Glaubhaftmachung des Nichtvorliegens einer Einbringlichkeitsgefährdung
Rechtssätze
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Folgerechtssätze | |
RV/0440-F/08-RS1 | wie RV/1706-W/04-RS1 Der Hinweis auf zukünftige ungewisse Ereignisse kann zur Bescheinigung, dass keine Gefährdung der Einbringlichkeit vorliegt, nicht tauglich sein. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens gemäß § 212 BAO entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Am reichte der Berufungswerber, nachfolgend Bw abgekürzt, elektronisch einen Antrag auf Zahlungserleichterungen ein, den er wie folgt begründete: "Ich ersuche um Stundung der am bzw fälligen Nachforderungen und Zinsen bis zur Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit und anschließender Ratenzahlung. Ich bin stark belastet durch die Rückzahlung von Unterhaltsvorschüssen sowie die Rückzahlung eines Bankkredites. (zus. ca. € 800,-). Ich konnte seit 2004 keine feste Anstellung erhalten und arbeite auf Temporärbasis, was immer wieder zu Zeiten der Arbeitslosigkeit führt. Ich bin seit wieder arbeitssuchend."
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag ab. Zur Vermeidung von Einbringungsmaßnahmen ersuchte es den Bw gleichzeitig, die rückständigen Abgabenschuldigkeiten in Höhe von 4.860,27 € bis zum zu entrichten. Begründend führte es aus, Zahlungserleichterungen könnten gemäß § 212 BAO nicht bewilligt werden, wenn die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Zahlungsaufschub gefährdet werde. Eine solche Gefährdung erscheine durch die Angaben im Zahlungserleichterungsansuchen gegeben.
In dem gegen den Abweisungsbescheid gerichteten Rechtsmittel vom führte der Bw aus: "Ich lege gegen ihren ,,Bescheid über die Abweisung einer Zahlungserleichterung" vom Berufung ein, da es mir aufgrund meiner schwierigen finanziellen Situation unmöglich ist die Forderung über € 4.860,27 bis zum zu erbringen und sich meine Situation seit Einbringung meines Ansuchens um Zahlungserleichterung insofern verändert hat, das ich am wieder eine Grenzgängertätigkeit aufgenommen habe. Der Arbeitsvertrag basiert auf mtl. sfr. 4.800 brutto. Da ich wie bei der Begründung angeführt auf Temporärbasis arbeite und die neue Stelle erst am angetreten habe ist es schwierig mein Einkommen vorauszusagen und wie viel Mehrarbeit (und wie lange) ich leisten kann. Ich ersuche daher um vorläufige Bewilligung einer Rate in der Höhe von € 200,-- bis Ende 2009 (bis zur Erledigung meines Kredits), da ich aus eigenem Interesse die Verzugszinsen möglichst niedrig halten will werde ich selbstverständlich bei höherem Verdienst mehr einbezahlen. (Ich war bereits von 1984 bis 1996 Grenzgänger und habe meine Steuern immer bezahlt). Begründung: Ich bin mit der Rückzahlung von Unterhaltsvorschüssen an das OLG lnnsbruck in der Höhe von mtl. € 437,-- belastet. Bei Aufnahme einer Grenzgängertätigkeit im Jahre 2004 wurde mir bei der EST-Erklärung Gutschriften für o.a. Rückzahlungen die ich im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung erhalten habe aberkannt und eine Nachforderung von ca. € 5.000,-- gestellt, was von mir nicht abzusehen war. Derzeit habe ich noch einen Bankkredit mit einer mtl. Rate von € 356,-- zu bedienen. Ich arbeite seit 2004 auf Temporärbasis, da es u.a. aufgrund meines Alters schwierig ist eine Festanstellung zu bekommen, was immer wieder zu Zeiten der Arbeitslosigkeit führt (seit 2006 ca. ein Jahr)."
