Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG; Frage der Schuldfähigkeit
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 1, Mag. Peter Maurer, in der Finanzstrafsache gegen Berufungswerber, vertreten durch Univ.Prof. Dr. Andreas Scheil, Universität Innsbruck, Institut für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie, 6020 Innsbruck, Christoph-Probst-Platz, wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die mit datierte Berufung des Beschuldigten gegen das Erkenntnis des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , StrNr. X1,
zu Recht erkannt:
I. Aus Anlass der Berufung wird der strafbestimmende Wertbetrag auf € 20.184,87 (11/2009 € 4.113,45; 02-07/2010 jeweils € 2.678,57) herabgesetzt.
II. Der Berufung wird teilweise und insoweit Folge gegeben, als die gemäß § 33 Abs. 5 in Verbindung mit § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG zu verhängende Geldstrafe auf € 4.400,00, die gemäß § 20 FinStrG im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe auf zehn Tage und die gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG zu ersetzenden Kosten des Verfahrens auf € 440,00 herabgesetzt werden.
III. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Erkenntnis vom , StrNr. X1, hat das Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz den Berufungswerber nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG für schuldig erkannt, weil er im Bereich des Finanzamtes Innsbruck fortgesetzt vorsätzlich als Geschäftsführer der A-GmbH unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1994 entsprechenden Voranmeldungen betreffend die Voranmeldungszeiträume November 2009 und Februar 2010 bis Juli 2010 Verkürzungen an Umsatzsteuer in Höhe von € 4.113,45 (November 2009) und von € 18.750,00 (Februar bis Juli 2010) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten habe.
Er habe hiemit Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen.
Aus diesem Grund wurde über ihn gemäß § 33 Abs. 5 (iVm § 21 Abs. 1 und 2) FinStrG eine Geldstrafe in der Höhe von € 5.000,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe gemäß § 20 FinStrG eine Ersatzfreiheitsstrafe von elf Tagen ausgesprochen.
Die Kosten des Strafverfahrens wurden gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG pauschal mit € 500,00 bestimmt.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, es sei aufgrund einer bei der A-GmbH zu AB-Nr. Y durchgeführten USO-Prüfung festgestellt worden, dass für die Voranmeldungszeiträume Februar 2010 bis Juli 2010 keine Umsatzsteuervoranmeldungen erfolgt seien und auch keine Vorauszahlungen geleistet worden seien. Weiters sei die Umsatzsteuervoranmeldung für November 2009 verspätet eingereicht und die Umsatzsteuer nicht unverzüglich entrichtet worden.
Der Beschuldigte sei für die Einhaltung der abgabenrechtlichen Vorschriften in seinem Unternehmen verantwortlich gewesen und habe seine diesbezügliche Verpflichtung gekannt. Die angegebenen nervlichen bzw. familiären Probleme würden keinen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund darzustellen.
Durch seine Vorgangsweise habe sich der Beschuldigte einen wenn auch nur vorübergehenden steuerlichen Vorteil verschafft. Er habe es bei seiner Vorgangsweise für gewiss gehalten, dass es dadurch zu einer Abgabenverkürzung kommen müsse.
Bei der Strafbemessung wurden als mildernd das faktische Schuldgeständnis, die Schadensgutmachung und der Umstand, dass nur vorübergehende Abgabenverkürzung eingetreten sei, gewertet, als erschwerend hingegen zwei Vorstrafen.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die mit datierte fristgerechte Berufung des Beschuldigten, wobei im Wesentlichen wie folgt vorgebracht wurde:
Das Erkenntnis würde aufgrund falscher Beweiswürdigung gegen § 7 Abs. 1 FinStrG verstoßen.
