Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 18.10.2006, RV/0211-L/04

Liebhaberei bei unvermietbaren Räumlichkeiten


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Miterledigte GZ:
RV/0611-L/06

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des FH, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Steyr vom betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für 1994 bis 2000 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Bw. bezieht eine Erwerbsunfähigkeitspension und erklärt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hinsichtlich eines Objektes, dessen ersten Stock er selbst bewohnt.

Aus einer von der Amtspartei erstellten Aufstellung sind diesbezüglich folgende Daten ersichtlich:


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Jahr
Vorsteuer
Einnahmen 10%
Einnahmen 20%
Ergebnis
1986
31.346
4.480
14.609
+ 12.617 1)
1987
31.323
6.788
10.344
- 58.544 1)
1988
1.950
966
12.415
- 69.731 1)
1989
5.546
829
78.482
- 6.252 1)
1990
3.638
---
198.000
+ 119.110 2)
1991
---
102.000
+ 20.015 3)
1992
4.538
15.567
---
- 90.299 3)
1993
2.400
---
---
- 85.391 4)
1994
3.741
4.003
486
- 77.953 4)
1995
4.482
13.071
800
- 77.734 4)
1996
4.197
12.719
679
- 49-790 4)
1997
3.415
8.536
570
- 25.772 4)
1998
6.466
14.972
792
- 48.249 4)
1999
2.026
3.578
1.016
- 28.925 4)
2000
5.206
8.224
1.020
- 34.208 4)
Gesamtergebnis
- 428.022

Erklärungen

1) Einkünfte aus Gewerbebetrieb

2) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung; Fremdenpension beendet

3) Gewerbebetrieb, richtigerweise Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

4) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung; Einnahmen zum Teil resultierend aus Eigennutzung

Das Finanzamt erließ zunächst vorläufige Umsatz- und Einkommensteuerbescheide, in denen die Ergebnisse der erklärten Vermietungstätigkeit Anerkennung fanden. Mit endgültigen Umsatz- und Einkommensteuerbescheiden vom wurde die erklärte Vermietungstätigkeit mit folgender Begründung nicht mehr als Einkunftsquelle anerkannt: Seit Jahren seien nur Verluste aus der Vermietung des Objekts erklärt worden und zwischen 1993 und 2000 ein Verlust von ATS 428.022 entstanden. Einkünfte, die auf Dauer gesehen keinen Überschuss erwarten ließen, könnten nach herrschender Gesetzeslage nicht anerkannt werden und man spreche von sogenannter Liebhaberei. Auch auf dem Gebiet der Umsatzsteuer sei von Liebhaberei auszugehen. Demnach würden bei der Umsatzsteuer weder die Einnahmen versteuert, noch sei Vorsteuer zu berücksichtigen. Bei der Einkommensteuer hätte der jeweilige Verlust aus der Vermietung nicht berücksichtigt werden können.

In der Berufung vom machte der Bw. "Nichtigkeit" und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Er führte zur Begründung aus, dass das Gebäude seit seiner Fertigstellung im Jahr 1964 als gemischtgenutztes Grundstück eingestuft worden sei. Daher sei in keinster Weise von Liebhaberei auszugehen, auch wenn in den letzten Jahren aus der Vermietung wegen Parkplatzproblemen kein Umsatz erzielt worden sei. Das Objekt sei jedoch zu erhalten, auch wenn er keinen Mieter habe. Es sei als Büro oder Arztpraxis nutzbar. Die geforderten Rückzahlungen an Umsatzsteuer seien nicht berechtigt.

Im Beiblatt zur Berufungsvorlage an den Unabhängigen Finanzsenat beantragte die Amtspartei, die Berufung als unbegründet abzuweisen. Seit einschließlich 1993 seien nur Vorsteuer- bzw. Werbungskostenüberschüsse geltend gemacht worden. Die Vermietungsmöglichkeit sei wegen Parkplatzmisere äußerst eingeschränkt bzw. überhaupt nicht gegeben, was vom Bw. auch nicht in Abrede gestellt werde. Er sehe aber keine Möglichkeit, die gegenständliche Abgabenschuld jemals begleichen zu können.

Mit Vorhalt vom ersuchte der Unabhängige Finanzsenat, nachstehende Fragen zu beantworten und die angesprochenen Unterlagen vorzulegen:

1. Hinsichtlich welcher konkreten Räumlichkeiten bestand im Berufungszeitraum die Absicht, sie zu vermieten?Es wird ersucht, einen diesbezüglichen Plan vorzulegen.

2. Aus welchen Gründen konnten oder können diese Räumlichkeiten nicht vermietet werden?

3. Welche Bemühungen haben Sie in den letzten Jahren gesetzt, um Mieter zu akquirieren?Diese Bemühungen wären entsprechend zu dokumentieren (z.B. Zeitungsinserate, Einschalten eines Maklers, etc.).

