TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 07.06.2010, RV/2495-W/07

Wechselseitige Einsetzung von Ehegatten als Bezugsberechtigte zweier Lebensversicherungen schließt den Bereicherungswillen nicht aus

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Folgerechtssätze
RV/2495-W/07-RS1
wie RV/0539-I/06-RS1
Der Umstand, dass jeder der Lebenspartner eine Lebensversicherung unter Benennung des jeweils anderen als Begünstigten abgeschlossen hat, führt nicht zu einem entgeltlichen Rechtsgeschäft in der Weise, dass im Verhältnis zwischen dem Zuwendenden und dem Zuwendungsempfänger der Erhalt der Versicherungssumme in einem rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung des Begünstigten erfolgte. Die Bereicherungsabsicht liegt beim Erblasser vor, musste doch für jeden der beiden Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses klar sein, dass bei Eintritt des Versicherungsfalles nur einer von ihnen persönlich diesen objektiven Vermögensvorteil jemals erhalten konnte. Jeder der Versicherungsnehmer hat für sich eine Bereicherung des Bezugsberechtigten willentlich bejaht bzw. in Kauf genommen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des BW, ADR, vertreten durch Dr. Karlheinz De Cillia, Rechtsanwalt, 9020 Klagenfurt, Kraßnigstr. 46, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Erbschaftssteuer zu ErfNr.xxx.xxx/2005, St.Nr.xxx/xxxx entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 289 Abs. 2 BAO insofern abgeändert als die Erbschaftsteuer für den Erwerb von Todes wegen nach Frau ERBL gemäß § 8 Abs 1 ErbStG mit 6 % von € 74.119,00 = € 4.447,14 zuzüglich gemäß § 8 Abs 4 ErbStG von - unverändert - € 60,60, somit insgesamt mit € 4.507,74 festgesetzt wird.

Soweit durch diesen Bescheid ein Mehrbetrag der Abgabe festgesetzt wird, ist dieser Betrag gemäß § 210 Abs. 1 BAO mit Ablauf eines Monats nach Zustellung der Berufungsentscheidung fällig.

Entscheidungsgründe

1.1. Erbfall

In der Verlassenschaft nach der am verstorbenen Frau ERBL waren auf Grund des Gesetzes ihr Gatte BW (der nunmehrige Berufungswerber, kurz Bw.) und ihre Söhne X und Y jeweils zu einem Drittel zu Erben berufen.

Nach dem am vom Gerichtskommissär errichteten Inventar bestand das Nachlassvermögen aus Aktiva in Höhe von € 39.143,70 und Passiva von € 11.034,62, sodass der Wert des Reinnachlasses insgesamt € 11.034,62 betrug. Weiters war der Nachlass noch belastet mit Gebühren des Gerichtskommissärs von € 1.649,80 und des Sachverständigen von € 1.212,50 und wurde der Erbteil von den Erben mit jeweils € 2.724,11 beziffert.

1.2. Erwerb aus Versicherungsverträgen

Weiters erhielt der Bw. auf Grund des Ablebens seiner Gattin als Bezugsberechtigter aus Versicherungsverträgen, die seine Gattin als Versicherungsnehmerin abgeschlossen hatte, von der X-Versicherung zu Polizze Nummer ***** einen Betrag von € 51.384,00 und von € 26.895,11 und von der Y-Versicherung zu Polizze Nummer ****** einen Betrag von € 4.495,00 (somit insgesamt € 82.774,11) ausbezahlt.

2. Verfahren vor dem Finanzamt

2.1. Erbschaftsteuerbescheid

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien gegenüber dem Bw. Erbschaftsteuer in Höhe von insgesamt € 3.975,60 (Erbschaftsteuer gemäß § 8 (2) ErbStG vom steuerpflichtigen Erwerb von € 73.265,00 = € 3915,00 zuzüglich Erbschaftsteuer gemäß § 8 (4) ErbStG 2 % vom anteiligen Wert des Grundstückes von € 3030,00 = € 60,60) fest.

In der Begründung verwies das Finanzamt auf die o.a. Versicherungserlöse zu Pol.Nr. ***** von € 51384,00 + € 26895,11 und PolNr. ****** von € 4495,0.