Der Berufungswerber habe bei der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelbeamten am ausführlich dargelegt, dass ihn eine schwere Depression daran gehindert habe, (auch) während des verfahrensgegenständlichen Zeitraums seinen im UStG 1994 genannten Pflichten (Abgabe von Voranmeldungen, Umsatzsteuervorauszahlungen) nachzukommen. Als Auslöser dieser Depression würde er gravierende familiäre Probleme ansehen, konkret die Scheidung von seiner schwer alkoholkranken Ehefrau samt vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen über ihren Unterhalt, den er ihr regelmäßig bar und ohne eine Quittung zu verlangen gezahlt habe, den sie dann aber ein zweites Mal gefordert habe, was zu für ihn deprimierenden langjährigen rechtlichen Auseinandersetzungen geführt habe, die er letztendlich freilich alle gewonnen habe. Des Weiteren und insbesondere aber hätten schwerwiegende schulische und sonstige Probleme seines jüngsten Sohns seit der Trennung der Eltern seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch genommen, der bei ihm leben würde und um den er sich zu kümmern habe und der so massiv unter der Trennung seiner Eltern gelitten habe, dass er zeitweilig sogar suizidgefährdet gewesen sei.
Laut seinen Schilderungen habe sich das aktive Leben des Berufungswerbers fast ausschließlich auf die Obsorge für seinen jüngsten Sohn beschränkt und auf seine Arbeit als Baumeister, die ihn seine Sorgen insbesondere um seinen jüngsten Sohn habe vergessen lassen. Sonst sei er wie gelähmt und zu keinen anderen Aktivitäten fähig gewesen.
So sei er auch zwar zusammen mit seinem steuerlichen Vertreter, Herrn Mag. B, nach Zustellung des Einleitungsbescheids vom [zu StrNr. X2] im März 2010 beim [nunmehr einschreitenden] Verteidiger erschienen mit der Bitte um Übernahme der Strafverteidigung wegen des Verdachts der Hinterziehung von Umsatzsteuervorauszahlungen. Jeder Versuch des Verteidigers, mit ihm einen Termin zu einer Besprechung oder zur Lieferung weiterer Informationen zu vereinbaren, sei gescheitert. So sei der damals noch präsumtive Mandant des nunmehrigen Verteidigers denn auch am [zu StrNr. X2] vom Spruchsenat beim Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz, ohne dass er sich der Finanzstrafbehörde gegenüber je zu den Vorwürfen geäußert hätte, in seiner Abwesenheit bestraft worden.
Bei der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelbeamten am habe der Verteidiger nach der ausführlichen Schilderung der Depression seines Mandanten zwar laut und deutlich einen Antrag auf Bestellung eines gerichtlich beeideten Sachverständigen auf dem Gebiete der forensischen Psychiatrie zum Beweis einer depressionskrankheitsbedingten Dispositionsunfähigkeit und damit der Schuldunfähigkeit des Berufungswerbers erwogen, diesen Antrag aber wegen des Kostenrisikos und auch wegen der stigmatisierenden Wirkung in der, wie sich herausgestellt habe, unberechtigten Erwartung nicht gestellt, dass die Finanzstrafbehörde auch ohne Bestellung eines solchen Sachverständigen zu der Erkenntnis gelangen würde, dass der Berufungswerber wegen Dispositionsunfähigkeit aufgrund der Geisteskrankheit Depression oder einer anderen Geisteskrankheit oder einer anderen schweren, einer Geisteskrankheit gleichwertigen seelischen Störung nicht "zurechnungsfähig" im Sinne des § 7 FinStrG gewesen sei. Die Finanzstrafbehörde erster Instanz habe diese Sachverhaltsinformationen ohne Begründung als "nervliche(n) bzw. familiäre(n) Probleme" abgetan, die keinen "Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund dazustellen" vermögen.
Daher stellt der Verteidiger - nach ausdrücklicher Rücksprache mit seinem Mandanten - jetzt im Berufungsverfahren ganz formell den Antrag auf Bestellung eines forensischen Psychiaters als Sachverständigen zum Beweis dafür, dass sein Mandant während des verfahrensgegenständlichen Deliktzeitraums wegen der Geisteskrankheit Depression oder einer anderen Geisteskrankheit oder einer anderen schweren, einer Geisteskrankheit gleichwertigen seelischen Störung unfähig gewesen sei, die nach dem UStG 1994 gebotenen Handlungen vorzunehmen, nämlich rechtzeitig Umsatzsteuervorauszahlungen zu leisten und Voranmeldungen abzugeben, und so die inkriminierten Unterlassungen zu vermeiden.