4. Zwischen 1986 und 2000 haben Sie aus Vermietungstätigkeiten (inklusive kurzfristigen Führens einer Fremdenpension) einen Werbungskostenüberschuss bzw. Verlust von ca. ATS 428.000 (= ca. EUR 31.100) erzielt.Nach der Judikatur muss bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung innerhalb eines Zeitraumes von ca. 20 Jahren ein Totalüberschuss erzielbar sein, um nicht von abgabenrechtlicher Liebhaberei auszugehen.Im gegenständlichen Fall erscheint das Erreichen eines derartigen Gesamtüberschusses nicht verwirklichbar.Eine allfällige - der Liebhaberei entgegenstehende - Totalüberschusserzielungsabsicht wäre durch eine aussagekräftige Prognoserechnung zu untermauern.

Der Bw. nahm zunächst mit dem Referenten telefonisch Kontakt auf und erklärte er habe seinerzeit beim Finanzamt vorgesprochen, wo man ihm erklärt habe, er könne die Verluste geltend machen. Eine explizite Prognoserechnung könne er nicht vorlegen.

In der Beantwortung des o.g. Vorhalts vom führte der Bw. aus:

1. Im Berufungszeitraum habe die Absicht bestanden, die Räumlichkeiten im Parterre (ca 105m2) sowie einen Lagerraum mit Garage zu vermieten.

2. Die Räumlichkeiten hätten wegen des Nichtvorhandenseins von Parkplätzen und zu geringer Nachfrage nicht vermietet werden können.

3. Eine Vermietung sei über das Immobilienservice der Volksbank sowie Meldung bei der Gemeinde versucht worden.

4. Zu diesen Ausführungen sei eine telefonische Erklärung abgegeben worden.

Aus dem Einkommensteuerakt des Bw. ergeben sich ab dem Jahr 2001 folgende erklärten Ergebnisse aus der Vermietungstätigkeit (adaptiert um damit nicht in Zusammenhang stehende Aufwendungen, wie z.B. Kirchenbeitrag oder Unterhaltszahlungen):

  • 2001: - 47.149,44 ATS

  • 2002: - 3.094, 46 Euro

Die erklärten Einnahmen (2001: ATS 17.496,94; 2002: 1.038,60 Euro) beruhen dabei ausschließlich auf Eigennutzung von Gebäudeteilen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Im gegenständlichen Fall ist die Frage strittig, ob die vom Bw. erklärte verlustträchtige Vermietungstätigkeit als Einkunftsquelle anzusehen ist, oder ob sie abgabenrechtlich irrelevante Liebhaberei darstellt.

Zur Frage des Vorliegens einer Einkunftsquelle bzw. zur Abgrenzung zur abgabenrechtlichen Liebhaberei - sowohl aus umsatz- als auch aus ertragsteuerlicher Sicht - hat der Bundesminister für Finanzen eine Verordnung, die sogenannte "Liebhabereiverordnung"(im Folgenden "LVO"); BGBl1993/33, erlassen, die nach ihrem § 8 Abs. 1 Z 1 und Z 2 ab dem Jahr bzw. dem - somit für den gesamten Berufungszeitraum - anzuwenden ist. Im gegenständlichen Fall kommt deshalb die "Urfassung" der LVO zum Tragen, weil eine Novelle, die u.a. die Länge jenes Zeitraums, innerhalb dessen aus einer Vermietung ein Gesamtüberschuss erzielbar ist, konkret nach Jahren festlegt, gemäß § 8 Abs. 3 1. Satz LVO nur für entgeltliche Überlassungen (= Vermietungstätigkeiten), die nicht vor dem begonnen haben, anzuwenden ist. Im gegenständlichen Fall hat jedoch die Vermietung - auch in der konkret ausgeübten Form nach Aufgabe der Fremdenpension - vor diesem Zeitpunkt begonnen. Für derartige Vermietungen sieht die LVO jedoch keine exakten Totalgewinnzeiträume vor, diese haben sich aus der Judikatur entwickelt (siehe unten).

Die LVO in der im Berufungszeitraum geltenden Fassung unterscheidet bei Betätigungen, die einen Verlust bzw. Werbungskostenüberschuss aufweisen:

  • einerseits Betätigungen, bei denen von einer Einkunftsquelle auszugehen ist (§ 1 Abs. 1 LVO: Absicht einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen) und

  • andererseits Betätigungen, bei denen Liebhaberei u.a. deshalb anzunehmen ist, weil von einer Nahebeziehung zur Lebensführung auszugehen ist, wie u.a. bei Verlusten, die aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die der Befriedigung des persönlichen Wohnbedürfnisses dienen, entstehen (§ 1 Abs. 2 Z 2 LVO), fallen unter den zweiten Tatbestand, bei dem bei Auftreten von Verlusten prinzipiell von Liebhaberei auszugehen ist, - wie bereits angeführt - Vermietungen kleineren Umfangs, wie z.B. die Überlassung von (Teilen von) Eigenheimen, Eigentumswohnungen, und ähnliche Überlassungen.