2.2. Berufung

In der dagegen eingebrachten Berufung wurde eingewandt, dass dem Bw. die Erbschaftsteuer zu Unrecht vorgeschrieben worden sei. Es sei zwar richtig, dass der Bw. die genannten Beträge von € 51.384,00, € 26.895,11 und € 4.495,00 aufgrund der bestehenden Versicherungsverträge bei der X-Versicherung durch den Tod seiner Ehegattin erhalten habe, es sei jedoch davon auszugehen, dass diesbezüglich keine Steuerpflicht gegeben sei.

Der Bw. und seine verstorbene Ehegattin hätten jeweils derartige Versicherungsverträge für den Todesfall abgeschlossen, wobei jeweils der andere Ehegatte als Bezugsberechtigter angegeben worden sei, im Innenverhältnis aber jeder Ehegatte bei den Versicherungsverträgen des anderen Ehegatten die Stellung des Versicherungsnehmers innegehabt habe.

Der Bw. und seine Ehegattin hätten die Versicherungsprämien aus dem gemeinsamen Haushaltsgeld bezahlt, wobei jeweils ein Ehegatte die Prämie für die Versicherung des anderen Ehegatten bezahlt habe, damit auf diese Art und Weise eine finanzielle Absicherung des jeweils überlebenden Ehegatten hergestellt wird.

Es sollte durch die Auszahlung der Versicherungsleistung an den überlebenden Ehegatten zu keiner Bereicherung des anderen Ehegatten kommen.

Im Übrigen sei darauf zu verweisen, dass die Bezug habende Bestimmung des Erbschaftsteuergesetzes zwischenzeitig nach Kenntnis des Bw. als verfassungswidrig aufgehoben worden sei und daher aus diesem Grunde die Vorschreibung der Erbschaftsteuer zu Unrecht erfolgt sei. In diesem Zusammenhang sei auch darauf zu verweisen, dass es jedenfalls als verfassungswidrig angesehen werden müsse, dass bei derartigen Versicherungsleistungen eine Erbschaftsteuer anfällt. Auch bei Inanspruchnahme einer Kfz-Haftpflicht- oder Kaskoversicherung würden Versicherungsleistungen nicht besteuert werden und gäbe es keinerlei sachliche Rechtfertigung Versicherungsleistungen aus Unfall- oder Lebensversicherungen in steuerrechtlicher Sicht anders zu behandeln, als Versicherungsleistungen zum Bespiel aus Gebäudehaftpflichtversicherungen, Kfz-Haftpflichtversicherungen oder Kfz-Kaskoversicherungen.

Völlig unberücksichtigt sei im Erbschaftsteuerbescheid auch die Tatsache geblieben, dass der Bw. für die Grabstätte seiner Ehegattin einen Betrag von € 13.000,00 laut Unterlagen im Verlassenschaftsakt zu bezahlen haben werde. Diese Kosten seinen jedenfalls als steuermindernd anzusehen.

2.3. Vorhalteverfahren

Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt den Bw. folgende Unterlagen zu übermitteln bzw. nachstehende Fragen zu beantworten:

"1) Hatte die verst. ERBL. ein eigenes Einkommen?

Wenn ja, wird um Übermittlung von Unterlagen ersucht, die dies glaubhaft belegen.

2) In der Berufung wird ins Treffen geführt, dass die Versicherungsprämien für die im Erbschaftssteuerbescheid angeführten Versicherungen bei der X.-Versicherung jeweils vom anderen Ehegatten bezahlt wurde. Es wird ersucht, im Hinblick auf die gegenständliche Versicherung entsprechende Belege zu übermitteln.

3) Bitte um Übersendung einer Auftragsbestätigung betr. 13.000,00 € für die Grabstätte."

