Ohne Liquiditätsnachweis keine Einschränkung der Haftung
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/13/0137 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Kittinger und die weiteren Mitglieder Hofrätin Mag. Regine Linder, Kommerzialrat Gottfried Hochhauser und Gerhard Mayerhofer im Beisein der Schriftführerin Edith Madlberger über die Berufung des Bw., vertreten durch Hammerschmied Hohenegger & Partner Wirtschaftsprüfungs GmbH, 1030 Wien, Am Heumarkt 13, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 6., 7. und 15. Bezirk, vertreten durch AR Johannes Eder, vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und der Haftungsbetrag auf € 160.331,18 eingeschränkt.
Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom wurde über das Vermögen der B-GmbH das Konkursverfahren eröffnet.
Auf Grund der an den Berufungswerber (Bw.) als potenziellen Haftungspflichtigen der Gesellschaft gerichteten Aufforderung zur Bekanntgabe der Mittelverwendung, teilte dieser mit Schreiben vom mit, dass die derzeitige konjunkurelle und wirtschaftliche Lage im Baugewerbe schwierig sei. Hingegen hätte die frühere konjunkurelle Aufheizung dazu verleitet, Personal aufzustocken, um eine termingerechte Auftragsbeendigung durchführen zu können. Diese Aufträge wären jedoch nicht von Dauer gewesen. In weiterer Folge wären bedingt durch den einsetzenden Preiskampf die Zahlungsziele immer weiter hinausgezögert worden, sodass die Gesellschaft zu hohen Vorfinanzierungen bei Material, Löhnen und Abgaben gezwungen gewesen wäre. Bedingt durch diese Liquiditätsschwäche wären auch zahlreiche Restrukturierungsmaßnahmen wie Personalabbau, Reduzierung der Werkstättenfläche, Fremdvergabe der Aufträge und Erschließung neuer Geschäftsfelder gesetzt worden.
Da es nicht möglich gewesen wäre, allen Forderungen termingerecht nachzukommen, hätten Zahlungsvereinbarungen mit allen Gläubigern getroffen werden müssen. Sobald die Liquiditätssituation dies zugelassen hätte, hätte der Bw. die der Gesellschaft zur Verfügung stehenden Mittel an die Gläubiger verteilt.
Letztlich hätte aber das Insolvenzverfahren beantragt werden müssen, da die angestrebten Restrukturierungsmaßnahmen keine Erfolge gezeigt hätten. Der Bw. hätte daher nicht schuldhaft Abgaben nicht entrichet, sondern hätte die Gesellschaft keine ausreichenden Mittel zur Verfügung gehabt, um alle Forderungen, unter anderem der Finanz, zu begleichen. So weit es möglich gewesen wäre, wären Abgaben jedoch geleistet worden.
Mit Bescheid vom wurde der Bw. gemäß § 9 Abs. 1 BAO i.V.m. § 80 BAO als Geschäftsführer der B-GmbH für Abgaben in der Höhe von € 179.497,03 zur Haftung herangezogen, da diese durch die schuldhafte Verletzung der ihm als Vertreter der Gesellschaft auferlegten Pflichten nicht hätten eingebracht werden können.
In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Berufung beantragte der Bw. die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung vor dem Berufungssenat, wiederholte sein bisheriges Vorbringen und wandte ergänzend ein, dass die schlechte Liquiditätssituation dem Finanzamt bekannt gewesen wäre, da in zahlreichen Zahlungserleichterungs- und Stundungsansuchen sowie in persönlichen Vorsprachen immer wieder auf die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft eingegangen worden wäre.
Durch die Vorgangsweise der unangemeldeten Demontage der Maschinen und bewussten Zerstörung des Herzstückes der Gesellschaft, der Tischlerwerkstätte, hätte das Finanzamt die Gesellschaft in die Insolvenz sowie den Masseverwalter zur Schließung des Betriebes gezwungen.
Da ihm somit ein schuldhaftes Verhalten nicht unterstellt werden könnte, beantragte der Bw. die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Mit Schreiben vom forderte der Unabhängige Finanzsenat den Bw. zur Erstellung eines Liquiditätsstatus sowie Bekanntgabe der Mittelverwendung auf. Darüber hinaus wurde der Bw. um Konkretisierung der vorgebrachten Vorfinanzierungen sowie der getroffenen Zahlungsvereinbarungen ersucht.
