zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSK vom 20.04.2011, RV/0102-K/11

Rückforderung der Familienbeihilfe wegen Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze bzw. wegen Absolvierung des Zivildienstes

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/0102-K/11-RS1
Bei der Rückzahlungspflicht nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 handelt es sich um eine objektive Erstattungspflicht für denjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der SF, I, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für EH für den Zeitraum bis entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Im Rahmen der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe gab die Berufungswerberin (Bw.) bekannt, dass ihr Sohn, EH, geb. 1, am das Lehrverhältnis zur Firma T vorzeitig beendet habe. In der Folge sei ihr Sohn zwei Monate ohne Arbeit gewesen. Einen Monat habe er bei der Firma P gearbeitet. Seit leiste er den Zivildienst ab.

Nach dem Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung sind für EH folgende Daten für den Streitzeitraum vorgemerkt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Arbeiterlehrling (TR)
Arbeiter (J:P)
Arbeitslosengeldbezug
laufend
Zivildienst

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt die für EH ausbezahlte Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum März 2010 bis Oktober 2010 zurück. In der Begründung verwies das Finanzamt auf die §§ 26 Abs. 1 FLAG 1967, 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988, 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 und darauf, dass während der Ableistung des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes keine Berufstätigkeit angenommen werden könne, da die Erfüllung der Wehrpflicht eine Haupttätigkeit darstelle. EH habe am die Lehre abgebrochen, die Familienbeihilfe müsse daher für den oben genannten Zeitraum rückgefordert werden.

In der rechtzeitig eingebrachten Berufung führte die Bw. folgendes aus:

"Ich habe vom bis Oktober 2010 für meinen Sohn EH, geb. 1 in In, österr. Staatsbürger, wohnhaft in 6, K, vom Finanzamt Innsbruck Familienbeihilfe bezogen. Weil mein Sohn wohnt nach wie vor mit mir im selben Haushalt ist und gehört zu meinem Haushalt, wo er auch dort (Hauptwohnsitz) gemeldet ist. Mein Sohn EH hat am die Lehrausbildung abgebrochen und hat bis gelegentlich gearbeitet und AL-Leistung (AMS Innsbruck) bezogen (siehe Beilage). Mein Sohn EH leistet seit Zivildienst (Rettung Innsbruck) und bekommt eine Entschädigung in Höhe von € 247,--. Für den Unterhalt und Unterkunft meines Sohnes komme ich im vollen Umfang noch auf. Mein Sohn EH hat im April 2010 voll gearbeitet und im März 2010 war er Teilzeit beschäftigt. Er hat im Monat März € 489,-- verdient. Ich habe die Familienbeihilfe für die Monate März, April, Juli, August, September und Oktober 2010 Unrecht bezogen und werde die Familienbeihilfe zurückzahlen.

Aus den angeführten Gründen und der dargestellten Sachlage beantrage ich um Umänderung des oben im Betreff genannten Bescheides: Ich habe nur für die Monate März und April die Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag Unrecht bezogen und werde ich zurückzahlen. Daher bitte ich Sie um Stattgebung der Berufung und Aufhebung des Bescheides vom . Und gleichzeitig bitte ich Sie um Gewährung der Familienbeihilfe ab bis für meinen Sohn EH."

Der beigelegten Bezugsbestätigung des AMS vom ist zu entnehmen, dass für EH vom bis Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosengeld von € 27,97 Tagsatz) vorgemerkt sind. Darüber hinaus wurde festgehalten, dass EH in der Zeit vom bis beim AMS in Vormerkung war. Der Kunde habe jedoch durch die fehlende Arbeitslosengeldantragsrückgabe seine Ansprüche nicht geltend gemacht.

