Bahnhof in G.. Da der gesamte Arbeitsweg mehr als 2 km beträgt und zu den erforderlichen Zeiten kein Massenbeförderungsmittel zu Verfügung steht, ist die Strecke für Herrn XY unzumutbar. Hätte Herr XY auf seinem Arbeitsweg einen Autounfall, könnte er die Reparaturkosten als Werbungskosten absetzen.
Im Fall des Bw. betrage der Arbeitsweg nicht nur das Teilstück vom Wohnsitz bis G., sondern es komme noch ein wesentlich längeres Stück von G. bis zum Arbeitsplatz in W..
Auch wenn dies im Hinblick auf die Regelung des Pendlerpauschales dazu führen sollte, dass für den überwiegenden Teil (mehr als 50 %) des Arbeitsweges ein Massenbeförderungsmittel zumutbar sei, bleibe jedoch das relevante Teilstück zwischen Wohnsitz und Bahnhof G. "unzumutbar".
Hinsichtlich dieses Teilstücks könne es nicht zu einer anderen Beurteilung der Zumutbarkeit und somit der Absetzbarkeit von Werbungskosten kommen, weil sonst Werbungskosten bei Dienstnehmern mit kürzerer Wegstrecke absetzbar, bei Dienstnehmern mit längerer Wegstrecke bei einem Unfall auf der gleichen Stelle hingegen nicht absetzbar wären. Eine sachliche Rechtfertigung für eine derartige Differenzierung sei nicht erkennbar.
Weiters sei gemäß LStR 2002, Rz 257, grundsätzlich eine optimale Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel zu unterstellen. Im Falle des Bw. liege eine optimale Kombination vor, wenn er zuerst zum Bahnhof nach G. mit dem privaten Kfz fahre und von dort mit Massenbeförderungsmitteln nach W. zu seinem Arbeitsplatz. Wenn sich der Bw. in diesem Sinne verhalte, sei der Unfall auf dem relevanten Teilstück erfolgt und damit beruflich veranlasst gewesen. Die Strecke zwischen Wohnsitz und G. sei in Einklang mit den Regelungen der Lohnsteuerrichtlinien mit dem privaten Kfz zurückgelegt worden. Auch daraus ergebe sich die berufliche Veranlassung der Fahrt.
Ad) Art des Verschuldens
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes werde der berufliche Zusammenhang insbesondere dann nicht von auf privaten Ursachen beruhenden Umständen überlagert, wenn Verkehrsvorschriften lediglich leicht fahrlässig missachtet worden seien (vgl. LStR 2002, Rz 374).
Zur Abgrenzung zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit führen Koziol/Welser (Bürgerliches Recht12, Band II, Seite 300) aus: "Je nach dem Grad der Sorglosigkeit wird grobe und leichte Fahrlässigkeit unterschieden. Das Verhalten ist leicht fahrlässig, wenn es auf einem Fehler beruht, der gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterläuft. Grobe Fahrlässigkeit - nach der Terminologie des ABGB auch "auffallende Sorglosigkeit" - liegt hingegen vor, wenn die Sorgfaltswidrigkeit so schwer ist, dass sie einem sorgfältigen Menschen in dieser Situation keinesfalls unterläuft."
Wie bereits im Schriftsatz vom erläutert, sei der Bw. ein äußerst erfahrener Fahrer (1 Mio. gefahrene Kilometer). Außerdem habe er als Polizeibeamter eine umfassende Ausbildung bei allen möglichen Witterungsverhältnissen genossen. Seit 1975 sei er unfallfrei gefahren.
Der Unfall sei vor allem durch das (auch von einem erfahrenen Lenker) nicht vorhersehbare Bremsen des Fahrers vor dem Bw. zustande gekommen. Am betreffenden Unfalltag sei es so gewesen, dass im Auftrage der Marktgemeinde G. Firmen mit Baufahrzeugen, Personal etc. mit Arbeiten zur Herstellung des Radweges in unmittelbarer Nähe der Bundesstraße begonnen hätten und dadurch offensichtlich die Aufmerksamkeit des vor dem Bw. fahrenden Unfallgegners auf sich gezogen hätten, sodass dieser unbegründet bzw. unerwartet abbremste und dadurch abrupt langsamer wurde. Das Auto des Bw. sei nicht sofort zum Stillstand gekommen, sondern mit geringer Geschwindigkeit in die Anhängevorrichtung des Geländewagens vor ihm hineingerutscht. Eine überhöhte Geschwindigkeit des Bw. sei nicht vorgelegen. Ein Verschulden das über leichte Fahrlässigkeit hinausgehen könnte, sei daher nicht zu erkennen. Als grobe Fahrlässigkeit gelte nach Ansicht des UFS Wien (vom , RV/1507-W/05 unter Verweis auf ) überdies nur "eine besonders auffällige über die alltäglichen Fahrlässigkeitshandlungen erheblich hinausgehende Außerachtlassung der im Straßenverkehr erforderlichen Sorgfalt". Dies liege nach der Rechtsprechung zB bei Fahren im alkoholbeeinträchtigten Zustand sowie mit überhöhter Geschwindigkeit vor. Beides sei im konkreten Fall nicht gegeben gewesen.
