Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 30.03.2012, RV/0839-W/11

Umschulungskosten einer Angestellten zur Lebens- und Sozialberaterin

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert. Der Einkommensteuerbescheid 2009 ergeht vorläufig im Sinne des § 200 Abs. 1 BAO.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) ist Bankangestellte und machte im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2009 die Kosten für die Ausbildung zur Mal- und Gestaltungstherapeutin geltend.

Zur Begründung für die Umschulung führte die Bw. wie folgt aus:

"Seit 1979 bin ich Angestellte der X. AG und in die XY. GmbH, einer 100%igen Tochter, delegiert. Wahrscheinlich werde ich in 9 Jahren in Pension gehen, vielleicht auch schon früher (dies ist abhängig von der Personalpolitik der X).

Zur Ausbildung zur Mal- und Gestaltungstherapeutin habe ich mich 2009 deshalb entschlossen, da ich diesen Beruf in meiner Pension ausüben will. Diese Ausbildung hat also grundsätzlich nichts mit meinem derzeitigen Beruf zu tun, wobei ich sie aber nach Abschluss (und sollte ich zu dieser Zeit noch aktiv sein) sicherlich im Rahmen der Persönlichkeitsentwicklung im Personalbüro anbieten könnte.

Mein Ziel ist es, nach Abschluss der Aufbaustufe MGT die Ausbildung zum Lebens- und Sozialberater zu machen, um mich dann in der Pension als "Lebens- und Sozialberater mit Schwerpunkt Mal- und Gestaltungstherapie" selbständig machen zu können. Damit hätte ich auch eine zusätzliche Einkommensquelle neben meiner Pension.

Derzeit befinde ich mich in der Grundstufe "Kreativtraining", die bis Oktober 2010 dauern wird. Anschließend möchte ich mit der Aufbaustufe MGT starten.

Man rechnet im Schnitt bis zum Abschluss inkl. Diplomarbeit mit einer Zeitspanne von 4 bis 5 Jahren, wobei es aber einem selbst überlassen bleibt, wann man mit den Aufbaustufen und dem Praktikum beginnt. Auch ist die Zeitdauer davon abhängig, ob man noch das Upgradeprogramm "Klinische Kunst- und Gestaltungstherapie" dazu macht. Für mich als Berufstätige hat dies den Vorteil, dass ich damit unter keinem Zeitdruck stehe (siehe auch Unterlage "MGT Lehrgang)."

Gegen die Nichtanerkennung der geltend gemachten Aufwendungen wurde in der fristgerechten Berufung eingewendet, dass die Bw. im Jahr 2009 eine Ausbildung zur Lebensberaterin und Mal- und Gestaltungstherapeutin begonnen hat und diese Ausbildung ca. 5 Jahre dauern und die Gesamtkosten der Ausbildung ca. € 18.000.- betragen wird. Der Zeitaufwand betrage 5-10 Stunden pro Woche. Mit dieser Ausbildung sei die Bw. berechtigt und sei auch beabsichtigt, das freie Gewerbe Lebens- und Sozialberatung auszuüben.

Der Umstand, dass mit dieser Ausbildung eine Gewerbeberechtigung erworben werden kann, zeige, dass es sich in diesem Fall um eine steuerlich absetzbare Umschulung handelt.

Von der Höhe der Kosten und dem erforderlichen Zeitaufwand her übersteige diese Ausbildung den Rahmen der Befriedigung privater Interessen.

Das Finanzamt stellte im Rahmen eines Ergänzungsvorhaltes zum strittigen Sachverhalt fest, dass die Aufwendungen für Ihre Ausbildung "Lehrgang Kreativtraining, Mal- und Gestaltungstherapie, Klinische Kunst- und Gestaltungstherapie" idHv. insgesamt € 6.542,43 als Werbungskosten anerkannt werden. Darüber hinaus haben Sie in Ihrer Arbeitnehmerveranlagung Sonderausgaben in der Höhe von insgesamt € 2.410,96 und Aufwendungen für Fachliteratur idHv. € 1.013,51 geltend gemacht. Weiters wurde ausgeführt:

<1. Ausbildung, Fortbildung, Umschulung

Nach den dem Finanzamt vorliegenden Informationen sind Sie seit dem Jahr 1979 durchgehend bei der U. X. AG (bzw. den "Vorgängerinstituten") angestellt gewesen.

In diesem Zusammenhang möchte das Finanzamt an dieser Stelle vorweg festhalten, dass der Unabhängige Finanzsenat bereits wiederholt festgestellt hat, dass Aufwendungen für eine Ausbildung zum Lebens- und Sozialberater eines/einer Bankangestellten keine Aus- oder Fortbildungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 10 EStG darstellen.

Ob diese Aufwendungen als Umschulungskosten im Sinne des EStG anzusehen sind, ist davon abhängig, ob die Umschulungsmaßnahmen derart umfangreich sind, dass sie den Einstieg in eine neue berufliche Tätigkeit ermöglichen, die mit der bisherigen Tätigkeit nicht verwandt ist und auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.

