TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 22.07.2009, RV/3363-W/08

Geschäftsführerhaftung, Einrede der Verjährung, Zustellungsprobleme

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/16/0192 eingebracht. Einstellung des Verfahrens mit Beschluss vom .


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/3363-W/08-RS1
Dem Einwand, dass nur gegenüber der Gesellschaft, nicht aber gegenüber dem Haftungspflichtigen selbst einhebungsverjährungsunterbrechende Einbringungsmaßnahmen gesetzt worden wären, ist zu entgegnen, dass Unterbrechungshandlungen anspruchsbezogen wirken. Sie unterbrechen somit die Verjährung gegenüber jedem, der als Zahlungspflichtiger in Betracht kommt, ohne dass es rechtlich von Bedeutung wäre, gegen wen sich solche Amtshandlungen richten ().

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Dr. Edwin Morent, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Spiegelgasse 19, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom wurde das über das Vermögen der N-GmbH beantragte Konkursverfahren mangels Vermögens abgewiesen. Gemäß § 39 FBG war die Gesellschaft daher aufgelöst.

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt den Berufungswerber (Bw.) als ehemaligem Geschäftsführer der N-GmbH um Bekanntgabe, ob die Gesellschaft über Mittel verfüge, die die Entrichtung der aushaftenden Abgaben ermöglichen würden, andernfalls er zur Haftung nach § 9 BAO herangezogen werde, es sei denn, er könne beweisen, dass er ohne Verschulden daran gehindert gewesen wäre, für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen. Der Bw. werde auch ersucht, anzugeben, ob andere anfallende Zahlungen geleistet worden wären. Außerdem mögen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Bw. anhand des beigelegten Fragebogens dargelegt werden.

Dieser Vorhalt wurde zweimal retourniert (neuerliche Zustellversuche am und am ) wegen Ortsabwesenheit bis bzw. bis . Zuletzt wurde das Schreiben hinterlegt, kam aber wegen Nichtbehebung wieder an das Finanzamt zurück. Am wurde das Schriftstück ohne Rückschein an dieselbe Adresse versendet.

Laut Meldeamtsanfrage war der Bw. an der Zustelladresse zuletzt vom bis sowie vom bis dato als Hauptwohnsitz gemeldet. Andere Meldungen scheinen für diesen Zeitraum nicht auf.

Mit Schreiben vom teilte der Bw. mit, dass er erst jetzt das Schreiben im Wege einer Nachsendung erhalten hätte. Auf Grund von häufigen Ortsabwesenheiten wäre er voraussichtlich erst wieder im Herbst an der Abgabestelle anzutreffen. Er vermute aber auf Grund der Steuernummer, dass er von dieser Angelegenheit nicht betroffen wäre, und ersuche das Finanzamt, sich an M.K., F.M. und W.G. zu wenden.

Mit Bescheid vom wurde der Bw. gemäß § 9 Abs. 1 BAO i.V.m. § 80 BAO als ehemaliger Geschäftsführer der N-GmbH für Abgaben in der Höhe von € 28.838,92, nämlich Körperschaftsteuer 1997 sowie Umsatzsteuer 1998 und 1999, zur Haftung herangezogen.

Der erste Zustellversuch war wiederum nicht erfolgrech, da der Bescheid mit dem Vermerk der Ortsabwesenheit bis retourniert wurde. Am wurde der Bescheid neuerlich versendet, durch Hinterlegung am zugestellt und diesmal behoben.

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Berufung wandte der Bw. ein, dass dem Haftungsbescheid eine Begründung fehle, was im eklatanten Gegensatz zu § 93 BAO stehe. Selbst wenn er grundsätzlich zur Haftung herangezogen werden könnte, wäre der Bescheid dennoch verfehlt, weil die fünfjährige Verjährungsfrist abgelaufen wäre.

Mit Schreiben vom reichte das Finanzamt eine Begründung nach, indem es das Gesetz und die bezughabende Judikatur zitierte sowie angab, dass der Bw. im Zeitraum vom bis handelsrechtlicher Geschäftsführer der N-GmbH und damit verpflichtet gewesen wäre, die Abgaben aus den Gesellschaftsmitteln zu entrichten. Dazu obliege ihm der Nachweis des Fehlens ausreichender Mittel bzw. des pflichtgemäßen Verhaltens.

