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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 30.11.2011, RV/3866-W/08

Familienheimfahrten zum Familienwohnsitz in Bosnien (Familienwohnsitz ist bei der Mutter des Abgpfl in Bosnien, die seine minderjährigen Kinder aufzieht)

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3866-W/08-RS1
Falls eine (Mit-)Übersiedlung der die Kindesobsorge wahrnehmenden Familienangehörigen (beispielsweise der Großeltern) wirtschaftlich unverhältnismäßig wäre und somit die Beendigung der Kindesobhut durch eine familiäre Bezugsperson (Großeltern) sozial unzumutbar gewesen wäre, sind die Kosten für doppelte Haushaltsführung (Wohnkosten und Familienheimfahrten) als Werbungskosten anzuerkennen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf vom betreffend Einkommensteuer 2005 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Folgende Streitpunkte liegen vor: Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung 2005 wurden u.a. Aufwendungen für Familienheimfahrten in den Kosovo im Ausmaß des großen Pendlerpauschales als Werbungskosten geltend gemacht. Da der Bw. in keiner Ehe-Partnerschaft lebt, wurden die Aufwendungen nicht berücksichtigt. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, die u.a. um die Kosten der Miete erweitert wurde; die Aufwendungen für die Familienheimfahrten wurden auf € 900,00 reduziert, davon sind belegmäßig jedoch nur € 500,00 nachgewiesen worden. Der Berufung wurde teilweise stattgegeben (Berücksichtigung des Unterhalts für 3 sich ständig im Ausland aufhaltende Kinder; Nichtberücksichtigung der beantragten Werbungskosten). Nach Ergehen der Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt noch folgendes Vorhaltsverfahren durch: Der Bw. habe gegen die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2005, 2006 und 2007 jeweils das Rechtsmittel der Berufung eingebracht. In diesen Berufungen habe er vorgebracht, dass er in den Veranlagungsjahren "regelmäßige" Familienheimfahrten zu seinen Kindern und seiner Mutter (also der Großmutter der Kinder) unternommen hätte. Nach Vorbringen des Bw. würden die Kinder am Wohnsitz der Eltern von diesen, insbesondere (wie oben ausgeführt) von der Mutter des Bw. betreut.

Der Bw. wurde aufgefordert durch Vorlage amtlicher Bestätigungen (Meldenachweis, ...) nachzuweisen, dass es sich bei dem Wohnsitz der Eltern des Bw. in den Veranlagungsjahren 2005, 2006 und 2007 auch um einen Wohnsitz des Bw. selbst gehandelt habe.

Darüber hinaus sei der Bw. aufgefordert worden, nachzuweisen und Unterlagen dafür vorzulegen, in welcher Höhe ihm in den Jahren 2005, 2006 und 2007 Aufwendungen für den Wohnsitz seiner Eltern, an dem die Kinder des Bw. betreut werden würden, entstanden seien.

Nachdem der Bw. wiederholt aufgefordert worden ist, Unterlagen dafür vorzulegen, dass er in den Jahren 2005 bis 2007 (auch) einen Wohnsitz im Kosovo gehabt habe UND die Aufwendungen für den Haushalt seiner Mutter, bei der seine eigenen Kinder leben, getragen habe, langte ein Antwortschreiben des Vertreters des Bw. im Finanzamt ein.

Das Finanzamt wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Bw. keinerlei Nachweise vorgelegt habe, aus denen ersichtlich wäre, dass es sich bei dem Wohnsitz seiner Mutter in den Jahren 2005 bis 2007 auch um einen Wohnsitz von ihm selbst gehandelt habe, und dass er (gegebenenfalls in welcher Höhe) tatsächlich die Aufwendungen für den Wohnsitz im Ausland getragen hätte. Das Finanzamt wies an dieser Stelle auch auf die Arbeitsunterlage des Salzburger Steuerdialoges 2009 hin (wissentlich, dass der UFS an diese Ausführungen nicht gebunden ist).