Sollten weiterhin Zweifel am Vorliegen (maximal) leichter Fahrlässigkeit bestehen, werde vorbehalten, einen Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen für Verkehrsunfälle zu stellen bzw. könnte die Behörde einen Sachverständigen von Amts wegen bestellen oder einen amtlichen Sachverständigen beiziehen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Im vorliegenden Fall ist strittig, ob es sich bei den im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall angefallenen Kosten um Werbungskosten im Sinne des § 16 EStG 1988 handelt.
Das FA hat dazu ausgeführt, dass eine berufliche Verwendung nach der Verwaltungspraxis auch bei der Benutzung des Fahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gegeben sei, sofern an diesem Tag die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels nicht zumutbar war. Da dem Bw. das Pendlerpauschale für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gewährt werde, sei auch bei dieser Fahrt von Zumutbarkeit auszugehen. Sämtliche tatsächlich angefallenen Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte seien damit durch den Verkehrsabsetzbetrag und das gewährte Pendlerpauschale abgegolten.
Abgesehen davon, würde ein allenfalls gegebener beruflicher Zusammenhang durch die auf privaten Umständen beruhenden Tatsachen überlagert, da sowohl aus der Schadensanzeige, als auch aus den schriftlichen Erläuterungen des Bw. Fehlverhalten und Eigenverschulden hervorgingen und in Anbetracht des geschilderten Unfallhergangs ein grob fahrlässiges Verhalten nicht auszuschließen sei.
Dagegen wendete der Bw. ein, dass am Tag des Unfalls auf der relevanten Strecke die Benützung eines Massenbeförderungsmittels - aufgrund der Fahrzeiten der öffentlichen Verkehrsmittel bzw. aufgrund seiner Dienstzeiten - nicht zumutbar gewesen sei. Weiters sei ein Verschulden des Bw., das über leichte Fahrlässigkeit hinausgehen könnte, nicht zu erkennen. Der Bw. sei ein äußerst erfahrener Lenker und der Unfall sei vor allem durch das nicht vorhersehbare Bremsen des Unfallgegners zustande gekommen.
Aufwendungen im Zusammenhang mit einem auf einer beruflich veranlassten Fahrt erlittenen Verkehrsunfall können unter bestimmten Voraussetzungen Werbungskosten darstellen (vgl. ; ). Dies gilt jedenfalls für einen unverschuldeten Unfall. Tritt ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers hinzu, kann dadurch der berufliche Veranlassungszusammenhang unterbrochen werden, z. B. wenn der Unfall auf grob fahrlässiges Verhalten des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist (vgl. ; zu einem alkoholisierten Unfalllenker).
Bei den Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte handelt es sich um beruflich veranlasste Fahrten (vgl. , mit Hinweis auf Doralt, EStG13, § 16 Tz 100). "...berufsbedingt bleibt die Fahrt auch dann, wenn die Verwendung eines Massenverkehrsmittels (auf den jeweiligen Tag bezogen) zumutbar gewesen wäre (zu Unrecht anders LStR 2002 Rz 373 und RME, ÖStZ 1995, 277)" (Doralt, EStG15, § 16 Tz 220).
Aufwendungen wegen eines auf einer solchen Fahrt erlittenen Verkehrsunfalles können somit zu Werbungskosten führen und zwar auch neben den Pauschbeträgen nach § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, weil die dort statuierte Abgeltungswirkung (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. c zweiter Satz) nur die typischerweise für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anfallenden Kosten betrifft (vgl. z. B. Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG 1988 III, § 16 allgemein Tz 5.2 Stichwort "Unfallkosten", sowie Doralt, aaO., Tz 124).
