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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 04.06.2010, RV/0500-L/10

Keine Familienbeihilfe während des Zivildienstes, auch wenn daneben berufsbegleitendes Studium betrieben wird

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der X, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom , mit dem der Antrag vom auf Gewährung der Familienbeihilfe für Y ab Oktober 2009 abgewiesen wurde, entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin beantragte am für ihren 1989 geborenen Sohn Y die Zuerkennung der Familienbeihilfe. Am Formblatt Beih 1 wurde dazu angegeben, dass ihr Sohn "Zivildienst" leiste und seit an der Fachhochschule Wels ein Abendstudium der Studienrichtung Automatisierungstechnik (Studienkennzahl 0438, Bachelorstudiengang) betreibe. Dazu wurde das Studienbuchblatt für das Wintersemester 2009/2010 sowie eine Ablichtung des Studentenausweises vorgelegt.

Das Finanzamt wies mit Bescheid vom den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für diesen Sohn ab Oktober 2009 ab. Während der Ableistung des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes könne keine Berufungsausbildung angenommen werden, da die Erfüllung der Wehrpflicht eine Haupttätigkeit darstelle.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Eingabe vom Berufung erhoben. Die Berufungswerberin führte darin aus, dass ihr Sohn seit den "Präsenzdienst" ableiste. Dies könne nach den Durchführungsrichtlinien zum FLAG (Punkt 16.1) nicht als Berufsausbildung angesehen werden. Ihr Sohn habe aber gleichzeitig als ordentlicher Student an der Fachhochschule Wels das berufsbegleitende Bachelor-Studium Automatisierungstechnik begonnen. Dieses berufsbegleitende Studium sei inhaltlich mit dem Vollzeitstudium ident, jedoch fänden die Lehrveranstaltungen donnerstags abends, freitags von ca. 14:00 bis 20:00 Uhr und samstags von ca. 8:00 bis 17:00 Uhr statt und seien daher mit seiner "Zivildienststelle" vereinbar. Er erfülle damit eindeutig die Punkte 18 und 22.1 der DR-FLAG, wonach für das erste Studienjahr des Studiums, für das Familienbeihilfe geleistet werden soll, die Fortsetzungsbestätigung (früher Inskriptionsbestätigung) genüge. Zusätzlich übermittelte die Berufungswerberin eine Bestätigung der bereits absolvierten ECTS-Punkte, woraus erkennbar sei, dass es sich hier um ein ernsthaftes Studium handle.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt diese Berufung unter Hinweis auf einschlägige Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes (; und ) als unbegründet ab.

Mit Eingabe vom beantragte die Berufungswerberin die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Ihr Sohn erfülle mit dem erwähnten Studium jedenfalls die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG, und habe auch bereits mit dem Nachweis der notwendigen Prüfungen im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden für das zweite Studienjahr bewiesen, dass er ernsthaft und zielstrebig studiere. Sie habe keine Bestimmung im FLAG gefunden, die besage, dass bei gleichzeitigem Ableisten des Zivildienstes kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe. Die Ableistung des Präsenzdienstes stelle zwar gemäß Punkt 16.1 der DR-FLAG an sich keine Berufsausbildung dar. Diese Anspruchsvoraussetzung der Berufsausbildung sei jedoch bei ihrem Sohn durch das gleichzeitig begonnene berufsbegleitende Studium eindeutig gegeben. Laut Homepage der Zivildienstserviceagentur, der für den Zivildienst in Österreich zuständigen Bundesbehörde, sei ein Studium, welches in der dienstfreien Zeit ausgeübt werde und die Zivildienstleistung in keiner Weise beeinträchtige, erlaubt. Ihr Sohn habe bei seiner Zivildienststelle geregelte Arbeitszeiten. Daher lasse sich der Zivildienst mit dem berufsbegleitenden Studium, bei dem die Lehrveranstaltungen zu den bereits erwähnten Zeiten stattfänden, voll vereinbaren. Die Lehrveranstaltungen könnten auch nicht beliebig ausgewählt werden und für den überwiegenden Anteil der Lehrveranstaltungen bestünde Anwesenheitspflicht. Ein derartiges auf Berufstätige abgestimmtes Studium, welches auch in keiner Weise die Zivildienstleistung ihres Sohnes beeinträchtige, sei im Österreich im Jahr 1978 nicht angeboten worden und hätte damit auch beim dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom nicht berücksichtigt werden können. Bei den beiden anderen Erkenntnissen habe es sich um Fälle gehandelt, in denen der Anspruch auf Familienbeihilfe im Widerspruch zu § 5 Abs. 1 FLAG gestanden sei. Damals sei die Zuverdienstgrenze mit monatlich 3.500 S (254 €) wesentlich geringer gewesen als heute. Wenn heute jemand bis zu 9.000 € pro Jahr dazuverdienen dürfe und dennoch die Eltern Familienbeihilfe zugesprochen erhielten, werde damit ja auch ausgedrückt, dass 9.000 € zur Abdeckung der Grundbedürfnisse nicht ausreichen würden und ein restlicher Teilunterhaltsanspruch weiter bestehe. Dann könne ein solcher sozialer Unterschied auch nicht durch die Absolvierung des Zivildienstes aufgehoben werden. Eine "Vereinheitlichung der sozial und wirtschaftlich unterschiedlichen Familienverhältnisse" könne durch den Zivildienst nicht erfolgen. Bei überdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen werde das vom Elternhaus nicht losgelöst lebende volljährige Kind nicht selbsterhaltungsfähig, wenn es Sach- und Geldleistungen beim Bundesheer nach dem HGG beziehe. Der Unterhaltsanspruch, der über die Deckung der Grundbedürfnisse hinausgehen, bleibe daher gegenüber den Eltern aufrecht. Das rechtfertige auch den Erhalt der Familienbeihilfe, wenn die Anspruchsvoraussetzung in Bezug auf Berufungsausbildung gegeben sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Für volljährige Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, werden nähere Regelungen jener Bedingungen getroffen, bei deren Vorliegen eine Berufausbildung anzunehmen ist.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG besteht ein Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Dauer von drei Monaten nach Abschluss der Berufsausbildung, sofern sie weder den Präsenz- oder Ausbildungsdienst noch den Zivildienst leisten.

