Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSL vom 16.04.2012, FSRV/0099-L/10

Fortgesetzte verspätete Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen, da überlastungsbedingter Irrtum.

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates Linz 4, Hofrat Dr. Peter Binder, in der Finanzstrafsache gegen MS, Taxi- und Mietwagengewerbe, geb. am 19XX, whft. in F, vertreten durch die Pölzleitner Wirtschaftstreuhand KG, in 4870 Vöcklamarkt, Dr. Scheiberstraße 20, wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck, vertreten durch Amtsdirektor Ludwig Wolfsgruber, als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , StrNr. 053-2010/00288-001,

zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Gmunden Vöcklabruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer (Bf.) zur StrNr. 053-2010/00288-001 ein finanzstrafbehördliches Untersuchungsverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass dieser im Amtsbereich des genannten Finanzamtes als Abgabepflichtiger vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 Umsatzsteuergesetz (UStG) 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen von Umsatzsteuer für die Monate Juni 2007, Jänner, Mai, August bis Oktober 2008, März, April und Juni bis August 2009 sowie für Mai 2010 iHv. insgesamt 7.664,17 € dadurch, dass er zu den jeweiligen Fälligkeitstagen weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen eingereicht, noch Vorauszahlungen entrichtet habe, bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten habe, und dadurch (jeweils) Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen zu haben.

Begründend dazu wurde auf die Pflicht zur (rechtzeitigen) Voranmeldungsabgabe des Bf. und deren Nichteinhaltung in den genannten Fällen, sowie weiters darauf hingewiesen, dass den grundsätzlich als Selbstanzeige zu wertenden im Anlassfall festgestellten, jeweils verspätet erstatteten Umsatzsteuer-Voranameldungen insofern keine strafbefreiende Wirkung zuzuerkennen (gewesen) sei, als die betreffenden Abgabenbeträge nicht auch gleichzeitig entrichtet worden seien. Eine entsprechende wissentliche Tatbegehung sei schon laut Aktenlage anzunehmen (gewesen). Aus der Tatsache der jeweils verspäteten Voranmeldungsabgabe könne zudem geschlossen werden, dass es dem Beschuldigten nicht darum gegangen sei, sich der (Umsatzsteuer-)Steuerschuld endgültig zu entziehen, sondern er diese lediglich hinausschieben wollte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beschuldigten vom , in welcher im Wesentlichen wie folgt vorgebracht wurde:

Der Bf. sei neben seiner unternehmerischen Tätigkeit in Österreich Dienstnehmer beim B, wobei sich seine Dienststelle in M befinde, sodass er regelmäßig zwischen Fm und M pendeln müsse. Eine erfolgreiche Tätigkeit als Taxi- und Mietwagenunternehmer, bei der sich in den letzten veranlagten Jahren regelmäßig Verluste ergeben hätten, bedürfe eines wesentlichen Arbeitseinsatzes und habe die daraus resultierende Doppelbelastung beim Bf. zu einer physischen und psychischen Überforderung geführt. Aufgrund der geringeren Ruhe- und Schlafphasen sei es dem Bf. nicht bewusst gewesen, dass er die vom Gesetzgeber geforderten Selbstbemessungsabgaben nicht fristgerecht beim Finanzamt entrichtet bzw. gemeldet habe und sei ihm dies erst nach Rücksprache mit seinem Steuerberater klar geworden. Nach Erkennen seines "Irrtums" habe der Bf. sofort die Selbstbemessungsabgaben gemeldet und auch entrichtet. Dies spiegle auch der ausgeglichene Saldo des Steuerkontos wieder.

Hauptmotiv für das Betreiben des Unternehmens sei die Existenzsicherung für die Mitarbeiter und werde sich die Ertragssituation aufgrund einer Änderung der Kundenstruktur in Zukunft bessern, sodass auch nur mehr ein geringerer Arbeitseinsatz des Bf. erforderlich sein werde.

Insgesamt habe es der Bf. daher aufgrund der Doppelbelastung lediglich irrtümlich bzw. unbewusst verabsäumt, die Umsatzsteuervorauszahlungen fristgerecht einzubezahlen bzw. bekanntzugeben.

