Erstmalige Erstellung des Evidenzkontos 1996 bei Verschmelzung (down stream merger) im zeitlichen Anwendungsbereich des Strukturverbesserungsgesetzes.
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze | |
RV/0144-I/03-RS1 | § 4 Abs. 12 Z 2 (zweite Fallgruppe) EStG 1988 idF des AbgÄG 1996 bezieht sich ausdrücklich nur auf Umgründungen im Sinne des Umgründungssteuergesetzes und demnach nicht auf derartige Vorgänge im zeitlichen Anwendungsbereich des Strukturverbesserungsgesetzes. Die Übergangsbestimmung des § 124b Z 3 EStG idF des StruktAnpG 1996 ordnet die Erfassung des (rückzahlungsfähigen) Eigenkapitals im letzten Jahresabschluss des Jahres 1995 unter Beachtung der Grundsätze des § 4 Abs. 12 EStG an.
Stammt die Kapitalrücklage im Jahresabschluss aus einer seinerzeitigen Verschmelzung der Mutter- auf die Tochtergesellschaft im Jahr 1989 und wurde diese unverändert weitergeführt, war sie im ersten nach RLG-Grundsätzen erstellten Jahresabschluss (1992) als Kapitalrücklage auszuweisen. Dies bewirkt, dass mangels einer Veränderung des Kapitalrücklagenkontos bis zum Jahresabschluss 1995 eine Einlage vorliegt, deren Rückzahlung unter § 4 Abs. 12 Z 1 EStG fällt. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige
Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch T., vom
gegen den Bescheid des Finanzamtes K. vom
betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer 1997
entschieden:
Der Berufung
wird Folge gegeben. Die von der verdeckten Gewinnausschüttung des Jahres
1997 iHv 8.371,91 € gemäß
§§ 93 Abs. 2 Z 1 lit. a, 95
und 96 EStG 1988 einzubehaltende und abzuführende Kapitalertragsteuer wird
mit 2.092,98 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
(1) Die
Gesellschafter der Berufungswerberin (Bw.) fassten am
25./26./ den "Umlaufbeschluss" auf teilweise
Rückzahlung einer im Evidenzkonto der Bw. für 1996 ausgewiesenen
Kapitalrücklage im Weg der Auflösung zugunsten des Bilanzgewinnes und
nachfolgender Ausschüttung an die Gesellschafter. Von der als
Einlagenrückzahlung gemäß
§ 4 Abs. 12
EStG 1988 behandelten Ausschüttung (23.040.963 S) wurde keine
Kapitalertragsteuer einbehalten.
(2) Dazu wurden
bei einer die Jahre 1996 bis 2000 umfassenden Betriebsprüfung folgende
Feststellungen getroffen (Bericht vom , Tz
38b):
"...Bei erstmaliger Erstellung des Evidenzkontos 1996
seitens des Unternehmens wurden bisher folgende Beträge als
einlagenrückzahlungsfähig aufgenommen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammkapital | 5.000.000 S |
Fusionsrücklage 1989: C.GmbH | 16.517.351
S |
Umwandlungsrücklage 1982 | 8.008.277 S |
Einbringungskapital 1995: CL.OHG | 230.330
S |
Einbringungskapital 1995: CEG.OHG | 159.183
S |
Einbringungskapital 1997: EU G. | 143.173
S |
30.058.314 S |
Strittig ist
die Aufnahme der fett gekennzeichneten Positionen in das
Evidenzkonto:
Fusionsrücklage 1989
C.GmbH:
Die H.GmbH (Bw.) war bis 1989 eine 100%ige
Tochtergesellschaft der C.GmbH. Mit wurde die C.GmbH auf
die H.GmbH verschmolzen. Die Schlussbilanz der C.GmbH wies eine Forderung in
Höhe von 16 Mio. S gegenüber der H.GmbH aus, die aus der
steuerfreien Ausschüttung des Gewinnes 1989 aus der H.GmbH stammte. Der
Rest der Fusionsrücklage resultiert aus Gewinnausschüttungen der
H.GmbH vor 1989. Somit ist die gesamte ausgewiesene Fusionsrücklage nach
dem Ermittlungsstand der BP als Gewinnrücklage zu
qualifizieren.
