Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 03.10.2007, RV/0808-W/04

Verhängung eines ersten Säumniszuschlags wegen erst nach dem Fälligkeitstermin durchgeführter Überrechnung gemäß § 211 Abs.1 lit.g BAO

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0808-W/04-RS1
Bei einem Überrechnugsantrag gemäß § 211 Abs.1 lit.g BAO ist es für den Eintritt der Tilgungswirkung auf dem Abgabenkonto des Überrechnungsempfängers erforderlich, dass die Überrechnung auch tatsächlich durchgeführt wurde.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., X, vertreten durch die C., Y, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Mödling vom über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Mödling für die Bw. (Berufungswerberin, im Folgenden: Bw.) für die Umsatzsteuer 07/2003 in Höhe von 40.800,- € gemäß § 217 Abs.1 und Abs.2 BAO einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von 2 %, somit 816,- € fest. Begründend wurde ausgeführt, dass die Abgabenschuldigkeit nicht bis zum Fälligkeitsdatum entrichtet war.

Mit Schreiben vom (Postaufgabe 12.1.) erhob die Bw. durch ihre Rechtsvertreterin fristgerecht dagegen Berufung mit dem Antrag auf ersatzlose Aufhebung des Säumniszuschlags. Begründend wurde ausgeführt, dass keine Säumnis zur Entrichtung dieses Umsatzsteuerbetrages eingetreten war, da am von der Firma L. ein Überrechnungsantrag in Höhe von 40.800,- € auf das Steuerkonto der Bw. gestellt worden war. Somit war zum Fälligkeitstermin die Umsatzsteuer der Bw. ordnungsgemäß entrichtet. Als Nachweis wurde eine Kopie des Überrechnungsantrags der L. , diese vertreten durch WT N., an das Finanzamt für den 21./22. Bezirk vom der Berufungsschrift beigelegt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt Mödling die Berufung ab mit der Begründung, dass die Umsatzsteuervorauszahlung für 07/2003 am teilweise rechtzeitig entrichtet wurde, der sich nach Verbuchung der Umsatzsteuervoranmeldung ergebende Differenzbetrag in Höhe von 40.800,- € jedoch erst am Deckung erfuhr und daher von diesem Betrag gemäß § 217 Abs.1 BAO ein Säumniszuschlag festzusetzen war. Zwar sei beim Finanzamt für den 21./22. Bezirk der Überrechnungsantrag am erfolgt, als Entrichtungstag der Überrechnung gelte jedoch gemäß § 211 Abs.1 lit.g BAO erst der Tag der Entstehung des Guthabens. Da die ursprünglich am elektronisch eingebrachte Umsatzsteuervoranmeldung nur zu einer Gutschrift in Höhe von 1.221,87 € und erst die berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung vom mit Festsetzung am zu dem zur Überrechnung beantragten Guthaben führte, war dessen Entstehung für die Fälligkeit verspätet.

Mit Schreiben vom , Postaufgabe 19.4., stellte die Bw. gemäß § 276 BAO fristgerecht einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz. Ergänzend wurde vorgebracht, dass für die Bw. die Umsatzsteuervoranmeldung für Juli 2003 zunächst eine Zahllast von 164.233,95 € aufwies, nach fristgerechter Zahlung von 123.433,95 € sei für den Restbetrag von 40.800,- € von einem Kunden der Bw., nämlich der L. , am ein Überrechnungsantrag auf das Steuerkonto der Bw. gestellt worden. Dass der Überrechnungsantrag erst am aufgrund der Vorlage einer berichtigten Umsatzsteuervoranmeldung der Firma L wirksam geworden sei, treffe nicht zu. Denn der Steuerberater der Firma L , N. , brachte nachweislich auf elektronischem Weg die berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung, aus der das zu überrechnende Guthaben in Höhe von 40.800,- € hervorging, am beim Finanzamt für den 21./22. Bezirk ein. Gemäß der Regelung des § 211 Abs.1 lit.g BAO habe die Kundin der Bw. am die berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung, aus der das Guthaben in Höhe von 40.800,- € resultiere, samt dem Überrechnungsantrag schon am beim Finanzamt für den 21./22. Bezirk eingebracht und da die Umsatzsteuerrestschuld für Juli 2003 am fällig war, bestand keine Säumnis der Bw. bezüglich dieser Restschuld, vielmehr sei aufgrund des Überrechnungsantrags die Gutschrift bereits einen Monat vor Fälligkeit der Umsatzsteuerrestschuld erfolgt und somit der Bescheid vom über die Festsetzung eines Säumniszuschlags ersatzlos aufzuheben.