Der Bw. brachte folgende Vorhaltsbeantwortung ein: Betreffend die Berufungsverfahren für die Kalenderjahre 2005 bis 2007 wurde auf die bislang vorgelegten Urkunden und Unterlagen verwiesen. Die im o.a. (bereits fünften) Ergänzungsersuchen vom angeforderten weiteren schriftlichen Unterlagen könnten seitens des Bw. nicht beigebracht werden, zumal die Behörden im Heimatstaat des Bw., im Kosovo, derartige Bestätigungen nicht ausstellen würden.

Aus den vorgelegten Urkunden und Unterlagen gehe jedoch eindeutig hervor, dass weder die Mutter, welche sich um die teils mj., teils volljährigen Kinder des Bw. für die Dauer dessen beschäftigungsbedingter Abwesenheit in Österreich, kümmere, noch die Kinder selbst über Einkünfte verfügten (unter den Roma im Kosovo bestehe laut Berichten aus den letzten Jahren in Zeitungen und im Radio in etwa 80% Arbeitslosigkeit), und daher der Bw. alle diese Personen zur Gänze erhalte(n müsse). Da die Mutter des Bw. über keinerlei eigenen Einkünfte verfüge, müsse auch der Bw. den gesamten Haushalt und die gesamten Lebenshaltungskosten seiner Mutter und der teils mj., teils volljährigen Kinder, sohin auch sämtliche Aufwendungen für den Wohnsitz am Familienwohnsitz im Kosovo finanzieren. Dass es sich hierbei um den Wohnsitz des Bw. handle, gehe mittelbar auch aus der vorgelegten Familienstandsbescheinigung hervor, in welche bestimmungsgemäß ja nur solche Kinder einzutragen seien, welche mit dem Arbeitnehmer im gemeinsamen Haushalt lebten.

Gemäß den Erlässen des BM f. Finanzen vom , vom und vom sei die Verlegung des Familienwohnsitzes u.a. aus Jugoslawien an den Beschäftigungsort in Österreich u.a. unzumutbar, wenn, wie im gegenständlichen Fall (siehe die diesbezüglich vorgelegten Urkunden), am Familienwohnsitz neben der Ehefrau auch noch mj. Kinder des Steuerpflichtigen lebten.

Gemäß dem jüngsten Erkenntnis des Zl. 2005/14/0046, sei für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort in Österreich auch eine bestehende Unterhaltspflicht gegenüber bereits volljährigen Kindern, die am Familienwohnsitz mangels eigenen Einkommens noch im Haushalt des Steuerpflichtigen lebten und von diesem erhalten werden, zu berücksichtigen: Aufgrund der jährlichen Einkünfte des Bw. sei die Tragung der Lebenshaltungskosten für eine nunmehr insgesamt fünfköpfige Familie (Mutter des Bw., Bw., 3 mj. Kinder) in Österreich für den Bw. nicht möglich bzw. wäre mit einem erheblichen wirtschaftlichen bzw. finanziellen Nachteil verbunden, zumal die Lebenshaltungskosten im Kosovo im Vergleich zu jenen in Österreich nur einen Bruchteil (je nach Statistik und Region 1:10 bis 1:20) betragen würden. Zudem habe der Bw., wie aus der Familienstandsbescheinigung vom hervorgehe, insgesamt 8 Kinder, deren Unterhaltskosten in Österreich er aufgrund seines Einkommens in keinster Weise hätte tragen können.

