Tätigkeitsvergütungen nicht wesentlich beteiligter und mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer im Zeitraum vom 1. Jänner 2001 bis zum 8. Mai 2001
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Vorschreibung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für das Kalenderjahr 2001 wie folgt entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird wie folgt abgeändert: Der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für das Kalenderjahr 2001 wird mit € 21.724,31 festgesetzt (Bemessungsgrundlage: € 482.764,18).
Entscheidungsgründe
Strittig ist - als Ergebnis einer Lohnsteuerprüfung -, ob von den Tätigkeitsvergütungen der beiden je zu 25% beteiligten und mit einer Sperrminorität ausgestatteten Gesellschafter-Geschäftsführer (GF1 und GF2) im Zeitraum von bis zum Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu entrichten sind.
Im Prüfungsbericht (= Bescheidbegründung) wird dazu (nur) ausgeführt, dass die beiden Geschäftsführer im Zeitraum 01/2001 bis 03/2001 nicht der DB-Pflicht unterzogen worden seien.
Ihre dagegen eingebrachte Berufung hat die Bw. wie folgt begründet: Im Zuge der Außenprüfung sei festgestellt worden, dass die Bezüge der beiden Geschäftsführer im Zeitraum von Jänner bis März 2001 nicht dem Dienstgeberbeitrag unterworfen worden seien. Die Entrichtung von Dienstgeberbeiträgen für die beiden Geschäftsführer sei aus folgenden Gründen unterblieben: Beide Geschäftsführer seien im maßgeblichen Zeitraum zu je 25% an der Gesellschaft beteiligt gewesen. Mit Beschluss vom (in Kopie der Berufung angeschlossen) sei den beiden Geschäftsführern eine gesellschaftsrechtliche Sperrminorität eingeräumt worden. Seit diesem Zeitpunkt hätten die beiden Geschäftsführer nicht mehr in einem arbeitsrechtlichen Dienstverhältnis zur Gesellschaft gestanden, da sie keinen Weisungen mehr unterlegen seien. Gemäß § 25 Abs 1 Z. 1 lit b EStG hätten die beiden Geschäftsführer trotz Weisungsfreiheit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt. Eine Dienstgeberbeitragspflicht bestehe gemäß § 41 FLAG nur für Dienstnehmer. Der Dienstnehmerbegriff sei in § 41 Abs 2 FLAG definiert und hätte im damals relevanten Zeitraum folgende Personen umfasst: Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs 2 EStG 1988 stehen sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z 2 EStG 1988. Letzterer Tatbestand sei im damaligen Zeitraum unstrittig nicht erfüllt gewesen, da die beiden Geschäftsführer nur zu je 25% an der Gesellschaft beteiligt gewesen seien und daher keine Einkünfte nach § 22 Z 2 2. TS EStG bezogen hätten. Eine Dienstgeberbeitragspflicht für die Geschäftsführerbezüge hätte daher nur dann bestehen können, wenn die Rechtsverhältnisse zwischen der Gesellschaft und den (beiden) Geschäftsführern als Dienstverhältnisse iSd § 47 Abs 2 EStG anzusehen gewesen wären. Dies hätte aus folgenden Gründen nicht zugetroffen: Mangels Weisungsunterworfenheit seien die beiden Geschäftsführer keine Dienstnehmer im Sinne des § 47 Abs 2 Satz 1 und 2 EStG gewesen (vgl. nur Doralt, EStG, 4. Auflage, § 25 Tz 25 mwN aus der Judikatur). Nach dem letzten Satz des § 47 Abs 2 EStG in der bis geltenden Fassung seien jedoch auch die - nach der allgemeinen Definition des Dienstnehmers nicht erfassten - weisungsfreien Geschäftsführer mit einer Beteiligung bis zu 25% (§ 25 Abs 1 Z 1 lit b EStG) in den Dienstnehmerbegriff einbezogen gewesen. Diese Bestimmung sei durch das Budgetbegleitgesetz 2001 (BGBl 142/2000) mit Wirkung ab (§ 124b Z 48 EStG idF BGBl 142/2000) aufgehoben worden. Seit dem seien daher nicht wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer, die aufgrund gesellschaftsrechtlicher Bestimmungen weisungsfrei gewesen seien, nicht mehr als Dienstnehmer iSd § 47 Abs 2 EStG anzusehen. Aufgrund der Anknüpfung des § 41 Abs 2 FLAG an den Dienstnehmerbegriff des § 47 Abs. 2 EStG sei daher für diesen Personenkreis dem Grunde nach keine DB-Pflicht gegeben gewesen (vgl. in diesem Sinn auch Reinisch, RdW 2001, 58; Reinisch SWK 2001, S 261). Mit BGBl 47/2001 vom (das mangels einer eigenen Inkrafttretensbestimmung am Tag nach der Veröffentlichung, somit am in Kraft getreten sei) sei die bis zum geltende Rechtslage wiederhergestellt worden. In weiterer Folge hat die Bw. die maßgeblichen Rechtsnormen im Zeitablauf (bis zum , vom bis , ab ) gegenübergestellt und (als Zwischenergebnis) festgehalten, dass für die Bezüge der beiden Geschäftsführer im Zeitraum Jänner 2001 bis zum keine Verpflichtung zur Entrichtung des Dienstgeberbeitrages gemäß § 41 FLAG bestanden habe und der angefochtene Bescheid sich daher als rechtswidrig erweise. Weiters hat die Bw. "aus denselben Gründen" die Gutschrift eines Betrages in Höhe von € 1.435,07 beantragt. Der der Berufung (ebenfalls) angeschlossenen Aufstellung zufolge handelt es sich dabei - Bezüge die beiden Geschäftsführer betreffend - um Dienstgeberbeiträge für Februar, April und Mai 2001.
