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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 04.03.2013, RV/0005-W/13

Präsenzdienst und Semesterzählung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0005-W/13-RS1
Bei den in § 17 StudFG angesprochenen Zeiträumen handelt es sich um vollständige Semester. Die Ableistung des Präsenzdienstes bis 6. November hat zur Folge, dass das Wintersemester nicht vollständig für die Berufsausbildung zur Verfügung steht und daher bei der Semesterzählung nach § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG nicht zu berücksichtigen ist.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., W.,K-Gasse, vertreten durch Mag. Veronika Weiß, 1010 Wien, Judengasse 7/4/21, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Oktober 2009 bis September 2011 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Der Rückforderungsbetrag beträgt:


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Familienbeihilfe für Oktober 2009 bis Februar 2011
2.595,90 €
Kinderabsetzbeträge für Oktober 2009 bis Februar 2011
992,80 €
Rückforderungsbetrag gesamt
3.588,70 €

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des zuständigen Finanzamtes vom wurden von der Bw. die ihr für den Sohn S., geb. am xx.10.1986, für den Zeitraum Oktober 2009 bis September 2011 gewährte Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zurückgefordert. In der Begründung wurde unter Hinweis auf § 17 StudFG ausgeführt, S. habe nach dem 4. Semester das Studium gewechselt.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Berufung führte die Bw. aus, ihr Sohn habe bis Juni 2009 an der Technischen Universität Wien Informatik studiert. Er habe danach das Studium der Informatik an der Fachhochschule Technikum Wien fortgesetzt. Die Vorstudienzeiten seien dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig.

In weiterer Folge wurde die Bw. aufgefordert, eine Bestätigung der Fachhochschule Technikum Wien beizubringen, dass es sich bei dem nunmehr betriebenen Bachelorstudium um ein dem bisher an der TU Wien betriebenen Studium gleichwertiges handelt, und den Anrechnungsbescheid vorzulegen.

Die Bw. brachte vor, ihr Sohn habe im September 2009 das Studium an der Fachhochschule begonnen und es im Juni 2012 beendet. Weiters legte sie eine Bestätigung der Fachhochschule Technikum Wien vor, aus der hervorgeht, dass ihr Sohn das Studium in der Mindeststudiendauer absolviert habe.

Mit Berufungsvorentscheidung wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen, weil die abverlangten Unterlagen nicht übermittelt worden seien.

Im fristgerecht gestellten Vorlageantrag wies die Bw. darauf hin, dass alle abverlangten Unterlagen übermittelt worden seien.

Die Bw. wurde neuerlich ersucht, eine Bestätigung der Fachhochschule beizubringen, dass beide Studien gleichwertig seien, und den Anrechnungsbescheid unter Angabe der ECTS-Punkte vorzulegen.

In Entsprechung dieses Ersuchschreibens legte die Bw. eine Bestätigung der Fachhochschule Technikum Wien vor, dass beide Studien gleichwertig seien und dass keine Lehrveranstaltungen angerechnet worden seien. Außerdem wies die Bw. auf den Punkt 2 des § 17 des Studienförderungsgesetzes hin, in welchem es ausdrücklich heiße, dass es sich nicht um einen Studienwechsel handle, wenn das Studium nach dem zweiten Semester gewechselt worden sei. Das sei bei ihrem Sohn insofern der Fall gewesen, als er zwar im Sommersemester 2008 an der TU Wien inskribiert gewesen sei, aber während des Sommersemesters zum Bundesheer einberufen worden sei, wo er bis zum Wintersemester 2008/09 dienen hätte müssen. Insofern lägen zwar drei Semester auf der TU Wien vor, davon müssten aber zwei Semester abgezogen werden, weil der Sohn in dieser Zeit seinen Präsenzdienst geleistet habe. Schließlich sei noch auf Punkt 4 des § 17 des Studienförderungsgesetzes zu verweisen, wonach ein Studienwechsel dann nicht mehr zu berücksichtigen sei, wenn der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium soviele Semester wie in dem vor dem Studienwechsel betriebenen Studium zurückgelegt habe. Da ihr Sohn sechs Semester an der Fachhochschule zurückgelegt und danach das Studium mit Erfolg abgeschlossen habe, sei also die Familienbeihilfe zu gewähren.

