Sonstiger Bescheid, UFSW vom 03.10.2005, RV/0976-W/05

Zurückweisung einer Berufung mangels Bescheidqualität der angefochtenen Erledigung

Entscheidungstext

Bescheid

Die von Eva-Maria Koller-Rohrschach, Wirtschaftstreuhänderin, 1210 Wien, Baumergasse 42/1/4, namens und auftrags einer "S. TennisberatungsgmbH und Mitges." am gegen vom Finanzamt Wien 4/5/10 mit Datum gegenüber einer "S. TennisberatungsgmbH und Mitges." als Bescheide betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb für die Jahre 1995 bis 2003 bezeichnete Erledigungen erhobene Berufung wird gemäß § 273 BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt, einem Wirtschaftsprüfer oder einem Steuerberater unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt Wien 4/5/10 hat mit Datum gegenüber einer "S. TennisberatungsgmbH und Mitges" vermeintlich Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO für die Jahre 1995 bis 2003 endgültig (§ 200 BAO, 1995 bis 2002) bzw. im wieder aufgenommenen Verfahren (§ 303 Abs. 4 BAO, 2003) erlassen , worin der Gewinn sämtlicher Beteiligter (der Geschäftsherrin und der atypisch stillen Gesellschafter) der "S. TennisberatungsgmbH und Mitges" jeweils mit 0,00 S bzw. 0,00 € festgestellt wurde.

Begründend wurde ausgeführt, es läge Liebhaberei vor, da lediglich eine einzige Sportlerin gefördert worden und es durch die nicht marktgerechte Gestaltung zu einem hohen Gesamtverlust gekommen sei.

Das Finanzamt Wien 4/5/10 hat Bescheide gegenüber einer "S. TennisberatungsgmbH und Mitges" erlassen, mit welchen offenbar ("Liebhaberei") vom Nichtvorliegen einer Einkunftsquelle und daher vom Nichtvorliegen gemeinschaftlicher Einkünfte ausgegangen wird.

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass seit 2002 die (vermeintliche) Mitunternehmerschaft den atypisch stillen Gesellschaftern keine Einkünfte mehr zuweist und das gesamte Ergebnis der Geschäftsherrin ("W. S. Werbe GmbH") - die nunmehr einen Gastronomiebetrieb mit unterschiedlichen Bezeichnungen führt - zugerechnet wird. Die "W. S. Werbe GmbH" wurde in "Sp. Gastronomie GmbH" umbenannt, es sind mehrere Wechsel der Geschäftsführer und Gesellschafter eingetreten.

Die angefochtenen Erledigungen benennen als Adressaten eine "S. TennisberatungsgmbH und Mitges"; zugestellt wurden die Erledigungen einer bevollmächtigten Wirtschaftstreuhänderin.

Das Finanzamt Wien 4/5/10 wurde mit Schreiben des Unabhängigen Finanzsenates vom im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa ; , 2002/14/0133; , 91/13/0117; 22.3.200, 98/13/0168) um Äußerung zur Bescheidqualität der berufungsgegenständlichen Erledigungen vom ersucht.

Mit Schreiben vom "beharrte" das Finanzamt "auf seiner Ansicht, dass im gegenständlichen Fall Liebhaberei vorliegt".

Eine einheitliche und gesondere Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO erfolgt nur für jene Einkünfte, die aus einer gemeinsamen Einkunftsquelle stammen. Liegen nach Ansicht der Abgabenbehörde keine gemeinschaftlichen Einkünfte (etwa infolge Vorliegens von Liebhaberei) vor, ist ein Bescheid gemäß § 92 BAO zu erlassen, wonach eine Feststellung der Einkünfte zu unterbleiben hat (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 23 Anm. 226 m.w.N.).

Ist eine zivilrechtlich nicht rechtsfähige Personenvereinigung (GesBR, atypische stille Gesellschaft) Trägerin von Rechten und Pflichten im abgabenrechtlichen Sinn (bei GesBR im Falle der Unternehmereigenschaft und/oder Eigenschaft als Mitunternehmerschaft, bei atypischer stiller Gesellschaft im Falle der Eigenschaft als Mitunternehmerschaft denkbar), so liegt ein im Sinne des Abgabenrechtes rechtsfähiges (parteifähiges) Gebilde vor. Im umgekehrten Fall - die GesBR oder stille Gesellschaft ist nicht Trägerin von abgabenrechtlichen Rechten und Pflichten, etwa bei Verneinung der Einkunftsquelleneigenschaft durch das Finanzamt ab Beginn der stillen Gesellschaft (vgl ) - geht ein an "Geschäftsherr und Mitgesellschafter" gerichteter (vermeintlicher) Bescheid mangels eines rechtsfähigen Gebildes als Bescheidadressat ins Leere und kann daher nicht rechtswirksam erlassen werden (). Es sind daher im "Einkünftenichtfeststellungsbescheid" alle behaupteten Beteiligten namentlich anzuführen, an jede dieser Personen ist auch eine Ausfertigung des Bescheides zuzustellen ( Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke , EStG 1988, § 23 Anm. 229).

Besteht eine zivilrechtlich nicht rechtsfähige Personenvereinigung nicht (mehr), so ist an eine beendigte zivilrechtlich nicht rechtsfähige Personenvereinigung nach § 191 Abs. 2 BAO kein Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften mehr zu richten; ein solcher Bescheid hat vielmehr an die einzelnen Mitglieder der seinerzeit bestandenen Mitunternehmerschaft zu richten (vgl. ).

Die mit Berufung bekämpften Erledigungen des Finanzamtes 4/5/10 vermögen keine Rechtswirkungen zu entfalten:

Das Finanzamt geht davon aus, dass von Anfang an - und somit jedenfalls im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Erledigungen - infolge Liebhaberei keine Mitunternehmerschaft bestanden hat. Die sich als Mitunternehmerschaft sehende zivilrechtlich nicht rechtsfähige Personenvereinigung geht davon aus, dass offenbar seit 2002 die die Förderung einer Tennisspielerin zum Gegenstand gehabt habende Personenvereinigung nicht mehr besteht, da seit 2002 von der Einschreiterin selbst nur mehr Einkünfte der Geschäftsherrin - die nunmehr auch in einem völlig anderen Geschäftszweig, nämlich in der Gastronomie, tätig ist - zugerechnet werden.

Beide Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens gehen daher davon aus, dass im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Erledigungen eine "S. TennisberatungsgmbH und Mitges" nicht bestanden hat. Die an eine solcherart bezeichnetes (und im Erledigungszeitpunkt nicht bestanden habendes) Partei adressierten Erledigungen gehen daher im Sinne der oben dargestellten Lehre und Rechtsprechung ins Leere. Diese Erledigungen vermögen auch keine Rechtswirkungen im Sinne des § 295 BAO hinsichtlich der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerbescheide der angesprochenen Beteiligten zu entfalten.

Mangels Bescheidqualität der angefochtenen Erledigungen war daher die gegenständliche Berufung als unzulässig zurückzuweisen.

Wien,

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 273 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 92 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Bescheidqualität
Bescheidadressat
Feststellungsbescheid
Nichtfeststellungsbescheid

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at