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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 12.05.2011, RV/3698-W/10

Familienheimfahrten nach Polen

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2007 und 2008 entschieden:

Der Berufung gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2007 und 2008 wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2007 und 2008 werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe bzw. den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

In den am beim Finanzamt eingelangten Erklärungen zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2007 und 2008 machte der Berufungswerber (im folgenden Text mit Bw. abgekürzt) unter anderem in dem für "Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten" vorgesehenen Feld einen Betrag von 2.764,80 EUR pro Jahr geltend. Handschriftlich wurde dazu ausgeführt: "2 x 320 km. 48 x/Jahr, mit KFZ (s. Beleg). 1 km= 0,09 € pauschaliert nach Polen, wie in den Vorjahren." Außerdem beantragte der Bw. die Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages.

Den weiteren Angaben zufolge wohne der Bw. in x, während seine Ehefrau A in Polen lebe. Diesbezüglich wurde vom Bw. eine am ausgestellte Bescheinigung der polnischen Steuerbehörde vorgelegt, wonach A in den Jahren 2007 und 2008 ihren Wohnsitz in Polen gehabt und in diesem Zeitraum keine Einkünfte bezogen habe, die im Ansässigkeitsstaat der Besteuerung unterlägen.

Mit Bescheiden vom wurde der Bw. zur Einkommensteuer für 2007 und 2008 veranlagt und die Abgabe mit einem Betrag von 0,00 € (2007) bzw. - 44,69 € (2008) festgesetzt. Die vom Bw. geltend gemachten Werbungskosten im Zusammenhang mit seinem Wohnsitz in x sowie der beantragte Alleinverdienerabsetzbetrag wurden vom Finanzamt nicht gewährt. In der jeweils gleichlautenden Bescheidbegründung heißt es dazu wie folgt:" Bei einer dauernden Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes ist eine private Veranlassung zu unterstellen, wenn der Ehegatte des Steuerpflichtigen am Familienwohnort keine steuerlich relevanten Einkünfte bezieht. In solchen Fällen können Kosten für eine doppelte Haushaltsführung nur vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden. Als vorübergehend wird bei einem verheirateten Steuerpflichtigen eine Zeitraum von zwei Jahren angesehene werden können. Da Sie seit 1992 in Österreich einen weiteren Wohnsitz haben und Ihre Gattin nicht berufstätig ist, können die beantragten Kosten nicht berücksichtigt werden."

Aus dem bezughabenden Lohnzettel gehen folgende Daten hervor:

2007:


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Bezugsauszahlende Stelle:
Bezugszeitraum
B
01.01. bis
Steuerpflichtige Bezüge
20.554,04 €

2008:


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Bezugsauszahlende Stelle:
Bezugszeitraum
B
01.01. bis
Steuerpflichtige Bezüge
23.745,35 €

Mit Schriftsatz vom erhob der Bw. Berufung unter anderem gegen die Einkommensteuerbescheide für 2007 und 2008 und gab hinsichtlich der Nichtanerkennung der Familienheimfahrten an, dass seine Frau am Ort des Familienwohnsitzes in Polen in den Berufungsjahren den Haushalt mit den zwei Töchtern in C nach wie vor geführt habe, als Arbeitsuchende beim polnischen Arbeitsamt registriert gewesen sei und seit "unsere kleine Landwirtschaft dazu" geführt habe. Für ihre Haushaltsführung habe sie eine entsprechende "Belohnung" in Höhe von ungefähr 20-30 % seiner österreichischen Einkünfte regelmäßig vom Bw. erhalten. Der Bw. habe nicht tagtäglich heimfahren können, da der Beschäftigungsort vom Familienwohnsitz so weit entfernt sei, dass eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden könne und am Dienstort, trotz Bemühungen, keine geeignete Familienwohnung gefunden worden sei. Außerdem sei seine Gattin aufgrund ihrer Vormerkung als Arbeitsuchende bei ihrem zuständigen Arbeitsamt in Polen niemals im Stande gewesen, den Familienwohnsitz in Polen wegen der pflichtigen Kontrolltermine nach x zu verlegen. Dazu seien bis 2007 beide Töchter in Ausbildung gewesen. Aus diesem Grund hätten die vom Bw. noch finanziell abhängigen Kinder ihren Familienwohnsitz ins Ausland ebenfalls nicht verlegen können. Die Aufwendungen für Familienheimfahrten und Kosten der doppelten Haushaltsführung (ein jährlicher Betrag von € 2.150,40 bzw. € 2.764,80 entsprechend und pauschaliert) stünden dem Bw. daher nach wie vor zu, weil die Verlegung seines Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nach wie vor unzumutbar gewesen sei.

