Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSG vom 13.03.2013, RV/0162-G/12

1. Alleinverdienerabsetzbetrag 2. Kosten für Einlagerung des Hausrates als Werbungskosten

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0162-G/12-RS1
Wenn solche beruflich veranlassten, kostspieligen Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung dadurch vermieden werden, indem der Haushalt im Ausland aufgelöst wird und der Hausrat im Hinblick auf die lediglich für 2 Jahre befristete Entsendung nach Österreich vorübergehend eingelagert wird, können die dafür anfallenden Aufwendungen als sogenannte Abwehrkosten angesehen werden und als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Csaszar und die weiteren Mitglieder Dr. Helga Christian, Dipl.Ing. Horst Rinner und Dr. Bernhard Koller im Beisein der Schriftführerin Anita Eberhardt über die Berufung des X, Adr., vertreten durch Mag. T. Heidinger Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH, 8010 Graz, Hartenaustraße 24, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt, vertreten durch Dr. Ropposch, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 nach der am in 8018 Graz, Conrad von Hötzendorf-Straße 14-18, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der Bescheid betreffend Arbeitnehmerveranlagung 2010 wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Gutschrift sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber, im Folgenden kurz Bw. genannt, ist amerikanischer Staatsbürger und kam im Sommer 2010 im Rahmen einer konzerninternen Entsendung nach Österreich, wo er bei der Y in einem befristeten Dienstverhältnis vom bis beschäftigt war. Dies ergibt sich aus den Angaben des Bw. und aus den Meldungen des Arbeitgebers. Seinen Hauptwohnsitz hatte er vom bis in XY gemeldet. Der Bw. ist gemeinsam mit seiner Frau und den beiden Kindern nach Österreich gezogen und hat für die Dauer des österreichischen Dienstverhältnisses den Wohnsitz in den USA aufgegeben. Die Wohnungseinrichtung wurde in den USA für die Dauer des österreichischen Dienstverhältnisses zwischengelagert. Dafür fielen 800 $ (ca. 600 €) mtl. an, weshalb für die 5 Monate des Jahres 2010 umgerechnet 2.972 € an Werbungskosten beantragt worden sind.

Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde die Arbeitnehmerveranlagung durchgeführt, wobei die Lagerkosten keine Berücksichtigung fanden, weil diese in keinem kausalen Zusammenhang mit der Einnahmenerzielung in Österreich ständen und zu den Kosten der privaten Lebensführung nach § 20 EStG 1988 zählten. Der Alleinverdienerabsetzbetrag wurde ebenfalls nicht gewährt.

Gegen diese Entscheidung berief der Bw. und beantragte die Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages und der Lagerkosten. Der Bw. sei seit 1998 verheiratet und halte sich seit Sommer 2010 mit seiner Familie in Österreich auf. Da er mehr als 6 Monate verheiratet sei und von seiner unbeschränkt steuerpflichtigen, einkommenslosen Frau nicht dauernd getrennt lebe, stehe der Alleinverdienerabsetzbetrag in Höhe von 364 € zu.

Zu den Lagerkosten wurde ausgeführt, dass die Wohnungskosten in der Heimatstadt Z sehr hoch wären - die Miet- und Betriebskosten beliefen sich auf rund 3.670 $ (= ca. 2.730 €) pro Monat. Daher habe sich die Familie entschlossen, für die Dauer des Aufenthaltes in Österreich die Wohnung in den USA aufzugeben und die Wohnungseinrichtung zwischenzulagern. Die Lagerkosten für das Jahr 2010 beliefen sich auf 4000 $ für 5 Monate. Aus Kostengründen sei der Wohnsitz in den USA durch Zwischenlagerung der Möbel aufgegeben worden und anstelle der Mietkosten in Österreich (1000 € mtl.) nur die Lagerkosten für die Möbel als Werbungskosten angesetzt worden, um somit die Kosten der doppelten Haushaltsführung zu berücksichtigen.