Für den Fall, dass sich die Schuldfähigkeit ("Zurechnungsfähigkeit'") aufgrund Dispositionsunfähigkeit im Sinne des § 7 FinStrG herausstellt, wird der Antrag gestellt, das bekämpfte Erkenntnis aufzuheben und das Verfahren nach § 82 Abs. 3 lit. c FinStrG einzustellen.
Hilfsweise wird auch berufen wegen der Höhe der Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe.
Die Finanzstrafbehörde erster Instanz hat als mildernd nur das faktische Schuldgeständnis, die Schadensgutmachung und den Umstand gewertet, dass nur eine vorübergehende Abgabenverkürzung erfolgt sei, nicht aber, dass der Beschuldigte, wenn er schon nicht schuldunfähig gewesen sein sollte, so doch auf jeden Fall sehr stark in seiner Dispositionsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei, was seine Schuld derart mildern würde, dass die "besonderen Gründe" des § 23 Abs. 4 FinStrG vorliegen würden, die es erlauben und gebieten würden, eine Geldstrafe von weniger als einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe und eine entsprechend niedrige Ersatzfreiheitsstrafe zu verhängen.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.
Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung weiters schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.
Eine Abgabenverkürzung ist bewirkt, wenn Abgaben, die selbst zu berechnen sind, ganz oder teilweise nicht entrichtet (abgeführt) werden (§ 33 Abs. 3 lit. b FinStrG). Die Verkürzung einer Abgabe ist schon dann bewirkt, wenn die Abgabe dem anspruchsberechtigten Abgabengläubiger, von den Fällen der Zahlungserleichterung abgesehen, nicht oder nicht zu dem Zeitpunkt zufließt, in dem sie dieser nach den Abgabenvorschriften zu erhalten hat. Der Begriff der Verkürzung umfasst daher grundsätzlich jede Beeinträchtigung einer Abgabe in Bezug auf Höhe und Fälligkeit. Die Abgabenverkürzung braucht zur Tatbestandsverwirklichung keine dauernde zu sein (vgl. dazu Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, Rz. 26 zu § 33 FinStrG mit weiteren Nachweisen). Gerade bei dem in Rede stehenden Tatbestand im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG stellt die bloß vorübergehende Erlangung eines Steuervorteils den Regelfall dar ().
Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuss sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung.
Der Berufungswerber, der zuvor ausländische Einkünfte erzielte, hat seit 1997 in C ein Planungsbüro betrieben und ist als Baumeister tätig. Am wurde die A-GmbH mit Sitz in C errichtet. Zugleich wurde das nicht protokollierte Einzelunternehmen Baumeister D in die A-GmbH eingebracht. Der Berufungswerber ist seither alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der A-GmbH.
Der Berufungswerber wurde mit Erkenntnis des Spruchsenates I beim Finanzamt Innsbruck als Organ des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , StrNr. X3, wegen § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG hinsichtlich Umsatzsteuer für 01, 04 und 12/2005, 01, 07, 11 und 12/2006, 01, 02 und 05-07/2007 mit einer Geldstrafe in Höhe von € 2.000,00, im Falle deren Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Tagen bestraft. Mit einem weiteren Erkenntnis des Spruchsenates I beim Finanzamt Innsbruck als Organ des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , StrNr. X2, wurde der Berufungswerber wegen § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG hinsichtlich Umsatzsteuer für 03, 06-10, 12/2008, 01, 05, 06 und 08/2009 (betreffend A-GmbH) bzw. 08-12/2007 (betreffend das Einzelunternehmen) mit einer Geldstrafe in Höhe von € 13.000,00, im Falle deren Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Monaten bestraft.
Für die hier gegenständlichen Zeiträume ergibt sich aus dem Abgabenkonto und dem Veranlagungsakt der A-GmbH, StNr. Z, sowie aus dem Arbeitsbogen zu AB-Nr. Y Folgendes:
Die Umsatzsteuervoranmeldung für die A-GmbH für November 2009, welche spätestens am einzureichen gewesen wäre, wurde erst am und somit verspätet eingebracht. Die Umsatzsteuervorauszahlung für diesen Zeitraum betrug € 4.113,45. Es erfolgte keine rechtzeitige Entrichtung.
