Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 05.05.2011, RV/1453-L/08

Keine Abzinsung in Anrechnung auf den Kaufpreis übernommener Darlehen


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Miterledigte GZ:
RV/0303-L/11

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der TL, Adr, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom hat TL von der S Bauträgergesellschaft mbH die Eigentumswohnung W02 auf der Liegenschaft EZ XY um den "in Spalte 3 angeführten, einvernehmlich vereinbarten Kaufpreis" (Punkt XII Spalte 3, Kaufpreis in EUR: W02 (80,45 m²) 165.727,00 €, Abstellplatz Tiefgarage 11.600,00 €, Abstellplatz im Freien 2.200,00 €) gekauft. In Punkt III des Vertrages ist ausgeführt, die Berichtigung der in Spalte 3 angeführten Kaufpreise, welche sich auf Grundlage der in Punkt I angeführten allgemeinen Baubeschreibung, der technischen Beschreibung sowie der Ausstattungsbeschreibung errechnen, hat nach Maßgabe des vereinbarten Ratenplanes zu erfolgen.

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt für diesen Rechtsvorgang der TL 3,5 % Grunderwerbsteuer (GrESt) vom Kaufpreis in Höhe von insgesamt 179.527,00 €, ds. 6.283,45 €, vorgeschrieben.

Am hat TL, nunmehrige Berufungswerberin, =Bw, rechtzeitig gegen den GrESt-Bescheid berufen, weil von der Gegenleistung die Förderung abzuziehen gewesen wäre. Lt. beigelegter Zahlungsaufstellung der S Bauträgergesellschaft mbH beträgt der Kaufpreis 179.527,00 €, abzüglich der Förderung in Höhe von 79.932,00 € und der Teilzahlungen in Höhe von 100.374,58 € ergibt sich ein Guthabensbetrag von 779,58 €.

Anlässlich einer persönlichen Vorsprache beim Finanzamt am betreffend ihre Berufung gegen den GrESt-Bescheid hat die Bw ergänzend ausgeführt, sie habe den Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag nur unter Klagsandrohung unterzeichnet, weil unter Umständen die Wohnungsgröße nicht korrekt angeführt worden sei und ihr integrierende Vertragsteile bislang nicht vorgelegt worden seien. Nicht zuletzt seien die Kaufpreise für die einzelnen Wohnungen klärungsbedürftig. Das Darlehen des Landes OÖ solle bei der GrESt-Vorschreibung entsprechend der seinerzeitigen Verwaltungspraxis des Finanzamtes mit dem abgezinsten Betrag angesetzt werden (Beilage 8, Mail Dr. RS an die Haussprecherin vom , worin dieser ausführt, dass entgegen der Praxis des Finanzamtes nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) keiner der Wohnungseigentumsbewerber im Zusammenhang mit der Berechnung der GrESt Anspruch auf Abzinsung habe). Hinsichtlich der für TL bereits am beim Finanzamt eingelangten Berufung des Dr. RS, Treuhänder gemäß § 12 BTVG, führt die Bw aus, dass sie Dr. RS nicht mit der Einbringung einer Berufung beauftragt habe, die Zustellung der Berufungsvorentscheidung (BVE) solle an die Bw erfolgen (Beilage 9, Schreiben der Bw an Dr. RS vom : Die Bw habe bloß auf dringenden Wunsch der Haussprecherin den GrESt-Bescheid übermittelt, ohne das "Warum" zu kennen. Sie halte ausdrücklich fest, dass sie keine Berufung an das Finanzamt wünsche).

