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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 05.08.2004, RV/1231-W/03

Auswärtige Berufsausbildung eines Kindes („Verordnungsgemeinde“) im Jahr 2002 u.a.

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
wie RV/0356-I/02-RS1
Beträgt die Entfernung zwischen Ausbildungs(Studien)- und Wohnort weniger als 80 km und gilt die tägliche Hin- und Rückfahrt zwischen den beiden Orten gemäß der zu § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 ergangenen Verordnungen als zeitlich zumutbar, erfolgt die Berufsausbildung eines Kindes innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes. Die durch eine solche Berufsausbildung verursachten Aufwendungen können weder nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 noch - im Hinblick auf die Anordnungen in § 34 Abs. 7 EStG 1988 - nach den allgemeinen Bestimmungen des § 34 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.
wie RV/2672-W/02-RS2
Bei Katastralgemeinden ist zu prüfen, ob die Ortsgemeinde, der sie zugehören, in einer der Verordnungen nach dem Studienförderungsgesetz genannt ist.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes Gänserndorf betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2002 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Die in G.E. wohnhafte Berufungswerberin (Bw.) beantragte in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 unter anderem den Pauschbetrag für auswärtige Berufsausbildung ihres Sohnes A. Beigeschlossen war eine Schulbesuchsbestätigung der SDV-Schule für Informatikkaufleute in W, S.Gasse, wonach A jedenfalls während des ganzen Jahres 2002 die Schule besucht habe.

Die Bw. wurde vom Finanzamt Gänserndorf mit Bescheid vom zur Einkommensteuer für das Jahr 2002 veranlagt. Hierbei wurde der Pauschbetrag für auswärtige Berufsausbildung nicht gewährt und begründend ausgeführt:

"Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten nicht als außergewöhnliche Belastung, wenn auch im Einzugsgebiet des Wohnortes eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Eine solche Möglichkeit ist in ihrem Fall gegeben, sodass Ihre geltend gemachten Aufwendungen nicht zu berücksichtigen waren."

Die Bw. erhob mit Schreiben vom , beim Finanzamt Gänserndorf am eingelangt, Berufung gegen diesen Bescheid und beantragte, die geltend gemachte außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.

Die EDV-Schule, die ihr Sohn im dritten Bezirk in Wien besuche, sei näher zum Wohnort gelegen als eine derartige Schule in K. Laut Auskunft des Verkehrsverbundes Ostregion "sind es vom Busbahnhof G.E. bis in den 3. Bezirk 16 km und vom Busbahnhof G.E. bis Bahnhof K 30,5 km. Die Fahrzeit ink. Fußweg zum Busbahnhof G.E. bis K beträgt um ca. 35 - 40 Minuten mehr als die Anfahrt zur derzeitigen Schule".

Da die vom Sohn besuchte Schule näher "ist als die vom Finanzamt angegebene Schule", ersuche die Bw. ihrem Begehren Folge zu geben.

Im Finanzamtsakt befindet sich ein Ausdruck aus den Fahrplänen des VOR, wonach die Fahrt von G.E. Busbahnhof bis K Bahnhof 1 Stunde 15 Minuten (bei Abfahrt um 7:40 Uhr und Ankunft um 8:55 Uhr) dauere.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt Gänserndorf die Berufung als unbegründet ab:

"Wie Ihnen bereits im Erstbescheid bekannt gegeben, befindet sich der Ausbildungsort Wien im Einzugsbereich vom Wohnort G.E. Die Fahrzeit vom zentralen Abfahrtsort in G.E. und dem zentralen Ankunftsort in Wien beträgt nicht mehr als eine Stunde, wobei Wegzeiten und sonstige Fahrzeiten zu den zentralen Abfahrtstätten im Heimatort oder im Studienort nicht einzurechnen sind."

Mit beim Finanzamt Gänserndorf am eingelangtem Schreiben vom (Postaufgabe Montag, ) beantragte die Bw. ohne weitere Ausführungen die Vorlage ihrer Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz "zur abschließenden Berufungserledigung."

