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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 11.03.2013, RV/0268-S/07

Erwerb eines neuen Fahrzeuges in Deutschland mit Doppelwohnsitz aber Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom , StNr., betreffend Umsatzsteuer 2005 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Im Zuge des Abgabenverfahrens betreffend der Normverbrauchsabgabe und Kraftfahrzeugsteuer wurde die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) am niederschriftlich einvernommen. Dabei erklärte sie, dass sie seit April 1981 ihren Hauptwohnsitz in Österreich, Hauptwohnsitz, habe, wo sie eine Liegenschaft besitze.

Sie habe auch in Deutschland, dt.Wohnsitz, im Elternhaus einen Wohnsitz. Seit drei Jahren habe sie in Deutschland keine Einkünfte mehr.

Sie habe im Juli 2005 in Deutschland, Autohaus, einen Gebrauchtwagen der Marke erworben. Die Anzahlung sei von der Mutter geleistet worden. Beim Kauf habe der Kilometerstand 6.000 km betragen.

Mit den Angaben in der Rechnung des Autohaus, konfrontiert, wonach der Kilometerstand 100 km betragen habe, gab die Bw an, sich nicht mehr erinnern zu können. Sie habe den PKW in Österreich nicht zulassen können, weil er in Deutschland in Raten finanziert worden sei, den Gesamtkaufpreis habe sie nicht aufbringen können. Vom Autohaus, wurde bestätigt, dass der Kilometerstand auf der Rechnung dem tatsächlichen Kilometerstand bei der Auslieferung des Fahrzeuges entspreche.

Der Kaufpreis betrug € 17.500,00 zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer.

Mit Bescheid vom , StNr., wurde die Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge (Fahrzeugeinzelbesteuerung, Art. 1 Abs. 7 UStG 1994) mit Euro 3.500,00 festgesetzt. Begründend wurde ausgeführt, dass "gemäß Art. 1 Abs. 7 UStG stellt der Erwerb eines neuen Fahrzeuges einen innergemeinschaftlichen Erwerb dar. Mit Kaufvertrag vom haben Sie vom Autohaus, einen Neuwagen im Sinne der oben angeführten Bestimmung erworben. Bezüglich des dauernden Standortes des gegenständlichen Fahrzeuges wird auf die Ausführungen in den Bescheidbegründungen betreffend Normverbrauchsabgabe 7/2005 und Kraftfahrzeugsteuer 2005 und 2006 bzw. die mit Ihnen aufgenommene Niederschrift vom verwiesen.

Das Finanzamt geht davon aus, dass die Lieferung des Fahrzeuges für Österreich bestimmt war. Bei einer korrekten Vorgangsweise hätten Sie gegenüber dem deutschen Verkäufer die österreichische Wohnadresse angeben müssen. Sie hätten in Österreich die Erwerbsbesteuerung durchführen müssen.

In der Berufung vom führte die Bw aus, dass der PKW nicht für Österreich bestimmt gewesen sei, sondern für den Wohnsitz in Deutschland. Das Auto werde überwiegen in Deutschland genutzt, da die Bw ihre Mutter versorgen müsse, die aufgrund ihrer körperlichen Behinderung auf die Bw angewiesen sei. Sie habe am Finanzamt Berchtesgaden die Auskunft erhalten, dass kein innergemeinschaftlicher Erwerb vorliege und zu Recht die Umsatzsteuer in Deutschland entrichtet worden sei. Als deutsche Staatsbürgerin mit Wohnsitz in Deutschland werde das Auto auch überwiegend in Deutschland genützt, wo die Finanzierung laufe und sämtliche anfallenden Steuern entrichtet worden seien. Es könne nicht zweimal die Umsatzsteuer vorgeschrieben werden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und legte der Begründung die in allen Verfahren gesammelten Verfahrensergebnisse zugrunde.

Im Vorlageantrag vom führte die Bw aus, dass es ihr wegen der Finanzierungsprobleme nicht gelungen sei, den PKW in Österreich anzumelden. Abschließend schränkte die Bw ihr Berufungsbegehren auf die Berücksichtigung des Umstandes ein, dass sie nicht den ganzen Kaufpreis von € 19.000,00 sondern nur € 7.500,00 bezahlt habe und ersuchte, diesen Betrag der Entscheidung zu Grunde zu legen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Das verfahrensgegenständliche Fahrzeug Marke, wird von der Bw, die seit ihren Hauptwohnsitz in Österreich, Hauptwohnsitz , hat, benutzt. Die Bw hat auch in Deutschland, dt.Wohnsitz, einen Wohnsitz im Haus ihrer Mutter. Sie hat das Fahrzeug regelmäßig in Österreich verwendet und abgestellt.

Die Bw hat nur Einkünfte in Österreich durch die Vermietung von Wohnungen in ihrem Haus und als kaufmännische Angestellte.

Der Hauptwohnsitz liegt dort, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet. Dies ist der Ort, der die stärksten persönlichen Beziehungen auf sich vereinige. Als Anknüpfungsmerkmale gelten der Familienwohnsitz, der Beruf, Grund- und Hausbesitz sowie andere emotionale Bindungen. Die Bw hat selbst angegeben, dass ihr Hauptwohnsitz in Österreich liege.