Mit Bescheid (Berufungsvorentscheidung) vom hat das Finanzamt die Berufung abgewiesen und diese Entscheidung wie folgt begründet: Den Dienstgeberbeitrag hätten gemäß § 41 (1) FLAG alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen. Gemäß § 41 (2) FLAG seien Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z. 2 EStG 1988. Nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 sei ein Dienstverhältnis auch dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z. 2 EStG 1988 beteiligt sei - wie es auf den hier vorliegenden Berufungsfall zutreffe - die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. b EStG 1988 vorliegen. Gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. b EStG 1988 seien Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) auch Bezüge und Vorteile von Personen, die an Kapitalgesellschaften nicht wesentlich beteiligt seien, auch dann, wenn bei einer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisenden Beschäftigung die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, auf Grund gesellschaftsrechtlicher Sonderbestimmungen fehle. Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG sei der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden seien, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne seien Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z. 2 EStG 1988. Tatsache sei, dass die beiden Geschäftsführer im maßgeblichen Zeitraum zu je 25% am geprüften Unternehmen beteiligt gewesen seien und trotz Weisungsfreiheit (gesellschaftsrechtliche Sperrminorität) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hätten. Der VwGH und auch der VfGH hätten in einer Vielzahl von Erkenntnissen aufgezeigt, dass der Begriff des Dienstverhältnisses nicht abschließend durch § 47 EStG definiert sei, sondern einen durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten "Typusbegriff" darstelle (, VfSlg. 14.802). Solchen "Typusbegriffen" seien aber die realen Erscheinungen nicht zu subsumieren, sondern anhand einer Vielzahl von Merkmalen zuzuordnen, wobei nicht stets alle Merkmale in gleicher Intensität ausgebildet sein müssten und die Entscheidung letztlich nach dem Gesamtbild zu erfolgen habe. Die Vorschreibung des Dienstgeberbeitrages sei daher zu Recht erfolgt. Der Begründung hat das Finanzamt eine Darstellung der (gesamten) Bemessungsgrundlage und des (gesamten) Dienstgeberbeitrages für das Kalenderjahr 2001 angeschlossen und dazu ausgeführt, dass (auch) die Monate April und Mai 2001 Bestandteil des (angefochtenen) Bescheides seien.
Diesen Ausführungen ist die Bw. im Vorlageantrag vom wie folgt entgegen getreten: Ergänzend zur Berufung werde Folgendes ausgeführt: In der Begründung zur Berufungsvorentscheidung werde ausgeführt, dass "nach § 47 Abs 2 EStG 1988 ein Dienstverhältnis auch dann anzunehmen sei, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinn des § 22 Z 2 EStG 1988 beteiligt sei - wie es auf den hier vorliegenden Berufungsfall zutrifft - die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 vorliegen". Diese Formulierung würde noch in den zitierten Bestimmungen des EStG 1988 unbestritten für den Zeitraum bis sowie ab dem zutreffen. Für die Zeit vom bis fehle in § 47 Abs. 2 EStG 1988 unbestreitbar der Verweis auf die Bestimmungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988, der unter bestimmten Voraussetzungen ein Dienstverhältnis von nicht wesentlich beteiligten Gesellschaftergeschäftsführern, die den Weisungen eines anderen zu folgen nicht verpflichtet seien, fingiere. Nachdem § 41 Abs. 2 FLAG auf die Bestimmungen des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes Bezug nehme, in diesem jedoch im Zeitraum 1. Jänner bis der Verweis auf § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b nicht enthalten sei, daher ein Dienstverhältnis nicht vorliege bzw. nicht fingiert werde, sei nach Auffassung der Bw. für diesen Zeitraum eine Pflicht zur Entrichtung eines Dienstgeberbeitrages für die im Unternehmen tätigen Gesellschaftergeschäftsführer nicht gegeben. Es werde daher beantragt, über den Dienstgeberbeitrag 2001 entsprechend der Berufung zu entscheiden.
