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Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSK vom 10.10.2006, FSRV/0003-K/06

Einleitung des Finanzstrafverfahrens

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
FSRV/0003-K/06-RS1
Wenn eine Geschäftsfrau über einen Zeitraum von mehr als einenhalb Jahren - trotz umfangreicher unternehmerischer Tätigkeit - entgegen steuerlichem Basiswissen weder Umsatzsteuervoranmeldungen einreicht noch Vorauszahlungen entrichtet, kann dies den Verdacht, sie habe Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs.2 lit.a FinStrG begangen, ausreichend begründen.

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 1, Mag. H.P., in der Finanzstrafsache gegen L., M., vertreten durch Dr.. H.G., G., über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen den Bescheid des Finanzamtes K. vom , SN 2005/00176-001, betreffend Einleitung des Finanzstrafverfahrens zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt K. als Finanzstrafbehörde erster Instanz das Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht besteht, dass die Beschwerdeführerin (Bf.) vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Einreichung von dem § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen für Jänner bis Dezember 2003 und Jänner bis Mai 2004 eine Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen in Höhe von € 38.024,96 bewirkt und hiermit das Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG (Finanzstrafgesetz) begangen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde der Beschuldigten vom , in welcher im Wesentlichen wie folgt vorgebracht wurde:

Der Bescheid wird in seinem gesamten Umfang angefochten und beantragt, diesen aus dem Rechtsbestand zu nehmen. Schriftlich führte die Bf. aus:

"Die Voraussetzungen für die Einleitung eines Strafverfahrens liegen nicht vor. Die angezogen Steuererklärungen wurden abgegeben und wird dies im Einleitungsbescheid sogar angeführt. Ein vorsätzliches Finanzvergehen wurde daher nicht verwirklicht. Auch ein Verschulden in der Form eines Vorsatzes sei es auch nur dolus eventualis ist aus dem geschilderten Sachverhalt nicht zu entnehmen. Aus diesem Grunde liegt kein strafbares Verhalten vor."

Gleichzeitig wurde eine Rechtfertigung wegen des Vorwurfes Lohnabgaben nicht entrichtet und dadurch das Finanzvergehen nach § 49 Abs.1 lit. a FinStrG begangen zu haben abgegeben. Die Bf. habe über keine liquiden Mittel mehr verfügt und nicht vorsätzlich gehandelt. Zum Beweis des Vorbringens wurde die Einvernahme der Bf. beantragt und die Urkunden-, und Belegvorlage angeboten.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde I. Instanz die ihr gemäß §§ 80 oder 81 leg.cit. zukommenden Verständigungen und Mitteilungen daraufhin zu prüfen, ob genügend Verdachtsmomente für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen. Ergibt die Prüfung, dass die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde I. Instanz, nach der Anordnung des Abs. 3, erster Satz, der zuletzt zitierten Gesetzesstelle, das Strafverfahren einzuleiten (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 14. Feber 1991, Zl. 90/16/0210).

Die Einleitungsverfügung stellt einen Bescheid dar; es gelten für Inhalt und Form die Vorschriften der Bundesabgabenordnung (BAO). Im Spruch der Einleitungsverfügung muss das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, welches als Finanzstrafvergehen erachtet wird, nur in groben Umrissen umschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht "bestimmt", d.h. in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten geschildert werden. Die einer Finanzstrafbehörde I. Instanz über begangene Finanzvergehen zukommenden Anzeigen und Mitteilungen sind gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG dahingehend zu prüfen, ob die darin enthaltenen Verdachtsmomente für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens ausreichen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinen Erkenntnissen vom 16. Feber 1994, Zl. 93/13/0256, vom , Zl. 93/16/0118, vom , Zl. 90/14/0046, vom 14. Feber 1992, Zl. 90/16/0210, u.a., mit der Rechtsnatur der Einleitungsverfügung eingehend auseinandergesetzt und in den Entscheidungsgründen dargelegt, dass durch die im § 83 Abs. 2 FinStrG vorgesehene Bekanntgabe der in Betracht kommenden Strafbestimmung im Speziellen dem Beschuldigten die Verantwortung vor der Finanzstrafbehörde erleichtert und ihm ermöglicht werden soll, auch Einwände gegen das Vorliegen der einzelnen Elemente des in Betracht kommenden Tatbestandes vorzubereiten.

Unter der Einleitung des Finanzstrafverfahrens ist daher die Einleitung des Untersuchungsverfahrens zu verstehen, an dessen Ende entweder ein Schuldspruch (Erkenntnis, Strafverfügung, Verwarnung) oder eine Einstellung zu stehen hat. Die Einleitung des Finanzstrafverfahrens ist keine abschließende Beurteilung des zur Last gelegten Verhaltens, sondern "Vorverfahren des Untersuchungsverfahrens".

Für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens genügt es, wenn gegen den Verdächtigen genügende Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Betracht kommt. Ein Verdacht kann immer nur aufgrund der Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Es ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (Erkenntnisse des ; ,2003/15/0047; , 2002/15/0026; , 2006/14/0097).

Bei der Prüfung, ob genügend Verdachtsgründe im Sinn des § 82 Abs. 1 FinStrG vorliegen, geht es nicht darum, schon die Ergebnisse des förmlichen Finanzstrafverfahrens vorweg zu nehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde zugekommenen Mitteilungen unter Berücksichtigung der von ihr durchgeführten Vorerhebungen für einen Verdacht ausreichen. Ob der Bf. das ihm zur Last gelegte Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, bleibt jedenfalls dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens gemäß §§ 114 ff FinStrG vorbehalten (VwGH Erkenntnis , 2004/14/0132).

