Totz Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer VwGH-Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid des Bundesasylsenates Asylverfahren nicht mehr anhängig
Rechtssätze
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RV/2787-W/12-RS1 | Wird der VwGH-Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid des Bundesasylsenates aufschiebenden Wirkung zuerkannt, so ändert sich dadurch die formelle Rechtskraft nicht, und das Asylverfahren ist als nicht mehr anhängig zu beurteilen. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., W., O.straße, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum ab Jänner 2009 entschieden:
Die Berufung wird für den Zeitraum Jänner 2009 bis Februar 2012 als unbegründet abgewiesen.
Familienbeihilfe steht auch ab Jänner 2009 nicht zu.
Im Übrigen, nämlich für den Zeitraum September 2011 bis Februar 2012, bleibt der angefochtene Bescheid unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin, in der Folge Bw. genannt, stellte am den Antrag auf "Rückforderung der Familienbeihilfe ab 09/11" für die 1998 geborene Tochter M..
Die Bw. ist lt. diesem Antrag xxy Staatsbürgerin und reiste im Jahr 2004 nach Österreich ein.
Der Antrag wurde mit Bescheid vom für den Zeitraum September 2011 bis Februar 2012 mit der Begründung abgewiesen, dass gemäß § 3 FLAG Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe haben, wenn sie sich nach den §§ 8 und 9 NAG rechtmäßig in Österreich aufhalten.
Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom fristgerecht berufen und vorgebracht, dass die Bw. im Jahr 2004 nach Österreich eingereist sei. Nach 60 Monaten Aufenthalt in Österreich, somit "ab 2009 bis 2012" habe sie daher für ihre Tochter Anspruch auf Familienbeihilfe.
Nachdem die Berufung mit Berufungsvorentscheidung abgewiesen worden war, stellte die Bw. mit Schriftsatz vom den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Begründend wurde ausgeführt, dass auf Grund der Stellung des Asylantrages am § 3 FLAG in der vor dem geltenden Fassung anzuwenden sei, wonach Voraussetzung für den Anspruch auf Familienbeihilfe u.a. ein ständiger Aufenthalt von 60 Monaten in Österreich sei. Diese Voraussetzung sei im Jänner 2009 erfüllt gewesen. Das Asylverfahren sei erst am mit der Ablehnung der Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes durch den Verwaltungsgerichtshof beendet gewesen.
U.a. folgende Unterlagen wurden im Zuge des Berufungsverfahrens vorgelegt:
Abweisender Bescheid des Bundesasylamtes hinsichtlich des Asylantrages vom betreffend den Ehegatten der Bw. vom ,
Abweisung des Asylerstreckungsantrages der Bw.,
Abweisung der Berufungen des Ehegatten und der Bw. durch den Bundesasylsenat vom ,
der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen,
Ablehnung der Beschwerde durch den
Schreiben des "Flüchtlingsprojektes XY", wonach der Familie nach negativer Beendigung des Asylverfahrens ab August 2010 eine Wohnung zur Verfügung gestellt worden sei,
"Rot-Weiß-Rot-Karte Plus" der Bw., des Gatten und der Tochter, ausgestellt am , gültig bis .
Über Anfrage des Unabhängigen Finanzsenates beim o.a. Flüchtlingsprojekt wurde mitgeteilt, dass die Familie von Beendigung ihres Asylverfahrens bis zur Erteilung des Bescheides, dass ihre Ausweisung aus Österreich dauerhaft unzulässig sei, ohne Aufenthaltstitel in Österreich aufhältig gewesen sei.
Über die Berufung wurde erwogen:
Nach den vorgelegten Unterlagen ergibt sich folgender zu würdigender Sachverhalt:
Die Bw. reiste am nach Österreich ein. Im Hinblick auf den Asylantrag ihres Ehegatten stellte sie mit gleichem Datum einen Asylerstreckungsantrag. Beide Anträge wurden mit Bescheid des Bundesasylamtes vom gem. § 7 AsylG 1997 abgewiesen. Auch die Berufungen gegen diese Bescheide wurden abgewiesen und zwar vom Bundesasylsenat am . Gegen die Bescheide Bundesasylsenates wurde Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, der dieser Beschwerde zunächst mit Beschluss vom aufschiebende Wirkung zuerkannte, die Behandlung der Beschwerde aber letztlich mit Beschluss vom ablehnte.
Am wurde den Familienmitgliedern eine sog. "Rot-Weiß-Rot-Karte Plus" ausgestellt, die sie zum befristeten Aufenthalt in Österreich bis berechtigt.
Die Bw. vertritt die Auffassung, dass ihr auf Grund des zum und nach ihrer Meinung noch bis zum anhängig gewesenen Asylverfahrens Familienbeihilfe nach der Fassung des § 3 FLAG vor dem Inkrafttreten des Pensionsharmonisierungsgesetztes mit zustehe und zwar nach einem ständigen Aufenthalt in Österreich von 60 Monaten nach Stellung des Asylantrages am , somit ab .