Im Antwortschreiben vom übermittelte der Bw. eine Cashflowrechnung vom und teilte mit, dass diese damals (im Juli 2001) auch dem Finanzamt bekanntgegeben worden wäre. Die Cashflowrechnung würde zeigen, dass der Bw. für die Gesellschaft nur mehr Zug-um-Zug-Geschäfte getätigt und als zusätzliche Zahlungen das Finanzamt, die Gebietskrankenkasse und alte Lieferantenverbindlichkeiten zu bedienen beabsichtigt hätte. Diese Cashflowrechnungen wären zwar fortgeführt worden, jedoch wären diese verloren gegangen, da bei der am durch das Finanzamt erfolgten Pfändung auch sämtliche EDV-Geräte und Büromaschinen demontiert bzw. zerstört worden wären.
Abschließend verwies der Bw. darauf, dass er vom Landesgericht für Strafsachen auf Grund des Strafantrages der Gebietskrankenkasse freigesprochen worden wäre.
Mit Schreiben vom forderte der Unabhängige Finanzsenat das Finanzamt zur Stellungnahme zum Schreiben des Bw., vor allem hinsichtlich des Vorwurfs der Zerstörung der EDV-Geräte und Büromaschen, auf. Laut Antwortschreiben vom hätte seitens des Finanzamtes die behauptete Zerstörung nicht stattgefunden. Im Gegenteil wäre dem Bw. Gelegenheit geboten worden, die Daten zu sichern bzw. zu kopieren, wovon der Bw. aber keinen Gebrauch gemacht hätte.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom wurde das über das Vermögen der B-GmbH am eröffnete Konkursverfahren ohne Festsetzung einer Konkursquote beendet.
In der am durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung brachte der steuerliche Vertreter des Bw. ergänzend vor, dass im Sommer 2001 ein Liquiditätsplan erstellt worden wäre, auf Grund dessen klar gewesen wäre, dass die zukünftigen Schulden der Gesellschaft nur aus dem zukünftigen Cashflow hätten bedient werden können. Gleichzeitig wären Restrukturierungsmaßnahmen ergriffen worden, welche jedoch verständlicherweise nicht ein sofortiges positives Ergebnis nach sich gezogen hätten, um Kosten einzusparen und die Tischlerei zu modernisieren. Endziel wäre gewesen, die Tischlerei auf ein Mindestmaß zu reduzieren, vom Standort abzusiedeln und mit Fremdfirmen die Aufträge zu erfüllen.
Der Abgabenbehörde wäre die wirtschaftliche Situation der B-GmbHdurch zahlreiche Zahlungserleichterungsansuchen und Vorsprachen des Bw. bekannt gewesen und wäre nicht durch die Pfändung und Demontage der Maschinen und Geschäftsausstattung die wesentlichen Betriebsgrundlagen völlig entzogen worden, so hätten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Restrukturierungsmaßnahmen gegriffen und die vorhandenen Abgabenschuldigkeiten aller Wahrscheinlichkeit nach bedient werden können.
Auf den gepfändeten EDV-Geräten wären die Grundlagen der Auftragskalkulation als Basis einerseits für die Cashflowrechnung und auch für die Abrechnung der Aufträge gespeichert gewesen. Die Belege und Grundaufzeichnungen wären vorhanden und der Steuerberatungskanzlei zur Erstellung der Bücher und Aufzeichnungen und der entsprechenden Steuererklärungen übermittelt worden.
Ergänzend wurde seitens des steuerlichen Vertreters ausgeführt, dass Werkzeuge und Aufzeichnungen ohne Detaillierung im Pfändungsprotokoll unter einer Post genannt und schlichtweg als Lade mit diversen Werkzeugen und Beschlägen bezeichnet worden wären, wobei diese Werkzeuge einen Wiederbeschaffungswert von ca. € 40.000,00 gehabt hätten und auch nicht klar ersichtlich gewesen wäre, wohin diese Werkzeuge verbracht worden wären. Die Interessenten als auch der Masseverwalter der Gemeinschuldnerin hätten diese Werkzeuge tatsächlich nicht auffinden können.
Vorgelegt wurde zur Darlegung der Liquiditätssituation ein Tagessaldoverlauf des Bankkontos Nr. 2801 bei der Creditanstalt, um zu zeigen, dass keine Liquidität vorhanden gewesen wäre. Die Höhe des Rahmens könne nicht genau bekannt gegeben werden. Vorgelegt wurde ferner für die Jahre 2001 und 2002 eine Aufstellung der auf das Abgabenkonto der GmbH vom Bankkonto entrichteten Abgabenschuldigkeiten und derjenigen Zahlungen, die zwar in Auftrag gegeben, jedoch seitens der Bank nicht mehr durchgeführt worden wären, weil der Rahmen ausgeschöpft gewesen wäre. Der ursprüngliche Kontenrahmen wäre laut Auskunft des Bw. bei ca. ATS 1 Mio., welcher nach Maßgabe der Auftragslage mit Einzelanträgen seitens der Entscheidungsträger der Bank immer wieder erweitert worden wäre.