Nach den Lohn- und Gehaltsabrechungen der Firma J.P hat EH folgende Nettoeinkünfte bezogen: März 2010 € 556,85, April 2010 € 1.047,27, Mai € 708,16.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung verwies es auf die §§ 2 Abs. 1 lit. a und 2 Abs. 1 lit f FLAG 1967. Im Einzelnen wurde weiters ausgeführt:

"E, geb. 11, der Sohn der Bw., befand sich bis in einem Lehrverhältnis bei der Firma T.. Bis einschließlich Februar 2010 wurde die Familienbeihilfe somit zu Recht ausbezahlt. Aufgrund der vorzeitigen Auflösung des Lehrverhältnisses hat E seine Berufsausbildung mit abgebrochen und befand sich ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in Berufsausbildung, weshalb ab März 2010 kein Anspruch mehr auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 gegeben war. Vom bis war E als Arbeiter bei der Firma J:P RestaurantBetriebsgesellschaft beschäftigt; laut dem beigelegten Lohnzetteln überstieg das Einkommen in den Monaten März bis Mai 2010 jeweils die Geringfügigkeitsgrenze. Lediglich im Zeitraum bis war E nachweislich beim AMS gemeldet. Da das Arbeitslosengeld in diesen 14 Tagen (Tagsatz € 27,97) ebenfalls die Geringfügigkeitsgrenze überstieg, war auch im Juni kein Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. f FLAG 1967 gegeben. Seit leistet E den Zivildienst; da eine Ableistung des Zivildienstes keine Berufsausbildung iS des Gesetzes darstellt, ist auch ab Juli 2010 kein Anspruch auf Familienbeihilfe gegeben."

Am stellte die Bw. den Vorlageantrag mit folgender Begründung:

"Ich werde eine bescheidmäßige Entscheidung des Finanzamtes bekämpfen. Daher bitte ich um eine begründete Entscheidung meiner Berufung vom . Ich bedanke mich für die Bemühungen im Voraus .."

Über die Berufung wurde erwogen:

Von nachstehenden Sachverhalt ist auszugehen:

- EH hat am sein Lehrverhältnis zur T. vorzeitig beendet.

- Von März bis Mai 2010 war der Sohn der Bw. bei der J.P Rest.-BetriebsgmbH und Co KG beschäftigt. Er bezog im März 2010 € 556,85, im April € 1.047,27 und im Mai 2010 € 708,16 Nettoentgelt.

- Vom 17.06. - erhielt EH € 391,58 an Arbeitslosengeld.

- Ab absolvierte EH den Zivildienst.

Strittig ist im Berufungsfall die Rückforderung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge für März - Oktober 2010.

Nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 zurückzuzahlen.

Die Rückzahlungspflicht gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 trifft ausschließlich den Bezieher der Familienbeihilfe. Diese Bestimmung normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. und die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs).

Im Berufungsfall ist unstrittig, dass EH bis zum in Berufsausbildung stand. Mit wurde das Lehrverhältnis vorzeitig beendet. Mit dem Abbruch der Lehre stand der Sohn der Bw. nicht mehr in Berufsausbildung; damit lag eine wesentliche Voraussetzung für den Beihilfenbezug im Streitzeitraum nicht mehr vor.

Aber auch der nachfolgende Tatbestand räumt einen Anspruch auf Familienbeihilfe nicht ein:

In § 2 Abs. 1 FLAG 1967 wird hinsichtlich Familienbeihilfe für volljährige Kinder Folgendes (soweit berufungsrelevant) bestimmt:

Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, ...

lit. f) für volljährige Kinder, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wenn sie

aa) weder den Präsenz- oder Ausbildungsdienst noch den Zivildienst leisten und

bb) bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice als Arbeitsuchende vorgemerkt sind und weder einen Anspruch auf eine Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBI. Nr. 609, haben noch eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes durch das Arbeitsmarktservice erhalten; das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist durch eine Bestätigung des Arbeitsmarktservice nachzuweisen; dabei bleiben ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) sowie Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und Beihilfen durch das Arbeitsmarktservice im Sinne dieses Absatzes in einem Kalendermonat bis zur Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs. 2 Z 1 ASVG außer Betracht.