Über die Berufung wurde erwogen:
Das gegenständliche Berufungsverfahren betrifft das Kalenderjahr 2001. Unstrittig ist, dass die beiden Geschäftsführer zu 25% beteiligt sind, dass sie über eine Sperrminorität verfügen und dass ihre Tätigkeit - mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit - "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" aufweist. Strittig ist (nur), ob (auch) im Zeitraum vom bis zum von ihren Tätigkeitsvergütungen Dienstgeberbeiträge zu entrichten sind. Diese Frage stellt sich deshalb, weil in diesem Zeitraum zwar die Tätigkeitsvergütungen der nicht wesentlich beteiligten und mit einer Sperrminorität ausgestatteten Gesellschafter zur Beitragsgrundlage gehört haben (Verweis in § 41 Abs. 3 FLAG auf § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988), dieser Personenkreis aber nicht (explizit) als Dienstnehmer in § 47 Abs. 2 EStG 1988, auf den in § 41 Abs. 2 FLAG verwiesen wird, angeführt ist.
Nach Auffassung der Berufungsbehörde ist die Verpflichtung zur Entrichtung von Dienstgeberbeiträgen (auch für den Zeitraum vom bis zum ) aus folgenden Gründen zu bejahen:
Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG 1967 sind Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG 1967 ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.
Bis zum Inkrafttreten des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl I 2000/142, also bis zum , hat § 47 Abs. 2 EStG 1988 wie folgt gelautet: "Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Dienstverhältnis ist weiters dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt ist, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b vorliegen."
Mit dem Budgetbegleitgesetz 2001 (BGBl I 2000/142) wurde der letzte Satz in § 47 Abs. 2 EStG ("Ein Dienstverhältnis ist weiters dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt ist, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b vorliegen.") durch folgenden Satz ersetzt: "Ein Dienstverhältnis ist weiters bei Personen anzunehmen, die Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 beziehen."
Mit dem Budgetbegleitgesetz 2002, BGBl I 2001/47, wurde der Satz, der mit dem Budgetbegleitgesetz 2001 (BGBl I 2000/142) ersetzt worden war, wieder eingefügt, sodass § 47 Abs. 2 EStG 1988 ab dem wie folgt lautet: "Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Dienstverhältnis ist weiters dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt ist, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b vorliegen. Ein Dienstverhältnis ist weiters bei Personen anzunehmen, die Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 beziehen".
(Auch) Im Zeitraum bis zum waren die Bezüge und Vorteile von an Kapitalgesellschaften nicht wesentlich beteiligten und mit einer Sperrminorität ausgestatteten Personen - durch den Verweis des § 41 Abs. 3 FLAG auf § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 - in die Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag einzubeziehen. Diesbezüglich ist keine gesetzliche Änderung eingetreten. Die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich beteiligten und mit einer Sperrminorität ausgestatten Personen waren im Zeitraum vom bis zum jedoch - wie von der Bw. zutreffend ausgeführt worden ist - in § 47 Abs. 2 EStG, auf den in § 41 Abs. 2 FLAG verwiesen wird, nicht (explizit) angeführt. Damit ergab sich für den Zeitraum vom bis zum folgende Situation: die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich beteiligten und mit einer Sperrminorität ausgestatten Personen waren zwar nicht explizit als Dienstnehmer angeführt, ihre Tätigkeitsvergütungen haben jedoch - unstrittig - zur Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag gehört.
