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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 20.04.2012, RV/1242-L/10

Studienwechsel bei Lehramtsstudium.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für x, für den Zeitraum März 2009 bis Februar 2010 in Höhe von insgesamt € 2.533,20 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird für den Zeitraum März 2009 bis September 2009 aufgehoben.

Die Rückforderung vermindert sich dadurch auf insgesamt € 1.055,50 (FB: 763,50; KAB 292,00).

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt hat mit Bescheid vom die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für die volljährige Tochter des Berufungswerbers für den Zeitraum März 2009 bis Februar 2010 in Höhe von insgesamt € 2.533,20 (FB: € 1.832,40, KAB: € 700,80) zurückgefordert. Begründung: "Im § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) wird hinsichtlich eines Studienwechsels auf die Bestimmungen des § 17 Studienförderungsgesetz (StudFG) verwiesen. Gemäß § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG liegt ein günstiger Studienerfolg nicht vor, wenn der Studierende das Studium nach dem jeweils dritten fortgesetzt gemeldeten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat. Gemäß § 17 Abs.4 StudFG in der geltenden Fassung (BGBL. I Nr. 76/2000) ist ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 nicht mehr zu beachten, wenn die oder der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hat. Nach einem Studienwechsel nach dem jeweils 3. inskribierten Semester (oder zweitem Ausbildungsjahr) besteht Anspruch auf Familienbeihilfe erst dann, wenn die oder der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hat. Es sind daher alle Semester aus den vorherigen Studien, in denen eine Fortsetzungsmeldung vorgelegen ist und für die Familienbeihilfe bezogen wurde, in Bezug auf die Wartezeit bis zur Wiedergewährung der Familienbeihilfe für das neue Studium heranzuziehen."

In der Berufung vom wird Folgendes ausgeführt: "Eine Aufnahmeprüfung für das neue Unterrichtsfach "Textiles Gestalten" war zu Beginn des Sommersemesters nicht gegeben. Meine Tochter versuchte daher als außerordentliche Studentin die verlorene Zeit aufzuholen, um nicht nach dem vierten, sondern schon nach dem 3. Semester wechseln zu können. Dabei fiel zusätzlich ca. € 380,--Studiengebühr an! Außerdem ist die Anrechenbarkeit des Englisch-Studiums für das neue Studium mit 12 Wochenstunden gegeben, wie Sie den beigefügten Unterlagen entnehmen können. Damit sind von erforderlichen 14 Wochenstunden bereits 12 abgeschlossen. Da der Studienerfolg trotz Umstieg auf ein neues Zweitfach gegeben ist, ist es schwer nachvollziehbar, warum ich Kinderbeihilfe von März 2009 - Feb 2010 in Höhe von € 2.533,20 nachzahlen muss. Wie ich jetzt weiß, dürfen Studenten während ihres Studiums nach jeweils 2 Semestern zweimal umsteigen, ohne dass die Familienbeihilfe "gefährdet" ist. Das heißt sie können vier Semester brauchen, um ihre endgültige Studienrichtung gefunden zu haben. Daher erscheint mir die "Bestrafung" für einen Umstieg nach drei Semestern unverständlich und hart."

Aus der vorgelegten Anerkennungsdruckliste vom ergibt sich, dass aus "UF Englisch" Freifächer im Ausmaß von 12 Wochenstunden für "UF Textiles Gestalten" angerechnet wurden. Laut Auskunft der Universität entsprechen diese 12 Wochenstunden 15 ECTS-Punkten.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in der hier anzuwendenden Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe, a) für minderjährige Kinder, b) für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zum Beispiel Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.

Im hier zu beurteilendem Fall war die Tochter des Berufungswerbers ab dem Wintersemester 2007/08 im Lehramtsstudium "482 UF Bewegung und Sport; 344 UF Englisch" zur Fortsetzung gemeldet. Ein kombinationspflichtiges Studium ist durch die beiden miteinander kombinierten Studienrichtungen definiert, es gilt für beide eine einheitliche Studienzeit. Daher gilt ein Studienabschnitt erst dann als beendet, wenn die Diplomprüfungen aus beiden Fächern erfolgreich abgelegt wurden. Der erste Studienabschnitt (fünf Semester incl. einem Toleranzsemester) wäre somit bis Februar 2010 abzuschließen gewesen. Tatsächlich wurde die erste Diplomprüfung im Unterrichtsfach Bewegung und Sport am erfolgreich absolviert. Für das Unterrichtsfach Englisch wurde keine Diplomprüfung nachgewiesen. Somit hätte ab März 2010 kein Anspruch auf die Familienbeihilfe bestanden.

Nun kommt jedoch noch hinzu, dass die Tochter des Berufungswerbers laut Studienblatt ab dem Wintersemester 2009/10 im neuen Lehramtsstudium "482 UF Bewegung und Sport; 592 UF Textiles Gestalten" zur Fortsetzung gemeldet war. Das Unterrichtsfach Englisch wurde nicht mehr aufrecht gehalten.