Zu dem Erfordernis, dass eine Umschulungsmaßnahme im Sinne des EStG derart umfangreich sein muss, dass sie den Einstieg in eine neue berufliche Tätigkeit ermöglicht, ist auch festzuhalten, dass Aufwendungen für einzelne Kurse oder Kursmodule für eine nicht verwandte berufliche Tätigkeit nicht abzugsfähig sind.

Sie werden daher aufgefordert, dem Finanzamt durch Vorlage entsprechender Bestätigungen nachzuweisen ob und welche Module Sie bislang im Zuge der oben angeführten Bildungsmaßnahme absolviert haben.

Da eine Bildungsmaßnahme, um steuerlich als Umschulungsmaßnahme abzugsfähig zu sein, auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen muss, werden Sie aufgefordert nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass diese Ausbildung auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielt. Eine bloße Absichtserklärung, den Beruf wechseln zu wollen oder ein Hinweis auf die Möglichkeit, mit einer absolvierten Ausbildung einen Gewerbeschein lösen und selbständig arbeiten zu können, sind für das Abzielen auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes nicht ausreichend.

Zu den vorgelegten Unterlagen möchte das Finanzamt festhalten, dass aus der "Rechnung MGT-2009-1276" vom zwar ein Rechnungsbetrag von € 4.100,00 ersichtlich ist, dass aber auf dieser auch angegeben ist ,,2009 € 1.822,20 2010 € 2.277,80". Sie werden aufgefordert nachzuweisen, dass und welche Beträge im Veranlagungsjahr 2009 tatsächlich abgeflossen sind.

Der selbst erstellte "Eigenbeleg" für angebliche Zahlungen an die MGT für Materialkosten stellt keinen tauglichen Nachweis für die Berücksichtigung von Werbungskosten dar. Sie werden aufgefordert, diesen Aufwand beleg mäßig nachzuweisen.

2. Arbeitsmittel

Sie haben Aufwendungen für Notebook (Anschaffungskosten € 599,00; Rechnungsdatum ) sowie Aufwendungen für verschiedenstes EDV-Zubehör steuerlich geltend gemacht. Die Aufwendungen für das Notebook sind unter Ausscheidung eines Privatanteiles auf die gewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben, wobei im Jahr 2009 auf Grund der Anschaffung in der 2. Jahreshälfte lediglich eine Halbjahres-Afa berücksichtigt werden kann.

Sie werden aufgefordert, dem Finanzamt den Privatanteil des Notebooks und des EDVZubehörs der Höhe nach nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, wobei das Finanzamt davon ausgeht, dass Sie für berufliche Zwecke seitens Ihres Dienstgebers die erforderliche EDV-Ausstattung zur Verfügung gestellt erhalten.

Unter Hinweis auf den Regelungsinhalt des oben zitierten § 20 EStG ist es - damit Aufwendungen als Werbungskosten anerkannt werden können - notwendig, dass diese Aufwendungen für die Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen selbst notwendiger Weise aufgewendet worden sind. Andernfalls liegen nicht abzugsfähige Aufwendungen der Lebensführung im Sinne des § 20 EStG vor, auch wenn diese Ausgaben durch die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen bedingt sind oder diese zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Sofern Aufwendungen für Gegenstände aufgewendet werden, die sowohl beruflich als auch privat verwendet werden können, ist eine steuerliche Berücksichtigung auf Grund des sogenannten "Aufteilungsverbotes" nicht zulässig.

Aufwendungen für Künstlermaterial und für Postkarten sind keine Werbungskosten im Sinne des § 16 EStG, sondern steuerlich nicht abzugsfähige Aufwendungen der Lebensführung im Sinne des § 20 EStG dar.

Es wird Ihnen die Möglichkeit geboten, im Rahmen Ihrer Parteirechte (rechtliches Gehör) zu diesen Ausführungen eine Stellungnahme abzugeben.

3. Fachliteratur

Sie haben die Aufwendungen für die Anschaffung verschiedenster Bücher z.B. "Beseelte Orte", "Der Kaufmann und der Papagei", "Schwammrolle 3er" (?), "Duden Das Fremdwörterbuch", "Wörterbuch der Analytischen ... "(?), "BL-GC4-L G-TEC-C4GEL" (?), "Schlafes Bruder", "Liebe im Märchen", "Rübezahl", "Grimms Märchen", "Andersens Märchen" als Fachliteratur geltend gemacht.

Aufwendungen für Fachliteratur stellen Werbungskosten dar, wenn diese geeignet sind, die Berufschancen zu erhalten oder zu verbessern. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellen Aufwendungen für Literatur, die auch bei nicht in der Berufssparte des Steuerpflichtigen tätigen Personen von allgemeinem Interesse oder zumindest für einen nicht fest abgrenzbaren Teil der Allgemeinheit mit höherem Bildungsgrad bestimmt ist, keine Werbungskosten dar (). Dies gilt selbst dann, wenn aus den betreffenden Publikationen Anregungen für die berufliche Tätigkeit gewonnen werden können ( betreffend Literatur für die Unterrichtsgestaltung eines Lehrers).