Im Übrigen sei zwischenzeitig eine vollständige Schadenswiedergutmachung erzielt worden.

Es werde daher ersucht, von der Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegen den Bf. abzusehen.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr zukommenden Verständigungen bzw. Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügend Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Gemäß Abs. 3 leg.cit. ist von der Einleitung eines Strafverfahrens abzusehen, wenn entweder die Tat mangels ausreichender Anhaltspunkte voraussichtlich nicht erwiesen werden kann (lit. a), die Tat kein Finanzvergehen bildet (lit. b), der Verdächtige die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, welche die Tat rechtfertigen, die Schuld oder die Strafbarkeit des Täters ausschließen oder aufheben, Umstände vorliegen, welche die Verfolgung des Täters hindern (lit. d), oder die Tat(en) im Ausland begangen und der Täter dafür schon im Ausland gestraft worden ist und nicht anzunehmen ist, dass die Finanzstrafbehörde eine strengere Strafe verhängen werde (lit. e).

Gemäß § 83 Abs. 2 FinStrG ist der Verdächtige unter Bekanntgabe der zur Last gelegten Tat sowie der in Betracht kommenden Strafbestimmung unverzüglich zu verständigen, wobei nach der für den Anlassfall geltenden Rechtslage (vgl. dazu insbesondere § 265 Abs. 1 lit. p FinStrG idF des BGBl. I 104/2010) bei vorsätzlichen Finanzvergehen, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten, diese Verständigung in der Form eines mit Beschwerde iSd § 152 FinStrG bekämpfbaren Bescheides (vgl. auch § 56 Abs. 2 FinStrG) zu ergehen hatte.

Ob im konkreten Einzelfall die Verdachtsgründe für die (bescheidmäßige) Einleitung eines Finanzstrafverfahrens ausreichen, hat die zuständige Finanzstrafbehörde erster Instanz an Hand der sich aus den bisherigen Ermittlungsergebnissen ergebenden Anhaltspunkte zu beurteilen. Dabei genügt es, wenn gegen den Beschuldigten ein entsprechender Tatverdacht besteht. Das heißt, es müssen hinreichend stichhaltige Gründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Verdächtige als Täter eines konkreten Finanzvergehens in Frage kommt, und es im Sinne eines höheren Wahrscheinlichkeitsgrades nicht wahrscheinlicher erscheint, dass einer der im § 82 Abs. 3 lit. a bis e FinStrG taxativ angeführten Gründe (so zB auch das zweifelsfreie Vorliegen einer strafbefreienden Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG als besonderer Strafaufhebungsgrund) für die Abstandnahme von der Einleitung eines Strafverfahrens vorliegt.

Verdacht ist dabei die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach allgemeiner Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann. Bloße Gerüchte oder Vermutungen allein reichen dabei für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens nicht aus. Nicht jedoch ist es im Stadium der Einleitung schon Aufgabe der Finanzstrafbehörde(n), das Vorliegen eines Finanzvergehens konkret, dh. in einer jeden Zweifel nach § 98 Abs. 3 FinStrG ausschließenden Art, nachzuweisen oder auch nur schon die Ergebnisse des durch die (bescheidmäßige) Einleitung erst in Gang gesetzten förmlichen Untersuchungsverfahrens oder die in dessen Verlauf vorzunehmende Beweiswürdigung vorwegzunehmen, weil die für die Subsumtion unter den betreffenden finanzstrafrechtlichen Tatbestand letztlich entscheidenden Fragen erst in dem anschließenden, ua. vom strafrechtlichen Grundsatz des "in dubio pro reo" getragenen, nach den Bestimmungen der §§ 115 ff FinStrG durchzuführenden Untersuchungsverfahrens einer (endgültigen) Klärung zuzuführen sind.