Die Rechtsauffassung, wonach ein Massenbeförderungsmittel zur Fahrt Arbeitsstätte Wohnung hätte herangezogen werden müssen, wird vom Senat mit o. a. Hinweisen auf Doralt und Zorn in Hofstätter/Reichel sowie auf höchstgerichtliche Erkenntnisse (vgl. zuletzt ) nicht geteilt.
Wie bereits dargestellt, können die Aufwendungen im Zusammenhang mit einem auf einer beruflich veranlassten Fahrt erlittenen Verkehrsunfall jedoch nur unter der Voraussetzung Werbungskosten darstellen, wenn dieser nicht durch ein grob fahrlässiges Verhalten des Lenkers verursacht worden ist (). Die Beurteilung, ob ein Verkehrsunfall beruflich oder privat veranlasst ist, hängt somit unter anderem vom Grad des Verschuldens des Lenkers ab.
Damit kommt der Lösung der Frage, ob das Verhalten des Bw. im Zusammenhang mit dem Unfall als leicht oder grob fahrlässig zu qualifizieren ist, entscheidende Bedeutung zu.
Der Begriff der groben Fahrlässigkeit ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung zu § 1324 ABGB dahin auszulegen, dass sich das Versehen über das Maß der alltäglich vorkommenden Fahrlässigkeitshandlungen erheblich und ungewöhnlich heraushebt, sodass der Eintritt eines Schadens nicht bloß als möglich, sondern als wahrscheinlich vorhersehbar ist. Als brauchbare Anhaltspunkte, von denen die Beurteilung im einzelnen abhängen kann, kommen die Gefährlichkeit der Situation, die zu einer Sorgfaltsanspannung führen sollte, der Wert der gefährdeten Interessen, das Interesse des Handelnden an seiner Vorgangsweise und schließlich die persönlichen Fähigkeiten des Handelnden in Betracht. In diesem Sinn ist für das Versicherungsvertragsrecht anerkannt, dass grobe Fahrlässigkeit gegeben ist, wenn schon einfachste, nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und Maßnahmen nicht ergriffen werden, die jedermann einleuchten müssen; die Außerachtlassung allgemein gültiger Sicherheitsregeln ist grob fahrlässig, wenn die Kenntnis dieser Regeln nach dem Grad ihrer Verbreitung allgemein vorausgesetzt werden muss. Auch die besondere Gefahrenträchtigkeit des Handelns fällt ins Gewicht.
Nach den Ausführungen des Bw. ist der Unfall dadurch entstanden, dass der Unfallgegner, offensichtlich abgelenkt durch Bauarbeiten in der Nähe der Bundesstraße, unerwartet abgebremst hat und dadurch abrupt langsamer geworden ist. Trotz sofortiger Vollbremsung ist der Bw., auch aufgrund der etwas verschmutzten Straßemit geringer Geschwindigkeit in die Anhängevorrichtung des Unfallgegners hineingerutscht.
Im vorliegenden Fall, haben außerordentliche Verhältnisse, nämlich im Gang befindliche Bauarbeiten zur Herstellung eines Radwegs in unmittelbarer Nähe der Bundesstraße sowie eine aus diesem Grund verschmutzte Fahrbahn, unfallverursachend gewirkt. Gerade diese besonderen Verhältnisse hätten es dem Bw. zwar geboten, besonders aufmerksam zu fahren, um das Verkehrsgeschehen entsprechend wahrnehmen zu können und hat er durch seine Unaufmerksamkeit gegenüber dem vor ihm fahrenden Fahrzeug bzw. dem zu gering bemessenen Sicherheitsabstand zwar unbestritten fahrlässig gehandelt, allerdings vermag diese Unaufmerksamkeit alleine noch nicht das Kriterium der groben Fahrlässigkeit (des schweren Verschuldens) zu erfüllen, da diesfalls zumindest noch ein weiterer Tatbestand vorliegen müsste (etwa abgefahrene Reifen, mangelhafte Bremsen, Alkoholisierung, überhöhte Geschwindigkeit etc.). Auch seitens des FA wurden keine Feststellungen getroffen, wonach dem Bw. im Zusammenhang mit dem Auffahrunfall eine ungewöhnliche, auffallende Sorglosigkeit anzulasten gewesen wäre. Das Verhalten des Bw. ist somit nicht geeignet, die betriebliche Veranlassung der Unfallkosten zu verneinen.
Wien, am
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 16 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 1324 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at