Zur erstmaligen Bildung des Evidenzkontos wird im Punkt
6.1. des Einlagenrückzahlungserlasses angeführt: Körperschaften
haben nach § 124 b Z 3 EStG erstmalig auf Basis des
Jahresabschlusses des letzten Wirtschaftsjahres, das im Jahr 1995 endet, ein
Evidenzkonto zu erstellen. Dabei sind die Grundsätze des § 4
Abs. 12 EStG zu beachten. Es sind daher zumindest die Entwicklungen auf den
Eigenkapitalkonten zwischen dem ersten Jahresabschluss, bei dem das RLG
angewendet wurde - ausgehend vom dort ausgewiesenen Stand des Nennkapitals
und der Kapitalrücklagen - und dem letzten Jahresabschluss 1995 zu
berücksichtigen.
"Zumindest" ist nach Ansicht der BP so zu interpretieren,
dass auch über das Jahr 1992 hinaus, wenn eine exakte Analyse der
Rücklagen möglich ist, eine solche für die Erstellung des
Evidenzkontos vorzunehmen ist. Damit ist aber § 4 Abs. 12 Z 2
EStG 1988 mit der Auswirkung anzuwenden, dass eine Aufnahme der oben
angeführten Fusionsrücklage in das Evidenzkonto der H.GmbH nicht
zulässig ist.
Die vom
steuerlichen Vertreter angeführte BMF-Einzelerledigung vom
behandelt offensichtlich eine einbringungsbedingt
entstandene Rücklage und deren steuerliche Behandlung. Hiebei wird die
Entstehung dieser Rücklage analysiert und die Anwendung des § 4
Abs. 12 Z 2 EStG aufgrund einer Einbringung gem. Art. III UmGrStG
verneint. Ein solcher Sachverhalt liegt jedoch im gegenständlichen Fall
nicht vor, weshalb der angeführte Erlass nach Ansicht der BP nicht
anwendbar ist.
Kapital
CL.OHG,
CEG.OHG:
Beide Gesellschaften wurden per gem.
Artikel III UmGrStG in die H.GmbH eingebracht. Die steuerliche
Einbringungsbilanz (zu Buchwerten) weist eine buchmäßige
Überschuldung beider Unternehmen aus.
Im Zuge der Einlagenrückzahlung wurden als
Anschaffungskosten der neuen Anteile an der H.GmbH das Einbringungskapital zu
Verkehrswerten angesetzt. Der Zugang zum steuerlichen Evidenzkonto (=
steuerrechtliche Anschaffungskosten) hat jedoch wie oben angeführt mit dem
steuerrechtlich maßgebenden Einbringungswert zu erfolgen. Da bei beiden
Gesellschaften der steuerliche Einbringungswert negativ gewesen ist, kommt es zu
keiner Erhöhung der steuerrechtlichen Evidenzkonten bei der H.GmbH (vgl.
BMF-Erlass AÖF 1998/199, Pkt. 5. 3. 2. 3)
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Berechnung steuerfreie
Einlagenrückgewähr | |
Ausschüttung vom | 23.040.963 S |
davon Einlagenrückgewähr laut
BP (5.000.000 S + 8.008.277 S + 143.173 S) | -13.151.450
S |
offene Ausschüttung (steuerpflichtig) | 9.889.513 S |
davon 25 % KESt | 2.472.378 S |
Aufgrund
dieser Prüfungsfeststellungen ergaben sich folgende Evidenzkontostände
(Tz 39 des Berichtes):
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1996 | 1997 | |
Stammkapital | 5.000.000 S | 5.000.000 S |
Fusionsrücklage C.GmbH | - | - |
Kapitalrücklage gem. § 8 (1) d
StruktVG (Einbringung 1980) | 8.008.277 S | 8.008.277 S |
Einbringungskapital CL.OHG | - | - |
Einbringungskap. CEG.OHG | - | - |
Einbringungskap. EU G. | 143.173 S | 143.173 S |
Einlagenrückgewähr | - | -13.151.450 S |
Verschmelzung S. GmbH zum | - | - |
Summe | 13.151.450 S | 0 S |
Zum Faktum S.