Die Berufung wurde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung unmittelbar dem UFS zur Entscheidung vorgelegt. In der Berufung wurden die Zuständigkeit des gesamten Berufungssenates und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde vom Parteienvertreter ergänzend ausgeführt, dass Übersiedlungskosten weitaus höher gewesen wären und unabhängig davon, ob die Berufung unter dem Blickwinkel der doppelten Haushaltsführung oder Übersiedlungskosten gesehen würde, festzustellen sei, dass in beiden Fällen die kostengünstigere Variante als Werbungskosten geltend gemacht worden sei. Der Vertreter des Finanzamtes bestätigte, dass im Falle eines Vorliegens einer doppelten Haushaltsführung Mietkosten in Höhe von mtl. ca. 600 € als angemessen akzeptiert worden wären. Festgestellt wurde weiter, dass das Beschäftigungsverhältnis mit März 2012 vor der 2-jährigen Befristung beendet worden ist und sich der Bw. bereits wieder in Amerika aufhält.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig sind 1.) die Gewährung des Alleinverdienerabsetzbetrages und 2.) die Anerkennung von Kosten für die Einlagerung der Wohnungseinrichtung in den USA in Höhe von 2.972 € für das Veranlagungsjahr 2010.

1.) Alleinverdienerabsetzbetrag

Alleinverdienenden steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Alleinverdienende sind Steuerpflichtige, die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben (§ 33 Abs. 4 EStG 1988). Alleinverdienende sind auch Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben.

Daraus ergibt sich, dass die unbeschränkte Steuerpflicht des Partners nicht nur im Falle einer eheähnlichen Gemeinschaft mehr als sechs Monate dauern muss, sondern selbstverständlich auch im Falle einer Ehe (vgl. UFS RV/0532-G/05 und das bestätigende Erkenntnis des ; Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, 14. EL, § 33 Anm. 47; Doralt/Herzog, EStG, 14., § 33 Tz 32). Die Ehepartner kamen unbestrittenermaßen erst Ende August 2010 nach Österreich, damit lag die unbeschränkte Steuerpflicht der Ehegattin keine sechs Monate im Kalenderjahr 2010 vor, weshalb der Alleinverdienerabsetzbetrag in diesem Jahr nicht gewährt werden kann.

Die Berufung war daher in diesem Punkt abzuweisen.

2.) Lagerkosten als Werbungskosten

Nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Es handelt sich daher um Aufwendungen oder Ausgaben, die beruflich veranlasst sind.

§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 normiert demgegenüber, dass die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden dürfen. Nach Z 2 lit. a dieser Gesetzesbestimmung sind Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abzugsfähig.

Kosten der Haushaltsführung sind, woran § 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 keinen Zweifel lässt, ihrer Art nach immer und ausnahmslos Kosten der Lebensführung. Bei einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung besteht die Besonderheit der Anerkennung der Mehraufwendungen gerade darin, dass (unter der Bedingung beruflicher Veranlassung) Auslagen zum Abzug als Werbungskosten zugelassen werden, für die ein solcher Abzug sonst wegen ihrer Eigenschaft als Aufwendungen der Lebensführung grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Liegen die Voraussetzungen einer beruflichen Veranlassung doppelter Haushaltsführung vor, dann können die aus einer solchen Haushaltsführung erwachsenden Auslagen mit der Begründung ihres Charakters als Aufwendungen der Lebensführung vom Werbungskostenabzug nicht rechtens ausgeschlossen werden ().

Eine berufliche und damit zu Werbungskosten der betroffenen Aufwendungen führende Veranlassung einer doppelten Haushaltsführung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH dann vor, wenn einem Arbeitnehmer die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist (vgl. , 97/13/0111). Eine doppelte Haushaltsführung liegt dann vor, wenn der Familienwohnsitz nicht aufgegeben wird und am Beschäftigungsort ein weiterer Wohnsitz begründet wird. Nach dem gegenständlichen Sachverhalt wurde der Familienwohnsitz in den USA aus Kostenüberlegungen aufgegeben, die Wohnung wurde aufgelöst und der BW. zog gemeinsam mit seiner Familie nach Österreich, wenn auch der Aufenthalt von vornherein mit 2 Jahren befristet war. Durch die Auflösung des Haushaltes in den USA wurde der Wohnsitz aufgegeben und eine doppelte Haushaltsführung mit den damit verbundenen Mehrkosten wurde vermieden. Durch die Einlagerung des Hausrates wurde aber auch gleichzeitig eine kostspielige Übersiedlung der Einrichtungsgegenstände vermieden. Insofern war zu prüfen, ob die in den USA getätigten Aufwendungen für die Lagerung des Hausrates abzugsfähige Werbungskosten im Sinne der sogenannten Abwehrkosten darstellen können.