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht bloß für möglich sondern für gewiss hält.

Der Bf. betrieb im relevanten Zeitraum an drei Standorten Lederwarengeschäfte und ist steuerlich erfasst. Im strafrechtlich relevanten Zeitraum hat die Bf. weder Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht noch entsprechende Vorauszahlungen entrichtet. Erst am reichte die Bf. die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2003 mit einer Zahllast iHv. € 27.961,96 und die Umsatzsteuervoranmeldungen der Monate Jänner bis Mai mit einer Zahllast iHv. € 10.063,45 ein. Die Entrichtung der Abgaben ist nicht erfolgt. Mit Beschluss des Landesgerichtes K. vom wurde über das Vermögen der Bf. das Konkursverfahren eröffnet. Am wurde das Konkursverfahren aufgehoben. Auf die Konkursgläubiger entfiel keine Quote. Die Massegläubiger wurden teilweise befriedigt.

In der Beschwerde wird eingewendet, die Bf. habe Steuererklärungen abgegeben, jedoch mangels vorhandener Mittel die Abgaben nicht mehr bezahlt. Sie habe nicht vorsätzlich gehandelt.

In objektiver Hinsicht steht fest, dass die Bf. im Zeitraum 2003 und Jänner bis Mai 2004 Vorauszahlungen in Höhe von € 38.024,96 nicht entsprechend ihrer abgabenrechtlichen Pflicht entrichtet hat. Die Abgabenbescheide sind rechtskräftig. Es steht fest, dass die Bf. die im Spruch genannten Zahllasten bzw. Vorauszahlungen nicht entrichtet hat. Damit liegen in objektiver Hinsicht Tatsachen vor, die den Verdacht, der Bf. habe eine Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen ausreichend begründen.

Voraussetzung der Strafbarkeit nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG ist in subjektiver Hinsicht die besondere Vorsatzform der Wissentlichkeit für die Bewirkung der Verkürzung. Der Täter handelt wissentlich, wenn er den Umstand oder Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich, sondern sein Vorliegen oder Eintreten für gewiss hält.

Im vorliegenden Sachverhalt steht fest, dass die Bf. Umsatzsteuern nicht entsprechend ermittelt und abgeführt hat. Voranmeldungen wurden für die jeweiligen Zeiträume nicht eingereicht und entsprechende Zahlungen nicht geleistet. Die Bf. ist selbständig unternehmerisch tätig. Es ist daher aufgrund der Aktenlage davon auszugehen, dass die Bf. aufgrund ihrer Erfahrung als Unternehmer genau darüber Bescheid weiß, dass Umsatzsteuervorauszahlungen monatlich zu entrichten sind. Die Frage, ob in subjektiver Hinsicht begründete Verdachtsmomente vorliegen, die die Einleitung des Strafverfahrens rechtfertigen, war daher zu bejahen. Die Bf. wusste über ihre abgabenrechtlichen Pflichten genau Bescheid, kam diesen jedoch nicht nach.

Zum Tatbild der Steuerhinterziehung gehört keineswegs die endgültige Verkürzung von Abgaben; es genügt auch die vorübergehende Erlangung eines Steuervorteils. Verkürzt wird eine Steuereinnahme auch dann, wenn sie, ganz oder teilweise, dem Steuergläubiger nicht in dem Zeitpunkt zukommt, in dem er nach dem betreffenden Steuergesetz Anspruch darauf gehabt hat. Gerade beim Tatbestand nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG stellt die bloß vorübergehende Erlangung eines Steuervorteils den Regelfall dar.

Die Bf. ist steuerlich erfasst. Sie hat für das Jahr 2003 eine Jahresumsatzsteuererklärung eingereicht. Es ist daher nach Ansicht des Referenten davon auszugehen, dass das Handeln der Bf. darauf ausgerichtet war, durch die Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und die Nichtentrichtung der einzelnen Vorauszahlungen sich mehr Liquidität zu verschaffen.

Die endgültige Beantwortung der Frage, ob die Verdächtige dieses Vergehen tatsächlich begangen hat, bleibt dem Ergebnis des nachfolgenden Untersuchungsverfahrens gemäß §§ 114 ff FinStrG vorbehalten (vgl. die Erkenntnisse des Zlen 93/14/0020, 0060,0061; vom , Zl. 92/15/0140; vom , Zl. /13/0275, u.a.). Gerade das anschließende Untersuchungsverfahren dient dem Zweck, das Vorbringen der Bf. zu überprüfen. Im Untersuchungsverfahren wird die Bf. auch zu den vorliegenden Verdachtsmomenten zu befragen sein. Die Verdachtsmomente wurden durch das Beschwerdevorbringen jedoch nicht beseitigt und stellen sich inhaltlich als eine Beschuldigtenrechtfertigung dar, die im Untersuchungsverfahren bei der Finanzstrafbehörde I. Instanz zu überprüfen und würdigen sein wird. Da die der Finanzstrafbehörde I. Instanz zugekommenen Mitteilungen, unter Berücksichtigung der von ihr durchgeführten Vorerhebungen und die Ergebnisse der abgabenbehördlichen Überprüfung für den Verdacht ausreichen, die Bf. könne das ihr zur Last gelegte Finanzvergehen begangen haben, war gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG der Bf. bescheidmäßig zur Kenntnis zu bringen, dass ein Tatverdacht gegen sie vorliege. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Klagenfurt, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Einleitung
Abgabenverkürzung
Umsatzsteuervorauszahlungen
Verweise
-K/04

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at