Ein Beschäftigungsverhältnis gilt gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der für das Kalenderjahr 2010 geltenden Fassung BGBl. II Nr. 450/2009 als geringfügig, wenn es

1. für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart ist und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 28,13 €, insgesamt jedoch von höchstens 366,33 € gebührt oder

2. für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart ist und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 366,33 € gebührt.

März - Mai 2010:

Abgesehen von dem Umstand, dass der Sohn der Bw. dem Erfordernis der "Vormerkung" beim Arbeitsmarktservice nicht gerecht wurde (vgl. § 2 Abs. 1 lit. f sublit bb FLAG 1967), betrug das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) im März 2010 € 556,85, im April 2010 € 1.047,27 und im Mai € 708,16; es lag somit über der Geringfügigkeitsgrenze. Ein Familienbeihilfenanspruch war daher für diese Monate nicht gegeben.

Juni 2010:

Im Juni 2010 war der Sohn der Bw. beim Arbeitsmarktservice vorgemerkt; er bezog in der Zeit vom 17.06. - Arbeitslosengeld in Höhe von € 391,58. Auch in diesem Monat lag er über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG. Somit war auch für diesen Monat ein Anspruch auf Familienbeihilfe nicht gegeben.

Juli - Oktober 2010:

Schließlich leistete der Sohn der Bw. ab (bis Dezember 2010) Zivildienst. Nach § 2 Abs. 1 lit. f sublit aa FLAG 1967 ist für diesen Zeitraum ein Anspruch auf Familienbeihilfe nicht gegeben.

Zusammengefasst ist festzuhalten: im Berufungsfall sind keinerlei Gründe erkennbar, welche einen Beihilfenbezug im Streitzeitraum rechtfertigen würden.

Gemäß § 25 FLAG idgF sind Personen, denen Familienbeihilfe gewährt oder an Stelle der anspruchsberechtigten Person ausgezahlt (§12) wird, verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt wird, zu melden. Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache, bei dem nach § 13 FLAG zuständigen Finanzamt zu erfolgen. Nach dieser gesetzlichen Bestimmung hätte die Bw. jedenfalls die Verpflichtung gehabt, jene Tatsachen zu melden, die eine Änderung im Anspruch auf Familienbeihilfe bzw des Kinderabsetzbetrages bewirken. Dies wurde aber im Gegenstandsfall unterlassen, obwohl ihr Sohn die Lehre abgebrochen hat und in der Folge Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen hat. Aus diesem Grunde erfolgte die Rückforderung der Familienbeihilfe zu Recht.

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit a EStG 1988 wurde gemeinsam mit der Familienbeihilfe auch der Kinderabsetzbetrag ausbezahlt, welcher auf Grund des unrechtmäßigen Bezuges der Familienbeihilfe nunmehr ebenfalls zurückgefordert werden muss.

Die Bw. wendet im Wesentlichen die Haushaltszugehörigkeit des Sohnes, den von ihr für EH geleisteten Unterhalt und die gewährte Unterkunft ein. Diese Umstände vermögen - angesichts der dargelegten gesetzlichen Regelungen - zu keiner Änderung der Berufungsentscheidung führen. Vielmehr sind diese Vorbringen für die Entscheidung unerheblich.

Soweit die Bw. auf ihre Bereitschaft hinweist, die Familienbeihilfe für die Monate März, April, Juli, August, September und Oktober 2010 zurückzuzahlen, im weiteren Vorbringen aber meint, dass sie die Familienbeihilfe nur für die Monate März und April zu Unrecht bezogen habe und zurückzahlen werde, und schließlich um Stattgabe der Berufung und Gewährung der Familienbeihilfe von bis ersucht, kann ihrer Argumentation mangels Plausibilität nicht gefolgt werden.

Abschließend sei auf die Möglichkeit hingewiesen, beim Finanzamt einen Antrag gemäß § 212 BAO auf Zahlungserleichterung und gemäß § 236 BAO auf Nachsicht einzubringen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Geringfügigkeitsgrenze
Zivildienst

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at