Wie aus einer Besprechung in ecolex 2003, Seite 956, weiters hervorgehe, habe der VfGH mit Erkenntnis vom , G 119, 120/03, festgestellt, dass der bisherige Vollzug des Fremdengesetzes in Bezug auf die Erteilung von Niederlassungsbewilligungen zum Zweck der Familienzusammenführung als dem Rechtsstaatsprinzip widersprechend verfassungswidrig sei, weil für die betroffenen Personen, nämlich die bereits in Österreich niedergelassenen Fremden und für ihre Angehörigen, die den Familiennachzug anstreben, unvorhersehbar sei, wie lange sie auf den Familiennachzug warten müssten bzw. wie die nachziehenden Angehörigen in eine Rangliste eingereiht werden würden, und welchen Platz z.B. während der Wartezeit geborene Kinder zugewiesen bekämen. Angesichts dieser Schwierigkeiten, Unwägbarkeiten und weitgehenden Beliebigkeit in Bezug auf den Zeitpunkt der Erteilung einer entsprechenden, quotenpflichtigen (Erst)Niederlassungsbewilligung zugunsten der Ehefrau (gemeint vom Bw. der Großeltern bzw. der Großmutter seiner Kinder) und der insgesamt 8 Kinder des Bw., welche allesamt Staatsbürger der Republik Serbien und damit Drittstaatsangehörige im Sinne des FremdenG 1997 seien, sei dem Bw. die Aufgabe des Familienwohnsitzes im Kosovo auch aufgrund der bezughabenden fremdenrechtlichen Bestimmungen betreffend den Nachzug von sog. Drittstaatsangehörigen eines Fremden nicht zumutbar. Gemäß § 8 Abs.5 des FremdenG 1997 benötigte der Bw. für den Fall des Nachzuges von insgesamt neun Familienangehörigen eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich, sohin eine entsprechende Unterkunft für insgesamt zehn Personen, deren Anschaffung (Kauf, Miete) mit erheblichen finanziellen Mehraufwendungen verbunden gewesen wäre, welche die Kosten der Familienheimfahrten an den Familienwohnsitz im Kosovo allein bei weitem übersteigen würden.

Der Bw. hat im Kalenderjahr nicht nur 2 mj. Kinder (Kind1, geb. im Dezember 1990 und Kind3, geb. im Dezember 1993), sondern auch das dritte mj. Kind (Kind2, geb. im September 1988) im Ausland zur Gänze erhalten.

Der Bw. beantrage daher, der vorliegenden Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2005 vom aufzuheben bzw. - nach Möglichkeit im Wege einer entsprechenden Berufungsvorentscheidung gemäß § 276 BAO - dahingehend abzuändern, dass (auch) im Jahre 2005 die geltend gemachten (erhöhten) Werbungskosten für die Familienheimfahrten und für die jährlichen Mietaufwendungen (vgl. die vom Bw. im Zuge des Berufungsverfahrens vorgelegte Bestätigung des Vermieters über die monatlichen Mietzahlungen des Bw.) für die Unterkunft am Beschäftigungsort in Österreich, sowie die Unterhaltsleistungen für insgesamt 3 mj. Kinder im Ausland entsprechend berücksichtigt werden.

In einem wurde vom Bw. aufgrund der obigen Darlegungen (insgesamt 8 (!) Kinder am Familienwohnsitz im Kosovo) gemäß § 303 Abs. 4 BAO nochmals angeregt, die Arbeitnehmerveranlagungsverfahren für die Kalenderjahre 1998, 1999, 2000, 2002, 2003 und 2004 (siehe die seinerzeitige diesbezügliche Eingabe vom ) von Amts wegen wieder aufzunehmen, um auch in diesen Kalenderjahren neben den Unterhaltsleistungen für die mj. Kinder im Ausland jeweils die Familienheimfahrten des Bw. an den Familienwohnsitz im Kosovo zur Ehefrau (angemerkt wird, dass später im Zuge des Berufungsverfahrens vom Bw. richtig gestellt wurde, dass er seit 1995 von seiner Ehefrau geschieden sei) und zu den dortigen Kindern und die jährlichen (Miet)Aufwendungen für die Unterkunft am Beschäftigungsort in Österreich steuerlich entsprechend zu berücksichtigen.

Der Bw. legte eine B e s t ä t i g u n g über Mietzahlungen für die Unterkunft in Wien vor. In den Jahren 1999 bis 2001 betrugen die Kosten monatlich ATS 1.500,00 inkl. 10% MWSt. Davon waren ATS 312,40 inkl. 10% MWSt. für Miete und ATS 1.187,60 inkl. 10% MWSt. für Betriebskosten. In den Jahren 2002 bis 2005 wurden monatlich € 110,00 inkl. 10% MWSt. entrichtet. Davon waren € 22,00 inkl. 10% MWSt. für Miete und € 88,00 inkl. 10% MWSt. für Betriebskosten.