Im gegenständlichen Fall ist davon auszugehen, dass der Tatbestand des § 1 Abs. 2 - und somit eine Betätigung, bei der prinzipiell von Liebhaberei auszugehen ist - zur Anwendung kommt, hat doch der Bw. gegenüber dem Unabhängigen Finanzsenat selbst angegeben, dass Räumlichkeiten im Ausmaß von nur knapp mehr als 100m2 zur Vermietung gelangen sollten. Von einer Vermietung mehrerer Wohnungen und somit von einer Betätigung gemäß § 1 Abs. 1 LVO kann also keine Rede sein. Die allenfalls zusätzlich zur Vermietung gelangende Garage ist dabei prinzipiell den anderen Räumlichkeiten zuzuordnen und teilt somit aus abgabenrechtlicher Sicht deren Schicksal.

Für die berufungsgegenständlichen Jahre ist die in der LVO enthaltene Unterscheidung zwischen "großer" und "kleiner" Vermietung bzw. die daran geknüpfte unterschiedliche rechtliche Beurteilung jedoch ohnehin nur von untergeordneter Relevanz. Sowohl der VfGH (Erk. vom , B 301/94) als auch der VwGH (z.B. Erk. vom , 93/13/0171) gehen nämlich von der prinzipiellen Gleichbehandlung beider Typen von Vermietungen aus (vgl. hiezu auch Doralt/Renner, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 8. Lieferung, § 2 Tz 500 m.w.N.). Die Gemeinsamkeit beider Arten von Vermietungstätigkeiten erblickt die Rechtsprechung insbesondere darin, dass jener Zeitraum, innerhalb dessen ein Gesamtüberschuss erzielbar sein muss (siehe bereits oben), gleich lang ist (Doralt/Renner, a.a.O., § 2, Tz 500). Er wird in ständiger Rechtsprechung in Orientierung an die Laufzeit von Immobiliendarlehen mit ca. 20 Jahren angenommen (vgl. etwa oder ).

Es ist somit im gegenständlichen Fall zu untersuchen, ob innerhalb dieses Zeitraums ein Gesamtüberschuss prinzipiell erzielbar ist, wobei zunächst darauf Bedacht zu nehmen ist, wann der Beginn der gegenständlichen Vermietungstätigkeit in Form des Tatbestands des § 1 Abs. 2 LVO gelegen ist.

Wie bereits erwähnt, kann der Beginn der Vermietungstätigkeit in der konkret ausgeübten Form mit dem Jahr 1993 angenommen werden: ab diesem Zeitpunkt hat der Bw. den Betrieb einer Fremdenpension aufgegeben und nur mehr einen Teil seines eigenen Wohnhauses vermietet. Dies bedeutet somit, dass etwa bis zum Jahr 2012 (= 20 Jahre ab Vermietungsbeginn) ein Überschuss der Gesamteinnahmen über die Gesamtwerbungskosten erzielbar sein müsste.

Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenats erscheint angesichts des bislang entstandenen Gesamtüberschusses der Werbungskosten über die Einnahmen das Erreichen dieses Ziel unmöglich, dies insbesondere deshalb, weil der Bw. einerseits selbst einräumt, dass die gegenständlichen Räumlichkeiten de facto nicht vermietbar sind und andererseits die erklärten "Mieteinnahmen" lediglich auf dem Wert der Eigennutzung basieren. Unter dieser Prämisse wäre also jedenfalls von Liebhaberei auszugehen.

Zu untersuchen wäre letztlich noch, ob die vom Bw. dargestellten Umstände (Fehlen eines Parkplatzes), die zur erschwerten Vermietbarkeit bzw. offenbar letztlich sogar zur Unvermietbarkeit der gegenständlichen Räumlichkeiten geführt oder zumindest dazu beigetragen haben, als sogenannte "Unwägbarkeiten", die abgabenrechtlicher Liebhaberei entgegenstünden, qualifiziert werden können. Darunter sind unvorhergesehene Ereignisse zu verstehen, welche i.d.R. für sich gesehen die objektive Ertragseignung einer Betätigung nicht in Frage stellen (vgl Doralt/Renner, a.a.O, § 2 Tz 365 m.w.N.). allgemein gesehen sind darunter von einem Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare äußere Umstände zu verstehen, wie etwa Zahlungsunfähigkeit eines Mieters, unerwartete Probleme bei der Suche nach einem Nachfolgemieter oder gesetzliche Mietzinsbeschränkungen (vgl Doralt/Renner, a.a.O, § 2 Tz 367; Renner, SWK 2004, 519).

Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenats ist jedoch eine Unvermietbarkeit infolge unzulänglicher Beschaffenheit des Mietobjektes, wie dies eben eine fehlende Parkmöglichkeit darstellt, hinsichtlich derer noch dazu vom Vermieter keine Anstalten bzw. Maßnahmen getroffen werden, diese zu verbessern, nicht als gegen Liebhaberei sprechende Unwägbarkeit anzusehen (vgl. etwa auch -G/04 zur mangelhaften Bausubstanz).

Die Berufung war daher aus den genannten Gründen abzuweisen. Dies gilt einerseits für den Bereich der Einkommensteuer, andererseits auch für jenen der Umsatzsteuer (d.h. Nichtanerkennung geltend gemachter Vorsteuerbeträge), zumal insoweit eine einheitliche Betrachtungsweise Platz greift ().

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Liebhaberei
kleine Vermietung
Unvermietbarkeit

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at