Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 02.05.2011, RV/1972-W/09

Kein Pauschbetrag für auswärtige Berufsausbildung eines Kindes bei gleichwertiger Ausbildungsmöglichkeit im Einzugsbereich

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Adr.Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2007 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) beantragte in der elektronisch eingelangten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2007 ua den Pauschbetrag für auswärtige Berufsausbildung ihres Sohnes für 4 Monate.

Mit Bescheid vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2007 wurden ua die Kosten für die auswärtige Berufsausbildung nicht anerkannt. Begründend wurde ausgeführt, dass Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes nicht als außergewöhnliche Belastung gelten würden, wenn auch im Einzugsbereich des Wohnortes eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit bestehe. Eine solche Möglichkeit sei im Falle der Bw gegeben, sodass die geltend gemachten Aufwendungen nicht zu berücksichtigen seien.

Mit Eingabe vom (eingelangt beim Finanzamt am ) erhob die Bw gegen den oa Bescheid Berufung. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gerade die entsprechende Ausbildungsmöglichkeit im Einzugsgebiet nicht gegeben sei. Ihr Sohn weise (erfreulicherweise) ein überdurchschnittliches musikalisches Talent auf. Daher besuche er eine Schule mit einem besonderen musikalischen Schwerpunkt. Eine solche stehe (leider) vor Ort nicht zur Verfügung, daher sei er gezwungen, unter Inkaufnahme verschiedener Nachteile andern Orts seine Ausbildung zu machen.

Sie beantrage daher den Bescheid entsprechend abzuändern.

Mit Berufungsvorentscheidung vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2007 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt:

"Allgemein bildende höhere Schulen (Gymnasium, Realgymnasium, Oberstufenrealgymnasium) sind als gleichwertig anzusehen, weil diese die Aufgabe, den Schülern eine umfassende und vertiefte Allgemeinbildung zu vermitteln, und sie zugleich zur Universitätsreife führen, gemeinsam ist.

Der Besuch der Schule in A. mit musikalischem Schwerpunkt vermittelt nicht die Berücksichtigung des Pauschbetrages für auswärtige Berufsausbildung eines Kindes, da auch im Einzugsgebiet eine vergleichbare Schule vorhanden ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Mit Eingabe vom stellte die Bw einen "Antrag auf Entscheidung über die Berufung vom durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz".

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass zwar im Einzugsgebiet eine allgemeinbildende höhere Schule vorhanden sei, aber leider keine höhere Schule im Einzugsgebiet eine musikalische Ausbildung mit Instrumentalunterricht anbieten würde. Dies sei im Umkreis nur in B. und A. gegeben. Ihr Sohn würde selbstverständlich in C. zur Schule gehen, wenn hier eine musikalische Ausbildung angeboten werden würde. Um eben diese absolvieren zu können, seien eine Reihe von Nachteilen in Kauf zu nehmen (zB nehme auch die Busverbindung auf die Bahnverbindung keine Rücksicht, wodurch oft Fahrzeiten von weit über 1,5 Stunden in einer Richtung entstehen würden).

Weiters möchte sie anführen, dass eine musikalische Universitätsausbildung eine entsprechende Instrumentalbeherrschung und vertiefte musikalische Grundausbildung, die über das Niveau einer allgemeinbildenden höheren Schule hinausgehe, voraussetze und durch eine Aufnahmeprüfung - im Unterschied zu vielen anderen Studienzweigen - auch überprüft werde. Auch von daher sei eine Gleichwertigkeit mit anderen Schulen nicht gegeben.

Mit Bericht vom wurde die oa Berufung dem UFS zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist, ob die Ausbildung des Sohnes der Bw am Oberstufenrealgymnasium in A. mit Instrumentalunterricht mit der Ausbildung an einer Oberstufe eines Gymnasiums bzw Realgymnasiums iSd § 34 (8) EStG 1988 im Einzugsbereich des Wohnortes gleichwertig ist.

Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb der Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 € pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

In der zu dieser Norm ergangenen Verordnung des Bundesminister für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl Nr. 624/1995, in der Fassung BGBl. II Nr. 449/2001 (in der Folge kurz: "Verordnung"), wird dazu ergänzend ausgeführt:

"§ 1 Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, liegen nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.

