Berufungsentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSI vom 25.09.2007, FSRV/0004-I/06

Zurückverweisung an die Finanzstrafbehörde I. Instanz zur Ergänzung des Untersuchungsverfahrens

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 1, Mag. Peter Maurer, in der Finanzstrafsache gegen Bw., wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß §§ 33 Abs. 1, 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Berufung der Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Finanzamtes Innsbruck vom , SN X,

zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird gemäß § 161 Abs. 4 FinStrG aufgehoben und die Sache zur Ergänzung des Untersuchungsverfahrens an die Finanzstrafbehörde erster Instanz zurückverwiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis vom , SN X, hat das Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz die Berufungswerberin für schuldig erkannt, weil sie im Bereich des Finanzamtes Innsbruck fortgesetzt a) vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlich gebotenen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung an Umsatzsteuer hinsichtlich des Jahres 1999 in Höhe von € 2.092,98 bewirkt sowie b) vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Abgabenverkürzung an Umsatzsteuer für den Zeitraum 01/2000 bis 12/2003 in Höhe von € 8.371,92 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten habe.

Sie habe hiemit das Finanzvergehen a) der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG sowie b) der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen.

Aus diesem Grund wurde über sie gemäß § 33 Abs. 5 iVm. § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG eine Geldstrafe in der Höhe von € 2.500,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe gemäß § 20 FinStrG eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen ausgesprochen.

Die Kosten des Strafverfahrens wurden gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG pauschal mit € 250,00 bestimmt.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die fristgerechte - als "Einspruch" bezeichnete - Berufung der Beschuldigten vom , wobei im Wesentlichen wie folgt vorgebracht wurde:

Erst durch eine Betriebsprüfung bei der Mutter der Berufungswerberin, A, sei vom Finanzprüfer die Vermietung der Einrichtung für das Lokal Cafe XY beanstandet worden. Es sei im eigentlichen Sinn keine Vermietung, weil für die beanstandeten Jahre für die Einrichtungsgegenstände von der X-GmbH keine Rechnungslegung erfolgt bzw. eingefordert worden sei. Eine Zahlungsaufforderung an Frau A sei erst nach der Beanstandung des Prüfers erfolgt, dass die X-GmbH für die Einrichtung eine Rechnung stellen müsse, obwohl der Prüfer darauf hingewiesen worden sei, dass die X-GmbH keine Forderungen stellen wolle. Somit sei erst nach Aufforderung des Prüfers die Rechnung gestellt und vom Finanzamt der X-GmbH vorgeschrieben worden. Die X-GmbH sei auch ihrerseits gewillt, die Umsatzsteuer zu bezahlen. Die Berufungswerberin finde die Verurteilung und Geldstrafe nicht berechtigt, weil von der Finanzbehörde die Umsatzsteuer bereits vorgeschrieben worden sei. Weiters möchte sie sich vom Vorwurf, mit Vorsatz und bewusst eine Abgabenverkürzung verursacht zu haben, distanzieren.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung weiters schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.

Gemäß § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG ist eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 oder 2 bewirkt, wenn Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig festgesetzt wurden oder infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.

Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, sofern das Rechtsmittel nicht gemäß § 156 FinStrG zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung der Rechtsmittelentscheidung ihre Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde erster Instanz zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder das Rechtsmittel als unbegründet abzuweisen. Gemäß § 161 Abs. 4, 1. Satz FinStrG kann die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz auch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses (Bescheides) unter Zurückverweisung der Sache an die Finanzstrafbehörde erster Instanz verfügen, wenn sie umfangreiche Ergänzungen des Untersuchungsverfahrens für erforderlich hält; die Finanzstrafbehörde erster Instanz ist im weiteren Verfahren an die im Aufhebungsbescheid niedergelegte Rechtsanschauung gebunden.