Der Bw. betonte weiters, dass der beantragte Alleinverdienerabsetzbetrag ebenfalls nicht berücksichtigt worden sei. In diesen Jahren sei er Alleinverdiener gewesen, weil er in diesen Jahren mehr als sechs Monate verheiratet gewesen sei und von seiner Ehefrau (polnische Staatsbürgerin, seit ebenfalls neue EU-Bürgerin) nicht dauernd getrennt gelebt und einen Antrag gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 gestellt habe.

Der im Akt aufliegenden Abfrage aus der Finanzdatenbank vom zufolge sind die beiden Töchter des Bw. am 1.1.111 (D) bzw. am 2.2.2222 (E) geboren. Folgender Aktenvermerk findet sich: "Gattin arbeitslos (AVAB ja)... Lw. Betrieb fragwürdig - Schwiegersohn... Töchter verheiratet über 18 (volljährig)"

Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Bw. aufgefordert, bis zum folgende Fragen zu beantworten: "1. Wie oft wurden Familienheimfahrten durchgeführt? (detaillierte Aufstellung, Benzinrechnungen, Fahrtenbuch und KFZ-Überprüfungsberichte) 2. Wurde ein Antrag auf Zuzug nach Österreich vom Ehegatten gestellt? 3. Nachweis über den landwirtschaftlichen Besitz und aus diesem erfließenden Ertrag: finanzbehördlicher Bescheid für jedes Jahr, Besitzblätter - Grundbuchsauszug"

In der Vorhaltsbeantwortung vom wird vom Bw. ausgeführt, dass die Familienheimfahrten nach C in Polen in den Berufungsjahren bis auf die Urlaubswochen praktisch wöchentlich durchgeführt worden seien, wobei eine Strecke 320 km betrage. Benzinrechnungen seien nicht gesammelt und auch ein Fahrtenbuch sei nicht geführt worden. Als Nachweis dafür, dass der Kraftstoff per Bankomat gezahlt werde, seien jedoch (mit datierte und im Akt aufliegende) kopierte Kontoauszüge mitgeschickt worden.

Darüber hinaus wurde vom Bw. eine Ablichtung seines Zulassungsscheines übermittelt, auf der das Datum der Erstzulassung in Polen (3.3.3333), das Kennzeichen (G), die Automarke (H), sowie die ausstellende Behörde ausdrücklich durch Umrandung hervorgehoben und mit handschriftlichen Erklärungen versehen wurde.

Den weiteren Ausführungen zufolge sei ein Antrag auf Zuzug nach Österreich von seiner Ehefrau und seinen Töchtern niemals gestellt worden und sei auch nicht zumutbar gewesen wegen Ausbildung der Töchter, Vormerkung der Gattin beim polnischen Arbeitsamt und Führung der Landwirtschaft. Diesbezüglich gab der Bw. an, dass seine Ehefrau seit die Landwirtschaft des Schwiegersohnes und Ehemannes von Tochter E (Herrn F) führe.

Folgende Unterlagen wurden dazu in Kopie vorgelegt:

a) Polnische Heiratsurkunde sowie beglaubigte Übersetzung vom

b) Geburtsurkunden der am a geborenen d und der am b geborenen e samt Übersetzung aus dem Polnischen vom

c) beglaubigte Übersetzung der Bescheinigung des Gemeindeamtes in I vom , wonach die Töchter des Bw. in C angemeldet sind.

d) beglaubigte Übersetzung aus dem Polnischen der Bescheinigung des Dekanates des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in J vom , derzufolge aa Studentin im 1. Jahr des Direktstudiums "SAM" ist.