Weiters legt die Bw einen Vorvertrag vom vor, der in seinem Punkt III den (voraussichtlichen) Kaufpreis wie folgt ausweist:


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Wohnung Top Nr. 2 mit 80,36 m² Nutzfläche á 2.060 €/m² (Wohnung + Loggia)
165.541.00 €
1 Tiefgaragenstellplatz Nr. 2
11.600,00 €
1 PKW-Stellplatz im Freien
2.200,00 €

Lt. Punkt VI des Vorvertrages ist der Erwerber berechtigt, den auf seinen Anteil entfallenden Kreditteilbetrag unter Anrechnung auf den Kaufpreis vom Bauträger zu übernehmen. Lt. Punkt VIII des Vorvertrages wird der Kaufpreis nach einem Ratenplan zur Zahlung fällig gestellt. Bei Förderungswerbern betreffend Wohnbauförderdarlehen verringert sich die Bemessungsgrundlage der Teilzahlungsbeträge lt. Ratenplan um das zugesagte Förderdarlehen.

Am hat das Finanzamt eine abweisliche BVE erlassen, zugestellt an die Bw durch Hinterlegung am , weil eindeutig von einem fest vereinbarten Kaufpreis auszugehen sei. Hierbei sei es unerheblich, auf welche Weise dieser Kaufpreis aufgebracht werde.

Am hat die Bw einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz eingebracht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG) ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Nach § 5 Abs. 1 Zif. 1 GrEStG ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Nach herrschender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung ist Gegenleistung die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, um das Grundstück zu erhalten. In der Gegenleistung kommt der Wert zum Ausdruck, den das Grundstück nach den Vorstellungen der Vertragspartner hat.

Diesbezüglich ist auf das Erkenntnis des , mit welchem die Abzinsung von niedrig verzinslichen Schulden für Zwecke der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer verneint wurde, zu verweisen:

Als Gegenleistung ist der nominale Kaufpreis maßgebend. Auch ein nicht sofort fälliger Kaufpreis eines Grundstückes bildet mit seinem Nennbetrag die Gegenleistung. Bei der Ermittlung der Gegenleistung kommt die Abzinsung eines in Teilzahlungen abzustattenden Kaufpreises überhaupt nicht in Betracht, weil die Vorschrift des § 14 Abs. 3 BewG nur für die Bewertung von Forderungen und Schulden und daher dann nicht gilt, wenn als Gegenleistung ein Kaufpreis vereinbart worden ist. Denn nach § 5 GrEStG bildet der Kaufpreis selbst und nicht etwa die Summe der abgezinsten Teilzahlungen die Bemessungsgrundlage. Eine Bewertung des Kaufpreises ist gar nicht erforderlich, weil dieser mit dem vereinbarten Betrag bestimmt ist. Eine Abzinsung wäre nur dann zulässig, wenn eine schon aus einem anderen Grund bestehende Forderung anstelle oder als Teil der Gegenleistung bzw. des Kaufpreises abtretungsweise oder wenn eine schon bestehende Schuld übernommen worden wäre (vgl. die in Fellner, GrESt, unter Rz. 37 zu § 5 GrEStG wiedergegebene Rechtsprechung des VwGH).

Grundsätzlich gehören auch Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer obliegen, aber auf Grund der Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen, sich also im Vermögen des Veräußerers und zu dessen Gunsten auswirken, zur Gegenleistung. Zur Gegenleistung gehört also auch die Übernahme von Schulden durch den Käufer, die sich im Vermögen des Verkäufers zu dessen Gunsten auswirkt. Schuldübernahmen einer auf der Liegenschaft hypothekarisch sichergestellten Forderung als Kaufpreis oder sonstige Leistung gehören also neben dem Kaufpreis zur Gegenleistung nach dem GrEStG. Verpflichtet sich also der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer gegenüber, eine Schuld zu übernehmen und den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen, so ist die Schuldübernahme eine sonstige Leistung im Sinn des § 5 Abs. 1 Zif. 1 GrEStG, wenn sie ohne Anrechnung auf den Kaufpreis erbracht wird. So bilden übernommene Darlehen als sonstige (zusätzliche) Leistung die Gegenleistung bzw. einen Teil derselben. Dabei ist das zwischen den Vertragsteilen bestehende Innenverhältnis maßgeblich, d.h., die Schuldübernahme ist dann bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen, wenn sich der Käufer vertraglich verpflichtet hat, den Verkäufer bezüglich dieser Verbindlichkeit schad- und klaglos zu halten (vgl. wiederum die in Fellner, aaO, unter Rz 69 zu § 5 GrEStG wiedergegebene Rechtsprechung des VwGH).