Im vom Finanzamt durchgeführten Vorhaltsverfahren sollte Folgendes ermittelt werden: Der Bw. sollte bekannt geben, ob die Gattin ein eigenes Einkommen beziehe. Falls ja sollte der Bw. diesbezüglich einen Einkommensnachweis für 2005 vorlegen. Darüber hinaus sollte der Bw. die Schulbesuchsbestätigung seiner Tochter Tochter1 vorlegen.

Der Bw. sollte angeben, womit die Familienheimfahrten durchgeführt worden seien. Er sollte den Nachweis darüber vorlegen. Weiters forderte das Finanzamt Nachweise darüber an, dass im Ausland ein eigener Haushalt bestehe und wie hoch dafür die monatlichen Kosten seien.

Im Zuge der Vorhaltsbeantwortung führte der Bw. aus wie folgt:

Wie aus dem beigeschlossenen Urteil des zuständigen Gemeindegerichtes vom samt begl. Übersetzung hervorgehe, sei die Ehe des Bw. bereits im Jahre 1995 geschieden worden, jedoch alle acht Kinder zur Obhut, Erziehung und zum Unterhalt dem Bw. als Vater anvertraut worden.

Die für die Jahre 1998 bis 2006 jeweils geltend gemachten Familienheimfahrten des Bw. in den Kosovo erfolgten sohin nicht, wie bislang angenommen, zur Ehefrau und den insgesamt acht Kindern, sondern zu den acht (mj.) Kindern und zur Mutter des Bw., geb. im März 1934, welche sich nach der Ehescheidung für die Dauer der beschäftigungsbedingten Abwesenheit des Bw. in Österreich am Familienwohnsitz im Kosovo um die acht (teilweise minderjährigen [mj.]) Kinder des Bw. gekümmert habe und kümmere. Da die vorgenannte Mutter des Bw. selbst über keine Einkünfte verfüge, müsse auch sie vom Bw. zur Gänze erhalten werden (siehe die beigeschlossenen Unterhaltsbescheinigungen für das Jahr 2005 und 2006).

Die Familienheimfahrten würden vom Bw. jeweils mit dem Autobus durchgeführt, wobei die jeweilige Hin- und Rückfahrt mit dem Autobus € 100,00 kostete (Autobusfahrkarten, über welche der Bw. noch verfüge, wurden vorgelegt). Laut Information des Bw. sei dieser in den Jahren 1998 bis 2006 jeweils acht bis zehn Mal jährlich mit dem Autobus an den Familienwohnsitz im Kosovo gefahren, weshalb anstelle der bislang geltend gemachten großen Pendlerpauschale nunmehr die jeweilige Berücksichtigung eines Betrages von lediglich € 900,00 an jährlichen Fahrtkosten geltend gemacht werden würde.

Was den Nachweis bzw. die Glaubhaftmachung der obgenannten Anzahl der Familienheimfahrten pro Jahr betreffe, werde ergänzend die Ladung und Einvernahme des Bw. gemäß § 39a AVG unter Beiziehung eines amtlichen Dolmetschers für die albanische Sprache beantragt.

Betreffend die Berücksichtigung der Kosten der doppelten Haushaltsführung für die Unterkunft am Beschäftigungsort in Österreich werde zum einen vorgebracht, dass der Bw. mangels Einkommens eines anderen Familienmitgliedes im Kosovo die Kosten des dortigen Haushaltes zur Gänze trage, zum anderen werde auf die bereits vorgelegte Mietzahlungsbestätigung der Baumeister Firma1 Bauges.m.b.H. vom betreffend die Mietzahlungen in den Jahren 1999 bis 2005 hingewiesen. Eine Mietzahlungsbestätigung für die Jahre 2006 und 2007 werde derzeit noch eingeholt, wobei die monatliche Miete laut Information des Bw. auch in den Jahren 2006 und 2007 jeweils € 110,00 betragen habe.