In Entsprechung dieses Vorhaltes teilte der Bw. dem Finanzamt mit Schreiben vom Folgendes mit

"zu Frage 1:Die verstorbene ERBL verfügte über ein eigenes Einkommen, wobei diesbezüglich die Bezugszettel des Stadtschulrates für Wien für die Jahre 2000, 2002 und 2003 vorgelegt werden

zu Frage 2:Die verstorbene ERBL verfügte über ein eigenes Konto, ebenso der Bw. Die Ehegatten seien jedoch bezüglich dieser Konten gegenseitig verfügungsberechtigt gewesen und seinen von beiden Konten sämtliche im Rahmen der ehelichen Gemeinschaft entstehenden Kosten bezahlt worden.

zu Frage 3:Die Unterlagen bezüglich der Grabstätte befänden sich im Verlassenschaftsakt des zuständigen Bezirksgerichtes, der Bw. habe die Unterlagen allerdings angefordert und stelle diesbezüglich den Antrag die Frist zur Vorlage der Unterlagen um drei Wochen zu verlängern."

Mit Schreiben vom übermittelte der Bw. dem Finanzamt noch nachstehende Unterlagen:

1. Rechnung Nr. 3 der NN vom über € 11.000,00 2. Zahlungsbeleg vom über € 2.000,00 3. Zahlungsbestätigung vom über € 3.000,00 4. Überweisungsbeleg vom über € 1.000,00 5. Überweisungsbeleg vom über € 5.000,00

2.4. Berufungsvorentscheidung

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung teilweise Folge und setzte die Erbschaftsteuer nunmehr mit insgesamt € 3.540,50 fest. Dabei erfolgte die Berechnung der Erbschaftsteuer gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG (Steuerklasse I) mit 5 % vom gemäß § 28 ErbStG abgerundeten steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von 69.598,00 = € 3.479,00 zuzüglich gemäß § 8 Abs. 4 ErbStG 2 % vom gemäß § 28 ErbStG abgerundeten steuerlich maßgeblichen Wert der Grundstücke in Höhe von 3.030,00 € = € 60,60, ergibt gesamt Erbschaftssteuer von € 3.540,50.

Die Bemessungsgrundlage wurde wie folgt ermittelt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Erbanfall zu 1/3
Wert der Grundstücke (steuerlich maßgeblicher Wert der Grundstücke)
3.030,13 €
bezugsberechtigte Versicherung insgesamt
82.774,11 €
Guthaben bei Banken
2.714,57 €
Hausrat einschließlich Wäsche
733,33 €
Kosten der Bestattung
-2.600,00 €
Kosten des Grabdenkmales
-3.666,67 €
Kosten der Regelung des Nachlasses
-969,43 €
Bankverbindlichkeiten
-6.769,69 €
Freibetrag gemäß § 14 Abs.1 ErbStG
-2.200,00 €
Freibetrag gemäß § 15 Abs.1 Z.1 lit. a ErbStG
-733,33 €
Freibetrag gemäß § 15 Abs.1 Z.17 ErbStG
-2.714,57 €
steuerpflichtiger Erwerb
69.598,45 €

Zur Begründung führte das Finanzamt Folgendes aus:

"Die Verlassenschaft nach Fr. ERBL wurde lt. Einantwortungsbeschluss ******* des BG L vom zu einem Drittel dem Berufungswerber (Bw.) eingeantwortet. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die nachgewiesenen Kosten für das Grabdenkmal in Höhe von € 11.000,00 zu einem Drittel (d.s. € 3.666,67) bei der Erbschaftsteuerbemessungsgrundlage angerechnet werden.

Nach § 2 Abs. 1 Z. 3 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb von Vermögensvorteilen, der auf Grund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages unter Lebenden von einem Dritten mit dem Tode des Erblassers unmittelbar gemacht wird. Insbesondere Lebensversicherungsverträge zugunsten eines Dritten begründen den Steuertatbestand gem. § 2 Abs. 1 Z. 3 ErbStG. Die Versicherungserlöse bei der X-Versicherung, Pol.Nr. ***** über 51.384,00 €, 26.895,11 € sowie Pol. Nr. ****** über € 4.495,00 wurden dem Bw. als Bezugsberechtigten ausbezahlt.

Dem in der Berufung erhobenen Einwand, die Versicherungsprämien für die im Erbschaftsteuerbescheid angeführten Versicherungen seien jeweils vom anderen Ehegatten bezahlt worden, ist entgegen zu halten, dass ein diesbezüglicher Nachweis im Zuge der Beantwortung des Vorhaltes vom bisher nicht erbracht wurde."