Auf Grund der widersprüchlichen Angaben im Vorlageantrag wurde die steuerliche Vertreterin der Bw. ersucht, nachzuweisen, wann der Präsenzdienst tatsächlich abgeleistet worden sei, und Studienbestätigungen und Erfolgsnachweise für das Studium an der Technischen Universität Wien vorzulegen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Behörde nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Der Sohn der Bw., der am xx.10.1986 geboren wurde, leistete in der Zeit vom bis seinen Präsenzdienst. Ab dem Wintersemester 2007 inskribierte er an der Technischen Universität Wien das Bachelorstudium "Software & Information Engineering". Ab dem Wintersemester 2009 wechselte er an die Fachhochschule Technikum Wien und inskribierte das Bachelorstudium "Informatik/Computer Science", welches er nach sechs Semestern im Sommersemester 2012 in Mindeststudienzeit abschloss. Von der Fachhochschule Technikum Wien wurden keine Lehrveranstaltungen, die der Sohn der Bw. an der Technischen Universität Wien absolviert hatte, angerechnet. Im Oktober 2011 vollendete der Sohn der Bw. das 25. Lebensjahr.

Dieser Sachverhalt gründet sich auf das Vorbringen der Bw. und auf die im Abgabeninformationssystem des Bundes gespeicherten Daten.

Rechtliche Würdigung:

§ 2 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG 1967) lautet auszugsweise:

"§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) ...

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden ... Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß."

Die Familienbeihilfe wird nach § 10 Abs. 1 FLAG 1967 nur auf Antrag gewährt und zwar nach § 10 Abs. 2 leg. cit. vom Beginn des Monats, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 zurückzuzahlen. Zurückzuzahlende Beträge können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Der mit "Studienwechsel" überschriebene § 17 StudFG lautet auszugsweise:

"§ 17. (1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende

1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder

2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder

3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:

1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind,

2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,

3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn ...

4. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs.3.

(3) ...

(4) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt haben. Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden."

Im vorliegenden Fall absolvierte der Sohn der Bw. den Präsenzdienst in der Zeit vom bis . Er inskribierte ab dem Wintersemester 2007 an der Technischen Universität Wien das Studium "Software & Information Engineering". Als Folge der Ableistung des Präsenzdienstes bis stand dem Sohn der Bw. das erste Semester nicht vollständig für Studienzwecke zur Verfügung. Da es sich bei den in § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 angesprochenen Zeiträumen durchwegs um Semester oder das Mehrfache von Semestern bzw. Studien- oder Ausbildungsjahre handelt (vgl. ), geht die Behörde davon aus, dass es sich auch bei den in § 17 StudFG angesprochenen Zeiträumen, auf die in dieser Bestimmung Bezug genommen wird, um vollständige Semester handeln muss. Der Sohn der Bw. hat daher nur drei vollständige Semester an der Technischen Universität Wien absolviert, bevor er an die Fachhochschule Technikum Wien wechselte. Er hat damit das Studium nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt. Dieser Studienwechsel erfüllt den Tatbestand des § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG, weshalb ein günstiger Studienerfolg, wie ihn § 2 Abs. 1 lit. b FLAG für die Gewährung der Familienbeihilfe fordert, nicht vorliegt.

Da laut Bestätigung der Fachhochschule Technikum Wien beim Sohn der Bw. die Vorstudienzeiten an der Technischen Universität nicht angerechnet wurden, ist der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z 1 StudFG nicht erfüllt.

Unter Berücksichtigung der Bestimmung des § 17 Abs. 4 StudFG ist aber davon auszugehen, dass die Bw. in dem Zeitpunkt wieder einen Anspruch auf Familienbeihilfe hatte, in dem ihr Sohn in dem nunmehr betriebenen Studium an der Fachhochschule Technikum Wien so viele Semester wie in dem vor dem Studienwechsel betriebenen Studium an der Technischen Universität Wien zurückgelegt hat. Wie oben ausgeführt, geht die Behörde davon aus, dass der Sohn der Bw. drei vollständige Semester hindurch das Studium an der Technischen Universität betrieben hat und daher die Bw. nach drei Semestern des Studiums an der Fachhochschule Technikum Wien, d. h. ab dem Sommersemester 2011 und somit ab März 2011, wieder einen Anspruch auf Familienbeihilfe hatte.

Der Berufung war daher teilweise stattzugeben und der angefochtene Bescheid insofern zu ändern, als die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge nur für die Monate Oktober 2009 bis Februar 2011 zurückzufordern waren.

Hingewiesen wird auf die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit g FLAG 1967, wonach für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Zivildienstes für eine Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist, ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 vorgesehenen Studiendauer.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at