Anspruchszinsenbescheid an im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Nachforderung gebunden
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Kittinger und die weiteren Mitglieder Hofrätin Mag. Regine Linder, Gottfried Hochhauser und Gerhard Mayerhofer über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 9., 18., und 19. Bezirk und Klosterneuburg vom betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, in Abwesenheit der Berufungswerberin und ihres steuerlichen Vertreters durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Auf Grund der von der Betriebsprüfung erlassenen und zu Nachforderungen führenden Einkommensteuerbescheide der Jahre 2000-2002 setzte das Finanzamt mit Bescheiden vom Anspruchszinsen betreffend
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für
den Zeitraum | in
Höhe von € | |
Einkommensteuer
2000 | - | 1.371,26 |
Einkommensteuer
2001 | - | 627,31 |
Einkommensteuer
2002 | - | 588,60 |
fest.
In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Berufung beantragte die Berufungswerberin (Bw.) die Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung vor dem Berufungssenat und wandte ein, dass diese Bescheide deshalb rechtswidrig wären, weil sie ihr verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzen würden und überdies kein Sachverhalt vorliege, welcher die Finanzbehörde berechtigen würde, solche Zinsen vorzuschreiben. Dies vor allem deswegen, weil alle für die Besteuerung maßgebenden Umstände bereits bei der Abgabe der Steuererklärungen der jeweiligen Jahre vollkommen offengelegt und daher der Finanzbehörde bekannt gewesen wären.
Die zunächst für den ausgeschriebene mündliche Verhandlung vor dem Berufungssenat wurde auf Grund der Vertagungsbitte des steuerlichen Vertreters der Bw. abberaumt und auf den verschoben. Mit Schreiben vom teilte Dr. H. mit, dass die Bw. zu diesem Termin krankheitsbedingt verhindert sei. Da diese aber unbedingt an der Verhandlung teilnehmen wolle, um die Angelegenheit vor dem Senat zu erörtern, wurde ersucht, die Verhandlung abermals abzuberaumen, wobei sich ihr gesundheitlicher Zustand in etwa zwei Monaten verbessern würde.
Mit Schreiben vom erließ der Unabhängige Finanzsenat eine nicht abgesondert bekämpfbare verfahrensleitende Verfügung, mit der der Vertagungsantrag abgewiesen wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass zur Ermittlung des Sachverhaltes das persönliche Erscheinen der Bw. nicht erforderlich wäre, da die streitverfangenen Anspruchszinsenbescheide untrennbar mit dem Schicksal der zugrundeliegenden Einkommensteuerbescheide verbunden wären. Aus dem Gesetzeswortlaut des § 205 Abs. 1 BAO würde sich ergeben, dass jede Nachforderung bzw. Gutschrift an Einkommen- oder Körperschaftsteuer automatisch einen Zinsenbescheid auslösen würde. Da dieser Zinsenbescheid aber an die im Spruch des zur Nachforderung oder Gutschrift führenden Bescheides ausgewiesene Nachforderung oder Gutschrift gebunden sei, wäre er nicht mit Aussicht auf Erfolg mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig.
Daraufhin beantragte die Bw. mit Schreiben vom zum Beweis dafür, dass ihre Immobilienmaklertätigkeit unternehmerisch organisiert und auch auf Gewinn gerichtet gewesen wäre, die zeugenschaftliche Einvernahme von P.F., Immobilienmakler, Dipl.-Ing. M.M., Immobilienmakler, Dr. G.G., Rechtsanwalt, A.B., Unternehmerin, sowie Dkfm. H.K., Unternehmer. Darüber hinaus beantragte die Bw. zu diesem Beweisthema auch ihre Einvernahme als Partei.
Da weder die Bw. noch ihr steuerlicher Vertreter zu der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung erschienen waren, wurde die Verhandlung nach Beschluss des Senates in Abwesenheit der Bw. durchgeführt.
Hinsichtlich des vorgenannten Beweisantrages der Bw. fasste der Senat den Beschluss auf Abweisung, da die Frage der Einkunftsquelleneigenschaft der Immobilienmaklertätigkeit der Bw. eindeutig die Abgabenfestsetzung betreffen würde und daher für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der dieses Verfahren betreffenden Anspruchszinsen nicht entscheidungsrelevant wäre.
Der Vertreter des Finanzamtes beantragte die Abweisung der Berufung und verwies auf das bisherige schriftliche Vorbringen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind gemäß § 205 Abs. 1 BAO für den Zeitraum ab dem 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen).