e) beglaubigte Übersetzung aus dem Polnischen vom der Bestätigung über den Schulbesuch der Tochter ee für das Jahr 2003/2004

f) Übersetzung aus der polnischen Sprache vom und vom betreffend Bestätigung des Arbeitsamtes über die Registrierung der Ehefrau A als Arbeitslose in der Zeit vom bis

g) Übersetzung aus der polnischen Sprache vom und vom betreffend die Bescheinigung der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung in K, zufolge welcher die Ehefrau des Bw. der Sozialversicherung der Landwirte beginnend ab unterliegt

h) Übersetzung der Bezeugung des ständigen Wohnsitzes der A gemeinsam mit den beiden Töchtern und F in C , L, in der Gemeinde I vom

i) Übersetzung vom der Bescheinigung des Gemeindeamtes I , dass F Eigentümer der 6,0472 Ha betragenden Landwirtschaft in C , L ist.

j) Übersetzung vom der Abschrift aus dem Grundbuch mit der Nr. y vom

Im außerdem beiliegenden Jahresübersichtskalendarium für 2007 und 2008 finden sich Einträge über die vom Bw. durchgeführten Familienheimfahrten getrennt nach Heimreisen (mit x versehen) und Rückreisen (mit o gekennzeichnet). Im Ergebnis haben demnach im Jahr 2007 45 und im Jahr 2008 48 Familienheimfahrten stattgefunden.

Mit Berufungsvorentscheidungen vom wurde den vom Bw. eingebrachten Berufungen gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2007 und 2008 vom insofern Folge gegeben, als der Alleinverdienerabsetzbetrag mit jeweils 364,00 € zum Ansatz gebracht wurde. Hinsichtlich der begehrten Kosten für Familienheimfahrten wurden die Berufungen abgewiesen und dies im Ergebnis damit begründet, dass auf Grund der vorliegenden Unterlagen (die Kinder seien volljährig, die Gattin sei nicht erwerbstätig-arbeitslos, der landwirtschaftliche Betrieb sei im Besitz des Schwiegersohnes) weder auf eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes noch auf beruflich bedingte Grunde geschlossen werden könne.

Im Vorlageantrag vom führte der Bw. ins Treffen, dass die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung deshalb vorgelegen seien, weil seine Ehefrau am Ort des Familienwohnsitzes, in den Jahren 2007 und 2008 "unseren Haushalt sowie eine kleine Landwirtschaft (ab , vorher war sie als Arbeitsuchende beim Arbeitsmarkt vorgemerkt) in Polen nach wie vor führte" und beide Töchter bis Ende 2007 noch in Ausbildung gewesen seien.

Über die Berufung wurde erwogen:

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die vom Bw. unter dem Titel "doppelte Haushaltsführung/Familienheimfahrten" geltend gemachten Aufwendungen bei Ermittlung des Einkommens für die Jahre 2007 und 2008 als Werbungskosten abzugsfähig sind oder nicht.

Die für die Beurteilung des Berufungsfalles maßgebende Gesetzeslage sieht folgendes vor:

Gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind danach bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Zufolge § 16 Abs. 1 Ziffer 6 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt dabei: "a) Diese Ausgaben sind bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5) abgegolten. b) Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann werden zusätzlich als Pauschbeträge berücksichtigt: Bei einer Fahrtstrecke von 20 km bis 40 km 495 Euro jährlich 40 km bis 60 km 981 Euro jährlich über 60 km 1.467 Euro jährlich c) Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden anstelle der Pauschbeträge nach lit. b folgende Pauschbeträge berücksichtigt: Bei einer einfachen Fahrtstrecke von 2 km bis 20 km 270 Euro jährlich 20 km bis 40 km 1.071 Euro jährlich 40 km bis 60 km 1.863 Euro jährlich über 60 km 2.664 Euro (ab 2.931 Euro und ab 3.372 Euro) jährlich.

Zufolge § 16 Abs. 2 erster Satz EStG 1988 ist für Werbungskosten, die bei nichtselbständigen Einkünften erwachsen, ohne besonderen Nachweis ein Pauschbetrag von 132 Euro jährlich abzusetzen.

§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 idF des BGBl. Nr. 400/1988 bestimmt, dass die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen, was nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 auch für Aufwendungen der Lebensführung gilt, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Zu den nicht abzugsfähigen Aufwendungen zählen nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e außerdem Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c angeführten Betrag übersteigen.