Begefügt war dem Vorlageantrag die Korrespondenz des Steuerberaters N. mit der Rechtsvertreterin der Bw. vom , aus der hervorgeht, dass die Rechnungen der Firma Bw, die am ausgestellt worden waren, verspätet, nämlich erst nach der elektronischen Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldung 06/2003 (Guthaben 1.221,87 €) am dem Steuerberater zur Erfassung übergeben worden waren, worauf vom Steuerberater am die berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung 06/2003 elektronisch erstellt wurde mit nunmehrigem Guthaben von 42.021,87 € und am selben Tag auch der Überrechnugsantrag mit dem Hinweis auf die berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung und unter Beilage der die Gutschrift dokumentierenden Rechnungen gestellt wurde. Darüber hinaus hatte N. ebenfalls am das Finanzamt Mödling sowie die Firma Bw bezüglich der Überrechnung vorab informiert. Nach mehrmaligen telefonischen Urgenzen habe am eine Mitarbeiterin des Finanzamtes für den 21./22. Bezirk N. um Übersendung jener Rechnungen ersucht, die zur Gutschrift geführt hatten. N. gelangte daher zum Eindruck, dass der Antrag vom noch gar nicht behandelt war, da die angeforderten Rechnungen dem Finanzamt seit 20.8. vorlagen. Nach Meinung des Steuerberaters habe daher unabhängig vom Bearbeitungszeitraum 10/2003 und da keinerlei aufzurechnende Rückstände aushafteten, am Fälligkeitstag des Voranmeldungszeitraums 06/2003, dem , ein überrechenbares Guthaben bestanden. Das Berichtigungserfordernis impliziere auch die Zuordnung zum richtigen UVA-Zeitraum mit der entsprechenden Fälligkeit. Die in der Berufungsvorentscheidung vom Finanzzamt vertretene Ansicht, die Berichtigung der UVA 06/2003 sei erst am erfolgt, sei tatsachenwidrig, vielmehr sei dieses Datum der Bearbeitungszeitpunkt. Auf die berichtigte UVA habe sich N. schon im Überrechnungsantrag vom 19.8. bezogen und auch das Finanzamt Mödling davon informiert. Daher wäre das Finanzamt schon im August 2003 in der Lage gewesen, eine Festsetzung durchzuführen. Wenn die Bearbeitung erst im Oktober erfolgte, könne das auf die zeitliche Zuordnung der Antragsfolgen keine Auswirkung haben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs.2 lit.d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe des § 217 BAO idF ab Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs.2 BAO).

Gemäß § 211 Abs.1 lit.g BAO gelten Abgaben bei Umbuchung oder Überrechnung von Guthaben (§ 215) eines Abgabepflichtigen auf Abgabenschuldigkeiten desselben Abgabepflichtigen am Tag der Entstehung der Guthaben, auf Abgabenschuldigkeiten eines anderen Abgabepflichtigen am Tag der nachweislichen Antragstellung, frühestens jedoch am Tag der Entstehung der Guthaben als entrichtet.