Den notwendigen Gegenstand des Einleitungsbescheides bildet daher nicht (schon) die Tat selbst, sondern vielmehr lediglich die Feststellung solcher Lebenssachverhalte, die den Verdacht begründen, die betroffene Person könnte durch ihr Verhalten Finanzvergehen begangen haben. Wenngleich (in der einen entsprechenden Verdacht aussprechenden Entscheidung in der zugehörigen Begründung) sowohl auf die objektive als auch auf die subjektive Verdachtsseite entsprechend einzugehen ist, hat der Bescheid gemäß § 83 Abs. 2 FinStrG das dem Beschuldigten zur Last gelegte und - aus vorläufiger Ermittlungssicht - als Finanzvergehen zu qualifizierende Verhalten lediglich in groben Umrissen zu umschreiben.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich derjenige einer Abgabenhinterziehung schuldig, der vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlung oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält. Dabei ist gemäß § 33 Abs. 3 lit. b leg.cit. eine Abgabenverkürzung u.a. (bereits dann) bewirkt, wenn die selbst zu berechnenden Abgaben (Zahllasten = Vorauszahlungen) bis zum jeweiligen (gesetzlichen) Fälligkeitszeitpunkt nicht iSd abgabenrechtlichen Vorschriften der §§ 214 f Bundesabgabenordung (BAO) entrichtet werden.

§ 21 Abs. 1 UStG 1994 zufolge hat der (umsatzsteuerpflichtige) Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum, vgl. dazu auch Abs. 2 leg.cit.) zweitfolgenden Kalendermonates eine (vollständige und zutreffende) Voranmeldung (= Abgabenerklärung) bei dem für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den jeweiligen Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Zeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1, 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat.

Eine Verpflichtung zur Einreichung derartiger Abgabenerklärungen entfiel für Veranlagungszeiträume ab dem bis zum für Unternehmer, deren Umsätze gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994 im vorangegangenen Kalenderjahr 100.000,00 € nicht überstiegen haben nur dann, wenn die (zutreffend) errechnete Vorauszahlung zur Gänze spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wurde oder wenn sich für den betreffenden Voranmeldungszeitraum überhaupt keine Vorauszahlung ergab (vgl. dazu § 1 der VO BGBl. II 1998/206 idF des BGBl. II 2002/462 iVm § 21 Abs. 1 zweiter Unterabsatz UStG 1994 idF des BGBl. I 1998/79).

Grundsätzlich bestand daher jedenfalls für die die og. Umsatzgrenze überschreitende Unternehmer eine generelle Verpflichtung zur Abgabe von (monatlichen; vgl. § 21 Abs. 2 UStG 1994) Umsatzsteuervoranmeldungen. Darüber hinaus hatte aber auch der die Grenze nicht überschreitende (umsatzsteuerpflichtige) Unternehmer für den Fall, dass eine sich ergebende Vorauszahlung nicht bis zum gesetzlichen Fälligkeitstermin (vollständig) entrichtet wurde, eine (zutreffende) Voranmeldung beim zuständigen Finanzamt einzureichen.

Gemäß §§ 33 Abs. 1 iVm. 13 FinStrG macht sich jemand einer (versuchten) Abgabenhinterziehung nach dieser Bestimmung schuldig, wer (zumindest bedingt) vorsätzlich unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht, beispielsweise indem er entgegen dem § 119 BAO eine unrichtige Abgabenerklärung erstellt, mit dem Plan, die Abgabenbehörde werde die Jahresumsatzsteuer mit einem unter der tatsächlichen Zahllastensumme abzüglich allfälliger Guthaben gelegenen Betrag festsetzen, eine Abgabenverkürzung bewirkt bzw. zu bewirken versucht.

Eine allfällige Strafbarkeit wegen zumindest versuchter Hinterziehung nach §§ 33 Abs. 1 und 13 FinStrG konsumierte eine solche wegen Hinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, soweit der Betrag an verkürzter Umsatzsteuervorauszahlung in der versuchsweise verkürzten Jahresumsatzsteuer beinhaltet ist (vgl. zB , vom , 2004/13/0101; bzw. , EvBl. 1992/26).

Gemäß § 13 Abs. 2 leg.cit. ist eine Tat, zB nach § 33 Abs. 1 FinStrG, versucht, sobald ua. der Täter seinen Entschluss, sie auszuführen, durch eine der Ausführung unmittelbar vorausgehende Handlung, beispielsweise durch Einreichung der nicht zutreffenden Abgabenerklärung beim Finanzamt, betätigt. Dabei ist aber selbst bei Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen die unrichtige Führung von Büchern und Aufzeichnungen bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben noch nicht eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung. Eine solche ausführungsnahe Handlung wäre beispielsweise (erst) die Erstellung einer unrichtigen Jahreserklärung.

Gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG idF vor der FinStrG-Novelle 2010, BGBl. I 2010/104 (vgl. § 4 FinStrG) machte sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer ua. Vorauszahlungen an Umsatzsteuer nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtete oder abführte, es sei denn, dass der Abgabenbehörde die Höhe der geschuldeten Beträge bekanntgegeben wurden.

Vorsätzlich handelt grundsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklicht, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet (dolus eventualis, vgl. § 8 Abs. 1 FinStrG).

Dabei reicht es, dass der objektiv tatbildlich Handelnde die reale Möglichkeit der gesetzlichen Tatbildverwirklichung zwar erkennt, sich aber mit ihr abfindet und dennoch, und sei es auch nur in bewusster Gleichgültigkeit, sich für ein tatbildmäßiges Handeln entscheidet.

Wissentlich handelt gemäß § 5 Abs. 3 Strafgesetzbuch (StGB) jemand, der den Umstand oder den Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich hält, sondern sein Vorliegen oder Eintreten für gewiss hält (dolus principalis).

Bezogen auf § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG heißt das, dass (bereits) derjenige mit dem erforderlichen Vorsatz agiert, der die abgabenrechtliche Pflichtverletzung iSd § 21 Abs. 1 UStG 1994 zumindest ernstlich für möglich hält und die (wenn auch nur durch die Nichtentrichtung der Zahllast bzw. durch die unrechtmäßige Geltendmachung einer Gutschrift zu dem ihm bekannten Fälligkeitszeitpunkt vorübergehende) Abgabenverkürzung - zumindest dem Grunde nach - für gewiss hält, sich mit dieser Möglichkeit bzw. mit diesem Wissen abfindet und sich dennoch zu tatbildmäßigem Handeln entschließt.

Für ein Finanzvergehen gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG hingegen reicht bereits bedingter Vorsatz, dh. ein (zumindest) Ernsthaft-Für-Möglichhalten der verspäteten Abgabenentrichtung bzw. -abfuhr und ein Sich-Damit-Abfinden, aus.

Gemäß § 9 FinStrG wird ua. dem Täter dann ein Vorsatz nicht zugerechnet, wenn ihm bei der Tat ein Irrtum unterlief, der ihn das Vergehen bzw. das darin liegende Unrecht nicht erkennen ließ. Damit gilt für den Bereich der Vorsatzdelikte des FinStrG, dass ein jedes Sich-Irren über den Sachverhalt (Tatirrtum, hier irrt der Täter schon über die objektive Beschaffenheit seines Handelns), eine Norm (Rechtsirrtum, hier irrt sich der Täter in Bezug auf die rechtliche Verbotenheit seines objektiv erkannten Handelns), die Tatbildmäßigkeit des Verhaltens (Tatbildirrtum) oder dessen Rechtswidrigkeit (Rechtswidrigkeitsirrtum), einen auch nur bedingten Vorsatz iSd § 8 Abs. 1 letzter Halbsatz FinStrG ausschließen.

Aus der bisherigen, für das gegenständliche Beschwerdeverfahren maßgeblichen Erhebungslage (Inhalt des Strafaktes zur angeführten StrNr. und Veranlagungsakt StNr. 12) ergibt sich im Hinblick auf den im Rahmen der Sachentscheidung über die Beschwerde abzuhandelnden Verfahrensgegenstand (vgl. § 160 Abs. 1 FinStrG) nachstehender Sachverhalt:

Der unter der og. StNr. im Inland steuerlich erfasste und seit in Zusammenhang mit seiner inländischen Tätigkeit (durchgehend) iSd § 83 BAO durch wechselnde Steuerberater steuerlich vertretene Bf. betreibt (neben seiner nichtselbständigen Tätigkeit in D) seit Juni 2007 im Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck ein Einzelunternehmen (Vermietung von KFZ ohne Beistellung eines Lenkers, Transporte mit KFZ unter 3,5 Tonnen) und tätigt Umsätze iSd § 1 Abs. 1 UStG 1994. Auf die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 (Umsatzsteuerbefreiung für Kleinunternehmer) wurde vom Bf. mit Antrag (gemäß § 6 Abs. 3 leg.cit.) vom September 2009 ausdrücklich verzichtet.