Mit Bericht vom legte das Finanzamt Gänserndorf die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Über Anregung des Referenten übermittelte das (nunmehrige) Finanzamt Gänserndorf Mistelbach mit Schreiben vom eine anonymisierte Ablichtung (ESED-Ausdruck) der Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, Senat 17 (Referent), vom , RV/4634-W/02, welche unterem anderem das Vorliegen einer auswärtigen Berufsausbildung bei einem Wohnort in der Gemeinde und einem Ausbildungsort in Wien zum Gegenstand hat.

Damit verbunden war das Ersuchen des Finanzamtes um Stellungnahme, "wobei insbesondere auf die Fahrzeitenermittlung hinzuweisen ist."

Mit Schreiben vom teilte die Bw. dem Finanzamt mit, dass sie ihre Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 aufrecht erhalte. Weitere Ausführungen wurden nicht getätigt.

Gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 605/1993, in der Fassung BGBl. Nr. 616/1995, BGBl. Nr. 307/1997 und BGBl. II Nr. 295/2001 ist von der Gemeinde die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort Wien zeitlich noch zumutbar.

Über die Berufung wurde erwogen:

Auf Grund der Akten des Finanzamtes steht folgender Sachverhalt fest:

Familienwohnsitz der Familie der Bw. ist G.E.

Der Sohn der Bw., A, absolvierte während des gesamten Jahres 2002 eine Berufsausbildung in der SDV in W, S.Gasse.

Die Kosten für die auswärtige Berufsausbildung trägt die Bw.

Die Strecke G.E. - Bahnhof Wien Nord kann in beide Richtungen mehrmals täglich in weniger als einer Stunde zurückgelegt werden.

G.E. ist von Wien weniger als 80 km entfernt.

Gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 605/1993, in der Fassung BGBl. Nr. 616/1995, BGBl. Nr. 307/1997 und BGBl. II Nr. 295/2001 ist von der Gemeinde G.E. die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort Wien zeitlich noch zumutbar.

Die Verbindungen zwischen G.E. und Wien (Bahnhof Wien Nord) andererseits wurden an Hand der elektronischen Fahrplanauskunft www.vor.at festgestellt (siehe Anlagen). Die Fahrplanauskunft bezieht sich zwar auf das Jahr 2003; Hinweise dafür, dass im Jahr 2002 wesentlich andere Verhältnisse bestanden haben, sind freilich nicht ersichtlich. Eine derartige Änderung der Verhältnisse wird auch nicht behauptet.

Die Fahrzeitenermittlung wurde (ebenso wie die hieraus folgende rechtliche Würdigung) der Bw. vom Finanzamt - durch Übermittlung der einen insofern vergleichbaren Sachverhalt betreffenden Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, Senat 17 (Referent), vom , RV/4634-W/02 - zur Kenntnis gebracht; eine Äußerung hierzu erfolgte nicht.

Rechtlich folgt hieraus:

Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 € pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Zu § 34 Abs. 8 EStG 1988 ist die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995, ergangen (im Folgenden als Verordnung bezeichnet). Diese Verordnung wurde mit BGBl. II Nr. 449/2001 mit Wirksamkeit ab geändert.

Die zur Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts wesentlichen Bestimmungen dieser Verordnung lauten in der für den Streitzeitraum 2002 gültigen Fassung:

"§ 1. Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, liegen nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.

§ 2. (1) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden.

(2) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, in der jeweils geltenden Fassung als nicht mehr zumutbar.

(3) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km gelten als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (zB Unterbringung in einem Internat).

§ 3. Erfolgt die auswärtige Berufsausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses, steht der pauschale Freibetrag für die auswärtige Berufsausbildung nur dann zu, wenn die Voraussetzungen gemäß §§ 1 und 2 vorliegen und von den Eltern Unterhaltszahlungen von nicht untergeordneter Bedeutung für eine Zweitunterkunft am Schulort oder für Fahrtkosten zu leisten sind."