Das Finanzamt erließ eine abändernde Berufungsvorentscheidung (BVE) mit folgender Begründung:

Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers von der Wohnung am Arbeitsort zum Familienwohnsitz seien nur dann Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen würden. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn der (Ehe)Partner am Ort des Familienwohnsitzes eine Erwerbstätigkeit ausübe. Der Besuch der Kinder im Heimatland stelle keine Werbungskosten im Sinne des § 16 Einkommensteuergesetz 1988 dar, die beantragten Aufwendungen für die Heimfahrten sowie für die doppelte Haushaltsführung fänden daher keine steuerliche Anerkennung.

Im Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde II. Instanz wurde Folgendes ausgeführt:

Gemäß dem vorgelegten Scheidungsurteil des zuständigen Gemeindegerichtes (Republik Serbien bzw. Kosovo) vom , seien alle acht (Anmerkung: damals) mj. Kinder des Bw. zur Obhut, Erziehung und zum Unterhalt dem Bw. zuerkannt worden.

Dass der Bw., welcher in Österreich als Bauarbeiter beschäftigt sei, am Beschäftigungsort in Österreich seine mj. Kinder nicht beaufsichtigen könne, liege wohl auf der Hand, und es habe daher sohin für den Bw. allein die Möglichkeit bestanden, seine mj. Kinder der Obhut seiner am Familienwohnsitz im Kosovo lebenden Eltern, nach dem Tod des Vaters des Bw. vor etwa drei Jahren, nunmehr nur noch der Obhut seiner am Familienwohnsitz im Kosovo lebenden Mutter anzuvertrauen.

Da die Eltern des Bw. selbst über keinerlei Einkünfte oder Vermögen verfügt hätten und verfügen würden, müsse der Bw. am Familienwohnsitz im Kosovo den gesamten Familienhaushalt finanzieren.

Die Verlegung dieses Familienhaushaltes aus dem Kosovo nach Österreich sei deshalb unzumutbar, weil der Bw. aufgrund seiner Einkünfte allein in der Lage sei, die Lebenshaltungskosten für eine derart große Familie (zunächst acht mj. Kinder, Mutter, Vater) im Kosovo zu tragen, zumal der Unterschied in den Lebenshaltungskosten zwischen Österreich und dem Kosovo zwischen 5:1 bis 10:1 betrage, und die Kosten der Heimfahrten in den Kosovo im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten für eine derart große Familie in Österreich lediglich einen Bruchteil betragen würden;

quotenpflichtige Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbewilligungen zum Zweck der Familiengemeinschaft in Österreich an seine zunächst insgesamt acht mj. Kinder, an seine Mutter und seinen Vater gemäß den Bestimmungen des AufG 1992 bzw. des FremdenG 1997 aufgrund seiner Einkünfte in Österreich nicht erteilt hätten werden können (§ 8 Abs.5 des FremdenG 1997 verlangte u.a. den Nachweis einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft für die nachziehenden Familienangehörigen);

die mj. Kinder am Familienwohnsitz im Kosovo in Schulausbildung gestanden hätten und zum Teil noch stehen würden.

Da der gegenständliche Sachverhalt jenem des Steuerpflichtigen Name2, SVNR: NNNN, ganz ähnlich sei (dem Steuerpflichtigen seien anlässlich der Ehescheidung im ehemaligen Jugoslawien die mj. Kinder zur Aufsicht, Erziehung und zum Unterhalt zugesprochen worden), für welchen Steuerpflichtigen ebenfalls Berufungsverfahren betreffend die Familienheimfahrten und die Mietaufwendungen anhängig gewesen seien, und das gegenständliche Finanzamt im dortigen Berufungsverfahren die Verlegung des Familienwohnsitzes nach Österreich für unzumutbar halte (siehe das im dortigen Akt ergangene d.a. Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom , wonach das Finanzamt die Ansicht des Bw. geteilt habe, dass die Heimfahrten nach Serbien dem Grunde nach Werbungskosten darstellten), werde auf das dortige Vorlageverfahren betreffend das Kalenderjahr 2006 ergänzend hingewiesen.