In Zusammenhang mit § 17 Studienförderungsgesetz hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom , 2005/10/0069, folgende Feststellungen getroffen: Zunächst wurde unter Hinweis auf die frühere Rechtsprechung festgestellt, dass ein Studienwechsel dann vorliegt, wenn der Studierende das von ihm begonnene und bisher betriebene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes unter den Geltungsbereich des Studienförderungsgesetzes fallendes Studium beginnt. Auch jede Änderung einer der kombinationspflichtigen Studienrichtungen stellt einen Studienwechsel dar. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung führt der Verwaltungsgerichtshof in der Folge zum Lehramtsstudium unter gleichzeitigem Hinweis auf das UniStG weiters aus: Das neue Modell sieht ein formell nicht kombinationspflichtiges Studium vor, wobei allerdings generell die Ausbildung in zwei Unterrichtsfächern zu absolvieren ist. Das Lehramtsstudium dient der fachlichen, der fachdidaktischen und der pädagogischen, wissenschaftlichen oder wissenschaftlich-künstlerischen Berufsvorbildung unter Einschluss einer schulpraktischen Ausbildung in jeweils zwei Unterrichtsfächern für das Lehramt an höheren Schulen, die zwei gewählten Unterrichtsfächer haben die Studierenden anlässlich der Zulassung zum Lehramtsstudium bekanntzugeben. Für alle Fächer gilt, dass für die pädagogische und fachdidaktische Ausbildung unbeschadet der schulpraktischen Ausbildung im Studienplan 20 bis 25 % der festzulegenden Gesamtstundenanzahl des Lehramtsstudiums für das jeweilige Unterrichtsfach vorzusehen ist. Daraus ergibt sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes, dass die von den Studierenden zu wählenden Unterrichtsfächer in quantitativer und qualitativer Hinsicht im Vergleich zur pädagogischen und fachdidaktischen Ausbildung nicht etwa von untergeordneter Bedeutung, sondern im Gegenteil für die Identität des gewählten Lehramtsstudiums von ausschlaggebender Bedeutung sind. Da die beiden gewählten Unterrichtsfächer nach dem UniStG grundsätzlich gleichwertig sind, ist davon auszugehen, dass nach einem Wechsel auch nur eines der beiden Unterrichtsfächer von einer Fortführung desselben (Lehramts) Studiums nicht mehr gesprochen werden kann.

Der Berufungswerber führt aus, die Tochter habe "Englisch" nach drei Semestern abgebrochen und sei im Sommersemester 2009 als außerordentliche Hörerin in "UF Textiles Gestalten" gemeldet gewesen. Tatsächlich war sie auch in "UF Englisch" im Sommersemester 2009 noch gemeldet. Als ordentliche Hörerin ist die Tochter in "UF Textiles Gestalten" laut Studienblatt seit dem Wintersemester 2009/10 gemeldet. Der Unabhängige Finanzsenat geht daher davon aus, dass die Tochter des Berufungswerbers den Studienwechsel mit Wintersemester 2009/10 vollzog.

Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. I 2008/47, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. In diesem Sinn sind folgende Regelungen des § 17 StudFG 1992 für den vorliegenden Fall von Bedeutung:

Abs. 1: Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende 1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder 2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder 3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

Gemäß Abs. 2 gilt unter anderem nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1: Studienwechsel, bei welchem die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind.

Abs. 4 lautet: Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt haben. Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.

Der Studienwechsel der Tochter des Berufungswerbers erfolgte nach dem vierten gemeldeten Semester. Eine Anrechnung aus "Englisch" erfolgte für "Textiles Gestalten" im Ausmaß von 15 ECTS-Punkten.

Wird der Studienerfolg in ECTS-Punkten bemessen, gilt Folgendes: Nach § 51 Abs. 2 Z 26 Universitätsgesetz 2002 werden dem Arbeitspensum eines Studienjahres 60 ECTS-Anrechnungspunkte zugeteilt. Anknüpfend an diese gesetzliche Regelung setzt die Verwaltungspraxis Vorstudienleistungen im Ausmaß von 1 bis 30 ECTS-Punkten einer Vorstudienzeit von einem Semester gleich, Vorstudienleistungen von 31 bis 60 ECTS-Punkten einer Vorstudienzeit von zwei Semestern etc.

Demnach ergibt sich, dass keinesfalls die gesamten Vorstudienzeiten angerechnet wurden. Auf Grund der Anrechnung verkürzt sich die Wartezeit jedoch um ein Semester, somit von vier auf drei Semester, gerechnet ab dem Wintersemester 2009/10.

Ein Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages (§ 33 Abs. 3 EStG 1988) lag folglich im Sommersemester 2009 - also von März 2009 bis September 2009 - vor. Im Wintersemester 2009/10 - also von Oktober 2009 bis Februar 2010 - kann aber nicht vom Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages ausgegangen werden. Es ergibt sich folgender Rückforderungsbetrag: Familienbeihilfe: 5 Monate x € 152,70 = € 763,50 Kinderabsetzbetrag: 5 Monate x € 58,40 = € 292,00

insgesamt: € 1.055,50

Aus den angeführten Gründen war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Linz, am

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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at