Unter "Einzugsbereich des Wohnortes" i.S.d. § 34 EStG 1988 ist jener Bereich zu verstehen, in dem die tägliche Hin- und Rückfahrt zum Ausbildungsort zeitlich als noch zumutbar anzusehen ist (vgl. ; ).

Beträgt die Entfernung zwischen Ausbildungs(Studien)- und Wohnort weniger als 80 km und gilt die tägliche Hin- und Rückfahrt zwischen den beiden Orten gemäß der zu § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 ergangenen Verordnungen als zeitlich zumutbar, erfolgt die Berufsausbildung eines Kindes innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes. Die durch eine solche Berufsausbildung verursachten Aufwendungen können weder nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 noch - im Hinblick auf die Anordnungen in § 34 Abs. 7 EStG 1988 - nach den allgemeinen Bestimmungen des § 34 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden (UFS [Innsbruck], Senat 3 [Referent], , RV/0356-/I/02; UFS [Linz], Senat 6 [Referent], , RV/1360-L/02; UFS [Linz], Senat 2, , RV/1297-L/02; UFS [Linz], Senat 7 [Referent], , RV/1281-L/02; UFS [Wien], Senat 17 [Referent], , RV/2672-W/02); UFS [Wien], Senat 17 [Referent], , RV/4232-W/02).

Nach der im Berufungszeitraum geltenden Rechtslage stellen die Verordnungen zum Studienförderungsgesetz die Vermutung auf, dass hinsichtlich der in ihnen genannten Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zumutbar ist (vgl. ; ).

Den Nachweis, dass von G.E. die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort Wien unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt (§ 2 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 i.d.F. BGBl. II Nr. 449/2001) hat die Bw. nicht einmal versucht zu erbringen.

Da die Verordnung hinsichtlich der Nachweisführung einer eine Stunde übersteigenden Wegzeit auf die jeweilige Gemeinde (den Wohnort bzw. den Ausbildungsort) und nicht auf die Wohnung bzw. die Ausbildungsstätte abstellt, ist somit nicht die tatsächliche Gesamtfahrzeit maßgebend, sondern die Fahrzeit mit dem "günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel" zwischen diesen beiden Gemeinden. Hierbei ist die Fahrzeit zwischen jenen Punkten der jeweiligen Gemeinden heranzuziehen, an denen üblicherweise die Fahrt zwischen diesen Gemeinden mit dem jeweiligen öffentlichen Verkehrsmittel angetreten bzw. beendet wird (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke , EStG 1988, § 34 Anm. 71; Lohnsteuerprotokoll 2002, Punkt 1.18.3; UFS [Wien], Senat 17 [Referent], , RV/4223-W/02); UFS [Wien], Senat 17 [Referent], , RV/4356-W/02, UFS [Wien], Senat 17 [Referent], , RV/4519-W/02, u.a.m.). In Wien ist dies im Fall des Sohnes der Bw. der Bahnhof Wien Nord (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 34 Anm. 72.

den von Amts wegen getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergibt sich, dass eine Vielzahl von Zügen zwischen G.E. und Wien Nord mit einer Fahrzeit unter einer Stunde verkehren, die vom Sohn der Bw. verwendet werden können.

Da zum einen G.E. in einer Verordnung nach dem Studienförderungsgesetz 1992 als Gemeinde, von der die tägliche Hin- und Rückfahrt zum Studienort Wien zumutbar ist, genannt wird, und zum anderen der Nachweis, dass die tägliche Fahrzeit mehr als je eine Stunde beträgt, nicht geführt werden konnte, war die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Wien,

Anlage:

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Auswärtige Berufsausbildung
Verordnungsgemeinde
Katastralgemeinde
Fahrzeit
Sonderausgaben
Bundesdenkmalamt
Diätverpflegung
Zuckerkrankheit
Nachweis

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
SAAAD-07584