Die Höhe der Mietaufwendungen des Bw. für die Unterkunft am Beschäftigungsort in Österreich im Jahr 2005 sei bereits mittels der vorgelegten Mietzahlungsbestätigung des Vermieters nachgewiesen worden.

In einer Vorhaltsbeantwortung (hinsichtlich des o.a. Vorhalts) führte der Bw. nunmehr erst nach ergangener Berufungsvorentscheidung Folgendes aus:

Betreffend die nunmehr geltend gemachten Kosten der Familienheimfahrten von jährlich lediglich € 900,00 werde auf die bereits vorgelegten Autobusfahrkarten hingewiesen, und zum Nachweis dafür, dass der Bw. jährlich acht bis zehn Mal an den Familienwohnsitz im Kosovo fahre, die Ladung und Einvernahme des Bw. gemäß § 39a AVG unter Beiziehung eines amtlichen Dolmetschers für die albanische Sprache beantragt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 idgF sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Gemäß § 20 Abs. 1 EStG dürfen bei den einzelnen Einkünften unter anderem nicht abgezogen werden:

Z 1. Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.

Z 2. e) Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeitsort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c angeführten Betrag übersteigen.

Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung dennoch als Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Dies bedeutet aber nicht, dass zwischen den für eine solche Unzumutbarkeit sprechenden Gründe und der Erwerbstätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang bestehen muss. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung, als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in einer Erwerbstätigkeit seines (Ehe-)Partners haben (, ).

Von entscheidender Bedeutung ist, dass die Begründung oder Aufrechterhaltung des zweiten Haushaltes ausschließlich beruflich veranlasst ist (). Dies ist beispielsweise bei einer privat mitveranlassten Vermögensbildung durch Erwerb einer Eigentumswohnung oder bei gehobenen Wohnansprüchen am Beschäftigungsort nicht der Fall. Da es sich um Kosten der persönlichen Lebensführung handelt, muss zur Gewährleistung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung in einer typisierenden Betrachtungsweise ein strenger Beurteilungsmaßstab angelegt werden.

Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des Familienwohnsitzes (doppelte Haushaltsführung) ist beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz

vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und entweder

der Steuerpflichtige oder sein (Ehe-)Partner am Familienwohnsitz relevante Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit erzielen (mehr als 2.200,-- Euro jährlich) oder

aus anderen gewichtigen Gründen die Verlegung des Familienwohnsitzes in die Nähe des Beschäftigungsortes nicht zugemutet werden kann (LStR 2002 RZ 341 und 345).

Andere gewichtige Gründe für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes sind insbesondere:

ständig wechselnde Arbeitsstätten (z.B. Bauarbeiter, Arbeitskräfteüberlassung),

befristete Tätigkeiten,

(Mit)Übersiedlung pflegebedürftiger Angehöriger,

wenn im gemeinsamen Haushalt am Familienwohnsitz unterhaltsberechtigte und betreuungsbedürftige Kinder wohnen und eine (Mit)Übersiedlung der gesamten Familie aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist.

Im gegenständlichen Fall steht in Streit, ob im Sinne der vorstehenden Ausführungen gewichtige Gründe vorliegen, weshalb der Bw. die Verlegung des Familienwohnsitzes nicht zumutbar war und ob der Bw. durch einen zweiten Haushalt Mehrkosten zu tragen hatte.

Ad Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes:

Insgesamt hat der Bw. glaubhaft gemacht, dass sein Familienwohnsitz im Berufungsjahr nach wie vor beim Familienwohnsitz seiner Mutter und seiner (zumindest drei) noch am Familienwohnsitz lebenden Kindern liegt.

