Großes Pendlerpauschale - Gesamzeit im kombinierten Verkehr unter 2,5 Stunden
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Berufungswerberin, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom betreffend die Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2008 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (in der Folge kurz Bw) machte in der für das Jahr 2008 mit FinanzOnline am elektronisch eingebrachten Einkommensteuererklärung bei Ermittlung ihrer nichtselbständigen Einkünfte als Schreibkraft ein Pendlerpauschale in Höhe von 3.151,50 € geltend.
Mit Vorhalt vom forderte das Finanzamt die Bw auf, die genaue Anschrift ihrer Dienststelle und eine Begründung mitzuteilen, warum ihr die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht zumutbar sei.
Mit am 17. März 2009 zur Post gegebenen Schreiben teilte die Bw sinngemäß Folgendes mit:
Die Adresse der Dienststelle Arbeitgeber Linz sei 4020 Linz, Krankenhausstr. Nr.. Ein öffentliches Verkehrsmittel sei deshalb nicht zulässig, weil die Bw erst im Jahr 2009 nach Wohnsitzneu gezogen sei. Das ganze Jahr 2008 sei ihr einziger und damit Hauptwohnsitz Wohnsitz-Berufungszeitraum, gewesen. Mangels öffentlichen Verkehrsmittels sei es nicht möglich vom Wohnsitz des Berufungszeitraumes bis 07:00 Uhr morgens (Dienstbeginn in Linz) mit einem solchen nach Linz zu gelangen. Dasselbe gelte für die Rückfahrt. Den neuen Hauptwohnsitz in Wohnsitzneu , Adresse, habe sie erst mit 12. Feber 2009 bezogen (Hinweis auf Meldezettel). Die Bw schloss ihrem Schreiben einen Ausdruck aus dem Fahrplan der ÖBB an, aus dem folgende Verbindungen ersichtlich sind, wobei die zweite und dritte angehakt wurden:
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Bahnhof | Datum | Uhrzeit | Dauer | umsteigen | Zug | Tarifkilometer |
ÖBB Vöcklabruck
ÖBB Linz Hauptbf. | ab 05:37 an 06:23 | 0:46 | 0 | REX | 61 | |
ÖBB Vöcklabruck
ÖBB Linz Hauptbf. | ab 05:45 an 06:27 | 0:42 | 0 | IC | 61 | |
ÖBB Vöcklamarkt
ÖBB Linz Hauptbf. | ab 05:21 an 06:23 | 1:02 | 0 | REX | 77 |
Im Einkommensteuerbescheid 2008 vom berücksichtigte das Finanzamt ein Pendlerpauschale in Höhe von 1.737,50 €, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 15.132,89 € und ein Einkommen von 14.979,14 €, woraus sich nach Abzug der anrechenbaren Lohnsteuer von 2.404,60 € eine Abgabengutschrift in Höhe von 701,91 € ergab. Das Finanzamt begründete dies damit, dass die Voraussetzungen für die große Pendlerpauschale nicht vorliegen, weil auf mehr als der Hälfte der Entfernung ein öffentliches Verkehrsmittel vorhanden und dessen Benutzung ("dieses") auch zeitlich zumutbar sei. Deshalb sei die kleine Pendlerpauschale für die Entfernung über 60 Kilometer berücksichtigt worden.