Für 06, 07/2007 (keine Vorauszahlungen gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994, § 1 der VO BGBl. II 1998/206 idF des BGBl. II 2002/462, bis zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt) wurden zur StNr. 12 (elektronische) Voranmeldungen (06: Zahllast von 497,61 €; 07: Überschuss von 136,29 €) beim Finanzamt eingereicht. Die Entrichtung des sich aus § 214 Abs. 1 BAO ergebenden (bereits fälligen) Abgabenbetrages von 331,62 € erfolgte in Teilzahlungen, jeweils ohne Verrechnungsweisung iSd § 214 Abs. 4 BAO, zwischen dem (1. Teilzahlung) und dem (letzte Teilzahlung).

Nachdem für die, jeweils Zahllasten ergebenden Monate 09 - 12/2007; 02 - 04, 11, 12/2008; 01, 05, 09, 10, 12/2009 und 01 - 04/2010 (jeweils keine vorherige Entrichtung) rechtzeitig (08/2007; 02 - 04, 11, 12/2008; 01, 05, 09/2009) bzw. mit einer Verspätung (zwischen 6 und 161 Tagen) nachträglich Voranmeldungen eingereicht worden waren (die Entrichtung der jeweiligen sich nach Anwendung des § 214 BAO ergebenden Abgabenschuldigkeiten erfolgte zeitnahe (bis zu 13 Tage nach der Erklärungseinreichung), wurden die Voranmeldungen für die, ebenfalls jeweils Zahllasten ergebenden Monate (ohne Entrichtung von Vorauszahlungen) 01, 05, 08 - 10/2008; 03, 04, 06 - 08/2009 und 05/2010 verspätet, u. zw. am (01/2008), am (05/2008), am (08/2008), am (09/2008), am (10/2008), am (03, 04/2009), am (06/2009), am (07/2009), am (08/2009) und am (05/2010) eingereicht. Die Entrichtung der sich aus den (nachträglichen) Bekanntgaben jeweils in Höhe der errechneten Zahllasten ergebenden Abgabenschuldigkeiten von 675,83 € (01/2008), 249,67 € (05/2008), 1.576,98 € (08/2008), 284,22 € (09/2008), 281,22 € (10/2009), 619,48 € (03/2009), 128,74 € (04/2009), 1.211,34 € (06/2009), 1.041,49 € (07/2009), 770,60 € (08/2009) und 492,43 € (05/2010) erfolgte jeweils mehrere Wochen (zB 05/2008: entrichtet in mehreren Teilzahlungen vom bis zum ) bzw. Monate (zB 01/2008: entrichtet in Teilzahlungen ab bis zum ), in allen Fällen jedoch später als zwei Wochen nach Bekanntgabe bzw. Erstattung der jeweiligen Voranmeldung.

Damit steht aber mit einer für das gegenständliche Beschwerdeverfahren ausreichenden Bestimmtheit fest, dass in den vom angefochtenen Einleitungsbescheid angeführten Fällen in Bezug auf die oben genannten Beträge, nämlich 467,91 € (06/2007); 675,83 € (01/2008); 249,67 € (05/2008); 1.576,98 € (08/2008); 284,22 € (09/2008); 281,77 € (10/2008); 619,48 € (03/2009); 128,74 € (04/2009); 1.211,34 € (06/2009); 1.041,49 € (07/2009); 770,60 € (08/2009) und 492,43 € (05/2010), insgesamt somit 7.800,46 €, jeweils unter Verletzung der Pflichten des § 21 UStG 1994 Abgabenverkürzungen bewirkt wurden und vom Bf. als Abgabepflichtigen (jeweils) objektiv tatbildlich iSd § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG gehandelt wurde.

