Bindungswirkung der im Einheitswertverfahren getroffenen Feststellungen für die Grunderwerbsteuer
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der X-GmbH, Adr, vertreten durch RA, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Grunderwerbsteuer zu ErfNr.xxx, entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Einbringungsvertrag vom brachte Frau X das Einzelunternehmen X zum Stichtag gemäß den Bestimmungen des Artikels III des Umgründungssteuergesetzes (UmgrstG) in die X-GmbH (die nunmehrige Berufungswerberin, kurz Bw.) ein. Dabei übertrug sie das Eigentum an folgenden in ihrem Alleineigentum stehenden Grundstücke (alle Grundbuch-X) im Gesamtausmaß von 85.867 m2 an die Bw.:
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Grundstücksbezeichnung | inliegend in EZ | Ausmaß
|
1307 LN Sonstige (Deponie) | b | 18.411
m2 |
1308 LN Sonstige (Deponie) | c | 10.353 m²
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1309 LN Sonstige (Deponie) | a | 2.375 m²
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1310 LN Sonstige (Deponie) | d | 2.884 m²
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1311/1 LN Sonstige (Deponie) | a | 15.367 m²
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1300/3 Sonstige (Abbaufläche) | a | 5.185 m²
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1301/3 Sonstige (Werkgelände) | a | 30.992
m2 |
Gesamt | 85.567
m2 |
Über entsprechende Anfrage teilte das Finanzamt Y dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien am mit, dass der Einheitswert für die eingebrachten Grundstücke zum zu EW-AZxx-2-xxxx mit € 50.300,00 festgestellt worden sei. Daraufhin setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien mit Bescheid vom gegenüber der Bw. die Grunderwerbsteuer in Höhe von € 3.521,00 (3,5 % des zweifachen Einheitswertes von € 100.600,00 (§ 22 Abs. 4 UmgrStG) fest.
In der dagegen eingebrachten Berufung wurde eingewandt, dass sich laut den telefonisch beim Finanzamt Y erhobenen Einheitswertdaten
Für 3,0979 ha ein ldw. Hektatsatz von € 1.115,82 (EW-AZxx-1-xxxx) daher insgesamt € 3.456,70 und für 54.588 m2 ein m2/Preis von € 0,5886 (EW-AZxx-2-xxxx) daher insgesamt € 32.130,50 ergeben würden, welche Werte auch in der Abgabenerklärung zitiert worden seien. Berücksichtige man diese Beträge, so würde sich nur ein Gesamteinheitswert von € 35.587,20 ergeben. Beim Grundstück 1308 seien bei der Erhebung des Einheitswertes vom Finanzamt Y unrichtige Angaben gemacht worden. Das Grundstück sei mit 5.185 m2 in EW-AZxx-2-xxxx enthalten und der Rest mit 5.168 m2 in EW-AZxx-1-xxxx. Damit würde sich folgende Berechnung des Einheitswertes ergeben:
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EZ | GrSt.-Nr. | Ausmaß
| Bewertet in EW-AZ | Einheitswert |
a | 1300/3 | 5.185 m²
| EW-AZxx-2-xxxx | |
a | 1301/3 | 30.992 m²
| EW-AZxx-2-xxxx | |
b | 1307 | 18.411 m²
| EW-AZxx-2-xxxx | |
c | 1308 | 5.185 m²
| EW-AZxx-2-xxxx | |
59.773
m2 | ATS 324.000,00 | |||
c | 1308 | 5.168
m2 | EW-AZxx-1-xxxx | |
a | 1309 | 2.375 m²
| EW-AZxx-1-xxxx | |
d | 1310 | 2.884 m²
| EW-AZxx-1-xxxx | |
a | 1311/1 | 15.367
m2 | EW-AZxx-1-xxxx | |
25.794
m2 | a 15.354,00/ha | ATS 39.600,00 anteilig |
Es werde daher beantragt den vorliegenden Bescheid aufzuheben und dahingehend abzuändern, dass die Einheitswerte von S 324.000,00, entspricht € 23.546,00 und von S 39.600,00, entspricht € 2.877,84 der Bemessung zugrunde gelegt werden.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung vom verwies das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien darauf, dass mit Feststellungsbescheid vom , EW-AZxx-2-xxxx zum der Einheitswert der einbringungsgegenständlichen Liegenschaften mit € 50.300 festgestellt worden sei. Maßgebend sei der Einheitswert, der auf den dem Erwerbsvorgang unmittelbar vorangegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt worden sei. Der Feststellungsbescheid über den Einheitswert sei verfahrensrechtlich ein Grundlagenbescheid. Einheitswertbescheide seien gemäß § 192 BAO als Feststellungsbescheide für Abgabenbescheide bindend. Allfällige Einwendungen gegen die Richtigkeit des Einheitswertbescheides könnten entsprechend der Bestimmungen des § 252 BAO nicht im Grunderwerbsteuerverfahren geltend gemacht werden.