Mit am zur Post gegebenen Schriftsatz erhob die Abgabepflichtige mit folgender Begründung Berufung ("Einspruch") gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 vom und beantragte sinngemäß die Anerkennung des großen Pendlerpauschales:
Obwohl die Voraussetzungen für die große Pendlerpauschale vorlägen und die Bw dies schriftlich begründet habe, sei vom Finanzamt nur die kleine Pendlerpauschale berücksichtigt worden. Die Bw wies neuerlich darauf hin, dass sie im ganzen Jahr 2008 in Wohnsitz-Berufungszeitraum , gewohnt und von diesem damaligen einzigen Wohnsitz täglich zu ihrem Dienstgeber in Linz in der Krankenhausstraße gependelt sei. Von ihrer damaligen Wohnung sei es absolut unmöglich gewesen, mit einem öffentlichen Verkehrsmittel nach Linz zu gelangen. Die Bw habe ihre Tätigkeit in Linz um 07:00 Uhr beginnen müssen. Um diese Uhrzeit habe es aber kein öffentliches Verkehrsmittel vom Wohnsitz des Berufungszeitraumes nach Linz gegeben. Somit lägen die Voraussetzungen für die große Pendlerpauschale vor, weil zumindest auf dem halben Arbeitsweg kein öffentliches Verkehrsmittel oder nicht zur erforderlichen Zeit verkehre. Erschwerend komme hinzu, dass zu Arbeitsende um 17:00 Uhr auch von Linz kein öffentliches Verkehrsmittel zum Wohnort des Berufungszeitraumes fahre. Die Bw habe also weder bei der Fahrt zur Arbeit, noch bei der Fahrt von der Arbeit nach Hause ein öffentliches Verkehrsmittel nutzen können. Die neue Wohnung habe die Bw erst im Februar 2009 (nach dem Berufungszeitraum) bezogen. Die Bw legte eine diesbezügliche Bestätigung der Meldebhörde - "gemeldet seit " vor.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung sinngemäß mit folgender Begründung ab: Die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels gelte als nicht zumutbar, wenn ab einer Strecke von 40km die Wegzeit von 2,5 Stunden überschritten werde. Die Wegzeit umfasse die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung. Bei der Ermittlung der Wegzeit sei immer von der Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels auszugehen. Darüber hinaus sei eine optimale Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (Park and Ride) zu unterstellen. Dies gelte auch dann, wenn dadurch die Fahrtstrecke länger werde. Da es für die Bw möglich und zumutbar sei, zwischen dem Wohnsitz des Berufungszeitraumes und Attnang das eigene KFZ zu benützen und in Attnang in ein öffentliches Verkehrsmittel umzusteigen, könne nur das kleine Pendlerpauschale ab 60km berücksichtigt werden.
Mit am beim Finanzamt eigelangten undatierten Schriftsatz stellte die Bw sinngemäß mit folgender Begründung einen Vorlageantrag: Die Bw benötige länger als 2,5 Stunden in die Arbeit, wenn sie den in der Berufungsvorentscheidung vorgeschlagenen Weg nehme: Zu den vorgeschlagenen Zeiten der Autofahrt nach Attnang von 45 min (33km), der Zugfahrt von dort nach Linz von 45 min (56 km) und der Busfahrt von 20 min in die Arbeit kämen noch folgende Geh- und Wartezeiten: Gehzeit von der Wohnung zum Auto: 5 min Parkplatzsuche in Attnang: 10 min Gehzeit vom Parkplatz zum Bahnhof: 10 min Wartezeit Attnang Bahnhof: 10 min Gehweg von Linz Bahnhof zur Busstation: 5 min Wartezeit Linz Busstation: 10 min Gehweg von Busstation bis zum Arbeitsplatz: 10 min Wegzeit insgesamt: 170 min = 2 Stunden 50 min Mit dem PKW fahre die Bw in 60 min und damit weniger als die halbe Zeit zur Arbeit nach Linz. Zu diesem zeitlichen Vorteil komme, dass die Bw bei der vom Finanzamt vorgeschlagenen Variante zuerst Sprit für ihren PKW (33kmX2=66 km täglich), und dann noch eine Monatskarte für den Zug nach Linz und die öffentlichen Verkehrsmittel in Linz benötige. Die Bw hätte bei der vorgeschlagenen Variante also wesentlich höhere Ausgaben und benötige dreimal solange zur Arbeit. Das sei mehr als unwirtschaftlich. Park & Ride sei eine schöne Idee, nur fehle es in Attnang-Puchheim massiv an Pendlerparkplätzen. Die derzeitige begrenzte Stückzahl lasse es nicht oder kaum zu, dass die Bw einen Parkplatz bekomme, daher oben die Zeit zur Parkplatzsuche. Nach der Berufungsvorentscheidung vom sei es unzumutbar ein öffentliches Verkehrsmittel zu nutzen, wenn bei einer Strecke ab 40 km die einfache Wegzeit 2,5 Stunden überschreite. Dies sei laut obiger Berechnung der Bw jedoch der Fall.
Mit Schreiben vom übermittelte die Berufungsbehörde der Abgabepflichtigen Ausdrucke von Fahrplanauskünften der ÖBB aus 2008 und des Routenplaners Herold und hielt ihr Folgendes vor:
Auf Grund der genannten Beilagen sei die Darstellung der Bw im Vorlageantrag vom Mai 2009 wie folgt zu korrigieren: Die Autofahrzeit von der Wohnung der Bw zum Bahnhof Attnang-Puchheim betrage lediglich ca. 30 min. Für Parkplatzsuche, Gehzeit zum Bahnhof und Wartezeit seiend durchschnittlich insgesamt 15 Minuten anzunehmen. Die Bahnfahrt von Attnang-Puchheim zum Hauptbahnhof Linz habe maximal 39 Minuten gedauert. Damit ergebe sich eine Wegzeit von insgesamt 134 Minuten und somit weniger als 2,5 Stunden (150 min). Die Fahrt mit dem Auto von der Wohnung bis zum Arbeitsplatz dauere 53 bis 60 min. Die Gesamtwegzeit im zumutbaren kombinierten Verkehr liege damit bei einer Entfernung von ca. 94 km mit 134 Minuten unter 2,5 Stunden und unter dem 3-fachen (3 x 53 = 159) der Zeit, die mit dem Auto (Individualverkehr benötigt werde.