Zur subjektiven Tatkomponente des zuletzt genannten Finanzvergehens bzw. entsprechenden zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt vorliegenden Verdachtsmomenten ist zuerst darauf hinzuweisen, dass sich sowohl aus dem Akteninhalt (rechtzeitige bzw. zeitnahe Voranmeldungseinreichungen für 08, 09/2007; 02, 03, 11, 12/2008 und 01/2009) als auch aus dem Beschwerdevorbringen (Überforderung aufgrund der Doppelbelastung; Erkennen des "Irrtums" nach Rücksprache mit dem Steuerberater) erschließt, dass der von Anfang seiner unternehmerischen Tätigkeit steuerlich vertretene Bf., sei es nun aus Eigenem oder nach entsprechender, durchaus verkehrsüblicher, anlässlich des Erstberatungsgespräches erteilten (Voraus-)Information durch seine(n) Steuerberater, sowohl über seine abgabenrechtlichen Pflichten in Zusammenhang mit der Umsatzsteuer, als auch über die einzelnen Fälligkeiten der je Voranmeldungszeitraum anfallenden Vorauszahlungen hinreichend Bescheid wusste, um grundsätzlich daraus einen für die (schuldhafte) Verwirklichung des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG geforderten Tatvorsatz ableiten zu können.

Dass sich der Beschuldigte durch seine physische und psychische Überforderung im Hinblick auf die genannten Teilfakten in einem Tatirrtum befunden und so gar nicht erkannt haben will, dass er zu den aus § 21 Abs. 1 UStG 1994 hervorgehenden Fälligkeitszeitpunkten (= Zeitpunkt der jeweiligen Tatbegehung) jeweils ein pflichtenwidriges Verhalten gesetzt hat, kann zwar anhand der Erhebungslage auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden, doch ist Derartiges anhand der bis dato festgestellten Tatumstände und der bisherigen Verantwortung wenig wahrscheinlich. So erscheint es auch bei einer angesichts der vorgebrachten Lebensumstände des Bf. (neben der unternehmerischen Betätigung im Inland gleichzeitig ausgeübter Beruf in D) grundsätzlich zu konzidierenden hohen persönlichen Belastung ohne zusätzliche, regelmäßig nur ausnahmsweise auftretende und nachvollziehbar den normalen bzw. üblichen Geschehensablauf beeinträchtigende Ereignisse unwahrscheinlich, dass - bei bisher jedenfalls anzunehmender gleichzeitiger Aufrechterhaltung des laufenden ja auch eine gewisse Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeiterfordernden Geschäftsbetriebes - insgesamt zwölfmal innerhalb von eines Zeitraumes von drei Jahren nur aufgrund der ja grundsätzlich laufend gegebenen "Doppelbelastung" die steuerlichen Verpflichtungen einfach "vergessen" werden, wenn dazwischen ja auch immer wieder pflichtgemäß iSd Abgabenvorschriften, dh. mit fristgerechter oder zumindest zeitnaher Abgabe der Voranmeldungen, agiert wurde. Derartige, allerdings schon anhand der Häufung der einzelnen Tathandlungen auch nur schwer vorstellbare, möglicherweise einen derartigen Irrtum des Bf. auslösende Ereignisse wurden aber bisher nicht vorgebracht, sodass ausgehend von der bisherigen Fakten- und Beweislage, von einem vorsatzausschließenden Tatirrtum beim Bf. nicht ausgegangen werden kann.

Insgesamt erweist sich daher der vom angefochtenen Einleitungsbescheid ausgesprochene Verdacht in Bezug auf die angeführten Teilhandlungen (dem Grunde nach) als rechtens.

Hinweise darauf, dass der Bf. darüber hinaus auch vorsätzlich iSd §§ 33 Abs. 1 iVm 13 FinStrG gehandelt hat, bietet hingegen die Aktenlage, derzufolge die verspäteten Erklärungen (Voranmeldungen) jeweils lange vor Ablauf der für die Einreichung der Jahresumsatzsteuererklärungen gemäß § 134 BAO zur Verfügung stehenden gesetzlichen Fristen erfolgten, nicht.

Gemäß § 29 Abs. 1 FinStrG idF vor der FinStrG-Novelle 2010 (vgl. zur Anwendbarkeit der aF § 4 Abs. 2 FinStrG) wird der (schuldhafte) Täter eines Finanzvergehens insoweit straffrei, als er seine Verfehlung der zuständigen Behörde darlegt (Selbstanzeige).