Im Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde 2. Instanz führte die Bw. aus, dass scheinbar das Vorbringen in der Berufung unrichtig verstanden worden sei. Selbstverständlich seien die Einheitswertbescheide für Abgabenbescheide bindend. Gerade diese Tatsache werde im vorliegenden Fall bemängelt. Die telefonische Auskunft des Finanzamtes Y sei unrichtig gewesen und seien deshalb in der Berufung die richtigen Einheitswerte der laut Finanzamt Y bestehenden Einheitswertbescheide reklamiert worden. Die Behörde müsse sich nur an die gültigen Einheitswertbescheide halten und wäre damit der Berufung stattzugeben.
Durch Einsicht ins Grundinformationssystem zu EW-AZxx-2-xxxx und zu EW-AZxx-1-xxxx (insbesondere in die dort gespeicherten Bescheide) sowie eine über entsprechende Anfrage vom Finanzamt Y. dem unabhängigen Finanzsenat übermittelte Aufstellung wurde vom unabhängigen Finanzsenat Folgendes erhoben:
Mit Bescheid des Finanzamtes Y. vom zu EW-AZxx-2-xxxx wurden zum Stichtag alle mit dem Einbringungsvertrag übertragenen Grundstücke im Gesamtausmaß von 85.567 m2 als eine wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens bewertet und wurde für diese wirtschaftliche Einheit ein Einheitswert in Höhe von € 50.300,00 festgestellt.
Zum Bewertungsstichtag waren ein Teil der Grundstücke im Ausmaß von 57.713 m2 zu EW-AZxx-2-xxxx dem Grundvermögen zugerechnet worden und sind ein Teil der Grundstücke im Ausmaß von 27.854 m2 zu EW-AZxx-1-xxxx als Teil eines landwirtschaftlichen Betriebes bewertet worden. Für die Grundstücke Nr. 1300/3, 1301/3 und 1307 zur Gänze und einem Teil des Grundstückes Nr. 1308 im Gesamtausmaß von 57.713 m2 wurde zum mit Bescheid vom zu EW-AZxx-2-xxxx ein Einheitswert in Höhe von S 467.000,00 festgestellt. Für die Grundstücke Nr. 1311/1, 1310 und 1309 zur Gänze und einem Teil des Grundstückes Nr. 1308 im Gesamtausmaß von 27.854 m2 wurde gemeinsam mit weiteren (vom Einbringungsvertrag nicht berührten Grundstücken) zum mit Bescheid vom zu EW-AZxx-1-xxxx ein Einheitswert von insgesamt S 137.000,00 festgestellt, wobei auf die Grundstücke 1311/1, 1310, 1309 und 1308 (teilweise) im Gesamtausmaß von 27.854 m2 bei einem Hektarsatz von S 15.354,00 ein anteiliger Einheitswert von S 42.767,00 entfiel. Mit Bescheid vom wurde zu EW-AZxx-1-xxxx für den landwirtschaftlichen Betrieb zum Bewertungsstichtag eine Wertfortschreibung durchgeführt bei der die Grundstücke 1311/1, 1310, 1309 und 1308 (teilweise) im Gesamtausmaß von 27.854 m2 bei der Berechnung des Einheitswertes für den landwirtschaftlichen Betrieb ausgeschieden wurden, sodass zum Stichtag bei Feststellung eines Einheitswertes von € 7.600,00 nur mehr nicht von der Einbringung betroffene Flächen im Gesamtausmaß von 62.487 m2 als Teil des landwirtschaftlichen Betriebes bewertet wurden.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 22 Abs. 5 UmgrStG ist für auf Grund einer Einbringung iSd § 12 UmgrStG verwirklichte Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 oder 2 des Grunderwerbsteuergesetztes die Grunderwerbsteuer vom Zweifachen des Einheitswertes zu berechnen. Da § 22 Abs 5 UmgrStG nicht zwischen Einbringungsvorgängen mit und solchen ohne Gegenleistung differenziert und diese Norm als lex specialis zu den Bestimmungen des GrEStG 1987 anzusehen ist, bemisst sich die Grunderwerbsteuer für alle Einbringungsvorgänge gemäß § 12 UmgrStG, die einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs 1 oder § 1 Abs 2 GrEStG 1987 erfüllen, vom Zweifachen des Einheitswertes (vgl. ).