Außerdem hätte der Bw. im Zeitraum von 1993 bis 2002 keine oder nur unzureichende Zahlungen für Selbstbemessungsabgaben geleistet und hätte es verabsäumt, für eine gleichmäßige Befriedigung aller Verbindlichkeiten Sorge zu tragen, weshalb er seine Pflichten gegenüber der Abgabenbehörde verletzt hätte.

Darauf replizierte der Bw. am , dass die Nachlieferung der Begründung, die zudem mit ihm und der konkreten Haftung nichts zu hätte, einen untauglichen Versuch darstelle, der Nichtigkeit zu entgehen. Weiters hafte der Vertreter einer juristischen Person nur dann, wenn die Einbringlichkeit bei der Gesellschaft nicht möglich wäre. Dazu würden aber Feststellungen fehlen. Primäre Voraussetzung wäre gewesen, die Abgaben bei der GmbH einbringlich zu machen und den Geschäftsführer auf allfällige Haftungsfolgen aufmerksam zu machen, damit dieser in der Lage wäre, den von ihm geforderten Entlastungsbeweis zu erbringen. Dazu wäre ihm aber keine Gelegenheit geboten worden.

Mit weiterem Schreiben vom teilte der Bw. mit, dass "das Schriftstück" (gemeint wohl der Vorhalt vom ) ihm mangels Abholung vom Postamt praktisch nicht zugekommen wäre, und beantragte dessen Übermittlung.

Daraufhin ersuchte das Finanzamt im Schreiben vom den Bw. um Bekanntgabe, ob die Schriftstücke der Finanzverwaltung in diesem Haftungsverfahren an den ausgewiesenen steuerlichen Vertreter zugestellt werden dürfen. Außerdem wurde ihm die Chronologie der Zustellversuche des Vorhalts vom mitgeteilt und darauf verwiesen, dass alle im Haftungsbescheid genannten Abgaben dem Gleichbehandlungsgrundsatz unterliegen würden. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliege dem Vertreter. Nur bei Nachweis der anteilsmäßigen Befriedigung der Gläubiger hafte der Bw. lediglich für die Differenz des an die Abgabenbehörde in zu geringer Höhe entrichteten Betrages.

Der verlässlichen Beurteilung des Nichtvorliegens eines Verschuldens im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO wären auch für jede einzelne haftungsgegenständliche Abgabe die an dritte Gläubiger geleisteten Zahlungen vom Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld bis zur Fälligkeit, wobei auch die Zahlungen von Zug-um-Zug-Geschäften und laufende Zahlungen miteinzubeziehen wären, sowie der Schuldenstand gegenüber dritten Gläubigern zum Fälligkeitszeitpunkt offenzulegen.

Dieses Schreiben blieb jedoch unbeantwortet.

Am legte das Finanzamt die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat vor und berichtete, dass der Begründungsmangel behoben wäre. Allerdings wäre eine Zusammenarbeit mit dem Finanzamt erschwert. Auch wären weitere Ermittlungen des Finanzamtes mangels Vorhaltsbeantwortung nicht möglich. Weiters liege eine Einhebungsverjährung deshalb nicht vor, weil im Jahr 2002 Einbringungsversuche bei der Gesellschaft vorgenommen worden wären.

Als Replik auf den Vorlagebericht brachte der Bw. mit Schreiben vom vor, dass die Zustellversuche vom und nicht nur wirkungslos, sondern rechtlich ohne Bedeutung wären, da die Rückscheinbriefe mangels Zustellung an die absendende Behörde zurückgestellt worden wären. Wenn in der Folge eine Wiederholung ohne Rückscheinbrief erfolgt wäre, liege kein Zustellnachweis vor und den Vorschriften des Zustellgesetzes wäre nicht Rechnung getragen. Unabhängig davon werde dargelegt, dass an der Zustelladresse A-Straße der Bw. in der relevanten Zeitspanne nicht wohnhaft oder auch nur aufhältig gewesen wäre, da es sich hierbei um die ehemals eheliche Wohnung gehandelt hätte, aus der der Bw. augezogen gewesen und die von seiner ehemaligen Ehefrau und den Kindern benützt worden wäre.