Auf Basis der dargestellten Rechtslage lässt sich zusammenfassend folgendes festhalten:

Bereits aus dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 EStG 1988 geht hervor, dass abzugsfähige Werbungskosten nur vorliegen können, wenn Ausgaben konkret durch eine Tätigkeit veranlasst sind, die auf die Erzielung von außerbetrieblichen Einkünften ausgerichtet ist. Hängen Aufwendungen nicht ursächlich mit einer beruflichen Tätigkeit zusammen, so kommt ihnen auch nicht der Charakter von abzugsfähigen Werbungskosten zu. Solche Aufwendungen fallen vielmehr unter das Abzugsverbot des § 20 EStG 1988, welches darauf abzielt, die Einkommenserzielung von der steuerlich unbeachtlichen Einkommensverwendung abzugrenzen (vgl. Quantschnigg/Schuch, Handbuch zum EStG 1988, Stand: Oktober 1992, Tz 1 zu § 20, Seite 766 oder Doralt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Band II, Stand: Rz. 2 zu § 20).

§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 bestimmt etwa, dass Aufwendungen, die ihren Ursprung allein in der Privatsphäre des Steuerpflichtigen haben, keinesfalls abgezogen werden können. Daher sind Ausgaben des normalen Lebensbedarfes wie etwa Ernährung oder Wohnung bereits aufgrund dieser Bestimmung vom Abzug ausgeschlossen.

§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 schließt Ausgaben, die typischerweise der Privatsphäre zuzuordnen sind, von der Abzugsfähigkeit aus, auch wenn sie im Einzelfall beruflich veranlasst sein mögen, es sei denn, es handelt sich um durch die Einkünfteerzielung bedingte Mehraufwendungen (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, Stand: , Anm 4 zu § 20).

Aufwendungen für die Wohnung eines Steuerpflichtigen geltend als typische Haushaltsausgaben, deren Abzug daher grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Für Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Zweitwohnung gilt in der Regel nichts anderes. Daher können etwa Mehrkosten, die durch eine aus privaten Gründen bestehende Trennung von Wohnsitz und Arbeitsort hervorgerufen worden sind, steuerlich nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden. Diese Beurteilung erfährt nur dann eine Ausnahme, wenn dem Steuerpflichtigen durch eine Berufsausübung höhere Kosten entstehen, als sie ihm sonst erwachsen würden (so auch Braito, RdW 1985, Seite 321).

So dürfen die im Zusammenhang mit einem Doppelwohnsitz entstehenden Mehraufwendungen nach Lehre und Rechtsprechung dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn für die doppelte Haushaltsführung eine berufliche Veranlassung besteht (siehe Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, Stand: , Anm 13 zu § 20, Seite 14 oder ; , 96/15/0006; , 96/13/0129; , 98/13/0122).

Notwendige Voraussetzung für die berufliche Bedingtheit der doppelten Haushaltsführung ist daher primär, dass die Gründung eines zweiten Hausstandes an einem außerhalb des Familienwohnsitzes gelegenen Beschäftigungsort einen objektiven Zusammenhang mit der Berufstätigkeit aufweist (vgl. ; , 96/14/0177; , 2005/15/0079 oder , 2006/15/0047). Als Familienwohnsitz gilt dabei jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet, oder ein Alleinstehender seine engsten persönlichen Beziehungen hat (vgl. oder Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, Stand: , Anm 25 zu § 16, Seite 23).

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, ist zwar die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen (vgl. etwa ; , 96/15/0171; , 95/14/0059; , 2003/13/0154 und , 2005/13/0037). Rechtsprechung und Lehre lassen dennoch die Berücksichtigung von Kosten für die doppelte Haushaltsführung zu, wenn einem Erwerbstätigen Mehraufwendungen erwachsen, weil ihm eine tägliche Rückkehr an den Ort des eigenen Hausstandes bzw. eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung des Ortes der Erwerbstätigkeit nicht zumutbar ist (vgl. dazu ; , 2006/15/0047; , 2005/13/0037 oder Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, Stand: , Anm 25 zu § 16, Seite 22 bzw. Anm 13 zu § 20, Seite 13 oder Reinisch, RdW 2000, Seite 570).