GmbH führte der Prüfer aus, dass diese GmbH bis zum
Verschmelzungsstichtag eine 100 prozentige Tochter der Bw. gewesen sei.
Gemäß Punkt 5.1.3. des Einlagenrückzahlungserlasses gehe im Fall
einer Konzernverschmelzung das Evidenzkonto der Tochtergesellschaft ersatzlos
unter. Eine Aufnahme des Stammkapitals der S. GmbH (500.000 S) in das
Evidenzkonto der Bw. sei daher nicht möglich.
(3) Das
Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und zog die Bw. mit dem im
Spruch genannten Bescheid gemäß
§ 95 Abs. 2 EStG iVm
§ 224 BAO zur Haftung für die Kapitalertragsteuer von dem nicht
als Einlagenrückzahlung, sondern als Gewinnausschüttung qualifizierten
Betrag von 9.889.513 S (= 718.698,93 €) heran.
(4) Wie dem
Schreiben des steuerlichen Vertreters vom zu entnehmen ist, richtet
sich die dagegen erhobene Berufung nur mehr gegen den vom Finanzamt hinsichtlich
der obigen "Fusionsrücklage" aus dem Jahr 1989 vertretenen Standpunkt, dass
zwecks Feststellung des bei der erstmaligen Erstellung des Evidenzkontos zu
erfassenden Eröffnungs-Eigenkapitals die Entwicklung der Eigenkapitalkonten
der Bw. bis zum Jahr 1989 zurückzuverfolgen sei, wobei die aus der
Verschmelzung der vormaligen Muttergesellschaft der Bw. auf diese entstandene
"Fusionsrücklage" vom Einlagentatbestand nach § 4 Abs. 12
Z 2 EStG 1988 auszuscheiden sei. Die Bw. vertritt den Standpunkt, dass sie
das Evidenzkonto unter Beachtung der Übergangsbestimmung des
§ 124b Z 3 EStG 1988 erstellt und die Auflösung der in der
Kapitalrücklage 1996 (24.758.314 S) enthaltenen "Fusionsrücklage" zu
Gunsten des Bilanzgewinnes mit nachfolgender Ausschüttung zu Recht als
Rückzahlung von Kapital gewertet habe. Die Bw. verweist auf die
BMF-Erledigung vom , ÖStZ 1996, 439, wonach in die
durch § 124b Z 3 angeordnete Erfassung des
rückzahlungsfähigen Eigenkapitals lediglich die Entwicklung des
Eigenkapitals ab erstmaliger Bilanzierung nach dem Rechnungslegungsgesetz bis
zum Jahr 1995 einzubeziehen sei. Maßgebend für die erstmalige
Erstellung des Evidenzkontos sei daher der Stand des Nennkapitals und der
Kapitalrücklagen laut erstem Jahresabschluss nach dem
Rechnungslegungsgesetz. Nach Egger/Samer, Jahresabschluss Band I,
7. Aufl., Wien 1999, 455, seien Kapitalrücklagen aus
Umgründungen, die in Geschäftsjahren gebildet wurden, die vor dem
geendet haben, vom handelsrechtlichen
Gewinnausschüttungsverbot des § 235 Z 3 HGB ausgenommen
(Art. XVII Abs. 3 Z 2 EU-GesRÄG, BGBl. 1996/304). Diese
Ausnahmeregelung ermögliche die Auflösung derartiger Rücklagen
mit der Konsequenz, dass die Erträge aus der Auflösung
kapitalertragsteuerfrei an die Gesellschafter ausgeschüttet werden
könnten. Art. X Abs. 5 RLG bestimme, dass Rücklagen, die zum
Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Rechnungslegungsgesetzes nicht zweifelsfrei
den Gewinn- oder Kapitalrücklagen zugeordnet werden konnten, im Rahmen der
Kapitalrücklagen auszuweisen seien. Nach § 124a Z 2 EStG 1988 sei
die Verpflichtung zur Führung des Evidenzkontos nach dem Stand laut
Jahresabschluss des letzten vor dem endenden
Wirtschaftsjahres verfassungsrechtlich abgesichert.