Verfehlt wäre die Rechtsmeinung, der Verjährungslauf wäre unterbrochen, weil Einbringungsversuche bei der Firma unternommen worden sein sollten. Es gehe ja nicht um die Richtigkeit der Steuerforderungen gegenüber der Kapitalgesellschaft, sondern um die Haftung des Vertreters. Gegen diesen wären keine Einbringungsversuche unternommen worden, was ja auch mangels Vorliegens eines Exekutionstitel (Haftungsbescheides) nicht möglich gewesen wäre.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a BAO gilt sinngemäß.

Gemäß § 238 Abs. 2 BAO wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Die haftungsgegenständlichen Abgaben waren am (Umsatzsteuer 1998), am (Körperschaftsteuer 1997 - erstmalige Festsetzung) und am (Umsatzsteuer 1999) fällig. Die Verjährung wäre demnach frühestens am bzw. 2005 eingetreten.

Dem Einwand des Bw., dass die haftungsgegenständlichen Abgaben gemäß § 238 BAO verjährt wären, ist die Aktenlage entgegenzuhalten, wonach ab (dem ältesten Fälligkeitstag) folgende Unterbrechungshandlungen, die die fünfjährige Einhebungsverjährungsfrist jeweils neu in Gang setzten, gesetzt wurden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Unterbrechungshandlung
Datum
Verjährt am
Festsetzungsbescheide der haftungsgegenständlichen Abgaben
Bescheid über die Bewillung einer Aussetzung der Einhebung
Verfügung des Ablaufes der bewilligten Aussetzung
Meldeamtsanfrage
Vorhalt vor Haftungsinanspruchnahme vom , zugekommen am
Haftungsbescheid

Daraus erhellt, dass eine Verjährung der Einhebung nach § 238 Abs. 1 BAO zufolge der regelmäßigen Unterbrechungshandlungen nach § 238 Abs. 2 BAO nicht eingetreten ist. Dies gilt auch für die übrigen haftungsgegenständlichen Abgaben, da trotz unterschiedlicher Fälligkeitstage auf Grund der Vielzahl der Einhebungsmaßnahmen die Einhebungsverjährung insgesamt noch nicht eingetreten ist.

Dem Einwand des Bw., dass nur gegenüber der Gesellschaft, nicht aber gegenüber dem Bw. selbst einhebungsverjährungsunterbrechende Einbringungsmaßnahmen gesetzt worden wären, muss die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegengehalten werden, wonach seit der Entscheidung des verstärkten Senates vom , 91/13/0037, dieser in ständiger Rechtsprechung der Ansicht ist, dass Unterbrechungshandlungen anspruchsbezogen wirken, sie somit die Verjährung gegenüber jedem unterbrechen, der als Zahlungspflichtiger in Betracht kommt, ohne dass es rechtlich von Bedeutung wäre, gegen wen sich solche Amtshandlungen richten (zB ).

Dem Vorbringen des Finanzamtes, dass im Jahr 2002 gegen die Gesellschaft Vollstreckungsmaßnahmen gesetzt wurden, kann allerdings nicht gefolgt werden, da diese im Mai bzw. September 2002 erfolgten, daher vor Erlassung der der Haftung zu Grunde liegenden Bescheide, weshalb sich die Eintreibungsmaßnahmen nicht gegen den gegenständlichen Abgabenrückstand richten und eine wirksame Unterbrechungshandlung darstellen konnten.

Enthält ein Bescheid die Ankündigung, dass noch eine Begründung zum Bescheid ergehen wird, so wird gemäß § 245 Abs. 1 BAO die Berufungsfrist nicht vor Bekanntgabe der fehlenden Begründung oder der Mitteilung, dass die Ankündigung als gegenstandslos zu betrachten ist, in Lauf gesetzt.

Gemäß § 245 Abs. 2 BAO wird der Lauf der Berufungsfrist durch einen Antrag auf Mitteilung der einem Bescheid ganz oder teilweise fehlenden Begründung gehemmt.