Im Berufungsfall ergibt sich auf Basis des vorliegenden Akteninhaltes bzw. aufgrund des Parteivorbringens das folgende Sachverhaltsbild:

Der Bw. bezog in den Berufungsjahren aus seiner Tätigkeit bei B Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Den unbestritten gebliebenen und durch Vorlage von Kalendarium, Kontoauszügen und Zulassungsschein auch glaubhaft untermauerten Angaben nach wurden fast wöchentlich Heimfahrten nach Polen mit dem eigenen KFZ durchgeführt. Zufolge den vorgelegten Dokumenten lebt die Familie des Bw. gemeinsam mit seinem Schwiegersohn auf dessen landwirtschaftlich genutztem Grundbesitz in C , der in erster Linie der Eigenversorgung der Familie mit landwirtschaftlichen Produkten dient. Die vorliegende Aktenlage (Bescheinigung der Gemeinde, Bestätigung der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung, Registrierungsbescheinigung des Arbeitsamtes in Polen) steht im Einklang mit dem Vorbringen des Bw., wonach die Landwirtschaft des Schwiegersohnes zumindest seit von der Ehefrau des Bw. geführt wird. Dass A auch bereits im Jahr davor im landwirtschaftlichen Betrieb mitgeholfen hat, liegt nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates auf der Hand und steht zudem nicht im Widerspruch zum Aktenmaterial zufolge dessen die Ehefrau des Bw. bis Februar 2008 als arbeitsuchend registriert war.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in den zu Familienheimfahrten von Abgabepflichtigen mit Familienwohnsitz in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens ergangenen Erkenntnissen zum Ausdruck gebracht, dass auch die Bewirtschaftung einer kleinen Landwirtschaft, die lediglich der Eigenversorgung der Familie dient, einen Grund für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung darstellt (siehe zuletzt , und die dort zusätzlich angeführte weitere Judikatur).

Vor dem Hintergrund der höchstgerichtlichen Rechtsprechung erweist sich die Verlegung des Familienwohnsitzes bei der hier gegebenen Sachlage nach Auffassung des unabhängigen Finanzsenates als unzumutbar. Die dem Bw. durch die Familienheimfahrten entstandenen Aufwendungen stellen daher in nachstehendem Ausmaß abzugfähige Werbungskosten dar.

Berechnung der Kosten für Familienheimfahrten:

Den glaubhaft dargelegten Eintragungen im jeweiligen Kalendarium hat der Bw. in den Berufungsjahren 45 (2007) bzw. 48 (2008) Reisen nach Polen und retour nach x unternommen. Die vom Bw. mit dem eigenen PKW zurückgelegte einfache Fahrtstrecke nach Polen beträgt seinen Ausführungen zufolge 320 km. Die Höhe des Kilometergeldes wurde mit 0,09 € angesetzt. Vor dem Hintergrund, dass die ziffernmäßigen Angaben des Bw. vom Finanzamt nicht in Zweifel gezogen worden sind und daher außer Streit stehen, ergibt sich folgende Berechnung der Kosten für Familienheimfahrten:

2007:


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Hin- und Retourfahrten:
2 x 320 km=640km
45 Fahrten pro Jahr:
45 x 640 km=28.800 km
Berücksichtigung des amtlichen Kilometergeldes in €:
28.800 km x 0,09 €= 2.592,00 €

2008:


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Hin- und Retourfahrten:
2 x 320 km=640 km
48 Fahrten pro Jahr:
48 x 640 km=30.720 km
Berücksichtigung des amtlichen Kilometergeldes in €:
30.720 km x 0,09 €= 2.764,80 €

Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit werden wie folgt angesetzt:


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2007
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit lt. angefocht. Bescheid
20.554,04 €
Abzüglich Werbungskosten aus Familienheimfahrten
- 2.592,00 €
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit lt. BE
17.962,04 €
2008
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit lt. angefocht. Bescheid
23.745,35 €
Abzüglich Werbungskosten aus Familienheimfahrten
- 2.764,80 €
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit lt. BE
20.980,55 €

Alleinverdienerabsetzbetrag:

Die vom Bw. beantragte Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages erfolgte bereits im Wege der Berufungsvorentscheidungen vom . Der dort zum Abzug zugelassene Betrag von jeweils 364,00 € wurde vom Bw. nicht weiters beanstandet und gelangt auch im Rahmen der Berufungsentscheidung steuerkürzend zum Ansatz.

Der Berufung war daher in diesem Punkt Folge zu geben.

Beilage: 2 Berechnungsblätter

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
doppelte Haushaltsführung
Familienheimfahrten
Werbungskosten

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at