(5) Das
Finanzamt legte die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz unmittelbar
zur Entscheidung vor.
Über
die Berufung wurde erwogen:
Aufgrund der
Einschränkung des Berufungsbegehrens laut Schreiben vom
ist ausschließlich strittig, ob die Auflösung
bzw. Ausschüttung der im Jahr 1989 im Zusammenhang mit der Verschmelzung
der Muttergesellschaft auf die Bw. entstandenen "Fusionsrücklage" als
steuerfreie Einlagenrückzahlung oder kapitalertragsteuerpflichtige
Gewinnausschüttung zu qualifizieren ist.
Die hiefür
maßgebliche Bestimmung des § 4 Abs. 12 EStG 1988 idF AbgÄG 1996,
BGBl. 797, lautet wie folgt:
"...Die Einlagenrückzahlung von Körperschaften
gilt, auch wenn sie im Wege einer Einkommensverwendung erfolgt, als
Veräußerung einer Beteiligung und führt beim Anteilsinhaber
(Beteiligten) sowohl bei einem Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1,
§ 5) als auch bei einer Einnahmen - Ausgabenrechnung (§ 4 Abs. 3) nach
Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu einer Minderung und Erhöhung
von Aktivposten des Betriebsvermögens:
1. Einlagen im Sinne dieser Vorschrift sind das
aufgebrachte Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapital und sonstige Einlagen
und Zuwendungen, die als Kapitalrücklage auszuweisen sind oder bei Erwerbs-
und Wirtschaftsgenossenschaften auszuweisen wären einschließlich
eines Partizipations- und Genussrechtskapitals im Sinne des § 8 Abs. 3 Z 1
des Körperschaftsteuergesetzes 1988, sowie jene Verbindlichkeiten, denen
abgabenrechtlich die Eigenschaft eines verdeckten Grund-, Stamm- oder
Genossenschaftskapitals zukommt.
2. Nicht zu den Einlagen gehören Beträge, die
unter § 32 Z 3 fallen oder die infolge einer Umgründung im Sinne des
Umgründungssteuergesetzes die Eigenschaft einer Gewinnrücklage oder
eines Bilanzgewinnes verloren haben.
3. Die
Körperschaft hat den Stand der Einlagen im Sinne dieser Vorschrift im Wege
eines Evidenzkontos zu erfassen und seine Erhöhungen durch weitere Einlagen
und Zuwendungen und Verminderungen durch Ausschüttungen oder sonstige
Verwendungen laufend fortzuschreiben. Das Evidenzkonto ist in geeigneter Form
der jährlichen Steuererklärung anzuschließen.
Die
Übergangsregelung des § 124b Z 3 EStG 1988
idF StruktAnpG 1996 normiert, wie der Stand der
rückzahlungsfähigen Einlagen für den Veranlagungszeitraum 1996 zu
ermitteln ist. Danach ist das Evidenzkonto nach dem Stand laut dem
Jahresabschluss des letzten vor dem endenden
Wirtschaftsjahres zu erstellen. Weiters ordnet § 124b Z 3 an,
dass das Evidenzkonto "unter Beachtung der Grundsätze des § 4
Abs. 12" zu erstellen ist.