§ 2 Abs. 1 lit. e FLAG normiert einen Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird.

Schließlich besteht gemäß § 2 Abs. 1 lit. f FLAG ein Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wenn sie weder den Präsenz- oder Ausbildungsdienst noch den Zivildienst leisten und bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice als Arbeitsuchende vorgemerkt sind und weder einen Anspruch auf eine Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609, haben noch eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes durch das Arbeitsmarktservice erhalten.

Nach einhelliger Auffassung der Literatur und Judikatur (z.B. mit Hinweis auf Wittmann/Papacek, Kommentar zum Familienlastenausgleich, C, 10/9; Schredl, SWK 1992, Seite 189 ff; Wimmer, SWK 2001, 249) und auch der Verwaltungspraxis (Durchführungsrichtlinien zum Familienlastenausgleichsgesetz 1967, Stand Februar 2009, Punkte 16.1., 20.6.), ist die Ableistung des Präsenz(Zivil)dienstes nicht als Ausbildung für einen Beruf iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG anzusehen. Während der Leistung des Präsenz- bzw. Zivildienstes besteht sohin kein Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG.

Dass die Ableistung des Präsenzdienstes für den Gesetzgeber des Familienlastenausgleichsgesetzes eine Unterbrechung der Ausbildung des Kindes darstellt, die während dieser Zeit den Anspruch auf Familienbeihilfe beseitigt, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen (z.B. , ). Gebietet der Wortlaut der maßgebenden Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes zwingend die ausbildungsunterbrechende Wirkung der Leistung des Präsenzdienstes, dann kommt es auf den Umstand einer neben der Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes erfolgreich weitergeführten Ausbildung des Sohnes durch Ablegung von Prüfungen für die Beurteilung des Anspruches auf Familienbeihilfe nicht mehr an. Der mit den Regelungen des Familienlastenausgleichsgesetzes verfolgte Zweck, der sich schon aus dem Namen dieses Gesetzes ergibt und auch aus den Bestimmungen des § 2 Abs. 2 und des § 2 Abs. 4 dieses Gesetzes hervorleuchtet, liegt in einem Beitrag zum Ausgleich der mit der Versorgung, Erziehung und Berufsausbildung von Kindern verbundenen Lasten durch die öffentliche Hand. Dass der Beitrag zum Ausgleich dieser Lasten während jener Zeit nicht zustehen soll, während der die Versorgung von Kindern im Zuge der Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes durch die öffentliche Hand selbst vorgenommen wird, ist ein auch unter dem Gesichtspunkt des dargestellten Gesetzeszweckes stimmiges Auslegungsergebnis der eine andere Deutung ohnehin nicht zulassenden Wortinterpretation der maßgebenden Bestimmungen (). Gleiches gilt für den Zivildienst (vgl. neuerlich ).

Dem Einwand, dass der Unterhaltsanspruch, der über die Deckung der Grundbedürfnisse hinausgeht, gegenüber den Eltern aufrecht bleibe, ist entgegen zu halten, dass der Gesetzgeber nicht jede Unterhaltsverpflichtung seitens der Eltern durch Gewährung von Familienbeihilfe berücksichtigt ().

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at