Gem. § 82 Abs. 8 KFG sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz in Österreich in dieses eingebracht bzw. in diesem verwendet werden, bis zu Gegenbeweis als Fahrzeuge mit dauerndem Standort in Österreich anzusehen sind und gem. § 37 KFG nur während eines Monats ab der Einbringung ohne Zulassung verwendet werden dürfen.

Dieser Gegenbeweis ist der Bw nicht gelungen. Sie hat zwar behauptet, dass das Auto von ihrer Mutter mitfinanziert (Anzahlung) worden sei, sie die Mutter aufgrund deren Pflegebedarfs häufig besuchen müsse.

Unterlagen, die eine überwiegende Verwendung und einen Standort in Deutschland erwiesen hätten, konnten nicht vorgelegt werden, bzw. wurden die diesbezüglichen Behauptungen von der Bw durch das im Vorlageantrag eingeschränkte Berufungsbegehren nicht mehr aufrechterhalten.

Erwerb eines neuen Fahrzeuges (Fahrzeugeinzelbesteuerung gem. Art. 1 Abs. 7 Umsatzsteuergesetz 1994):

Der Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch eine "private" Erwerberin ist dann ein innergemeinschaftlicher Erwerb in Österreich, wenn es bei der Lieferung an sie vom Gebiet Deutschlands in das Gebiet Österreichs gelangt (Art. 1 Abs. 7 iVm Abs. 2 Z 1 UStG 1994).

Im Sinne des Bestimmungslandprinzips liegt der Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs grundsätzlich am Ende der Beförderung oder Versendung eines Gegenstandes. Das Besteuerungsrecht wird damit jenem Mitgliedstaat zugewiesen, in dem die Beförderung oder Versendung endet (vgl. zur deutschen Rechtslage Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer63, § 1a Rz 8) und in dessen Gebiet damit die Verwendung des Fahrzeuges erfolgt (Scheiner/Kolacny/Caganek, UStG 1994, Anm. 3 zu Art. 3 Abs. 8).

Voraussetzung ist, dass zwischen der (erstmaligen) Verschaffung der Verfügungsmacht am Fahrzeug und dessen Bewegung von Deutschland nach Österreich ein innerer Zusammenhang besteht. Das unterscheidet den innergemeinschaftlichen Erwerb vom innergemeinschaftlichen Verbringen. Güterbewegungen, die nach einer Lieferung und ohne inneren Zusammenhang mit ihr erfolgen, stellen keinen innergemeinschaftlichen Erwerb dar (vgl. Ruppe, UStG3, Art. I BMR Tz 15).

Nach der gemeinschaftsrechtlichen Rechtsprechung ( X) hat die Bestimmung des innergemeinschaftlichen Charakters des Umsatzes im Wege einer umfassenden Beurteilung aller objektiven Umstände sowie der Absicht der Erwerberin zu erfolgen, sofern diese durch objektive Anhaltspunkte untermauert wird, anhand deren ermittelt werden kann, in welchem Mitgliedstaat die Endverwendung des betreffenden Gegenstands beabsichtigt ist. Dabei ist auf den Zeitpunkt der Lieferung des betreffenden Gegenstands vom Verkäufer an die Käuferin abzustellen.

Zu diesen Umständen, denen eine gewisse Bedeutung zukommen kann, gehören neben dem zeitlichen Ablauf der Beförderung des in Rede stehenden Gegenstands unter anderem der Ort seiner Registrierung und gewöhnlichen Verwendung, der Wohnort der Erwerberin sowie das Bestehen oder Fehlen von Verbindungen, die die Erwerberin zum Liefermitgliedstaat oder einem anderen Mitgliedstaat unterhält (RNr. 45). Ausschlaggebend ist, in welchem Mitgliedstaat die endgültige und dauerhafte Verwendung des in Rede stehenden Fahrzeugs stattfinden wird (RNr. 50).

Kernpunkt der erwerbsteuerlichen Beurteilung ist also, in welchem Staat das Fahrzeug - im Verhältnis zu den anderen Staaten - überwiegend verwendet werden soll.

Aufgrund des oben festgestellten Sachverhaltes steht fest, dass die Endverwendung des Fahrzeuges in Österreich erfolgen sollte.

Die Vorschreibung der Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge (Fahrzeugeinzelbesteuerung, Art. 1 Abs. 7 Umsatzsteuergesetz 1994) erfolgte deshalb zu Recht. Auch die Frage, ob Abgaben in Deutschland entrichtet wurden, hat auf diese Beurteilung keinen Einfluss.

Aber auch das Vorbringen der Bw im Vorlageantrag, sie habe nicht den ganzen Kaufpreis entrichtet, sondern nur einen Betrag von € 7.500,00, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn dabei handelt es sich nicht um eine nachträgliche Änderung des ursprünglichen Kaufpreises. An der Verpflichtung, den gesamten Kaufpreis zu leisten, hat sich nichts geändert.

Die Änderung ist vielmehr durch ein neues Rechtsgeschäft eingetreten, indem die Bw den PKW an den ursprünglichen Verkäufer zurückgegeben hat. Dies stellt aber ein neues Rechtsgeschäft dar, das die Höhe des Kaufpreises aus dem ursprünglichen Kaufvertrag vom unberührt lässt. Ja vielmehr diesen Vertrag statt der Bezahlung des Kaufpreises durch Rückgabe des Fahrzeuges vollständig erfüllt.

Salzburg, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at