Der Werbungskostenbegriff deckt sich im Hinblick auf den Veranlassungszusammenhang im Allgemeinen mit dem Inhalt des Betriebsausgabenbegriffs des § 4 Abs. 4 EStG 1988. Es kann daher auf Literatur und Rechtsprechung zu den Abwehrkosten bei den betrieblichen Einkunftsarten zurückgegriffen werden. Demnach handelt es sich bei den sogenannten Abwehrkosten um Aufwendungen zur Vermeidung bestimmter Ausgaben, wie zB zur Vermeidung von Rentenzahlungen, von Übersiedlungskosten, Prozesskosten und ähnlichen. Sie dienen zur Vermeidung einer abzugsfähigen Betriebsausgabe und treten somit an deren Stelle (). Bei der Abgrenzung von als Betriebsausgabe anzuerkennenden Abwehrkosten zu jenen, die mit der privaten Lebensführung zusammenhängen, ist zu untersuchen, ob auch die abgewehrten Aufwendungen Betriebsausgaben wären. Abzugsfähige Betriebsausgaben sind anzunehmen, wenn das abgewehrte Ereignis der Betriebssphäre zuzuordnen ist oder übertragen auf den gegenständlichen Fall, wenn die abgewehrten Aufwendungen beruflich veranlasst sind. So sind zB Übersiedlungskosten dann Werbungskosten, wenn der Umzug beruflich veranlasst ist (Atzmüller/Lattner in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. GL § 16 Anm. 35). Werden beispielsweise Aufwendungen getätigt, die einen kostspieligen, beruflich veranlassten Umzug vermeiden, so sind diese als Abwehrkosten abzugsfähig (vgl. ).

Dasselbe muss auch gelten, wenn statt der Ausgaben für eine doppelte Haushaltsführung nur Aufwendungen für die Unterbringung des Hausrates in den USA getätigt werden und damit weitaus höhere Kosten der doppelten Haushaltsführung, wie zB Wohnungskosten am Beschäftigungsort in Österreich und Familienheimfahrten vermieden werden. Ausschlaggebend ist dabei, ob eine doppelte Haushaltsführung beruflich veranlasst wäre und bestimmte Kosten als Werbungskosten anzusehen wären.

Eine berufliche und damit zu Werbungskosten der betroffenen Aufwendungen führende Veranlassung einer doppelten Haushaltsführung liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes dann vor, wenn einem Arbeitnehmer die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei eine solche Unzumutbarkeit die unterschiedlichsten Ursachen haben kann (). In Anbetracht des auf 2 Jahre befristeten Dienstverhältnisses in Österreich ist es dem Bw. grundsätzlich nicht zumutbar, den Familienwohnsitz in den USA aufzugeben. Auch wenn er dies tatsächlich getan hat und seine Familie ihn für die Dauer seiner Entsendung nach Österreich begleitet hat, ändert dies an der Unzumutbarkeit nichts (vgl. ). Insofern könnte der Bw., wenn er den Wohnsitz in den USA aufrechterhalten hätte, gewisse Kosten wie zB Familienheimfahrten oder Mietkosten der Wohnung am Beschäftigungsort als Werbungskosten in Abzug bringen.

Wenn solche beruflich veranlassten, kostspieligen Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung dadurch vermieden werden, indem der Haushalt im Ausland aufgelöst wird und der Hausrat im Hinblick auf die lediglich für 2 Jahre befristete Entsendung nach Österreich vorübergehend einlagert wird, können die dafür anfallenden Aufwendungen als sogenannte Abwehrkosten angesehen werden und als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Der Berufung war daher hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen für die Lagerkosten in Höhe von 2.972 € stattzugeben. Die Werbungskosten des Jahres 2010 betragen zzgl. der Betriebsratsumlage in Höhe von 97,10 € daher insgesamt 3.069,10 €.

Der angefochtene Bescheid war in diesem Sinne abzuändern.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
ARD 6343/6/2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at