Da das Gesetz in § 245 Abs. 1 und 2 BAO die Möglichkeit vorsieht, eine Begründung als wesentlichen Bestandteil nach § 93 Abs. 3 lit. a BAO nachzureichen, wird dadurch im Falle eines diesbezüglichen Antrages lediglich die Berufungsfrist nicht in Gang gesetzt bzw. gehemmt, bewirkt aber entgegen der Rechtsansicht des Bw. keine Nichtigkeit und auch keinen untauglichen Versuch zur Beseitung der Nichtigkeit des Bescheides.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().

Im gegenständlichen Fall steht entgegen der Ansicht des Bw. die Uneinbringlichkeit fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom das über das Vermögen der N-GmbH beantragte Konkursverfahren mangels Vermögens abgewiesen wurde und die Gesellschaft gemäß § 39 FBG daher aufgelöst war.

Unbestritten ist, dass dem Bw. als Geschäftsführer der N-GmbH im Zeitraum vom bis (Antrag auf Änderung beim Firmenbuchgericht eingelangt) die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Obwohl die Festsetzungen der gegenständlichen Nachforderungen auf Grund einer abgabenbehördlichen Betriebsprüfung erst am erfolgten, waren die bereits früheren Fälligkeitstage für die Frage der schuldhaften Pflichtverletzung entscheidend, da sich der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, danach bestimmt, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (). Bei Selbstbemessungabgaben wie der Umsatzsteuer ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (); maßgebend ist daher ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird (). Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben wie der Körperschaftsteuer ist grundsätzlich die erstmalige Abgabenfestsetzung entscheidend ().

Wie bereits zur Frage der Verjährung ausgeführt, waren daher die Fälligkeitstage (Umsatzsteuer 1998), (Körperschaftsteuer 1997) und (Umsatzsteuer 1999) maßgebend und die Nichtentrchtung der Abgaben daher vom Bw. zu vertreten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht ().

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

Im gegenständlichen Fall bringt der Bw. jedoch keine triftigen Gründe, aus denen ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen wäre, vor. Insbesondere wurde nicht behauptet, dass dem Bw. keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden wären.

Am Bw., dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, wäre es gelegen gewesen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().

Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Den im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderte Liquiditätsstatus - in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankommt - hat der Bw. jedoch nicht aufgestellt.

Dem Einwand, dass der Vorhalt vom dem Bw. nicht zugekommen wäre, muss entgegnet werden, dass zwar die beiden ersten am 13. Juli sowie am unternommenen Zustellversuche wegen Ortsabwesenheit des Bw. fehlgeschlagen waren, jedoch die dritte Zustellung durch Hinterlegung wirksam vorgenommen wurde. Da das Schriftstück nicht behoben wurde, wurde es ohne Rückschein nochmals versendet, weshalb der Bw. es bereits zu diesem Zeitpunkt tatsächlich erhalten haben müsste, da der Post keine Ortsabwesenheit bekanntgegeben worden war. Sollte dies auch nicht der Fall gewesen sein (weil es etwa seine geschiedene Exfrau zurückgehalten hätte) kam es dem Bw. laut seinem Schreiben vom zumindest spätestens an diesem Tag zu. Verwiesen wird allerdings auf den Auszug aus dem Meldeamtsregister, aus dem hervorgeht, dass der Bw. an der Zustelladresse A-Straße zuletzt vom bis sowie vom bis dato als Hauptwohnsitz gemeldet war und andere Meldungen für diesen Zeitraum nicht aufscheinen.

Zumindest seit dem behaupteten faktischen Erhalt des Schreibens am hätte der Bw. bis zur Erlassung des angefochtenen Haftungsbescheides vom darauf in geeigneter Weise entsprechend reagieren können.

Darüber hinaus wurde der Bw. auch in der nachgereichten Begründung vom sowie im Vorhalt vom in noch umfangreicherer Weise als im monierten Schreiben vom darauf hingewiesen und aufgefordert, Gleichbehandlungsnachweise zu erbringen.

Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung der Bw. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht ().

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bw. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bw. als Haftungspflichtiger für die Abgabenschuldigkeiten der N-GmbH zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 238 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
Zitiert/besprochen in
UFS Newsletter 2009/06
taxlex 2009, 484

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at