Mit am eingelangtem undatierten Schriftsatz entgegnete die Bw sinngemäß Folgendes: Die Fahrt von der Wohnung der Bw nach Attnang-Puchheim dauere gemäß den als Beilagen angeschlossenen Routenplanern des ÖAMTC 41 Minuten und des Viamichelin.at 40 Minuten. Dabei sei allerdings noch nicht berücksichtigt, dass im Jahr 2008 die Umfahrung Lenzing noch nicht existiert habe, man also durch den Ort habe fahren müssen (Fertigstellung Umfahrung Lenzing im Jahr 2010). Weiters habe man auf dieser Strecke zehn (!) Ampeln passiert. Die entsprechende Wartezeit sei ebenso einzurechnen, um auf einen realistischen Wert bei der Wegzeit zu kommen. Bei Hin- und Rückfahrt seien zusätzlich Fahrbehinderungen durch den Berufsverkehr einzubeziehen. Der theoretischen Wegzeit von 41 Minuten seien daher zwischen 10 und 15 Minuten für Wartezeit bei Ampeln und Berufsverkehr hinzuzurechnen. Dadurch komme man auf eine realistische Wegzeit von mindestens 50 Minuten, was eine Gesamtwegzeit von 154 Minuten (2 h 34 min) ergebe. Im Nachhinein sei hier die tatsächliche Wegzeit schwer nachzuvollziehen, weil in Lenzing nun die Umfahrung existiere und der dicht gedrängte Verkehr durch den Ort schwer nachzustellen sei. Die Bw verstehe, dass sich die Berufungsbehörde nur auf die Angaben von Routenplanern stützen könne. Die Bw versichere aber, dass die tatsächliche Wegzeit wie oben beschrieben mindestens 50 Minuten betragen habe. Wetterbedingte Fahrbeeinträchtigungen (viel Nebel, Schneefall, Regen etc.) seien dabei noch gar nicht eingerechnet.
Mit Schreiben vom gab das Finanzamt dazu sinngemäß folgende Stellungnahme ab: Die Benützung des Massenbeförderungsmittels sei jedenfalls unzumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 2,5 Stunden beträgt. Beträgt die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 90 Minuten aber nicht mehr als 2,5 Stunden, sei die Benützung des Massenbeförderungsmittels zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel höchstens dreimal so lange dauert wie die Fahrzeit mit dem KFZ (Hinweis auf ; RV/0223-G/09; und , RV/0076-F/11). Im gegenständlichen Fall liege die Wegzeit jedenfalls unter 2,5 Stunden. Eine Ankunft am Bahnhof in Attnang-Puchheim am Morgen (vor 6 Uhr) erfordere eine maximale Zeitspanne von 15-20 Minuten vor der Abfahrt des Zuges. Zu dieser frühen Zeit bestehe am Bahnhof jedenfalls noch kein Parkplatzproblem. Es sei daher von einer maximalen Wegzeit von 134 Minuten auszugehen: 40 Minuten Wohnort-Attnang-Puchheim (Berücksichtigung der Baustelle Umfahrung Lenzing) 15 Minuten Bahnhof Attnang-Puchheim (vor 6 Uhr kein Parkplatzproblem) 39 Minuten Zugfahrt 10 Minuten Buswartezeit (Wegzeit) 20 Minuten Bus in Linz 10 Minuten Fußweg in Linz (Wegzeit Arbeitsstätte) 134 Minuten (2h 14 Minuten)
Mit der Bw nachweislich am zugestelltem Schreiben vom forderte die Berufungsbehörde die Bw zur Gegenäußerung binnen eines Monats ab Zustellung auf.
Eine Gegenäußerung hat die Bw nicht abgegeben.
Über die Berufung wurde erwogen:
Im gegenständlichen Fall wurde der unbestritten mehr als 60 km von ihrer Arbeitsstelle in Linz entfernt wohnenden Bw im Wege der Veranlagung ein Pendlerpauschale in Höhe von 1.737,50 € berücksichtigt. Die Bw macht jedoch das große Pendlerpauschale geltend, weil ihr die Benützung des Massenbeförderungsmittels nicht zumutbar sei.
