Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 20.07.2009, RV/0025-L/08

Steuerlicher Zuflusszeitpunkt von teilweise auf das Vorjahr entfallendem Wochengeld im Hinblick auf den Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des G.P., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom betreffend Einkommensteuer 2006 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Einkommensteuerbescheid (ESt.-Bescheid) für 2006 vom anerkannte das Finanzamt den vom Berufungswerber (im Folgenden kurz: Bw.) beantragten Alleinverdienerabsetzbetrag (AVAB) nicht an und begründete dies damit, dass die steuerpflichtigen Einkünfte seiner Gattin einschließlich des Wochengeldes höher als der maßgebliche Grenzbetrag von € 6.000,00 gewesen seien.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bw. rechtzeitig Berufung und führte darin im Wesentlichen aus (Berufung vom ): Die Berufung richte sich gegen die Nichtanerkennung des AVAB iHv. € 669,00, der vom Finanzamt mit der Begründung gestrichen worden sei, dass seine Lebensgefährtin steuerpflichtige Einkünfte (Wochengeld) von mehr als € 6.000,00 im Jahr 2006 erhalten habe. Seine Lebensgefährtin C.F. (SV-Nr.: xxxx; im Folgenden wird die Lebensgefährtin des Bw. kurz als C.F. bezeichnet) habe am den gemeinsamen Sohn Michael entbunden. Nach der als Beilage angeschlossenen Bestätigung der O.Ö. GKK habe ein Wochengeldanspruch für den Zeitraum vom bis bestanden. Auf Grund der verspäteten Bearbeitung durch die GKK sei die Auszahlung des Anteiles an Wochengeld für 2005 (€ 1.503,81) erst am erfolgt. Die verspätete Auszahlung liege jedoch nicht am Verschulden des Bw. Auf diese Weise sei im Jahr 2006 das gesamte Wochengeld iHv. € 6.425,37 zugeflossen. Dieser Zufluss 2006 sei nach Ansicht des Bw. nur mit dem das Jahr 2006 betreffenden Teil (€ 4.921,56) zu versteuern. Der das Jahr 2005 betreffende Teil von € 1 503,81 sei demnach dem Jahr 2005 zuzurechnen. Dieselbe Vorgehensweise finde sich auch bei der Versteuerung von Bezügen aus dem Insolvenzausgleichsfonds oder bei der Nachzahlung von Pensionsbezügen, bei welchen die Besteuerung in jenem Jahr erfolge, in dem diese Bezüge ursprünglich angefallen seien und nicht in dem Jahr, in dem die Auszahlung erfolgt sei. Aus der der Berufung beiliegenden Auszahlungsbestätigung der O.Ö. GKK vom geht hervor, dass die Auszahlung (="Bearbeitung") des Wochengeldes an die Lebensgefährtin des Bw. für den Zeitraum bis (iHv. € 1.503,81) - gemeinsam mit dem Wochengeld für die Zeiträume bis , bis und bis am erfolgte.

Für das Jahr 2006 stellte die O.Ö. GKK für C.F. einen Lohnzettel aus, in welchem Betrag von € 6.425,37 als Bruttobezug (zur Gänze steuerfreies Wochengeld iSd. § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG) ausgewiesen ist.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist die Frage, ob die Lebensgefährtin des Bw. den Grenzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 1 EStG von € 6.000,00 an Einkünften jährlich im Jahr 2006 überschritten hat oder nicht. Gemäß der genannten Bestimmung ist nämlich für den Anspruch auf den AVAB Voraussetzung, dass der (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) bei mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) Einkünfte von höchstens € 6.000,00 jährlich erzielt, wobei das Wochengeld (§ 3 Abs. 1 Z 4 lit. a) in diese Grenze mit einzubeziehen ist. Nach dem vorliegenden Lohnzettel der O.Ö. GKK hat die Lebensgefährtin des Bw. im Jahr 2006 € 6.425,37 an Wochengeld bezogen, sodass die genannte Grenze überschritten wird. Der Bw. argumentiert nun, dass die am erfolgte Auszahlung des Wochengeldes für den Zeitraum bis iHv. € 1.503,81 nicht als im Jahr 2006, sondern gemäß § 19 Abs. 1 EStG als im Kalenderjahr 2005 bezogen zu behandeln sei. Damit würden die schädlichen Einkünfte der Lebensgefährtin 2006 unter dem Grenzbetrag des § 33 Abs. 4 Z 1 EStG liegen und dem Bw. stünde der AVAB für 2006 zu.