Die Beurteilung der Zumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes erfordert ein Eingehen auf die damit verbundenen Folgen. Eine Wohnsitzverlegung kann auswirtschaftlichen Gründen (z.B. Einkünfte des Ehepartners von € 2.200,--) und auch aus sozialen Gründen unzumutbar sein (Übersiedlung pflegebedürftiger Angehöriger).

Nur am Familienwohnsitz war durch die Übernahme der Obhut durch die Großmutter (der Kinder des Bw.) über die Kinder gewährleistet, dass die Berufsausübung durch den Bw., unter Wahrung seiner Verpflichtungen als Erziehungsberechtigter wahrgenommen werden konnte.

Nach dem aktenkundigen Sachverhalt ist deshalb von der Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes auszugehen, weil im Haushalt des Bw. unmündige Kinder wohnhaft waren, die dort durch nahe Familienangehörige (nämlich gegenständlich durch die Mutter des Bw. und früher die Eltern des Bw.) betreut wurden und die im Hinblick auf ihr Alter noch einer Obhut bedurften. Eine Mit(Übersiedlung) der die Kindesobsorge wahrnehmenden Familienangehörigen wäre wirtschaftlich unverhältnismäßig, die Beendigung der Kindesobhut durch eine familiäre Bezugsperson (Großmutter) sozial unzumutbar gewesen. Dies trifft in gegenständlichem Fall insbesondere zu, zumal der Bw. von seiner Ehefrau und Mutter der acht Kinder (im Jahr der Scheidung waren alle acht Kinder noch minderjährig) seit 1995 geschieden ist, und die Eltern des Bw. (die Mutter des Bw. war im Jahr der Scheidung des Bw. von seiner Ehefrau 61 Jahre alt) die Kinder des Bw. erzogen haben. Der Bw. selbst hätte keine Zeit gehabt, zumal er als Bauarbeiter in Österreich den Lebensunterhalt für die gesamte Familie (für sich, seine acht Kinder und seine Eltern) verdienen musste. Mittlerweile ist der Vater des Bw. verstorben und die nunmehr drei minderjährigen Kinder werden von der Mutter des Bw. im Kosovo betreut. Insgesamt ist es aus wirtschaftlichen Gründen dem Bw. nicht möglich gewesen, bereits im Jahr 1995 mit der gesamten elfköpfigen Familie (einschließlich der Eltern des Bw., die sich um seine minderjährigen Kinder kümmerten) nach Wien zu übersiedeln, zumal es für ihn unmöglich gewesen wäre, eine adäquate Wohnung für die Großfamilie und den Lebensunterhalt für die gesamte Familie in Österreich zu Wiener Preisen (der Bw. arbeitet als Bauarbeiter in Wien) zu finanzieren, was der Bw. in gegenständlichem Einzelfall glaubhaft machen konnte. Obwohl nunmehr lediglich drei Kinder noch minderjährig sind, brauchen auch die erwachsenen (noch in ihrer Heimat lebenden) Kinder noch Unterstützung von ihrer Großmutter bzw. von ihrem Vater, der laut Scheidungsurkunde für alle zum Zeitpunkt der Scheidung noch minderjährigen acht Kinder das Sorgerecht zugesprochen bekommen hat. In gegenständlichem Fall wäre es daher abgesehen von den nach wie vor vorliegenden wirtschaftlichen Gründen für den Bw. nicht zumutbar gewesen, den Familienwohnsitz der gesamten restlichen Familie (seiner Mutter, der minderjährigen drei Kinder und von sich selbst) weg von den übrigen - wenn auch schon mittlerweile erwachsenen Kindern - nach Österreich zu verlegen.

Die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung waren im vorliegenden Fall erfüllt.