Gemäß § 16 Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 (EStG 1988) sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 auch:
6. Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:
a) Diese Ausgaben sind bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5) abgegolten.
b) Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann werden zusätzlich als Pauschbeträge berücksichtigt:
Bei einer einfachen Fahrtstrecke von über 60 km ab Juli 2007 jährlich 1.614,00/12 € (§ 124b Z 138 EStG 1988) und ab Juli 2008 jährlich 1.857,00 € (§ 124 b Z 146 lit. b EStG 1988)
c) Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden anstelle der Pauschbeträge nach lit. b folgende Pauschbeträge berücksichtigt:
Bei einer einfachen Fahrtstrecke von über 60 km ab Juli 2007 jährlich 2.931,00 € (§ 124b Z 138 EStG 1988) und ab Juli 2008 jährlich 3.372,00 € (§ 124 b Z 146 lit. b EStG 1988).
Mit dem Verkehrsabsetzbetrag und den Pauschbeträgen nach lit. b und c sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten. Für die Inanspruchnahme der Pauschbeträge hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auf einem amtlichen Vordruck eine Erklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen der lit. b und c abzugeben. Der Arbeitgeber hat die Erklärung des Arbeitnehmers zum Lohnkonto (§ 76) zu nehmen. Änderungen der Verhältnisse für die Berücksichtigung dieser Pauschbeträge muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb eines Monates melden. Die Pauschbeträge sind auch für Feiertage sowie für Lohnzahlungszeiträume zu berücksichtigen, in denen sich der Arbeitnehmer im Krankenstand oder auf Urlaub (Karenzurlaub) befindet. Wird der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend im Werkverkehr (§ 26 Z 5) befördert, dann stehen ihm die Pauschbeträge nach lit. b und c nicht zu. Erwachsen ihm für die Beförderung im Werkverkehr Kosten, dann sind diese bis zur Höhe der sich aus lit. b und c ergebenden Beträge als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Was unter dem Begriff der "Zumutbarkeit" iSd lit. c des § 16 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. zu verstehen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Eine "Unzumutbarkeit" wird jedenfalls (auch und vor allem) dann vorliegen, wenn Massenbeförderungsmittel für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte entweder gar nicht oder nicht zu den erforderlichen Zeiten zur Verfügung stehen. Im gegenständlichen Fall erachtet die Bw die Benützung von Massenbeförderungsmitteln wegen einer im Vergleich zur Anreise mit dem eigenen Kfz zu langen Anfahrtszeit als unzumutbar.
Nach der Verwaltungspraxis (vgl. LStR 2002, Rz. 255), auf die sich offensichtlich das Finanzamt stützt, liegt eine Unzumutbarkeit wegen langer Anfahrtszeit vor, wenn bei einer einfachen Wegstrecke ab 40 Kilometer 2,5 Stunden überschritten werden.
Der Verwaltungsgerichtshof zieht in der jüngeren Rechtsprechung (; und , 2006/15/0319) die Gesetzesmaterialen zur Auslegung des unbestimmten Begriffes der "Zumutbarkeit" heran. Die amtlichen Erläuterungen zu § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG (621 BlgNR XVII. GP, 75) führen diesbezüglich Folgendes aus:
"'Unzumutbar' sind im Vergleich zu einem Kfz jedenfalls mehr als dreimal so lange Fahrzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit den Massebeförderungsmitteln als mit dem eigenen KFZ; im Nahbereich von 25 km ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels entsprechend den Erfahrungswerten über die durchschnittliche Fahrtdauer aber auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt. Kann auf mehr als der halben Strecke ein Massenbeförderungsmittel benützt werden, dann ist die für die Zumutbarkeit maßgebliche Fahrtdauer aus der Gesamtfahrzeit (Kfz und Massenbeförderungsmittel) zu errechnen."
Die eingangs angegebene, von der Bw im Berufungszeitraum genutzte Wohnung ist nach Recherche im Internet (http://www.herold.at/routenplaner) ca. 93 km - unbestritten jedenfalls über 60 km von ihrer Arbeitsstätte in Linz entfernt und mit dem Auto in einer Fahrzeit von 53 bis 60 Minuten erreichbar.