Im Erkenntnis vom , Zl. 95/14/0040, hatte der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls zu beurteilen, ob für die Tätigkeitsvergütungen eines an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich beteiligten und mit einer Sperrminorität ausgestatten Gesellschafters die Verpflichtung zur Entrichtung von Dienstgeberbeiträgen besteht, und zwar für die Kalenderjahre 1990 bis 1993. Dieser Fall ist mit dem gegenständlichen Berufungsfall (in rechtlicher Hinsicht) vergleichbar, weil (auch) im damaligen Zeitraum - wie auch im Zeitraum vom bis zum - zwar in § 41 Abs. 3 FLAG der Verweis auf § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 bereits Eingang gefunden hatte, im in § 41 Abs. 2 FLAG verwiesenen § 47 Abs. 2 EStG 1988 die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich beteiligten und mit einer Sperrminorität ausgestatteten Gesellschafter jedoch noch keinen Eingang gefunden hatten (der 3. Satz in § 47 Abs. 2 EStG 1988 wurde erst mit dem AbgÄG 1994, BGBl. 680, also mit Wirkung für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem enden, [erstmalig] eingefügt). In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof die Verpflichtung zur Entrichtung von Dienstgeberbeiträgen (zusammengefasst) mit folgender Begründung bejaht: dass auch die Tätigkeitsvergütungen der nicht wesentlich beteiligten und mit einer Sperrminorität ausgestatteten Gesellschafter zur Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag gehören, werde vom Gesetzgeber durch die ausdrückliche Erwähnung der lit. b des § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 in § 41 Abs. 3 FLAG zum Ausdruck gebracht. Und weiters heißt es in den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes: durch Art. II Z. 11 AbgÄG 1994, BGBl. 680, sei dem § 47 Abs. 2 EStG 1988 ein Satz angefügt worden, nach dem ein Dienstverhältnis anzunehmen sei, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich iSd § 22 Z 2 beteiligt ist, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b vorliegen. Damit solle nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage nur klargestellt werden, dass Gesellschafter-Geschäftsführer mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit jedenfalls auch als in einem Dienstverhältnis stehend anzusehen seien. Die Berufungsbehörde schließt sich den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes, wonach sich die Verpflichtung zur Entrichtung von Dienstgeberbeiträgen für Tätigkeitsvergütungen der nicht wesentlich beteiligten und mit einer Sperrminorität ausgestatteten Gesellschafter (eindeutig) schon aus § 41 Abs. 3 FLAG ergibt, vollinhaltlich an. Der Berufung bleibt daher schon aus diesem Grund der gewünschte Erfolg versagt.
Aber auch die (gegenteilige) Auffassung, dass die Verpflichtung zur Entrichtung von Dienstgeberbeiträgen nicht schon aus § 41 Abs. 3 FLAG hervorgeht, würde nach Auffassung der Berufungsbehörde zu keinem anderen Ergebnis führen: Dass (auch) von den Tätigkeitsvergütungen der nicht wesentlich beteiligten und mit einer Sperrminorität ausgestatteten Gesellschafter Dienstgeberbeiträge zu entrichten sind, hat der Gesetzgeber durch den Verweis auf § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 in § 41 Abs. 3 FLAG klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Unstrittig ist aber auch, dass dieser Personenkreis im Zeitraum vom bis zum nicht (explizit) als Dienstnehmer im in § 41 Abs. 2 FLAG verwiesenen § 47 Abs. 2 EStG 1988 angeführt gewesen ist. Wäre es jedoch tatsächlich die Absicht des Gesetzgebers gewesen, dass für die Tätigkeitsvergütungen dieses Personenkreises - und (nur) für den Zeitraum von vier Monaten und acht Tagen (und nur) des Kalenderjahres 2001 - keine Verpflichtung zur Entrichtung von Dienstgeberbeiträgen bestehen soll, dann hätte der Gesetzgeber (für diesen Zeitraum) wohl auch aus § 41 Abs. 3 FLAG den Verweis auf § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 herausgenommen. Dies hat der Gesetzgeber jedoch unstrittig nicht getan. Dass (in dem besagten Zeitraum) zwar die Tätigkeitsvergütungen der nicht wesentlich beteiligten und mit einer Sperrminorität ausgestatteten Gesellschafter zur Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag gehört haben (§ 41 Abs. 3 FLAG), der angesprochene Personenkreis jedoch nicht (explizit) als Dienstnehmer im in § 41 Abs. 2 FLAG verwiesenen § 47 Abs. 2 EStG 1988 angeführt gewesen ist, wäre - vorausgesetzt, die Verpflichtung zur Entrichtung von Dienstgeberbeiträge geht nicht ohnehin schon aus § 41 Abs. 3 FLAG hervor - dann nach Auffassung der Berufungsbehörde nur so zu verstehen, dass hier vom Vorliegen einer Lücke auszugehen ist. Eine Lücke im Rechtssinn ist dann gegeben, wenn die Regelung eines Sachbereiches keine Bestimmung für eine Frage enthält, die im Zusammenhang mit dieser Regelung an sich geregelt