§ 19 Abs. 1 EStG in der für 2006 geltenden Fassung lautet: "Einnahmen sind in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen. Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, sowie Nachzahlungen im Insolvenzverfahren gelten in dem Kalenderjahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht .........." Diese Regelung soll ihrem Zweck entsprechend zufällig eintretende Abweichungen einer Zahlung vom wirtschaftlichen Bezugsjahr verhindern. Nach dieser Zielsetzung muss die Einnahme mit Beginn bzw. Ende des Kalenderjahres zu dem sie wirtschaftlich gehört fällig sein. Diese Regel ist demnach nicht mehr anzuwenden, wenn die Fälligkeit nicht am Beginn bzw. Ende des wirtschaftlichen Bezugsjahres liegt oder von diesem überhaupt abweicht (siehe Jakom, EStG-Kommentar², Rz 27 und die dort zitierten Nachweise). Zu klären ist daher die Rechtsgrundlage für die Auszahlungsmodalität des Wochengeldes, wobei die Satzungsregelung der jeweiligen Gebietskrankenkasse als Regelung der Fälligkeit zu verstehen ist (sh. Baldauf in SWK 2008, S. 723, Punkt 4.2). Die Satzung der Oberösterreichischen GKK sieht im § 45 vor, dass unter anderem das Wochengeld alle vier Wochen im Nachhinein ausgezahlt wird. Nach der vorgelegten Auszahlungsbestätigung der O.Ö. GKK vom hatte die Lebensgefährtin des Bw. ab dem Anspruch auf Wochengeld. Auf Grund der soeben angeführten Fälligkeitsbestimmung der Satzung der O.Ö. GKK bestand somit ein Auszahlungsanspruch für einen Zeitraum von vier Wochen gerechnet vom Anspruchsbeginn . Die erste Zahlung wäre daher bereits nach Ablauf von vier Wochen ab diesem Datum, somit am fällig gewesen. Demnach liegt die Fälligkeit der strittigen Zahlung nicht am Ende des wirtschaftlichen Bezugsjahres (m.a.W. nicht am ), sondern weicht von diesem - wenn auch nur relativ geringfügig - ab weshalb nach dem oben Gesagten die "Kurze-Zeit-Regel" des § 19 Abs. 1 zweiter Satz EStG im vorliegenden Fall von vornherein nicht zur Anwendung kommen kann.

Doch selbst wenn man die strittige Wochengeldzahlung wegen der nur geringfügigen Abweichung vom Ende des wirtschaftlichen Bezugsjahres als wiederkehrenden Bezug im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmung werten würde, könnte das der Berufung aus folgenden Gründen ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen: Was als "kurze Zeit" iSd. § 19 Abs. 1 zweiter Satz EStG zu verstehen ist, ist im Gesetz nicht näher definiert. Nach der Lehre und Rechtsprechung ist darunter jedoch ein Zeitraum von zehn Tagen zu verstehen (siehe Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, Tz 4 zu § 19 und die dort zitierte Literatur und Judikatur, ebenso: Jakom², Rz 20 zu § 19). Die Verwaltungspraxis geht von einem Zeitraum von bis zu fünfzehn Tagen aus (vgl. LStR, Rz 642). Auch wenn im Berufungsfall von der günstigeren Auslegung der Lohnsteuerrichtlinien ausgegangen würde, könnte dies der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen, weil der strittige Betrag an Wochengeld für den Zeitraum vom bis unbestrittenermaßen erst am ausbezahlt wurde und daher - nach der angeführten Gesetzesauslegung - nicht mehr "kurze Zeit" nach Beendigung des Jahres 2005, zu dem es wirtschaftlich gehört. Diese Zahlung ist daher, auch bei Qualifikation als regelmäßig wiederkehrender Bezug im Sinne der genannten gesetzlichen Bestimmung, erst im Jahr 2006 zugeflossen, sodass die Lebensgefährtin des Bw. 2006 mehr als € 6000,00 an Einkünften (iSd. § 33 Abs. 4 Z 1 EStG) erzielt und somit den maßgeblichen Grenzbetrag überschritten hat. Der Bw. meint, dass das strittige Wochengeld hinsichtlich des Zeitpunktes des Zuflusse gleich zu behandeln sei, wie Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, sowie Nachzahlungen im Insolvenzverfahren. Diese Zahlungen gelten nach der ausdrücklichen Regelung des oben zitierten § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG in dem Kalenderjahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht. Die Grundregel des § 19 EStG - steuerlicher Bezug von Einnahmen in jenem Kalenderjahr, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind - wird aber nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Ausnahmefällen durchbrochen (sh. ). Die vom Bw. angesprochene Ausnahmebestimmung ist nach ihrem klaren Wortlaut auf die angeführten beiden Arten von Zahlungen beschränkt und kann somit nicht - wie der Bw. meint - auf die Zahlung von Wochengeld analog angewendet werden. Selbst bei Qualifikation der strittigen Wochengeldzahlung als wiederkehrende Einnahme iSd genannten gesetzlichen Bestimmung könnte diese somit nicht als im Jahr 2006 zugeflossen gewertet werden, weil - wie aufgezeigt - die "Kurze-Zeit-Regel" nicht eingehalten wurde und für derartige Zahlungen keine gesetzliche Ausnahmebestimmung hinsichtlich des Zuflusszeitpunktes besteht. Nach dem Gesetz kommt es auch nicht darauf an, ob eine allfällige verspätete Zahlung bzw. eine Nachzahlung für einen im abgelaufenen Kalenderjahr liegenden Zeitraum auf ein Verschulden des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist oder nicht. Ein fehlendes Verschulden des Steuerpflichtigen ändert nichts daran, dass die Ausnahmeregelungen des § 19 Abs. 1 erster und zweiter Satz EStG nur dann anzuwenden sind, wenn die dort definierten Voraussetzungen erfüllt sind. Dass die verspätete Auszahlung des Wochengeldes im Berufungsfall wegen einer verspäteten Bearbeitung durch die GKK erfolgte vermag daher der Berufung ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Die Berufung war aus den angeführten Gründen abzuweisen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Wochengeld
Zuflusszeitpunkt
regelmäßig wiederkehrende Einnahmen
Alleinverdienerabsetzbetrag
Verweise
Baldauf in SWK, 2008, S 723

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at