§ 2 (1) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 anzuwenden.

(2) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als eine Stunde beträgt. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 als nicht mehr zumutbar.

(3) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km gelten als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnsitzes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (zB Unterbringung in einem Internat)."

Im Einzugsbereich des Wohnortes des Sohnes der Bw in der Nähe von C. befindet sich ua ein Bundesgymnasium (BG). Diese Schulen sind, wie das vom Sohn der Bw besuchte Oberstufenrealgymnasium in A. mit musikalischem Schwerpunkt, allgemeinbildende höhere Schulen, die mit der Reifeprüfung abgeschlossen werden.

Bei der Auslegung der Voraussetzung des § 34 Abs. 8 EStG 1988 "entsprechende Ausbildungsmöglichkeit" wird nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf einen gleichartigen Ausbildungsabschluss und auf die Vergleichbarkeit der Ausbildung ihrer Art nach abgestellt. Dies gilt nicht nur für die Ausbildung an einer Hochschule, sondern an einer Schule schlechthin. Die Formulierung "entsprechende" ist sohin nicht im Sinne von "gleich", sondern "gleichwertig" zu verstehen (vgl etwa die Erkenntnisse vom , 86/14/0137, vom , 86/14/0101, und vom , 97/14/0068).

Der § 3 des Schulorganisationsgesetzes bietet eine grundsätzliche Gliederung der österreichischen Schulen. Die besonderen Bestimmungen über die Schulorganisation finden sich im II. Hauptstück und in dessen Abschnitt II die Regelungen zu den allgemein bildenden höheren Schulen.

§ 36 des Schulorganisationsgesetzes nennt als Formen der allgemein bildenden höheren Schulen Gymnasium, Realgymnasium und Wirtschaftskundliches Realgymnasium als Schulen mit Unter und Oberstufe, das Oberstufenrealgymnasium als Schule mit Oberstufe, wobei die Oberstufe in beiden Fällen je vier Schulstufen umfasst.

Eine allgemein bildende höhere Schule unter Berücksichtigung der musischen oder der sportlichen Ausbildung ist gemäß § 37 Abs. 1 Z 4 des Schulorganisationsgesetzes eine Sonderform der allgemein bildenden höheren Schulen. Nach § 37 Abs. 5 des Schulorganisationsgesetzes können allgemein bildende höhere Schulen oder einzelne ihrer Klassen unter Berücksichtigung der musischen oder der sportlichen Ausbildung als Sonderformen geführt werden. Der Ausbildungsgang umfasst dieselbe Anzahl von Schulstufen wie die entsprechenden im § 36 genannten Formen, sofern nicht eine Verlängerung zur Erreichung des angestrebten Bildungszieles erforderlich ist.

Die Lehrpläne der Sonderformen haben sich gemäß § 39 Abs. 4 des Schulorganisationsgesetzes unter Bedachtnahme auf die besonderen Aufgaben dieser Schulen im Wesentlichen nach den Lehrplänen der entsprechenden im § 36 genannten Formen zu richten, wobei das Angebot von Wahlpflichtgegenständen (Abs. 1 Z 3) entfallen kann; bei Entfall von Wahlpflichtgegenständen können entsprechende Freigegenstände geführt werden.

Der Bildungsgang aller allgemein bildenden höheren Schulen wird gemäß § 41 des Schulorganisationsgesetzes durch die Reifeprüfung abgeschlossen.

Formen und Umfang der Reifeprüfung sind in der Verordnung des Bundesminister für Unterricht, Kunst und Sport vom über die Reifeprüfung in den allgemein bildenden höheren Schulen, idgF, geregelt. Durch die verschiedensten Kombinationsmöglichkeiten haben es die Schüler sehr weit gehend in der Hand, nicht nur die Form der Reifeprüfung zu wählen, sondern insbesondere auch die Prüfungsgebiete.

Im gegenständlichen Fall wird der Bildungsgang des Sohnes der Bw durch die Ablegung der Reifeprüfung an einer allgemein bildenden höheren Schule abgeschlossen. Dies berechtigt ihn zum Besuch einer Universität, bzw Fachhochschule, für die die Reifeprüfung Zulassungsvoraussetzung ist (§ 41 des Schulorganisationsgesetzes).