In seinem Erkenntnis vom , Zlen. 90/16/0079, 0080, führte der VwGH zu einem Fall, in dem die Käufer einer Liegenschaft ein von der Verkäuferin aufgenommenes Darlehen übernahmen, aus, dass bei Forderungen und Schulden die Bewertung mit dem Nennwert die Regel sei, von der nur in Ausnahmefällen - nämlich wenn besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen - eine Abweichung zulässig sei. Als "besondere Umstände" seien solche anzusehen, die vom Normalfall - gemessen an den im Wirtschaftsleben durchschnittlich geltenden Konditionen - erheblich abwichen. Der Verwaltungsgerichtshof habe schon wiederholt dargetan, dass die Bewertung einer vom Erwerber eines Liegenschaftsanteiles übernommenen Darlehensschuld mit deren Nennwert auch dann nicht rechtswidrig sei, wenn eine Gebietskörperschaft im Rahmen der Förderung der Errichtung von Wohnungen für Zinsen und Tilgung einen Zuschuss leiste.

Unter Berufung auf dieses Erkenntnis vertritt der UFS in gleichgelagerten Fällen laufend, zusammengefasst die folgende Rechtsansicht (siehe UFSW, GZ RV/0947-W/08 vom mit ausführlichen Judikatur- und Literaturhinweisen):

Bemessungsgrundlage für die GrESt ist bei einem Kauf zunächst der Kaufpreis im Sinne eines festbetragbestimmten Entgeltes (= nomineller Kaufpreis). Wurde zwischen den Vertragsteilen eines Kaufvertrages ein nomineller Kaufpreis vereinbart, so ist der nominelle Kaufpreis der Wert der Gegenleistung. Verpflichtet sich der Erwerber eines Grundstückes überdies, dem Veräußerer gegenüber eine Schuld zu übernehmen, so gehört diese jedenfalls zur Gegenleistung. Für die Bewertung der Gegenleistung ist jedoch zu unterscheiden, ob er die Schuld ohne Anrechnung auf den nominellen Kaufpreis (= zusätzlich zum Kaufpreis), oder in Anrechnung auf den nominellen Kaufpreis übernimmt.

Übernimmt der Käufer eine Schuld des Verkäufers ohne Anrechnung auf den Kaufpreis, ist der Käufer gegenüber dem Verkäufer verpflichtet, den nominellen Kaufpreis zu entrichten und zusätzlich die Schuld zu übernehmen. Wert der Gegenleistung ist in diesem Fall der nominelle Kaufpreis und als "sonstige Leistung, die vom Käufer übernommen wurde" die nach dem Bewertungsgesetz zu bewertende Schuld. Nur in diesem Fall kommt eine Abzinsung in Frage.

Übernimmt der Käufer eine Schuld des Verkäufers in Anrechnung auf den nominellen Kaufpreis, ist der Käufer gegenüber dem Verkäufer verpflichtet, den nominellen Kaufpreis zu entrichten, eine gesonderte Bewertung der übernommenen Schuld findet nicht statt, da sie in Anrechnung auf den Kaufpreis, im Kaufpreis "aufgeht". Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 Zif. 1 GrEStG ist in diesem Fall nur der Kaufpreis, der bestimmte Betrag, der nicht weiter bewertet wird, da er eben durch die Vertragsteile nominell als Leistungsverpflichtung bestimmt wurde.