Nach § 4
Abs. 12 Z 1 EStG zählen zu den rückzahlungsfähigen Einlagen
bei Kapitalgesellschaften unter anderem das Grund- oder Stammkapital,
Gesellschaftereinlagen und auf Kapitalrücklage zu buchende
Wertzugänge. Die zweite Fallgruppe der Z 2 dieses Paragrafen sieht in
Bezug auf Umgründungen vor, dass der Wegfall der Eigenschaft als
Bilanzgewinn oder Gewinnrücklage zu einer Umqualifizierung der betreffenden
Einlageposition führt. Nach den Erläuterungen sind damit jene
Kapitalrücklagenteile (der übernehmenden Körperschaft) gemeint,
die aus Umgründungen entstanden sind und vor der Umgründung
Gewinnbestandteile (der übertragenden Körperschaft) waren (vgl. BlgNR
XX. GP, 257, abgedruckt in SWK 1996, T 131). Insoweit kommt eine
steuerneutrale Rückzahlung nicht in Betracht. Allerdings spricht das Gesetz
in diesem Zusammenhang ausdrücklich von Umgründungen im Sinne des
Umgründungssteuergesetzes und knüpft damit explizit an
Umgründungen im Geltungsbereich des Umgründungssteuergesetzes an. Nach
Z 1a dritter Teil UmgrStG fallen darunter nur Umgründungen mit einem
Stichtag nach dem .
Außer
Streit steht, dass die erstmals im Jahresabschluss der Bw. zum
ausgewiesene und im Evidenzkonto 1996 als Bestandteil der Kapitalrücklagen
erfasste "Fusionsrücklage" aus Gewinnbestandteilen der im Zuge der
Verschmelzung auf die Bw. untergegangenen Muttergesellschaft bis zum
Verschmelzungsstichtag gespeist wurde. Fest steht
weiters, dass die "Fusionsrücklage" durch eine Verschmelzung nach
§ 1 des auf derartige Vorgänge mit einem Stichtag vor dem
anzuwendenden Strukturverbesserungsgesetzes entstanden
ist. Solche Rücklagen nach § 1 Abs. 3 des
Strukturverbesserungsgesetzes gelten ab dem als
versteuerte Rücklagen (vgl. Z 3 lit. b dritter Teil UmgrStG). Da somit
die "Fusionsrücklage" die Eigenschaft als vormaliger Gewinnbestandteil der
Muttergesellschaft nicht infolge einer Umgründung nach dem
Umgründungssteuergesetz verloren hat, ist diese Rücklage nach dem
klaren Wortlaut des § 4 Abs. 12 Z 2 EStG nicht von der
Einlagendefinition ausgeschlossen.
Die
Übergangsbestimmung des § 124b Z 3 EStG 1988 wird in der Literatur
unterschiedlich interpretiert: Nach Lang (SWK 1996, A 235 ff) folgt aus dem
Gesetzestext, dass das nach dem Jahresabschluss des letzten vor dem
endenden Wirtschaftsjahres als aufgebracht ausgewiesene
Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapital und sonstige Einlagen und
Zuwendungen, die als Kapitalrücklage auszuweisen sind, als Einlagen gelten.
Nach Ansicht dieses Autors wollte der Gesetzgeber mit dieser stichtagsbezogenen
Betrachtung die erstmalige Erstellung des Evidenzkontos offenbar erleichtern.
Daher könne der Hinweis auf die dabei zu beachtenden Grundsätze des
§ 4 Abs. 12 nicht so verstanden werden, dass die betreffende
Körperschaft doch verpflichtet wäre, die Positionen des
Jahresabschlusses auf ihre Herkunft hin zu untersuchen. Andernfalls wäre
der Verweis auf den Jahresabschluss des letzten vor dem
endenden Wirtschaftsjahres inhaltsleer. Die Grundsätze des
§ 4 Abs. 12 EStG hätten allerdings für Erwerbs-
und Wirtschaftsgenossenschaften Bedeutung, weil diese Körperschaften
Kapital- und Gewinnrücklagen nicht gesondert ausweisen müssten. Da bei
Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nicht formal an diese Bilanzpositionen
angeknüpft werden könne, bedürfte es zusätzlich zum
Jahresabschluss auch der Beachtung der Grundsätze des § 4
Abs. 12 EStG, um das erste Evidenzkonto zu erstellen.