Der Pauschbetrag ist bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zu gewähren, wenn eine der Art nach vergleichbare Ausbildung im Nahebereich des Wohnortes nicht möglich ist.

Der Verwaltungsgerichtshof stellt sowohl bei Schulen als auch bei Hochschulen und Universitäten auf einen gleichwertigen (Hoch)Schulabschluss ab. Zur Gleichwertigkeit der Schulabschlüsse etwa mittlerer oder höherer Schulen (zB Gymnasium) hat sich der VwGH bisher nicht geäußert. Aus dem Erkenntnis , 2003/15/0058, dürfte abzuleiten sein, dass der VwGH jedenfalls Sonderformen öffentlicher Schulen als mit deren Stammform vergleichbar erachten wird. Der UFS (Linz), Senat 7 (Referent, , RV/1061-L/06) hat ein Oberstufenrealgymnasium (mit bestimmten Ausbildungsschwerpunkten) einem Gymnasium und Realgymnasium als entsprechend angesehen (s. Wanke in MSA,EStG () § 34 Anm 63).

Nach Ansicht des UFS werden etwa demzufolge allgemeinbildende höhere Schulen (§ 36 SchOG; Gymnasium, Realgymnasium, Wirtschaftskundliches Realgymnasium, Oberstufenrealgymnasium) als gleichwertig anzusehen sein, da es diesen gemeinsam ist, die Aufgabe, den Schülern eine umfassende und vertiefte Allgemeinbildung zu vermitteln und sie zugleich zur Universitätsreife zu führen (§ 34 SchOG), zu haben, während hingegen bei den berufsbildenden höheren Schulen (§ 67 SchOG, Höhere technische und gewerbliche Lehranstalten, Handelsakademien, Höhere Lehranstalten für wirtschaftliche Berufe) die Aufgabe der einzelnen Schularten - neben der Universitätsreife höhere allgemeine und fachliche Bildung, die zur Ausübung eines gehobenen Berufes auf technischem, gewerblichem, kunstgewerblichem, kaufmännischen, hauswirtschaftlichen und sonstigen wirtschaftlichem Gebiet befähigt - deutlich differenzieren und etwa ein Wechsel von einer HAK zu einer HTL wesentlich aufwendiger als ein solcher zwischen Gymnasium und Realgymnasium ist.

Zusammenfassend vertritt der UFS im gegenständlichen Fall die Ansicht, dass die Ausbildung an einem Oberstufenrealgymnasium mit Ausbildungsschwerpunkt Musik (Instrumentalunterricht) mit der an der Oberstufe eines Gymnasiums bzw Realgymnasiums gleichwertig ist, zumal der Abschluss des Bildungsganges an all diesen Schulen durch Ablegung der Reifeprüfung erfolgt.

Die Frage, aus welchen Prüfungen und insbesondere aus welchen Prüfungsgegenständen sich die Reifeprüfung im Einzelfall zusammensetzt, ist im Wesentlichen nicht durch die Form der Schule bestimmt, sondern weitgehend durch die Wahl des Schülers.

Seitens des UFS wird nicht in Abrede gestellt, dass die Ausbildung sowohl für die spätere Berufslaufbahn des Sohnes als auch für dessen sonstige Entwicklung von Vorteil sein mag; dieser Umstand führt aber noch nicht zu einer steuerrechtlich erforderlichen Zwangsläufigkeit der damit verbundenen Aufwendungen (vgl ). Es ist nämlich durchaus üblich, dass Eltern im Interesse einer möglichst guten und umfassenden Ausbildung für ihr Kind neben der gesetzlich geregelten Unterhaltspflicht freiwillig und ohne sittliche Verpflichtung weitere Kosten auf sich nehmen (vgl ).

Der Pauschbetrag steht daher der Bw für die Ausbildung ihres Sohnes am Oberstufenrealgymnasium in A. aus den oa Gründen nicht zu.

Es war daher aus oa Gründen spruchgemäß zu entscheiden.

Ergeht auch an Finanzamt

Wien, am

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