Über die wirtschaftlichen Einheiten im Sinne des § 19 BewG und damit über die Einheitswerte haben die Lagefinanzämter in einer auch für Grunderwerbsteuerzwecke bindenden Weise nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955 abzusprechen (). Der Feststellungsbescheid über den Einheitswert ist verfahrensrechtlich als Grundlagenbescheid anzusehen. Einheitswertbescheide sind gemäß § 192 BAO als Feststellungsbescheide für Abgabenbescheide bindend. Die abzuleitenden Bescheide haben demnach nicht nur von den verbindlich festgestellten Wertgrößen, sondern auch von der Feststellung über die Art des Gegenstandes und über die Zurechnungsträger auszugehen. Die im Einheitswertbescheid getroffenen Feststellungen erwachsen mit Wirkung für den abgeleiteten Bescheid in Rechtskraft. Nach § 252 BAO kann ein Abgabenbescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, die im Feststellungsbescheid (Einheitswertbescheid) getroffenen Entscheidungen seien unzutreffend. Eine Berufung gegen einen Steuerbescheid, deren Einwendungen sich allein gegen die Einheitswertfeststellung richtet, ist demnach als unbegründet abzuweisen (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Rz 4 und 4a zu § 6 GrEStG 1987).
Im vorliegenden Berufungsfall ist unstrittig, dass es sich um eine Einbringung iSd § 12 UmgStG handelt und dass eine Bindungswirkung an die vom Lagefinanzamt getroffenen Feststellungen über den Einheitswert besteht. Von der Bw. in Frage gestellt wird lediglich, ob die vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien herangezogenen Werte tatsächlich jenen entsprechen, die vom Lagefinanzamt in den Einheitsverfahren zu EW-AZxx-1-xxxx und EW-AZxx-2-xxxx zuletzt festgestellt wurden.
Zum Bewertungsstichtag wurde zu EW-AZxx-2-xxxx vom Finanzamt Y. für alle eingebrachten Grundstücke ein Einheitswert in Höhe von € 50.300,00 festgestellt und wurden keines der Grundstücke mehr als Teil eines landwirtschaftlichen Betriebes bewertet (siehe dazu auch die näheren Ausführungen weiter oben). Seit der Erlassung des Einheitswertbescheides vom zu EW-AZxx-1-xxxx besteht zum Stichtag auch keine Doppelerfassung eines Teiles der Grundstücke mehr. Der Bewertungsstichtag liegt zeitlich unmittelbar vor der Verwirklichung des gegenständlichen Erwerbsvorganges, sodass aufgrund der im Grunderwerbsteuerverfahren bestehenden Bindungswirkung von dem für die eingebrachten Grundstücke zu diesem Stichtag festgestellten Einheitswert von € 50.300,00 auszugehen war. Für die Bindungswirkung kommt es nicht darauf an, ob der Einheitswertbescheid (betreffend den dem Erwerbsvorgang unmittelbar vorangehenden Feststellungszeitpunkt) vor der Festsetzung der Grunderwerbsteuer erlassen wurde. Bei Feststellungsbescheiden die erst nach Ergehen des Grunderwerbsteuerbescheides erlassen werden, ist dem geänderten Einheitswert nachträglich gemäß § 295 BAO Rechnung zu tragen. Die Berufungsbehörde hat von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen, weshalb bereits bei Erlassung der Berufungsentscheidung betreffend Grundwerbsteuer die zwischenzeitig in den Einheitswertverfahren erfolgten Feststellungen (betreffend Feststellungszeitpunkte, die dem Erwerbsvorgang vorangehen) zu berücksichtigen sind. Es ist daher bei der gegenständlichen Entscheidung von dem zum festgestellten Einheitswert in Höhe von € 50.300,00 auszugehen, dessen zweifacher Wert (= € 100.600,00) auch vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien auf Grund der Sonderbestimmung des § 22 Abs. 5 UmgrStG als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer angesetzt wurde.
Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 22 Abs. 5 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 § 192 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 252 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Einbringung Einheitswert Feststellungsverfahren Bindungswirkung |
Zitiert/besprochen in | UFSaktuell 2008, 188 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at