werden müsste. Eine Lücke ist dort anzunehmen, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist, und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht (Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts, Teil I, 8. Auflage, Seite 24; Dittrich-Tades, ABGB, 35. Auflage, E 1b., E 2, E 2a. zu § 7). Bei der Lücke handelt es sich daher um eine planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts, gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung (Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts, Teil I, 8. Auflage, Seite 24). Da das FLAG zwar die Tätigkeitsvergütungen der nicht wesentlich beteiligten und mit einer Sperrminorität ausgestatteten Gesellschafter zur Beitragsgrundlage zählt, der angesprochene Personenkreis als solcher im Gesetz jedoch keine (ausdrückliche) Erwähnung findet, kann daher nach Auffassung der Berufungsbehörde nur bedeuten, dass das FLAG (im Zeitraum vom bis zum ) in der Regelung des von der Beitragspflicht umfassten Personenkreises "unvollständig" geblieben ist. Dafür, dass für diesen Zeitraum keine vom Gesetz gewollte Beschränkung sondern (nur) eine planwidrigen Unvollständigkeit vorlag, spricht auch der Inhalt der Stenographischen Protokolle des Nationalrates zur Regierungsvorlage (499 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP) zum Budgetbegleitgesetz 2002, BGBl I 2001/47, wo es im Besonderen Teil zu Art. 3 (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) wie folgt heißt: "Die Änderung wurde dadurch erforderlich, da durch ein Redaktionsversehen beim Budgetbegleitgesetz 2001 im § 47 Abs. 2 EStG 1988 der nunmehr eingefügte Satz irrtümlich ersetzt wurde". Die "Verbesserung eines Redaktionsversehens im Wege einer abändernden Auslegung" ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann zulässig, wenn "der wahre Wille des Gesetzgebers mit Sicherheit nachweisbar ist" ( Zl. 93/12/0314). Das ist auch hier der Fall: mit dem Budgetbegleitgesetz 2001 (BGBl I 2000/142) wurde der Begriff des Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) um die Bezieher von Bezügen im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 4 und Z 5 EStG 1988 erweitert. Diese Erweiterung hätte ganz offensichtlich durch das Einfügen eines vierten Satzes in § 47 Abs. 2 EStG 1988 erfolgen sollen. Wie aus den Stenographischen Protokollen zum Budgetbegleitgesetz 2002, BGBl I 2001/47, hervorgeht, ist jedoch durch ein (bloßes) Redaktionsversehen der in § 47 Abs. 2 EStG angeführte Personenkreis nicht um die Bezieher von Einkünften im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 4. und 5. des Einkommensteuergesetzes 1988 ergänzt bzw. erweitert worden, sondern es wurden irrtümlich die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich beteiligten und mit einer Sperrminorität ausgestatteten Gesellschafter ersetzt durch die Bezieher von Einkünften im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 4. und 5. EStG 1988. Dafür, dass der "wahre Wille des Gesetzgebers" darauf ausgerichtet gewesen ist, (auch) von den Tätigkeitsvergütungen der nicht wesentlich beteiligten und mit einer Sperrminorität ausgestatteten Gesellschafter (auch für den Zeitraum vom bis zum ) Dienstgeberbeiträge zu entrichten, geht zum einen - wie schon ausgeführt worden ist - bereits daraus hervor, dass diese Tätigkeitsvergütungen - auch im Zeitraum vom bis zum - zur Beitragsgrundlage gehört haben (§ 41 Abs. 3 FLAG) und zum anderen daraus, dass der Gesetzgeber diesen "gesetzlosen Zustand", der (nur) vier Monate und acht Tage angedauert hat, umgehend (BGBl I 2001/47) wieder beseitigt hat. Geht man daher davon aus, dass - für den Zeitraum vom bis zum - die Entrichtung von Dienstgeberbeiträgen nicht schon aus § 41 Abs. 3 FLAG hervorgeht, dann wäre hier also vom Vorliegen einer Lücke auszugehen. Diese Lücke wäre dann so zu schließen, dass (auch im Zeitraum vom bis zum ) Dienstnehmer im Sinne des § 41 Abs. 2 FLAG auch Personen sind, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt sind, und zwar auch, wenn bei einer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisenden Beschäftigung die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, auf Grund gesellschaftsrechtlicher Sonderbestimmungen fehlt.
Der Berufung war daher der gewünschte Erfolg zur Gänze zu versagen.
Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Dienstgeberbeiträge für das Kalenderjahr 2001 wird auf den Bescheid (Berufungsvorentscheidung) des Finanzamtes vom verwiesen (Bemessungsgrundlage ATS 6.642.980,00 = € 482.764,18; Dienstgeberbeiträge ATS 298.933,00 = € 21.724,31).
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Wien, am
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Materie | |
betroffene Normen | § 41 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
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