Das Finanzamt erließ mit Bescheid vom eine abweisliche Berufungsvorentscheidung und forderte den Bw auf, die rückständigen Abgabenschuldigkeiten von inzwischen 12.608,69 € zu entrichten. Begründend führte es aus: Der vom Zahlungserleichterungsansuchen umfasste Betrag setze sich aus Einkommensteuer für die Jahre 2000 - 2003, 2006 und 2007, den Einkommensteuervorauszahlungen für 2005, Anspruchs- und Stundungszinsen zusammen. Trotz mehrfach gewährter Ratenzahlungen habe sich der Rückstand nicht reduziert, sondern gerade nach der Veranlagung zur Einkommensteuer 2006 und 2007 massiv erhöht. Für die Jahre 2006 und 2007 sei die Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen mit Hinweis auf die temporäre Arbeitslosigkeit beantragt und auch gewährt worden. Eine entsprechende Antragstellung auf Anpassung der Vorauszahlungen bei erneuter Arbeitsaufnahme sei jedoch unterlassen worden. Aufgrund der eingereichten Jahreserklärungen sei es in der Folge zu Nachforderungen für die Jahre 2006 und 2007 gekommen. Die bisher gezahlten Raten hätten zu keiner Reduktion der Abgabenschuld geführt, vielmehr sei die Schuld auf nunmehr beträchtliche 12.608,69 € angewachsen. Zu berücksichtigen sei, dass nach der Wiederaufnahme der Grenzgängertätigkeit auch noch laufend Vorauszahlungen zu entrichten seien. Die angebotenen Monatsraten in Höhe von 200 € seien nicht geeignet, den derzeitigen Rückstand innerhalb eines angemessenen Zeitraumes zu tilgen. Insoferne aber keine gesicherte Tilgung gewährleistet sei, liege eine Gefährdung der Einbringlichkeit vor.
Mit Schriftsatz vom erhob der Bw Vorlageantrag. In ihm führte er aus, Seine Situation habe sich zwischenzeitlich geändert. Am habe er eine Festanstellung angetreten. Die Ausführungen in der abweislichen Berufungsvorentscheidung seien teilweise unrichtig. Die Nachforderungen für die Jahre 2000 - 2003, die einen wesentlichen Teil des Rückstandes ausmachten (ca. 5.000,-- €), resultierten nicht - wie vom Finanzamt angeführt - aus Einkommensteuer dieser Jahre, sondern aus Gutschriften aus der Arbeitnehmerveranlagung, die sich für diese Jahre bis zur Einreichung seiner ersten Steuererklärung nach Aufnahme einer Grenzgängertätigkeit 2004 immer ohne Nachfrage seitens des Amtes ergeben hätten. Für ihn sei dieser Teil der Nachforderungen nicht vorhersehbar gewesen. Deren sofortige volle Entrichtung stelle für ihn eine erhebliche Härte dar, da er - wie bereits angeführt - noch anderweitig stark belastet sei und keine Rücklagen bilden könne. Anders als vom Finanzamt angeführt, habe er zugesagt, je nach Verdienst mehr als 200 € einzubezahlen. Diese Zusage habe er mit der Bezahlung von 700 € im August auch eingehalten. Er sei auch nicht permanent arbeitslos. In den letzten 10 Jahren sei er nur ca: 1 Jahr arbeitslos gewesen. Bei einer Beschäftigung auf Temporärbasis lasse sich dies auch nicht vermeiden, da der Arbeitgeber willkürlich und unvorhersehbar kündige. Er habe jedoch immer wieder relativ kurzfristig eine neue Stelle bekommen. Da er noch bis Ende des Jahres in der Probezeit sei und voraussichtlich erst im Dezember eine Entscheidung falle und der Gehalt für 2009 feststehe, könne er darüber hinaus keine seriöse Voraussage treffen. Es sollte jedoch bis Ende Dezember möglich sein, weitere 2.000,-- bis 2.200,-- € einzubezahlen. Darüberhinaus werde er - sobald wie möglich - eine Lösung mit seiner Bank suchen. Aus diesen Gründen erblicke er keine Gefährdung der Tilgung seiner Rückstände.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Gewährung von Zahlungserleichterungen das Zutreffen zweier rechtserheblicher Tatsachen, nämlich das Vorliegen einer erheblichen Härte einerseits und das Nichtvorliegen einer Einbringungsgefährdung andererseits voraus, die beide gegeben sein müssen, um die Abgabenbehörde in die Lage zu versetzen, von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch zu machen. Fehlt auch nur eine dieser Voraussetzungen, so ist das Ansuchen aus Rechtsgründen abzuweisen (vgl. zB ).