Der der Amtsvertreter führte aus, dass die Pfändung der EDV-Anlage sowie der Büro- und Geschäftsausstattung im Juni 2001 laut Protokoll erfolgt wäre und bis zu deren Transferierung eine geraume Zeit auch zugewartet worden wäre. Für die Transferierung wäre eine Transportfirma beauftragt worden, die seiner Erfahrung nach sorgsam mit dem Transport umgehen würde. Der steuerliche Vertreter brachte dazu vor, dass die Daten auf der EDV-Anlage nicht mehr vorhanden gewesen wären. Eine Datensicherung wäre vom Bw. nicht getätigt worden. Auf Vorhalt, dass laut Stellungnahme des Finanzamtes eine Datensicherung bei Pfändung dem Bw. angeboten worden wäre, wandte der steuerliche Vertreter ein, dass er davon keine Kenntnis habe und er sich das auch im Rahmen eines Pfändungsvorgangs und unter dem Druck der Ereignisse nicht vorstellen könne. Auch in Niederschriften oder Pfändungsvormerken wäre darüber nichts vermerkt. Der Bw. hätte wiederholt versucht, den Computer vom Versteigerungshaus zu erwerben bzw. vor Ort Datensicherungen durchzuführen, was ihm jedoch verwehrt worden wäre.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().
Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom die Schlussrechnung des Masseverwalters, wonach die Konkursgläubiger keine Quote erhalten, genehmigt und das Konkursverfahren am beendet wurde.
Unbestritten ist auch, dass dem Bw. als Geschäftsführer der B-GmbH im Zeitraum vom bis sowie ab die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).
Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht (). Das Vorbringen des Bw., dass Restrukturierungsmaßnahmen nicht gegriffen hätten, weshalb das Insolvenzverfahren unausweichlich gewesen wäre, sowie der Einwand, dass der Bw. strafrechtlich (vermutlich vom Vorwurf der Krida) freigesprochen worden wäre, gehen dabei aber ins Leere, da es für die Haftung nach § 9 BAO ohne Bedeutung ist, ob den Vertreter ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit trifft ().
Im gegenständlichen Fall bringt der Bw. jedoch keine triftigen Gründe, aus denen ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen wäre, vor. Insbesondere wurde nicht behauptet, dass dem Bw. keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden wären, da lediglich von Liquiditätsschwächen und getroffenen Zahlungsvereinbarungen gesprochen wurde, zumal von ihm auch Vorfinanzierungen im Zusammenhang mit der Zahlung von Zug-um-Zug-Geschäften einbekannt wurden.
Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().
Dabei liegt es grundsätzlich am Haftungspflichtigen, dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().
Die dafür übermittelte Cashflowrechnung sowie der Tagessaldoverlauf des Bankkontos waren allerdings zur Erbringung des Nachweises der Gläubigergleichbehandlung nicht geeignet, da diese zwar sowohl Zahlungseingänge als auch -ausgänge enthalten, nicht jedoch die Höhe der einzelnen ab den jeweiligen Fälligkeitstagen bis zur Konkurseröffnung aushaftenden Verbindlichkeiten sowie die Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten.
Den im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderte Liquiditätsstatus hat der Bw. somit nicht aufgestellt. Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung der Bw. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden daher nicht in Betracht ().
Für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer gelten aber ohnedies Ausnahmen vom Gleichheitsgrundsatz (; , 2000/15/0168), da nach § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat.
Allerdings war der Einwand des Bw., dass bei der am vorgenommenen Pfändung der Werkstätte die EDV-Geräte und Büromaschinen zerstört worden wären, weshalb ihm offenbar ein Nachweis über die Gleichbehandlung durch Erbringung eines Liquiditätsstatus nicht möglich sei, da er die darauf gespeicherten Daten nicht erlangen hätte können, grundsätzlich geeignet, den Bw. vom Vorwurf der schuldhaften Pflichtverletzung zu exkulpieren, da im Falle der tatsächlichen Vernichtung der Daten durch das Finanzamt ein Nachweis nicht erbracht und daher von der Abgabenbehörde auch nicht verlangt werden könnte.
Da die behauptete Zerstörung der EDV-Geräte nach der Aussage des Finanzamtes jedoch nicht erfolgte, diese Computer lediglich zwischengelagert und daher jederzeit griffbereit waren, muss der Bw. den Vorwurf, sich nicht um die auch nach der Pfändung mögliche Datensicherung gekümmert zu haben, gegen sich gelten lassen.