Für den Zeitraum Jänner 2010 wurde ebenfalls am eine Umsatzsteuervoranmeldung eingebracht, mit der eine Gutschrift von € 59,64 geltend gemacht wurde. Für die Zeiträume Februar bis Juli 2010 wurden keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingebracht und keine Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet.
Bei der A-GmbH fand zu AB-Nr. Y eine USO-Prüfung für den Zeitraum Jänner bis Juli 2010 statt. Mit Schreiben vom und vom hat das Finanzamt Innsbruck den Berufungswerber (unter anderem) ersucht, bis zu näher umschriebenen Zeitpunkten die steuerlichen Aufzeichnungen (einschließlich Belege und Korrespondenz) bereitzuhalten. Für den Fall. dass keine Unterlagen vorgelegt bzw. die Termine nicht eingehalten werden, wurde angekündigt, dass der Umsatz für 01-07/2010 "in Anlehnung an das Vorjahr in Höhe von € 125.000,00 netto 20% geschätzt" werde. Das erste Schreiben wurde laut Rückschein vom Berufungswerber am persönlich übernommen, das zweite Schreiben wurde nach einem handschriftlichen Vermerk des Prüfers "pers. in Postkasten eingeworfen".
In Tz. 1 des Berichtes vom über das Ergebnis dieser Außenprüfung wurde Folgendes festgestellt:
"Das Unternehmen wurde schriftlich (RSb) aufgefordert, die für die Prüfung notwendigen Unterlagen vorzulegen. Die Verständigung wurde am nachweislich übernommen. Beide angebotenen Termine wurden von Seite des zu prüfenden Betriebes nicht wahrgenommen bzw. war der Gesellschaftergeschäftsführer, (Berufungswerber), an der Betriebsanschrift nicht erreichbar. Auch dem Steuerberater war es nicht möglich, dem Prüfer entsprechende Unterlagen zur Verfügung zu stellen, da er für diesen Zeitraum (1-7/2010) vom Unternehmen keine Belege erhalten hat. Wie in der Verständigung angekündigt, wird der Umsatz 1- 7/2010 in Anlehnung an das Vorjahr mit netto 20 %, d.s. € 125.000,--, geschätzt."
Mit Bescheid vom wurde die Umsatzsteuer für die A-GmbH hinsichtlich der Zeiträume 01-07/2010 mit € 25.000,00 festgesetzt. Unter Berücksichtigung der am bekannt gegebenen Umsatzsteuer für 01/2010 ergab sich damit eine Abgabennachforderung von € 25.059,64. Dieser Bescheid ist unbekämpft in Rechtskraft erwachsen.
Hinsichtlich des Zeitraumes 01/2010 wurde das Finanzstrafverfahren nicht eingeleitet. Die Finanzstrafbehörde erster Instanz für hat laut Strafakt StrNr. X1 (vgl. das "Einleitungsblatt") den strafbestimmenden Wertbetrag für die Zeiträume 02-07/2010 mit € 18.750,00 ermittelt, indem von der Umsatzsteuer laut Prüfung in Höhe von € 25.000,00 geschätzte Vorsteuer im Ausmaß von 25% dieser Umsatzsteuer (€ 6.250,00) in Abzug gebracht wurde.
Wie aus dem oben zitierten Bericht über die Außenprüfung sowie aus dem Bescheid vom unzweifelhaft ersichtlich ist, beziehen sich die Prüfungsfeststellungen auf die Zeiträume 01-07/2010. Teilt man daher in freier Beweiswürdigung mangels anderer Anhaltspunkte die Umsatzsteuer gleichmäßig auf die Zeiträume 01-07/2010 auf und berücksichtigt man die von der Vorinstanz mit 25% der Umsatzsteuer geschätzte Vorsteuer, so ergibt sich eine monatliche Zahllast von jeweils € 2.678,57. Daraus errechnet sich für die Zeiträume 02-07/2010 ein strafbestimmender Wertbetrag von € 16.071,42.