Vorweg ist zu bemerken, dass die Berufungswerberin im angefochtenen Erkenntnis offenkundig in ihrer Eigenschaft als Wahrnehmende der steuerlichen Interessen der X-GmbH bestraft wurde, was aber aus dem Spruch des angefochtenen Erkenntnisses nicht ersichtlich ist.

Mit Gesellschaftsvertrag vom wurde die X-GmbH gegründet. Gesellschafter und Geschäftsführer dieser GmbH waren die Berufungswerberin sowie ihr Bruder B. In Pkt. 1) der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom zu der bei der X-GmbH durchgeführten Buch- und Betriebsprüfung, AB-Nr. Y1, wurde festgestellt, dass die X-GmbH ab 1991 das Cafe XY von der Mutter der beiden Gesellschafter, Frau A, gepachtet hat. Grundlage war ein mündlicher Pachtvertrag. Das Lokal wurde mit Mitteln der genannten GmbH vollständig renoviert. Im August 1996 hat die X-GmbH den Betrieb eingestellt. Ab diesem Zeitpunkt hat A das Cafe samt komplettem Inventar an C verpachtet. Feststellungen anlässlich einer Betriebsprüfung bei A (AB-Nr. Y2) ergaben, dass die X-GmbH ab dem Jahr 1999 die Vermietung der Einrichtung an A fakturiert habe. Demnach habe das fakturierte Mietentgelt im Jahr 1999 netto S 72.000,00 + 20% USt, im Jahr 2000 netto S 144.000,00 + 20% USt betragen.

Weiters wurde festgestellt, dass nach Ansicht der Betriebsprüfung ein monatlicher Pachtzins in Höhe von S 12.000,00 + 20% USt für das Inventar ein durchaus fremdübliches Entgelt darstelle, würden die Mieteinnahmen von A aus der Vermietung an C doch monatlich netto S 20.000,00 betragen, die Mietaufwendungen gesamt (Raummiete an den Verpächter und Miete Inventar an die X-GmbH) netto ca. S 19.000,00. Im Jahr 1999 seien demnach ebenso wie im Jahr 2000 netto S 144.000,00 + 20% USt zu versteuern.

Für die Zeiträume bis hat der Prüfer unter Hinweis auf obige Feststellungen den Umsatz mit jeweils netto S 144.000,00 bzw. € 10.464,88 jährlich bestimmt Die Festsetzung der Umsatzsteuer erfolgte jeweils "mit der Dezember-UVA" eines jeden Jahres. In diesem Zusammenhang ist allerdings auf den Veranlagungsakt von C, StNr. X3, zu verweisen, aus dem sich ergibt, dass C den Gewerbebetrieb mit eingestellt hat.

In der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses wird ausgeführt, die X-GmbH habe "ab dem Jahre 1999" die Vermietung der Einrichtung des Cafe XY an A fakturiert. Aus den Bp-Bericht und den Arbeitsbögen zu den bei der X-GmbH und bei A durchgeführten Betriebsprüfungen (AB-Nr. Y1 und Y2) ergibt sich jedoch, dass hinsichtlich dieser Vermietung seitens der X-GmbH an A für den Zeitraum Juli bis Dezember 1999 eine mit datierte Rechnung über S 86.400,00 (€ 6.278,93) brutto ausgestellt wurde. Für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2000 liegt eine Rechnung datiert mit über S 172.800,00 brutto vor. Beide Rechnungen wurden von B unterschrieben. Für die weiteren hier gegenständlichen Zeitraume (2001-2003) liegen hingegen nach dem derzeitigen Verfahrensstand offenkundig keine Rechnungen vor. Auf welche konkreten Feststellungen sich die Vorschreibungen an Umsatzsteuer für die Jahre 2001 bis 2003 gründen, ist nicht ersichtlich.