2.5. weitere Versicherungsmitteilung iSd § 26 ErbStG

Am langte beim Finanzamt eine weitere Mitteilung nach § 26 ErbStG der X-Versicherung ein. Danach wurde ein Betrag von € 14.534,57 auf Grund einer Versicherung des Versicherungsnehmers VISA-AUSTRIA (VISA-Reiseschutz) an den Bw. als Erben ausbezahlt.

2.6. Vorlageantrag

Im Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz erstattete der Bw. kein weiteres Vorbringen.

3. Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat

3.1. Mitteilung über Nachtragabhandlung

Mit Schreiben vom teilte das Finanzamt dem UFS mit, dass im Verlassenschaftsverfahren nach Frau ERBL über das nachträglich hervorgekommene Nachlassvermögen, bestehend aus einem Guthaben bei der X-Versicherung in Höhe von € 14.534,57 eine Nachtragsabhandlung durchgeführt worden sei.

Dazu wurden Kopien der Niederschrift über die Nachtragsabhandlung vom sowie der Beschluss des Bezirksgerichtes L vom nachgereicht.

Daraus ergibt sich, dass sich die Nachlassaktiven um das Guthaben bei der X-Versicherung, VISA-Reiseschutz, zu Schadensnummer: *********** von € 14.534,57 erhöht haben. Für die Nachtragsabhandlung fielen eine weitere Gerichtskommissionsgebühr von € 941,00 und weitere Gerichtsgebühren von € 31,00 an.

3.2. Datenbankabfragen

Vom UFS wurde noch Beweis erhoben durch Einsicht im elektronischen Abgabeninformationsystem zur St.Nr.yyy/yyyy. Daraus ergibt sich, dass das Jahresbruttoeinkommen des Bw. in den Jahren 2002 - 2004 beinahe um ein Drittel höher war als das seiner verstorbenen Ehegattin (Jahresbruttoeinkommen des Bw. aus unselbständiger Tätigkeit 2002: € 74.522,60, 2003: 72.481,20, 2004: € 72.516,30 - zum Vergleich lt. den vorgelegten Bezugszetteln betrug das jährliche Bruttoeinkommen der Ehegattin 2002: € 46.750,50 und 2003: € 49.012,40).

3.3. Vorhalteverfahren

Mit Vorhalt vom teilte die Referentin des UFS dem Bw. mit, wie sich die Sach- und Rechtslage für sie darstelle und aus welchen Erwägungen beabsichtigt werde, die Berufung als unbegründet abzuweisen und darüber hinaus die Erbschaftsteuer auf insgesamt € 4.507,74 zu erhöhen.

Mit Schreiben vom gab der Bw. bekannt, dass er die Berufung und die darin getätigten Ausführungen vollinhaltlich aufrecht halte.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 (ErbStG) idF vor BGBl. I 2007/9 unterliegt der Steuer nach diesem Bundesgesetz der Erwerb von Todes wegen.

Gemäß § 2 Abs. 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen ua.

1. der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches.

2. ............

3. der Erwerb von Vermögensvorteilen, der auf Grund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages unter Lebenden von einem Dritten mit dem Tode des Erblassers unmittelbar gemacht wird.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 ErbStG entsteht die Steuerschuld bei Erwerben von Todes wegen mit dem Tode des Erblassers.

Die bloße Übergabe einer Versicherungspolizze, die auf den Inhaber lautet, ohne Unwiderruflichkeitserklärung stellt keine Schenkung dar; da eine solche Polizze kein Inhaberpapier ist, kann auch durch Übergabe keine Übertragung stattfinden, nur eine gleichzeitig mit der Übergabe abgegebene Unwiderruflichkeitserklärung kann diese Übertragung zum Übergabszeitpunkt schon rechtswirksam machen und damit steuerrechtlich eine Schenkung begründen. Wird eine solche Erklärung nicht abgegeben, ist trotz der Bestätigung der Versicherungsanstalt, dass die Übergabe zur Kenntnis genommen werde, keine Übertragung und damit auch zu diesem Zeitpunkt keine Schenkung zustande gekommen. Daher tritt die Bereicherung erst mit dem Tod des Versicherungsnehmers ein, sodass ein nach § 2 Abs. 1 Z 3 ErbStG zu beurteilender, im Zeitpunkt des Todes des Zuwendenden angefallener Erwerb von Todes wegen und keine Schenkung gemäß § 3 Abs. 1 ErbStG im Zeitpunkt der Übergabe der Versicherungspolizze vorliegt (vgl. ).