Die für den Zeitraum 01/2010 nach den Prüfungsfeststellungen zu Unrecht geltend gemachte Umsatzsteuer ist nicht Gegenstand des angefochtenen Erkenntnisses.
Der strafbestimmende Wertbetrag war daher auf insgesamt € 20.184,87 zu reduzieren.
Es steht damit fest, dass der Berufungswerber unter Verletzung der sich aus § 21 UStG 1994 ergebenden Verpflichtungen für die A-GmbH Verkürzungen an Umsatzsteuer im dargestellten Umfang bewirkt und dadurch den objektiven Tatbestand des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG verwirklicht hat.
Die Strafbarkeit einer Abgabenhinterziehung im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG ist ausgeschlossen, wenn der Strafbarkeit infolge der nachfolgenden (allenfalls versuchten) Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG wegen des gleichen Umsatzsteuerbetrages für denselben Zeitraum kein Hindernis entgegensteht, weil in einem solchen Fall die Tathandlung im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als eine - durch die Ahndung nach § 33 Abs. 1 FinStrG - nachbestrafte Vortat zu betrachten ist (z.B. ).
Im gegenständlichen Fall kommt eine Bestrafung wegen (zumindest versuchter) Hinterzieziehung von Jahresumsatzsteuer im Sinne des § 33 Abs. 1 FinStrG nicht in Frage, weil mit der (verspätet eingereichten) Umsatzsteuervoranmeldung für November 2009 bzw. mit der am eingebrachten Jahresumsatzsteuererklärung für 2010 die Bemessungsgrundlagen für die strafrelevanten Zeiträume in zutreffender Höhe bekannt gegeben wurden.
Zur subjektiven Tatseite ist zunächst die vom Berufungswerber aufgeworfene Frage nach seiner Schuldfähigkeit zu prüfen.
Gemäß § 7 Abs. 1 FinStrG handelt nicht schuldhaft, wer zur Zeit der Tat wegen einer Geisteskrankheit, wegen Schwachsinns, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer anderen schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
In Entsprechung des in der Berufungsschrift gestellten Beweisantrages hat der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz mit Schreiben vom die gerichtlich beeidete Sachverständige für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin Dr.med. E beauftragt, Befund und Gutachten zu erstellen zur Frage, ob der Berufungswerber in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen wegen einer Geisteskrankheit, einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer anderen schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung unfähig war, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Aus dem psychiatrischen Gutachten vom , das sich auf die persönliche psychiatrische Exploration des Berufungswerbers am (ein erster Termin am wurde nicht wahrgenommen) und das beigestelIte Aktenmaterial stützt, ergibt sich im Wesentlichen Folgendes:
"Psychopathologischer Befund: [Der Berufungswerber] kommt geordnet und pünktlich zur psychiatrischen Untersuchung. Hinsichtlich des Bewusstseins und der Orientierung ergeben sich keine Einschränkungen. Die kognitiven Funktionen, insbesondere Konzentration, Aufmerksamkeit, Auffassung und Merkfähigkeit sind klinisch nicht beeinträchtigt. Eine Intelligenzminderung ist nicht fassbar. Der Gedankenductus ist kohärent und zielführend, formale oder inhaltliche Denkstörungen sind ebenso wie Halluzinationen oder paranoide Inhalte nicht fassbar. Es besteht weder ein Depersonalisations- noch ein Derealisationsphänomen. Die Stimmungslage ist indifferent, der Affekt ist adäquat, der Antrieb ist adäquat, der Schlaf ist nicht gestört. Der Appetit ist nicht beeinträchtigt, eine Somatisierung ist nicht fassbar. Der Proband ist grundsätzlich krankheitseinsichtig, die Kritik- und Urteilsfähigkeit ist zum Untersuchungszeitpunkt nicht eingeschränkt. Es besteht eine ausreichende Kooperation.