Nach der Judikatur (, und , 2006/15/0001) sind auch die Möglichkeiten des kombinierten Verkehrs in den Vergleich einzubeziehen. Es ist nämlich die Gesamtfahrzeit von privatem und öffentlichen Verkehrsmitteln zu berücksichtigen, wenn letztere auf mehr als der halben Fahrtstrecke zu Verfügung stehen. Dies deckt sich auch mit den amtlichen Erläuterungen zu § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG (621 BlgNR XVII. GP, 75), die dazu ausführen: "Kann auf mehr als der halben Strecke ein Massenbeförderungsmittel benützt werden, dann ist die für die Zumutbarkeit maßgebliche Fahrtdauer aus der Gesamtfahrzeit (KFZ und Massenbeförderungsmittel) zu errechnen" (vgl. ).
Im gegenständlichen Fall bietet sich die von den Verfahrensparteien unbestrittene Fahrt vom damaligen Wohnsitz der Bw zum Bahnhof Attnang-Puchheim und die Weiterfahrt mit dem Zug nach Linz und das innerstädtische Verkehrsmittel vom Linzer Hauptbahnhof zur Arbeitsstätte an.
Die von der Berufungsbehörde durch die Fahrpläne für den Berufungszeitraum nachgewiesene Fahrzeit des Zuges von Attnang-Puchheim nach Linz-Hauptbahnhof und retour von 39 Minuten, die der Bw mit Schreiben vom nachweislich vorgehalten worden ist, blieb unbestritten. Ebenso unbestritten ist die von der Bw selbst angegebene vom Hauptbahnhof in Linz zur Arbeitsstätte (bzw. retour) erforderliche Busfahrzeit von 20 Minuten und Gehzeit von 10 Minuten nach Ausstieg aus dem Bus zur Arbeitsstätte.
Für die Gehzeit vom Hauptbahnhof-Linz bis zur Bushaltestelle rechnet die Bw 5 Minuten und als Wartezeit bis zur Busabfahrt 10 Minuten - insgesamt also 15 Minuten, während das Finanzamt in der unwidersprochen gebliebenen Gegenäußerung hiefür nur 10 Minuten (Buswartezeit und Wegzeit) veranschlagt. Zu Gunsten der Bw geht die Berufungsbehörde von einer diesbezüglichen Weg- und Wartezeit von insgesamt15 Minuten aus.
Die von der Berufungsbehörde mit 15 Minuten geschätzte Zeit für die Parkplatzsuche in Attnang-Puchheim, Gehzeit vom Autoabstellplatz zum Bahnhof und Wartezeit auf den Zug nach Linz wurde der Bw mit Schreiben vom ebenfalls vorgehalten. Im am eingelangten Schriftsatz hat die Bw dies gar nicht mehr bestritten. Die Berufungsbehörde teilt die Ansicht des hier zuständigen regionalen Finanzamtes, dass in den frühen Morgenstunden beim für park and ride ausgestatteten Bahnhof Attnang-Puchheim entgegen der ursprünglichen Behauptung der Bw kein Parkproblem besteht. Die Bw begann ihre Arbeit in Linz nach eigenen Angaben ja bereits um 07.00 Uhr und musste deshalb schon vor 06.00 Uhr mit dem Zug in Attnang-Puchheim abfahren.
Die Summe der bereits abgehandelten Zeiten von Attnang-Puchheim bis zum Eintreffen am Arbeitsplatz beträgt somit durchschnittlich 99 Minuten (15+39+15+20+10).
Für die Fahrzeit vom Wohnsitz des Berufungszeitraumes bis nach Attnang-Puchheim ergaben die Recherchen der Berufungsbehörde mit dem Routenplaner Herold ca. 30 Minuten, jene der Bw mit den Routenplanern des ÖAMTC 41 Minuten und des Viamichelin 40 Minuten. Die von der Bw angezogenen vereinzelt auftretenden wetterbedingten Fahrbahnbeeinträchtigungen sind in der pauschalen Beurteilung der Zumutbarkeit außer Betracht zu lassen (vgl. , und , RV/2591-W/08). Das zuständige regionale Finanzamt hat unter Berücksichtigung der von der Bw gesondert ins Treffen geführten, im Berufungszeitraum noch nicht fertigen Umfahrung Lenzing eine Fahrzeit von 40 Minuten als zutreffend erachtet. Dem ist die Bw nicht mehr entgegen getreten. Selbst wenn man die von der Bw im am eingelangten Schriftsatz geforderte "realistische Wegzeit" von 50 Minuten, die nach Ansicht der Berufungsbehörde wesentlich zu hoch gegriffen ist, zu Grunde legen würde, bliebe die Gesamtzeit unter 2,5 Stunden (99+50=149). Das Dreifache der Kürzesten Fahrzeit mit dem PKW von 53 Minuten wäre damit auch nicht überschritten (53 min.x3=159 min.).
Aus den dargelegten Gründen kommt der Berufung keine Berechtigung zu.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at