Das Stundungshindernis der Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben liegt nicht nur dann vor, wenn die Gefährdung der Einbringlichkeit durch die Stundung selbst verursacht wird. Auch im Falle bereits bestehender Gefährdung der Einbringlichkeit ist für die Gewährung einer Stundung kein Raum. (). Der Abgabepflichtige hat die Voraussetzungen für die Zahlungserleichterungen aus eigenem überzeugend, konkretisiert anhand seiner Einkommens- und Vermögenslage (; ), darzulegen und glaubhaft zu machen (Ritz, BAO3, § 212 Tz 3 und die dort angeführte Judikatur). Der Hinweis auf zukünftige ungewisse Ereignisse ist nicht geeignet darzutun, dass keine Einbringlichkeitsgefährdung vorliegt (). Ist eine Gefährdung der Einbringlichkeit durch den begehrten Aufschub nicht auszuschließen, dann kommt eine Zahlungserleichterung von vornherein nicht in Betracht. ().
Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage gelangte die Berufungsbehörde zur Überzeugung, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Zahlungserleichterungen nicht vorliegen, da der Bw nicht überzeugend dargetan und glaubhaft gemacht hat, dass die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet ist. Dies aus folgenden Gründen:
Nach der fernmündlichen Mitteilung des Bw vom ist eine Kreditaufnahme derzeit nicht möglich, da er mit der Rückzahlung von Unterhaltsvorschüssen an das OLG Innsbruck und scheidungsbedingten Verpflichtungen belastet ist. Erst bei Festanstellung sind weitere Bankgespräche möglich (siehe Aktenvermerk vom ). Laut Vorlageantrag vom kann der Bw keine seriöse Voraussage machen, es sollte jedoch bis Ende Dezember möglich sein, weitere 2.000,- bis 2.200,- € einzuzahlen. Eine derartige Einzahlung ist bis dato nicht erfolgt. Die letzte Post-Überweisung in Höhe von 60,- € stammt vom .
Der Abgabenrückstand ist im Laufe des gegenständlichen Zahlungserleichterungsverfahrens von 4.860,27 € (bei Ergehen des angefochtenen Abweisungsbescheides) über 12.608,69 € (bei Ergehen der abweislichen Berufungsvorentscheidung) auf 16.423,15 € (bei Erlassung der gegenständlichen Berufungsentscheidung) angewachsen.
Grund für das nahezu explosionsartige Anwachsen des Abgabenrückstandes ist das Verhalten des Berufungswerbers. Er verabsäumte es, die Aufnahme einer Grenzgängertätigkeit dem Finanzamt bekannt zu geben. Er verabsäumte es, eine erhöhende Anpassung der Vorauszahlungen zu begehren, was er im umgekehrten Fall getan hat. Und er unterließ es auch, in Zeiten, in denen er als Grenzgänger angestellt war und einen regelmäßigen Verdienst hatte, die alten Abgabenschuldigkeiten zu reduzieren und für die Erfüllung der vorhersehbaren neuen Abgabenschuldigkeiten zeitgerecht und ausreichend vorzusorgen.
Der Bw brachte vor, die Nachforderung für die Jahre 2000 bis 2003 sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen, da die Arbeitnehmerveranlagung bis dahin immer zu Gutschriften geführt habe. Diese Wertung des vorangegangenen Verfahrens wird vom Unabhängigen Finanzsenat nicht geteilt. Denn mit (dem unangefochten gebliebenen) Bescheid vom hat das Finanzamt das Verfahren betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2003 wieder aufgenommen, weil nachträgliche Prüfungen ergeben haben, dass infolge unrichtiger Angaben rechtswidrige, den Bw zu Unrecht begünstigende Bescheide ergangen sind. Dies führte zu einer entsprechenden Nachforderung. Hierin aber ist zum einen keine erhebliche Härte zu erblicken (Ritz, BAO3, § 212 Tz 8). Zum anderen aber kann sich jemand, der einer Behörde gegenüber unrichtige Angaben macht, nicht überrascht zeigen, wenn die Behörde die Angaben nachträglich überprüft und die verfahrensrechtlichen Korrektur-Möglichkeiten ausschöpft.
Aus den dargelegten Gründen war die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at