War mit der Verfehlung eine Abgabenverkürzung verbunden, so tritt die Straffreiheit (vgl. dazu § 82 Abs. 3 lit. c leg.cit.) nur insoweit ein, als ohne Verzug die die für das Verkürzungsausmaß bedeutsamen Umstände offengelegt und die sich daraus ergebenden Beträge den Abgabenvorschriften entsprechend entrichtet werden. Letztere Voraussetzung erfordert bei bereits früher fälligen Selbstbemessungsabgaben, wie beispielsweise Umsatzsteuervorauszahlungen, die nicht (erstmals) bescheidmäßig festgesetzt werden (vgl. § 21 Abs. 3 UStG 1994), schon aus dem Gedanken heraus, dass einem, der die gesetzliche Fälligkeit bisher nicht beachtet hat (im Unterschied zu einem die Vorschriften des UStG 1994 einhaltenden Abgabepflichtigen) nicht noch eine zusätzliche Zahlungsfrist einzuräumen ist, eine umgehende, gleichzeitig mit der Selbstanzeige zu erfolgende Abgabenentrichtung (vgl. zB -W/07).

Entsprechend der Judikatur und der gängigen Praxis stellen bei Umsatzsteuerhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG nachträglich, auch rechtzeitig iSd Abs. 3 eingereichte (vollständige) Umsatzsteuervoranmeldungen konkludente Selbstanzeigen dar, sodass auch hier hinsichtlich sämtlicher genannten Zeiträume und Beträge von einer ausreichenden Verfehlungsdarlegung bzw. von einer Offenlegung der für das Verkürzungsausmaß maßgeblichen Umstände ausgegangen werden kann.

Was das für eine (nachträgliche) Straffreiheit geforderte Kriterium der rechtzeitigen Abgabenentrichtung (§ 211 BAO) angeht, so ist dieses jedoch lediglich hinsichtlich des Teilfaktums Umsatzsteuerverkürzung Juni 2007 (467,91 €) teilweise, u. zw., hinsichtlich eines Teilbetrages von 136,29 € (Gutschrift laut Voranmeldung 07/2007), erfüllt und bei einer Maßnahme gemäß §§ 82 f FinStrG entsprechend zu berücksichtigen. In allen anderen Fällen liegt, indem die (auch nur teilweise) Abgabenentrichtung sogar noch deutlich außerhalb der Frist des § 212 Abs. 3 BAO idF vor dem Inkrafttreten des BGBl. I 2000/142 (vgl. Reger/Hacker/Kneidinger, FinStrG3, K 29/11) gelegen ist, diese gegebenenfalls einer bescheidmäßigen Verfahrenseinleitung entgegenstehende Voraussetzung nicht vor.

Ob der Bf. tatsächlich die ihm nunmehr zur Last gelegten Finanzvergehen begangen hat oder nicht und ihm insbesondere ein entsprechender Verschuldensvorwurf zu machen ist, bleibt dem nach den Bestimmungen der §§ 115 ff FinStrG durchzuführenden und vom Grundsatz des § 98 Abs. 3 FinStrG getragenen Untersuchungsverfahren vorbehalten, in dessen Verlauf nicht nur von Amts wegen der tatsächliche Sachverhalt zu ermitteln, sondern auch dem Beschuldigten entsprechende Möglichkeiten zur Geltendmachung seiner Rechte und rechtlichen Interessen einzuräumen sind, da Gegenstand der vorstehenden Beschwerdeentscheidung einzig und allein die Beurteilung einer entsprechenden Verdachtslage bzw. der allenfalls gegebenen Notwendigkeit eines entsprechenden Untersuchungsverfahrens im Hinblick auf das im Bescheid vom angeführte Verhalten ist.

Bei einem am Ende des Untersuchungsverfahrens stehenden eventuellen Schuld- und Strafausspruch gegen den Bf. würde auch die in der Beschwerde ins Treffen geführte vollständig geleistete Schadensgutmachung (vgl. §§ 23 Abs. 2 FinStrG iVm 34 Abs. 1 Z 14 StGB) entsprechend zu berücksichtigen sein.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Einleitung
Tatverdacht
Abgabenhinterziehung
Vorsatz
Irrtum
Selbstanzeige
Entrichtung
Verweise

-W/07

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