OGH vom 12.04.2005, 1Ob70/05h
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ann-Mari N*****, vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei Ingrid P*****, vertreten durch Nemetz & Nemetz, Rechtsanwalts-KEG in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 38 R 252/04x-17, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Ob den Mieter, der nach Klagseinbringung den geschuldeten Betrag entrichtet, am Zahlungsrückstand grobes Verschulden trifft (§ 33 Abs 2 MRG), ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Die Revision ist nur dann zulässig, wenn das Berufungsgericht den ihm bei der Beurteilung des groben Verschuldens eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten hat (8 Ob 206/99y; 7 Ob 187/03f = MietSlg 55.392; 1 Ob 274/03f; RIS-Justiz RS0042773). Dies ist hier nicht der Fall.
Zahlt der Mieter den Mietzins nicht, weil er wirtschaftliche Schwierigkeiten hat, hat er auch zu beweisen, dass er die Schwierigkeiten nicht verschuldet hat (wobl 1997/8; immolex 2004/10 mwN).
Die Beklagte ließ es schon mehrfach zu Mietzinsrückständen wegen behaupteter finanzieller Schwierigkeiten kommen und befand sich seit Beginn 2003 stets mit ein bis zwei Monatsmieten im Rückstand. Seit März oder April 2003 reagierte sie auf Mahnungen überhaupt nicht mehr. Unmittelbar nach Klagseinbringung betreffend die Monatsmieten Juli bis September 2003 beglich sie den Rückstand, bezahlte in der Folge jedoch zumindest die November- und Dezembermiete erst nach Einbringung der gegenständlichen Klage. Dies begründete die Beklagte damit, dass sie sich im Jahr 2003 bis zum Tod des Lebensgefährten ihrer Schwester intensiv dessen Pflege gewidmet habe, was zu einer starken psychischen Belastung und einer Vernachlässigung ihrer beruflichen Tätigkeit, vor allem der Eintreibung der Honorare, geführt habe.
Diese gewiss belastenden persönlichen Umstände rechtfertigen die Vorgangsweise der Beklagten aber nicht, zumal sie nicht darzustellen vermochte, warum ihr nicht zumindest eine Kontaktaufnahme zur den Mietzins einmahnenden Hausverwaltung möglich gewesen wäre. Angesichts der oftmaligen Zahlungsverzögerungen und des Umstands, dass die Beklagte die mit ihrer eigenen Lebensführung verbundenen Belange völlig vernachlässigte, nach Klagseinbringung aber offenbar sofort die erforderlichen Mittel aufbrachte, um die rückständigen Mieten zu begleichen, ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der Beklagten sei grobe Fahrlässigkeit anzulasten, jedenfalls vertretbar (vgl 8 Ob 47/03z = ecolex 2003, 834).
Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.
Fundstelle(n):
BAAAD-06865