Zusammenfassende psychiatrische Beurteilung und Stellungnahme: Es soll zur Frage Stellung genommen werden, ob der Betreffende für den Zeitraum November 2009 Umsatzsteuervoranmeldungen verspätet eingereicht habe und für die Zeiträume Februar bis Juli 2010 diese unterlassen hätte, wobei [der Berufungswerber] dazu angibt, dass er vermutlich an einer Depression gelitten hätte und deshalb nicht schuldhaft gehandelt hätte beziehungsweise seine Dispositionsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei. [Der Berufungswerber] führt die Probleme mit dem Finanzamt auf seine Scheidung zurück, wobei diese bereits im Jahr 2001 erfolgte, wobei er angibt, dass sein Sohn darauf hin schwer psychisch erkrankt sei, was sicherlich eine Belastung in der Familie darstellt. Es gibt keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass eine depressive Episode mit eingeschränkter Dispositionsfähigkeit gegeben wäre, es wurden auch keine Psychopharmaka verschrieben und keine ärztlichen Konsultationen durchgeführt. Der Proband war auch zu jeder Zeit berufstätig und nie im Krankenstand. Eine Depression und Dispositionsunfähigkeit kann demnach nicht gesehen."
Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat mit Schreiben vom dem Verteidiger und dem Amtsbeauftragten Hofrat Dr. Werner KRAUS dieses Gutachten zur Kenntnisnahme und allfälligen schriftlichen Stellungnahme binnen drei Wochen übermittelt. Der Amtsbeauftragte hat dem Unabhängigen Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz am mitgeteilt, dass er auf eine Stellungnahme verzichtet. Der Verteidiger hat keine Stellungnahme abgegeben.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann eine das Verschulden ausschließende Zurechnungsunfähigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 FinStrG nur dann angenommen werden, wenn die Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit der betreffenden Person ausgeschlossen gewesen wäre. Der Ausnahmezustand muss, um Unzurechnungsfähigkeit zu begründen, so intensiv und ausgeprägt sein, dass das Persönlichkeitsbild des Betroffenen zerstört ist (, mit Hinweis auf ).
Aus dem Gutachten der gerichtlich beeideten Sachverständigen ergibt sich ohne jeden Zweifel, dass beim Berufungswerber in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen keine Zurechnungsunfähigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 FinStrG gegeben war. Dem Berufungsvorbringen, der Berufungswerber habe nicht schuldhaft gehandelt, kann daher nicht gefolgt werden.
Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
Der Berufungswerber hat in der mündlichen Verhandlung vor der Finanzstrafbehörde erster Instanz am angegeben, dass er als Geschäftsführer seiner GmbH für die Einhaltung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen des Unternehmens verantwortlich war und dass ihm die Pflichten hinsichtlich Umsatzsteuervorauszahlungen bekannt waren. Auch aus seiner langjährigen unternehmerischen Erfahrung und den einschlägigen finanzstrafrechtlichen Vorstrafen ergibt sich eindeutig, dass er von diesen Verpflichtungen wusste. Da er während der gegenständlichen Zeiträume Umsätze erzielte, wusste er auch, dass die Verletzung dieser Verpflichtungen Verkürzungen an Umsatzsteuer bewirkt.
Es steht daher fest, dass der Beschuldigte auch die subjektive Tatseite verwirklicht und damit insgesamt Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG im oben dargestellten Umfang begangen hat.
Zur Strafbemessung ist auszuführen:
Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist die Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.
Gemäß § 23 Abs. 2 FinStrG sind bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch (StGB) sinngemäß. Gemäß § 23 Abs. 3 FinStrG sind bei Bemessung der Geldstrafe auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters berücksichtigen.
Gemäß § 23 Abs. 4 FinStrG hat bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.
Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG werden gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages geahndet, wobei nach § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG eine einheitliche Geldstrafe auszusprechen ist, die nach der Summe dieser Strafdrohungen zu berechnen ist.
Der vom Gesetzgeber im gegenständlichen Fall angedrohte Strafrahmen, innerhalb dessen die Geldstrafe auszumessen ist, beträgt somit - unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren vorgenommenen Reduktion des strafbestimmenden Wertbetrages - € 40.369,74.
Zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen hat der Berufungswerber in der mündlichen Verhandlung vor der Finanzstrafbehörde erster Instanz am angegeben, er sei seit 2001 geschieden und für einen Sohn sorgepflichtig. Seine beiden älteren Söhne würden auch bei ihm wohnen und von ihm finanziell unterstützt werden. Für seine geschiedene Gattin müsse er € 375,00 monatlich aufwenden. Aus seiner Tätigkeit als Baumeister erziele er ein monatliches Einkommen von ca. € 3.000,00. An Vermögen verfüge er über ein Einfamilienhaus in F, welches mit einer Hypothek in Höhe von ca. € 220.000,00 belastet sei. Er habe momentan keine Schulden.
Wie bereits von der Vorinstanz zutreffend festgestellt wurde, sind bei der Strafbemessung als mildernd das faktische Schuldgeständnis, die Schadensgutmachung und der Umstand, dass nur vorübergehende Abgabenverkürzung eingetreten ist, zu werten, als erschwerend hingegen die beiden finanzstrafrechtlichen Vorstrafen.
Unter Berücksichtigung der dargestellten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und dieser Milderungs- und Erschwernisgründe wurde die Geldstrafe von der Vorinstanz mit € 5.000,00 ausgemessen, das sind 10,93% des Strafrahmens. Die Geldstrafe bewegt sich damit im Bereich der gemäß § 23 Abs. 4 FinStrG festzusetzenden Mindestgeldstrafe.
Wenn in der Berufungsschrift vorgebracht wird, eine Einschränkung der Dispositionsfähigkeit des Berufungswerbers würde die Unterschreitung dieser Mindestgeldstrafe erlauben und gebieten, so ist nochmals auf das psychiatrische Gutachten vom zu verweisen, wonach keinerlei Anhaltspunkte vorliegen, dass "eine depressive Episode mit eingeschränkter Dispositionsfähigkeit gegeben wäre".
Eine Unterschreitung der Mindestgeldstrafe aus den in der Berufungsschrift vorgebrachten Gründen kommt daher nicht in Betracht. Auch sonst liegt - insbesondere bei Bedachtnahme auf die beiden finanzstrafrechtlichen Vorstrafen - kein Anlass für eine außerordentliche Strafmilderung vor.
Im Hinblick auf die Reduzierung des strafbestimmenden Wertbetrages war unter Beachtung des Verböserungsverbotes (§ 161 Abs. 3 FinStrG) die Geldstrafe entsprechend herabzusetzen, weshalb die Geldstrafe mit € 4.400,00 (das sind 10,90% des Strafrahmens) auszumessen war. Eine weitere Verminderung der Geldstrafe kommt aus den oben dargestellten Gründen wie auch aus general- und spezialpräventiven Erwägungen nicht in Betracht.
Dementsprechend war auch die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe von elf auf zehn Tage zu reduzieren.
Gemäß § 185 Abs. 1 FinStrG umfassen die vom Bestraften zu ersetzenden Kosten: a) einen Pauschalbetrag als Beitrag zu den Kosten des Finanzstrafverfahrens (Pauschalkostenbeitrag); dieser Beitrag ist mit 10 v. H. der verhängten Geldstrafe zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist der Beitrag für einen Tag Freiheitsstrafe mit € 5,00 zu bemessen; der Pauschalbetrag darf € 500,00 nicht übersteigen; b) die der Finanzstrafbehörde erwachsenen Barauslagen für Beweisaufnahmen und andere Verfahrensmaßnahmen, soweit sie nicht gemäß § 105 einem säumigen Zeugen aufzuerlegen sind; bei einer Mehrheit von Bestraften sind diese Barauslagen nach dem Verhältnis der verhängten Geldstrafen aufzuteilen; (...) Die in lit. b [und c] bezeichneten Kosten sind nur insoweit zu ersetzen, als sie den Pauschalkostenbeitrag übersteigen. (...)
Da die entsprechend den Vorschriften des Gebührenanspruchsgesetzes geltend gemachten Kosten für die Erstellung des Gutachtens der gerichtlich beeideten Sachverständigen Dr.med. E den Pauschalkostenbeitrag nicht überschritten haben, waren die zu ersetzenden Kosten des Finanzstrafverfahrens gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG mit € 440,00 zu bestimmen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Innsbruck, am
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