§ 2 Abs. 1 ErbStG umschreibt den Begriff "Erwerb von Todes wegen" und nimmt über die in § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG genannten Fälle eines Erwerbes von Todes wegen hinaus wesentliche Erweiterungen vor, so insbesondere durch die Einbeziehung des Erwerbes von Vermögensvorteilen auf Grund von Verträgen zu Gunsten Dritter, die der spätere Erblasser schon zu Lebzeiten geschlossen hat.

Der Tatbestand nach § 2 Abs. 1 Z 3 ErbStG ist ein Ersatztatbestand, der wesensgleich den echten Zuwendungen von Todes wegen Vermögensübertragungen erfasst, die keine echten Zuwendungen von Todes wegen sind.

Voraussetzung für die Annahme eines Erwerbes von Todes wegen durch einen Vertrag zu Gunsten Dritter ist die Erlangung eines Vermögensvorteils; wie bei Zuwendungen unter Lebenden ist daher Voraussetzung eine objektive Bereicherung.

Mit Rücksicht darauf, dass es sich bei einer Zuwendung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 3 ErbStG um einen Erwerb von Todes wegen handelt, der auf einem vom Erblasser zu seinen Lebzeiten mit einem Dritten geschlossenen Rechtsgeschäft beruht, ist nicht nur zu prüfen, ob eine Bereicherung des Begünstigten gegeben ist, sondern auch, ob beim Erblasser ein Bereicherungswille bestanden hat (vgl. ).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einer Vielzahl von Erkenntnissen ausgesprochen, dass hinsichtlich eines Erwerbes im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 3 ErbStG zu prüfen ist, ob im Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages überhaupt ein Bereicherungswille auf Seiten des Erblassers vorhanden war. Ein solcher Bereicherungswille braucht allerdings kein unbedingter zu sein; es genügt, dass der Zuwendende eine Bereicherung des Empfängers bejaht bzw. in Kauf nimmt. Dabei kann der Bereicherungswille von der Abgabenbehörde aus dem Sachverhalt erschlossen werden (, und ).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Bereicherungswille dann auszuschließen, wenn der Erblasser mit der Zuwendung nur den Unterhalt der Ehegattin sicherstellen wollte (vgl. SIg 3219/F; vom , 89/16/0149), allerdings mit der Einschränkung, dass es sich dabei um den sonst nicht gesicherten Unterhalt der begünstigten Ehegattin handelt. Die Absicht der Bewahrung des bisherigen Lebensstandards schließt den Bereicherungswillen nicht aus. Wenn es der Begünstigten möglich ist, aus eigenem Einkommen und Vermögen für ihren Unterhalt aufzukommen, dann war die Versicherung nicht als zum Zweck der Sicherung des Unterhaltes abgeschlossen worden bzw. erforderlich und es ist vom (zumindest bedingten) Bereicherungswillen des Erblassers auszugehen (vgl. ; ).

Aus den vom UFSW durchgeführten Ermittlungen ergibt sich, dass der Bw. ein deutlich höheres Jahreseinkommen erzielte als seine Gattin und somit er den höheren Anteil zum gemeinsamen Familieneinkommen beitrug. Außerdem war er (ebenso wie seine Ehegattin) Hälfteeigentümer der Eigentumswohnung in *********. Es ist daher davon auszugehen, dass es dem Bw. möglich ist, aus eigenem Einkommen und Vermögen für seinen Unterhalt aufzukommen und daher der Versicherungserlös nicht zur Sicherung seines Unterhaltes erforderlich ist.