Auch
Schwarzinger (FJ 1996, 158 ff) leitet aus der Formulierung des §
124b Z 3 EStG ab, dass eine Trennung von aus bis zum vorgenommenen Umgründungen entstandenen Rücklagen nicht
vorzunehmen sei.
Demgegenüber
vertritt die Verwaltungspraxis die Auffassung, dass es die vom Gesetz
angeordnete Beachtung der Grundsätze des § 4 Abs. 12 EStG
bei der erstmaligen Erstellung des Evidenzkontos geboten erscheinen lasse, die
Entwicklung des Eigenkapitals ab erstmaliger Bilanzierung nach dem
Rechnungslegungsgesetz (in der Regel 1992) bis zum Jahr 1995 in die durch
§ 124b Z 3 vorgesehene Erfassung des
rückzahlungsfähigen Eigenkapitals einzubeziehen. Folglich sei der
Stand des Nennkapitals und der Kapitalrücklagen laut erstem Jahresabschluss
nach dem Rechnungslegungsgesetz maßgebend (BMF-Erledigungen vom
12. u. , ÖStZ 1996, 439, 440).
Die aus einem
down-stream-merger entstandene "Fusionsrücklage" wurde von der Bw. als
Kapitalrücklage in den ersten nach den Grundsätzen des
Rechnungslegungsgesetzes erstellten Jahresabschluss für 1992 eingestellt.
Umgründungen auf Kapitalgesellschaften stellen in aller Regel
einlagenartige Tatbestände dar. Demnach führte auch die Verschmelzung
der Muttergesellschaft auf die Bw. zu einer erfolgsneutralen Einlage. Aufgrund
der 100 prozentigen Beteiligung der Muttergesellschaft hatte die Bw. die von der
Mutter erhaltenen (eigenen) Anteile an ihre Gesellschafter weiterzuleiten.
Mangels Kapitalerhöhung war in Höhe des bilanzierten positiven Wertes
des von der Muttergesellschaft erhaltenen Vermögens eine Rücklage zu
bilden, die bei erstmaliger Anwendung des Rechnungslegungsgesetzes entsprechend
ihrer Herkunft den Kapital- oder Gewinnrücklagen zugeordnet werden musste.
Nach der Übergangsbestimmung des Art. X Abs. 5 RLG waren
Rücklagen, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht zweifelsfrei den
Gewinn- oder Kapitalrücklagen zuzuordnen waren, im Rahmen der
Kapitalrücklagen auszuweisen. Nach § 229 Abs. 3 HGB
dürfen als Gewinnrücklagen nur Beträge ausgewiesen werden, die im
Geschäftsjahr oder in einem früheren Geschäftsjahr aus dem
Jahresüberschuss gebildet worden sind. Die Bw. hat die der
"Fusionsrücklage" zugeführten Mittel von der Muttergesellschaft in
ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin (societas causa) erhalten. Aus der Sicht
der Bw. handelte es sich daher nicht um erzielte Gewinne, sondern um von
außen zugeführtes Kapital. Deshalb hatte der Ausweis der
"Fusionsrücklage" unter den (ungebundenen) Kapitalrücklagen
gemäß
§ 229 Abs. 2 Z 5 HGB zu erfolgen (vgl. zB
Hirschler, RdW 1996, 556 ff; RdW 1997, 106 ff). Aus handelsrechtlicher Sicht
unterlag diese Rücklage nicht dem Ausschüttungsverbot des § 235
Z 3 HGB iVm Art. XVII Abs. 3 Z 2 EU-GesRÄG , BGBl 1996/304.