Im Sinne dieser Gesetzesstelle ist es notwendig, dass die Überrechnung eines Guthabens auch tatsächlich durchgeführt wurde, damit dann auf dem empfangenden Abgabenkonto die Tilgungswirkung eintreten kann. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tritt bei Anwendung von § 211 Abs.1 lit.g BAO bei einer Überrechnung die Tilgungswirkung im Zeitpunkt der Antragstellung ein - sofern bereits ein Guthaben entstanden ist - dies aber nur dann, wenn bzw. soweit eine Überrechnung auch durchgeführt wurde. Denn diese Bestimmung enthält neben der Aussage, dass eine Umbuchung oder Überrechnung bestimmter Guthaben eine taugliche Art der Entrichtung von Abgaben darstellt, eine Regelung zur Frage, zu welchem Zeitpunkt bei Umbuchungen oder Überrechnungen von Guthaben eine Abgabe als entrichtet gelten kann. Wenn die Überrechnung nicht stattgefunden hat, kann die dem Säumniszuschlag zugrunde liegende Abgabenschuld nicht als am Tag der Antragstellung zur Überrechnung entrichtet gelten ( Zl. 2005/15/0137, insbesondere RS 4; Zl. 94/13/0061).

Umgekehrt kann sich der durch die Überrechnung Begünstigte aufgrund der Verständigung von einem erfolgten Überrechnungsantrag nicht darauf "verlassen", dass eine solche Überrechnung zum Fälligkeitstermin schon tatsächlich durchgeführt wurde und damit das Entstehen einer Abgabenschuld auf seinem Abgabenkonto unterbunden ist, schon aus dem plausiblen Grund nicht, als der Überrechnungsantrag auch knapp vor dem Umsatzsteuerfälligkeitstermin gestellt worden sein könnte und somit für die Behörde zur Überrechnung Terminzwänge entstünden, für die keine gesetzliche Grundlage besteht. Vielmehr ist es bei § 211 Abs.1 lit.g BAO Sache des Abgabenschuldners, sich durch Rückfrage über den Bestand eines Tilgungstatbestandes mit Wirksamkeit eines bestimmten Datums zu vergewissern. Dass für den Empfänger der Überrechnung dabei eine gewisse Unsicherheit eintritt, nimmt der Gesetzgeber offenbar in Hinblick darauf in Kauf, dass es sich um eine begünstigende Regelung handelt.

Wird am ein Überrechnungsantrag gestellt, hat die Behörde gemäß § 311 Abs.1 BAO über das Anbringen ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden, ein Anspruch auf eine "sofortige" Bearbeitung in Hinblick auf einen auf dem Konto eines anderen Abgabepflichtigen eintretenden Fälligkeitstermin besteht aber dennoch nicht. Sollte die Überrechnung erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden, würde eben auch erst die Tilgung der Umsatzsteuerschuld eines entsprechend späteren Monats möglich sein. Säumnisfolgen treten gemäß § 311 Abs.2 BAO für die Behörde grundsätzlich erst nach sechs Monaten ein. Sollten Meinungsverschiedenheiten bestehen über Buchungen, die die Behörde hätte durchführen müssen, können diese allenfalls Gegenstand eines Abrechnungsbescheides nach § 216 BAO sein.

Säumniszuschläge sind als rechtliches "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung von Abgabenentrichtungspflichten anzusehen. Während nach der vor dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000 geltenden Rechtslage Säumniszuschläge eine objektive Rechtsfolge des Zahlungsverzugs waren und Fragen des Verschuldens unbeachtlich waren, ist nach der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung des § 217 BAO ein Säumniszuschlag auf Antrag herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, wenn der Partei kein grobes Verschulden in Hinblick auf die Säumnis vorzuwerfen ist. Solche Fragen wären aufgrund eines Antrags nach § 217 Abs.7 BAO zu behandeln und sind nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Aufgrund dieser Ausführungen ist die Festsetzung des Säumniszuschlags zu Recht erfolgt und war die Berufung daher spruchgemäß abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 211 Abs. 1 lit. g BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Säumniszuschlag
Überrechnung
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at