Darüber hinaus waren die auf den gepfändeten EDV-Geräten gespeicherten Daten, nämlich laut Aussage des steuerlichen Vertreters des Bw. in der mündlichen Berufungsverhandlung lediglich die Grundlagen der Auftragskalkulation als Basis einerseits für die Cashflowrechnung und auch für die Abrechnung der Aufträge, auch nicht zur Erstellung des geforderten Liquiditätsnachweises geeignet. Da nach eigenen Angaben die Belege und Grundaufzeichnungen vorhanden waren und der Steuerberatungskanzlei zur Erstellung der Bücher und Aufzeichnungen und der entsprechenden Steuererklärungen übermittelt wurden, wäre es dem Bw. nach wie vor möglich gewesen, eine zum Nachweis der erfolgten Gleichbehandlung der Gläubiger geeignete Gegenüberstellung von Abgabenschuldigkeiten zu den übrigen Verbindlichkeiten sowie Aufstellung der vorhandenen Mittel und deren Verwendung zu erstellen.
Dem Einwand des Bw., dass aus der Cashflowrechnung auch hervorgehen würde, dass er lediglich Zug-um-Zug-Geschäfte getätigt hätte, muss entgegengehalten werden, dass der Bw. ja gerade mit diesem Vorbringen die Ungleichbehandlung der Gläubiger einbekennt. Darüber hinaus lässt sich auch aus den Ausführungen des Bw., dass er mit seinen Gläubigern Zahlungsvereinbarungen getroffen und als zusätzliche Zahlungen unter anderem das Finanzamt zu bedienen beabsichtigt hätte, nichts gewinnen, da zwar unzählige Zahlungserleichterungsansuchen eingebracht, jedoch mangels entsprechender selbst beantragter ausreichender Ratenzahlungen sowie Entrichtung der laufenden Selbstbemessungsabgaben nicht bewilligt wurden. Aber auch bei Bewilligung der angebotenen Raten würde eine Pflichtverletzung vorliegen, weil der Bw. Zahlungserleichterungen mit der Behauptung erwirkt hätte, dass die Einbringlichkeit der Abgabe durch den Aufschub nicht gefährdet werde, obwohl diese Behauptung nicht zugetroffen hätte ().
Aus dem Vorbringen, dass der Abgabenbehörde die wirtschaftliche Situation der B-GmbHdurch zahlreiche Zahlungserleichterungsansuchen und Vorsprachen des Bw. bekannt gewesen wäre sowie dass durch die Pfändung und Demontage der Maschinen und Geschäftsausstattung die wesentlichen Betriebsgrundlagen völlig entzogen worden wären, andernfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Restrukturierungsmaßnahmen gegriffen und die vorhandenen Abgabenschuldigkeiten aller Wahrscheinlichkeit nach hätten bedient werden können, lässt sich nichts gewinnen, da es unerheblich ist, ob in späterer Folge liquide Mittel vorhanden gewesen wären. Im Rahmen der Haftung ist lediglich von Bedeutung, wie die vorhandenen (wenn auch geringen) Mittel auf die Gläubiger verteilt wurden.
Es war jedoch darauf Bedacht zu nehmen, dass die Umsatzsteuervorauszahlung 12/02 in Höhe von € 15.200,00 erst nach der Konkurseröffnung () fällig war (), weshalb der Bw. diesfalls mangels Bestehens einer Zahlungsverpflichtung keine Pflichtverletzung begehen konnte.
Da die Geltendmachung abgabenrechtlicher Haftungen als Einhebungsmaßnahme unter anderem voraussetzt, dass nach dem Grundsatz der materiellen Akzessorietät eine Abgabenschuld entstanden, aber noch nicht erloschen ist (, 0440), worauf auch noch im Rechtsmittelverfahren Bedacht zu nehmen ist (), waren Abgaben im Gesamtbetrag von € 2.353,28 (Lohnabgaben 3/01 und 4/01 samt Säumniszuschlägen sowie Körperschaftsteuervorauszahlung 4-6/01) aus der Haftung auszuscheiden bzw. die Lohnsteuer 5/01 von € 1.931,57 auf € 319,33 zu reduzieren.
Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bw. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.
Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bw. als Haftungspflichtiger für die Abgabenschuldigkeiten der B-GmbH im Ausmaß von nunmehr € 160.331,18 zu Recht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Haftung Pflichtverletzung Gleichbehandlung Liquiditätsstatus |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at