Zwar kam es
durch die Verschmelzung zu einer Transformation von Gewinnkapital der
Muttergesellschaft in Einlagekapital bei der Bw. Diese Änderung von
vormaligen Gewinnbestandteilen der Muttergesellschaft in eine Einlage wird aber
von der Korrekturvorschrift des § 4 Abs. 12 Z 2 EStG 1988
nicht erfasst, weil diese Bestimmung - wie bereits dargelegt - auf
Kapitalrücklagen aus Umgründungen im zeitlichen Geltungsbereich des
Strukturverbesserungsgesetzes nicht anwendbar ist. Vielmehr hat der Gesetzgeber
mit dem ausdrücklichen Verweis im § 4 Abs. 12 Z 2 auf
Umgründungen im Sinne des Umgründungssteuergesetzes klargestellt, dass
von der Einlagendefinition nur jene Teile der Kapitalrücklagen
ausgeschlossen sind, die durch Umgründungsvorgänge nach dem
Umgründungssteuergesetz (mit einem Stichtag nach dem )
entstanden sind. Dies spricht auch gegen die Ansicht des Finanzamtes, wonach
Punkt 6. 1 des Ausführungserlasses des
über die steuerliche Behandlung von Einlagenrückzahlungen so
auszulegen sei, dass bei der erstmaligen Erfassung des
rückzahlungsfähigen Eigenkapitals im Sinne der zitierten Vorschriften
auf die Entwicklung der Eigenkapitalkonten in den Jahren vor 1992 Bedacht zu
nehmen sei. Im Übrigen ist der Unabhängige Finanzsenat an
ministerielle Erlässe nicht gebunden. Zusammenfassend ist somit
festzustellen, dass die Auflösung von aus Umgründungen vor dem
entstandenen Kapitalrücklagen als
Substanzausschüttung und nicht als Beteiligungsertrag gilt, auch wenn in
derartigen Rücklagen vormalige Gewinnbestandteile enthalten sind.
Aus den
geschilderten Gründen war für die Ermittlung des Anfangsstandes des
Evidenzkontos der Bw. die Einstellung der "Fusionsrücklage" in die
Kapitalrücklage des Jahresabschlusses 1992 maßgeblich. Diese
Festlegung im Jahresabschluss 1992 führte dazu, dass mangels einer
Veränderung der "Fusionsrücklage" in den Folgejahren eine Einlage in
Höhe von 16.517.351 S vorlag, deren Rückzahlung unter
§ 4 Abs. 12 Z 1 EStG 1988 fiel. Aufgrund dieser Sach- und
Rechtslage ist das von der Betriebsprüfung entwickelte Evidenzkonto wie
folgt zu adaptieren:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1996 | 1997 | |
Stammkapital | 5.000.000 S | 5.000.000 S |
Fusionsrücklage C.GmbH | 16.517.351 S | 16.517.351 S |
Kapitalrücklage gem. § 8 (1) d
StruktVG (Einbringung 1980) | 8.008.277 S | 8.008.277 S |
Einbringungskapital CL.OHG | - | - |
Einbringungskap. CEG.OHG | - | - |
Einbringungskap. EU G. | 143.173 S | 143.173 S |
Einlagenrückgewähr | - | -23.040.963 S |
Verschmelzung S. GmbH zum | - | - |
Summe | 29.668.801 S | 6.627.838 S |
Abschließend
wird noch darauf hingewiesen, dass sich die Kapitalertragsteuervorschreibung
laut Berufungsentscheidung auf eine verdeckte Gewinnausschüttung im
Zusammenhang mit der unter Tz 33a und 38a des Prüfungsberichtes
angeführten Wohnung bezieht, welche nicht Gegenstand des
Berufungsverfahrens war.
Innsbruck,
am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 4 Abs. 12 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 124b Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Evidenzkonto Umgründung Kapitalrücklage Gewinnrücklage Einlagenrückzahlung Gewinnausschüttung |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at