Der Umstand, dass jeder der Lebenspartner eine Lebensversicherung unter Benennung des jeweils anderen als Begünstigten abgeschlossen hat, führt nicht zu einem entgeltlichen Rechtsgeschäft in der Weise, dass im Verhältnis zwischen dem Zuwendenden und dem Zuwendungsempfänger der Erhalt der Versicherungssumme in einem rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung des Begünstigten erfolgte. Die Bereicherungsabsicht liegt beim Erblasser vor, musste doch für jeden der beiden Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses klar sein, dass bei Eintritt des Versicherungsfalles nur einer von ihnen persönlich diesen objektiven Vermögensvorteil jemals erhalten konnte. Jeder der Versicherungsnehmer hat für sich eine Bereicherung des Bezugsberechtigten willentlich bejaht bzw. in Kauf genommen (vgl. UFSI , RV/0539-I/06).

Das Finanzamt hat daher zu Recht die Versicherungsleistungen, die der Bw. als Begünstigter erhalten hat, der Erbschaftsteuer unterzogen.

Dem Einwand der Verfassungswidrigkeit wird nicht entgegen getreten, zumal der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 54/06-15 u.a., den Grundtatbestand der Erbschaftsteuer nach § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG 1955 als verfassungswidrig aufgehoben und im Spruch bestimmt hat, dass diese Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt.

Nach Art. 140 Abs. 5 B-VG tritt die Aufhebung eines Gesetzes mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft, wenn nicht der Verfassungsgerichtshof für das Außerkrafttreten eine Frist bestimmt. Diese Frist darf 18 Monate nicht überschreiten.

Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden, so sind gemäß Art. 140 Abs 7 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.

Als Anlassfall gelten nur jene Fälle, die entweder tatsächlich Anlass für die Einleitung des Normprüfungsverfahrens gewesen sind, oder die im Zeitpunkt des Beginns der mündlichen Verhandlung oder bei Beginn der nicht öffentlichen Beratung des VfGH beim Gerichtshof anhängig gewesen sind.

Der gegenständliche Berufungsfall erfüllt keine der beiden Voraussetzungen.

Da die Abgabenbehörden und somit auch der Unabhängige Finanzsenat an die Gesetze gebunden sind und diese - solange sie in Kraft sind - anzuwenden haben, war das bis zum in Geltung befindliche ErbStG auch auf den gegenständlichen Rechtsvorgang anzuwenden.

Gemäß § 289 Abs. 2, 2. Satz BAO ist die Abgabenbehörde zweiter Instanz berechtigt sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen. Die Grenzen der Abänderungsbefugnis ergeben sich nicht aus den Berufungspunkten und besteht bei der Abänderung des angefochtenen Bescheides kein Verböserungsverbot (siehe Ritz, BAO-Handbuch, S. 232 u. 233).

Bei der Berechnung der Erbschaftsteuer für den Erwerb des Bw. wurde bisher nicht berücksichtigt, dass von der X-Versicherung noch ein Betrag von € 14.534,57 aus der VISA-Reiseschutz-Versicherung zur Auszahlung gelangte. Diese Versicherungsleistung fiel in den Nachlass und ist daher beim Bw. entsprechend seiner Erbquote von einem Drittel der Erbschaftsteuer zu unterziehen (vgl. dazu Zl. 94/16/0034). Weiters ist noch zu berücksichtigen, dass der Bw. ein Drittel der weiteren Verfahrenskosten von € 941,00 und € 31,00 zu tragen hatte und erhöht sich daher der steuerpflichtige Erwerb des Bw. auf Grund der Nachtragsabhandlung um insgesamt € 4.520,86.

Es ergibt sich somit folgende Neuberechnung der Erbschaftsteuer für den Erwerb des Bw.:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Steuerpflichtiger Erwerb der Bw. laut Berufungsvorentscheidung
69.598,45 €
1/3 VISA-Reiseschutz abzüglich 1/3 Kosten der Nachtragsabhandlung
4.520,86 €
steuerpflichtiger Erwerb
74.119,31 €
Erbschaftssteuer gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG 6 % von € 74.119,00
4.447,14 €
Erbschaftssteuer gemäß § 8 Abs. 4 ErbStG 2 % von € 3.030,00
60,60 €
Erbschaftsteuer gesamt
4.507,74

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at