Es lässt sich derzeit nicht mit der für ein Finanzstrafverfahren erforderlichen Bestimmtheit feststellen, ob die dem Schuldspruch zugrunde liegenden und der X-GmbH zugerechneten Umsätze tatsächlich in dem im angefochtenen Erkenntnis festgestellten Umfang getätigt wurden. Auch wenn die Berufungswerberin in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde I. Instanz vom angegeben hat, sie könne nicht sagen, warum "diese Rechnungen" dem Finanzamt gegenüber nicht erklärt worden seien, ergibt sich aus dieser Aussage nicht, welche Rechnungen für welche Zeiträume damit konkret angesprochen wurden.

In der Verhandlung vom hat die Berufungswerberin weiters angegeben, sie sei seit 1991 Geschäftsführerin der X-GmbH und als solche für die Einhaltung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen des Unternehmens verantwortlich. Aus dem Veranlagungsakt der X-GmbH, StNr. X2, ergibt sich jedoch, dass für die X-GmbH nicht die Berufungswerberin, sondern B gegenüber den Abgabenbehörden aufgetreten ist (siehe z.B. die Abgabenerklärungen vom und vom ) und auch Zustellungsbevollmächtigter für die X-GmbH ist. Wie aus einem Vermerk im Bericht vom über die Buch- und Betriebsprüfung zu AB-Nr. Y1 bei der X-GmbH ersichtlich ist, wurden "die Prüfungsfeststellungen" dem "zustellungsbevollmächtigten Geschäftsführer B" nachweislich zugestellt. Dieser ist dem Schlussbesprechungstermin vom unbegründet nicht nachgekommen. Das (Prüfungs-)Verfahren werde in dessen Abwesenheit aufgrund der Aktenlage zum Abschluss gebracht. Die "Niederschrift über die Schlussbesprechung" vom wurde von Vertretern "der Finanzverwaltung" (nicht aber von jenen "des Abgabepflichtigen") unterfertigt. Es bedarf daher nach Ansicht der Berufungsbehörde ergänzender Feststellungen, ob der Berufungswerberin für die hier gegenständlichen Zeiträume tatsächlich die abgabenrechtlichen Verpflichtungen der X-GmbH oblagen.

Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass aufgrund der bisher im Finanzstrafverfahren getroffenen Feststellungen nicht mit der für ein Finanzstrafverfahren erforderlichen Bestimmtheit feststeht, ob die dem Schuldspruch zugrunde liegenden und der X-GmbH zugerechneten Umsätze tatsächlich in diesem Umfang getätigt wurden. Zudem sind ergänzende Feststellungen hinsichtlich der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Berufungswerberin und allenfalls auch hinsichtlich dritter Personen zu treffen.

In rechtlicher Hinsicht ist ergänzend auszuführen, dass die Strafbarkeit einer Abgabenhinterziehung im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG ausgeschlossen ist, wenn der Strafbarkeit infolge der nachfolgenden Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG wegen des gleichen Umsatzsteuerbetrages für denselben Zeitraum kein Hindernis entgegensteht, weil in einem solchen Fall die Tathandlung im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als eine - durch die Ahndung nach § 33 Abs. 1 FinStrG - nachbestrafte Vortat zu betrachten ist, was auch für solche Fälle gilt, in denen sowohl die Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als auch jene nach § 33 Abs. 1 FinStrG durch Unterlassung der Einbringung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen und der Jahresumsatzsteuererklärungen bewirkt oder zu bewirken versucht wird (vgl. etwa ). Es werden daher auch Feststellungen zu treffen sein, ob - abgesehen vom Zeitraum 1999 - auch hinsichtlich anderer Zeiträume der Tatbestand nach § 33 Abs. 1 FinStrG hinsichtlich der Jahresumsatzsteuer erfüllt wurde.

Da somit noch weitere umfangreiche Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durchzuführen sind, um den berufungsgegenständlichen Sachverhalt zu erhellen, war im gegenständlichen Fall mit einer Zurückverweisung des Verfahrens an die Finanzstrafbehörde I. Instanz vorzugehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Zurückverweisung
Sache
Ergänzung
Sachverhalt
Untersuchungsverfahren
Konkurrenz

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