Wird somit für den Erwerb eines Liegenschaftsanteiles ein festbetragbestimmter Kaufpreis zwischen den Vertragsteilen vereinbart, so bildet dieser mit seinem Nennbetrag auch dann die Bemessungsgrundlage für die GrESt, wenn der Käufer in Anrechnung auf den nominellen Kaufpreis eine Schuld übernimmt, gleichgültig, ob als befreiende Schuldübernahme, unter Schuldbeitritt oder als Erfüllungsübernahme bzw. Hypothekenübernahme gemäß § 1408 ABGB. Es findet in einem solchen Fall eine Bewertung der Schuld gemäß § 14 BewG, dh. eine Abzinsung nicht statt, auch wenn eine lange Laufzeit sowie niedrige Verzinsung gegeben sind.

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass nach dem eindeutigen Inhalt des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages durch Verweis auf die Spalte 3 des Punkt XII des Vertrages der Kaufpreis, mit einem bestimmten, fest vereinbarten Betrag beziffert wird. Dieser vereinbarte Kaufpreis entspricht offenkundig (nach den Vorstellungen der Vertragsparteien und auch objektiv) dem tatsächlichen Wert des Kaufgegenstandes, da einerseits lt. Vorvertrag der Kaufpreis für die gegenständliche Eigentumswohnung aus Nutzfläche und einem bestimmten Quadratmeterpreis (2.060,00 €/m²) ermittelt wurde und außerdem gemäß dem Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag sich der Kaufpreis auf Grundlage der allgemeinen Baubeschreibung, der technischen Beschreibung sowie der Ausstattungsbeschreibung errechnet. Im konkreten Fall ist somit ein festbetragbestimmter Kaufpreis in Höhe von insgesamt 179.527,00 € für die Eigentumswohnung gegeben. Aus dem Akteninhalt (insbesondere Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag, Vorvertrag, Zahlungsaufstellung) ist kein Anhaltspunkt ersichtlich, dass neben diesem Kaufpreis weitere Leistungen vereinbart gewesen wären, sodass die Schuldübernahme offenkundig in Anrechnung auf den Kaufpreis erfolgt ist.

Den Einwänden der Bw ist entgegenzuhalten:

Die Bw hat aufgrund des gegenständlichen Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages das grundbücherliche Eigentum an den Liegenschaftsanteilen erlangt und lt. Zahlungsaufstellung der S Bauträgergesellschaft mbH auch tatsächlich den ausgewiesenen Kaufpreis bezahlt. Dieser Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag kann daher unbedenklich zur Ermittlung der GrESt-Bemessungsgrundlage herangezogen werden. Übernommene Schulden gehören gemäß § 5 Abs. 1 Zif. 1 GrEStG in jedem Fall zur Gegenleistung. Hinsichtlich deren Bewertung ist spätestens seit dem obzitierten Erkenntnis des VwGH die Rechtslage klar und werden seither in der Verwaltungspraxis Schulden nur noch bei Übernahme ohne Anrechnung auf den Kaufpreis abgezinst. Nicht zuletzt gilt gemäß § 114 erster Satz Bundesabgabenordnung (BAO) der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, aus welchem folgt, dass eine Partei aus einer rechtswidrigen Vorgangsweise der Behörde in anderen Fällen (bei anderen Abgabepflichtigen) keine Rechte für sich ableiten kann (z.B. ).

Damit stellt nach der oben dargestellten Rechtsauffassung der vereinbarte nominelle Kaufpreis den Wert der Gegenleistung dar und ist mit dem im Vertrag genannten Betrag als Bemessungsgrundlage für die GrESt heranzuziehen. Im Übrigen ist lt. VwGH die Frage, wie der Käufer die Mittel zur Begleichung des fix vereinbarten Kaufpreises aufbringt, sei es durch Eigenmittel oder allenfalls durch Übernahme günstig verzinster Darlehen, nicht maßgebend. In Anbetracht der vertraglichen Regelung und der ständigen Rechtsprechung des VwGH können somit im gegebenen Fall die Schulden, die in Anrechnung auf den nominellen Kaufpreis übernommen wurden, nicht im Sinne des § 14 Abs. 1 BewG abgezinst werden.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at