Grundvoraussetzung für die Absetzbarkeit der Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten ist das Vorliegen des gemeinsamen Familienwohnsitzes im Kosovo. Davon ist berufungsgegenständlich auszugehen, zumal dem Kindesvater die Obsorge für die Kinder im Scheidungsverfahren zugesprochen wurde und er mit seinen Kindern einen gemeinsamen Haushalt führt. Hinweise dafür sind Scheidungsdokumente, Obsorgebeschluss und die tatsächliche Kostentragung für die Haushaltsführung (zB Miete, Grundsteuer, Betriebskosten für das eigene Haus). Der Bw. hat glaubhaft gemacht, dass im Kosovo ein gemeinsamer Haushalt des Bw. zusammen mit seinen zumindest 3 Kindern (den 3 minderjährigen Kindern) und seiner Mutter vorliegt.

Zu prüfen ist weiters, ob eine Unzumutbarkeit für die Verlegung des Familienwohnsitzes entsprechend LStR 2002 Rz 345 vorliegt. Im Anlassfall könnte dies insbesondere zutreffen auf: Unmöglichkeit des Familiennachzugs aufgrund fremdenrechtlicher Bestimmungen. Andererseits müsste aber auch am "Arbeitswohnsitz" in Österreich eine Betreuung der Kinder gesichert sein (eventuell wieder in Partnerschaft lebend, Mitübersiedlung der betreuenden Großeltern bzw. nunmehr der betreuenden Großmutter etc). Die Mitübersiedlung der unterhaltsberechtigten und betreuungsbedürftigen (minderjährigen) Kinder (eventuell auch der Mutter des Steuerpflichtigen) ist gegenständlich aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar.

Zu diesem Themenkreis sind bereits einige UFS-Entscheidungen ergangen. Beispielhaft sei angeführt:

: Für eine Alleinerzieherin, deren 14-jähriges Kind bisher am Familienwohnsitz in einer strukturschwachen Region aufgewachsen ist, dort die Schule besucht und während der Berufstätigkeit der Mutter von der ebenfalls am Familienwohnsitz wohnhaften Großmutter betreut und erzogen wird, ist eine Wohnsitzverlegung nach Wien nicht zumutbar.

Der UFS ist zu der Ansicht gelangt, dass auch in gegenständlichem Fall eine Mit(Übersiedlung) der die Kindesobsorge wahrnehmenden Familienangehörigen wirtschaftlich unverhältnismäßig, die Beendigung der Kindesobhut durch eine familiäre Bezugsperson (Großmutter) sozial unzumutbar gewesen wäre.

Darüber hinaus wurde vom Bw. auch glaubhaft gemacht, dass auch die volljährigen Kinder (zumindest teilweise) einkommenslos sind und auch seine Eltern bzw. nunmehr seine Mutter unterhaltsberechtigt ist, da auch diese einkommenslos ist.

Da aus oben angeführten Gründen die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung gegeben waren, sind die Kosten für die Familienheimfahrten einkunftsmindernd anzusetzen

Im Veranlagungsjahr 2005 waren beruflich veranlasste Mehrkosten einer doppelten Haushaltsführung in Höhe von € 1.320,00 sowie Kosten für Familienheimfahrten in Höhe von € 900,-- als Werbungskosten (in Summe daher € 2.220,00) zu berücksichtigen. Da nur die Werbungskosen in Höhe von € 2.220,00 nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht wurden, konnte der in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung beantragte Betrag von € 2.421,00 nicht gänzlich berücksichtigt werden.

Da für das dritte minderjährigen im Kosovo lebende Kinder des Bw. kein Kinder- und Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, sind wie im Zuge der Berufungsvorentscheidung die diesbezüglichen Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung (geschätzt mit € 50,00 p.m.) anzuerkennen. Es wurden nunmehr € 1.800,00 für drei Kinder insgesamt (anstatt der in der Steuererklärung beantragten € 3.600,00) anerkannt. Im Zuge des Vorlageantrages wurden bezüglich des bereits in der Berufungsvorentscheidung (die Vorhaltscharakter hat) anerkannten Betrages iHv € 1.800,00 als außergewöhnlichen Belastung für Unterhaltszahlungen an die minderjährigen Kinder des Bw. seitens des Bw. keine Einwendungen mehr vorgebracht.

Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at