Dass die Bw. die Gewährung von Familienbeihilfe ab Jänner 2009 beantragt, ergibt sich aus dem Berufungsbegehren und dessen Begründung, nämlich, dass der Anspruch mit dem 60-monatigen ständigen Aufenthalt in Österreich, gerechnet ab Stellung des Asylantrages am , verwirklicht sei.
Rechtlich ist folgendes auszuführen:
Ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten (vgl. z.B. Zl. 2000/13/0103). Auf den Zeitpunkt der Antragstellung kommt es demgegenüber nicht an (). Im gegenständlichen Fall ist daher zu prüfen, ob im Zeitraum bis Anspruch auf Familienbeihilfe besteht. Ab wurde der Bw. bereits Familienbeihilfe zuerkannt.
Gemäß § 3 FLAG in der ab geltenden Fassung (Fremdenrechtspaket 2005) lautet:
"(1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten.
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten.
(3) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde."
Mit Art. 1 Z 1 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 168/2006, wurden dem § 3 FLAG in der Fassung des BGBl. I Nr. 3/2006 mit Geltung ab die Absätze 4 und 5 angefügt:
"(4) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.
(5) In den Fällen des Abs. 2, Abs. 3 letzter Satz und Abs. 4 letzter Satz wird für nachgeborene Kinder die Familienbeihilfe rückwirkend gewährt. Gleiches gilt für Adoptiv- und Pflegekinder, rückwirkend bis zur Begründung des Mittelpunktes der Lebensinteressen im Bundesgebiet (§ 2 Abs. 8) durch den Elternteil und das Kind. Als nachgeborene Kinder gelten jene Kinder, die nach dem Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels oder der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten an den zusammenführenden Fremden geboren werden."
Abweichend davon, ist § 3 in dieser Fassung nicht auf Personen anzuwenden, deren Asylverfahren noch nach dem AsylG 1997 abgeführt wird und deren Asylverfahren am noch anhängig war. Dies trifft auf die Bw. nach dem vorliegenden Sachverhalt grundsätzlich zu.
Das durch Stellung des Asylantrages bzw. der Asylerstreckungsanträge am eingeleitete Asylverfahren endete jedoch, entgegen der Auffassung der Bw., bereits mit dem in zweiter Instanz ergangenen abschlägigen Bescheid des Bundesasylsenates vom . In diesem Bescheid wurde auch festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach X gem. § 8 AsylG 2005 iVm § 50 FPG zulässig sei. Der Bw. wurde auch nicht der gem. § 8 Abs.2 AsylG 2005 mit der abweisenden Entscheidung zu verbindende Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.
Dazu ist folgendes auszuführen:
Mit Beschluss vom hat der Verwaltungsgerichtshof den Anträgen auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stattgegeben. Der Beschluss lautet wörtlich:
"Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird den Anträgen mit der Wirkung stattgegeben, dass den antragstellenden Parteien die Rechtsstellung als Asylwerber/innen zukommt, wobei damit im Besonderen jede Zurück- oder Abschiebung der antragstellenden Parteien aus Österreich für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unzulässig ist."
Der zitierte § 30 VwGG lautet:
(1) Den Beschwerden kommt eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Dasselbe gilt für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist.
(2) Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn die Interessen Dritter berührt werden.
(3) Beschlüsse gemäß Abs. 2 sind allen Parteien zuzustellen. Im Falle der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat die Behörde den Vollzug des angefochtenen Bescheides aufzuschieben und die hiezu erforderlichen Verfügungen zu treffen; der durch den angefochtenen Bescheid Berechtigte darf die Berechtigung nicht ausüben.
Mit Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof wird zwar daher der Eintritt der materiellen Rechtskraft nicht jedoch die formelle Rechtskraft der Abweisungsbescheide unterbrochen. Diese tritt dadurch ein, dass ein letztinstanzlicher Bescheid ergangen ist und ein ordentliches Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
Wird folglich gegen einen den Antrag auf Asyl abweisenden Bescheid des Bundesasylsenates Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und dieser aufschiebende Wirkung zuerkannt, so führt dies noch nicht dazu, ein Asylverfahren noch immer als anhängig zu werten (siehe dazu Csaszar/Lenneis/Wanke, ,Kommentar zum Familienlastenausgleichsgesetz, Stand: , Seite 194, Rz. 260 zu § 3 und z.B -G/10 und vom , RV/3419-W/11).
Mit den im Akt aufliegenden und am ergangenen, letztinstanzlichen Abweisungsbescheiden des unabhängigen Bundesasylsenates wurden die Asylverfahren abgeschlossen und die Asylanträge abgewiesen. Entgegen dem Berufungsvorbringen lag damit im hier zu beurteilenden Zeitraum ab kein offenes Asylverfahren mehr vor. Der Anspruch auf Familienbeihilfe richtet sich somit beginnend ab Jänner 2009 nach der Bestimmung des § 3 FLAG 1967 in der Fassung des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 oder bereits idF BGBl. I Nr. 168/2006.
Da bis zur Ausstellung der "Rot-Weiß-Rot-Karte Plus" kein Aufenthaltstitel im Sinne des § 3 FLAG in der Fassung ab vorlag, war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at