Gemäß § 205 Abs. 2 BAO betragen die Anspruchszinsen 2 % über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Differenzbeträge zu Gunsten des Abgabepflichtigen sind gemäß Abs. 5 nur insoweit zu verzinsen (Gutschriftszinsen), als auch die nach Abs. 1 gegenüberzustellenden Beträge entrichtet sind.
Der Abgabepflichtige kann, auch wiederholt, auf Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer Anzahlungen dem Finanzamt bekannt geben. Anzahlungen sowie Mehrbeträge zu bisher bekannt gegebenen Anzahlungen gelten für die Verrechnung nach § 214 BAO am Tag der jeweiligen Bekanntgabe als fällig (§ 205 Abs. 3 BAO).
Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Anspruchszinsen gemäß Abs. 6 insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als der Differenzbetrag (Abs. 1) Folge eines rückwirkenden Ereignisses (§ 295a BAO) ist und die Zinsen die Zeit vor Eintritt des Ereignisses betreffen.
Anspruchszinsen sind mit Abgabenbescheid festzusetzen, wobei Bemessungsgrundlage die jeweilige Nachforderung oder Gutschrift ist. Werden nach Beginn des zinsenrelevanten Zeitraumes mehrere zu Differenzbeträgen führende Bescheide erlassen, so löst jeder dieser Bescheide einen neuen Anspruchszinsenbescheid aus. Bemessungsgrundlage ist die jeweilige Nachforderung oder Gutschrift.
Aus dem Vorbringen der Bw., dass alle für die Besteuerung maßgebenden Umstände bereits bei der Abgabe der Steuererklärungen der jeweiligen Jahre vollkommen offengelegt und daher der Finanzbehörde bekannt gewesen wären, lässt sich nichts gewinnen, da die zu den Nachforderungen führenden Prüfungsfeststellungen entgegen der Ansicht der Bw. aus den vorgelegten Erklärungen weder erkennbar noch ableitbar waren. Der Einwand ginge aber selbst bei Zutreffen der vollständigen Offenlegung ins Leere, weil nach dem Willen des Gesetzgebers durch § 205 BAO mögliche Zinsvorteile unabhängig davon ausgeglichen werden sollen, ob ein Verschulden der Abgabenbehörde und/oder des Abgabepflichtigen am Zeitpunkt der Abgabenfestsetzung vorliegt.
Darüber hinaus ist eine Anfechtungsmöglichkeit mit der Begründung, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig, ohnedies nicht gegeben, da der Zinsenbescheid an die im Spruch des zur Nachforderung oder Gutschrift führenden Bescheides ausgewiesene Nachforderung bzw. Gutschrift gebunden ist. Dieser Einwand war daher nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Anspruchszinsen in Frage zu stellen.
Dem Einwand der Bw., dass die angefochtenen Bescheide ihr verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzen würden, muss entgegengehalten werden, dass die Verpflichtung zur Entrichtung von Anspruchszinsen nicht den Bestand einer sachlich richtigen Abgabenschuld voraussetzt, sondern nur einer formellen, wobei die Stammabgaben nicht rechtskräftig festgesetzt sein müssen. Ein Anspruchszinsenbescheid ist daher auch dann rechtmäßig, wenn die zu Grunde liegende Abgabenfestsetzung sachlich unrichtig ist.
Das Vorbringen kann der Berufung auch deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, da die Abgabenbehörde zum Vollzug von ordnungsgemäß kundgemachten Gesetzen verpflichtet ist. Die bloße Möglichkeit der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes ändert daran nichts. Selbst wenn sich die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen ein Gesetz als zutreffend erweisen, scheidet das Gesetz erst nach seiner Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof aus dem Rechtsbestand aus, weshalb die Abgabenbehörde das ordnungsgemäß kundgemachte Gesetz bis zu seiner Aufhebung ungeachtet der Möglichkeit seiner Verfassungswidrigkeit anzuwenden hat ().
Informativ wird darauf hingewiesen, dass dem Umstand, dass sich der genannte Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig erweist und er entsprechend abgeändert (oder aufgehoben) wird, entweder gemäß § 205 Abs. 1 BAO mit einem an den Abänderungs- bzw. Aufhebungsbescheid gebundenen neuerlichen Zinsenbescheid (Gutschriftszinsen) oder gemäß § 205 Abs. 6 BAO mit einem auf Grund eines diesbezüglichen Antrages abgeänderten Erstbescheid Rechnung getragen wird.
Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Anspruchszinsen verfassungswidrig |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at