Es ist Sache des Steuerpflichtigen, die Berufsbezogenheit aller Druckwerke im Einzelnen darzutun. Mangelt es an einer entsprechenden Offenlegung, ist den Aufwendungen der Abzug als Werbungskosten zur Gänze zu versagen.

Sie werden aufgefordert nachzuweisen, dass es sich bei den von Ihnen angeschafften Druckwerken um Fachliteratur im Sinne des § 16 EStG handelt, widrigenfalls die Aufwendungen nicht anerkannt werden können.>

Ergänzend nahm die Bw. wie folgt Stellung:

"zu Punkt 1. Ausbildung, Fortbildung, Umschulung

a) Abschlusszertifikat "Kreativtrainerin" vom , worin Sie die methodischen Bereiche, den Seminar- und den Stundenumfang finden, den ich bisher im Zuge dieser Ausbildung absolviert habe

b) Auszüge aus dem Lehrgangsplan, worin die Seminarstruktur dargestellt ist:

3 Semester Grundstufe -> Abschluss Kreativtrainer, 3 Semester Aufbaustufe -> Abschluss Mal- und Gestaltungstherapeut, Upgrade LSB-> zur Ausübung des freien Gewerbes Lebens- und Sozialberater

Damit ist ersichtlich, dass diese Ausbildung auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielt.

c) Kontoauszug vom , wonach Sie die Abbuchung der Rechnung "MGT 2009-1276" am finden

d) Ein Beleg für Materialkosten (Eigenbeleg 50,-) kann nicht beigebracht werden

zu Punkt 2. Arbeitsmittel

e) Finden Sie anbei:

Lehrgangsvertrag sowie Terminplan der Grundstufe, worin Sie u.a. bei Punkt 4. "Haus-, Studio-, Protokoll- und Peergruppenarbeit, Fachliche Tätigkeit" einen Bestandteil des Lehrgangs in der Protokollführung finden.

Hinweise für das Protokoll, Hinweise zur künstlerischen Studioarbeit, Hinweis für den Abschlussbericht der Grundstufe.

Pro Seminar (14 Seminare) musste ein Reflexionsprotokoll und ein Protokoll über die Studioarbeit (Maltechnik) zu Hause erstellt werden. Diese Protokolle haben bei mir einen Umfang von 3-5 Seiten, für die Maltechnik ca. 1-2 Seiten. Für die Blockwoche musste ich ebenfalls ein Protokoll erstellen, das einen Umfang von 17 Seiten hat. Weiters musste ich ein mehrseitiges Referat und auch ein Genogramm schreiben. Manchmal musste ich auch - wenn es keine Seminarskripten gab, Zusammenfassungen zu Hause am Laptop verfassen.

Um die Grundstufe positiv abschließen zu können, war ein Abschlussprotokoll (Mindestumfang 10 Seiten) erforderlich. Ebenso bei der Maltechnik (Abschlussprotokoll 3 Seiten) sowie eine Übersichtstabelle der erlernten Maltechniken, zusammen 5 Seiten.

Zusammengefasst kann ich sagen, dass ich im Schnitt 45 Stunden im Monat den Laptop (samt EDV-Zubehör) für diese Ausbildung benutzt habe. Privat benutze ich den Laptop im Schnitt 6-8 Stunden pro Monat.

Aus den beigelegten Unterlagen sowie aus dem Abschlusszertifikat (a) können Sie auch ersehen, dass für diese Ausbildung die Verwendung (und damit die Anschaffung) von Künstlermaterial erforderlich war.

zu Punkt 3. Fachliteratur

f) Finden Sie anbei

- Literaturliste des MGT -Instituts - Mal- und Gestaltungstherapie (Kurzbeschreibung) - Auszug aus dem Lehrgangsplan, Grundstufe - Inhalt - Auszug aus dem Buch B. Dorst "Geleitwort", worin Sie Hinweise finden, dass systemische Märchenarbeit sowie therapeutische Weisheitsgeschichten Schwerpunkte der Ausbildung sind.

Zu den von Ihnen erwähnten Titeln folgende Stellungnahmen:

"Beseelte Orte - Plätze der Natur, Stätten der Kultur, Räume der Spiritualität", von Ingrid Riedel (Theologin, Psychologin): Fachliteratur in dem Sinne, als dass es um Psyche, Seele und archetypische Landschaftsorte geht. Das Buch hat die anerkannte Psychotherapeutin Ingrid Riedel verfasst, von der zahlreiche Bücher auf der Literaturliste zu finden sind.

"Der Kaufmann und der Papagei - Orientalische Geschichten in der Positiven Psychotherapie", von Nossrat Peseschkian: Weisheitsgeschichten und Parabeln werden in der psychotherapeutischen Praxis ebenso eingesetzt wie Märchen (In der analytischen Psychologie von C.G. Jung wird mit Symbolen gearbeitet, die im Zusammenhang mit Märchen, Weisheitsgeschichten, Parabeln, Träumen, Imaginationen auftauchen. S. auch o.e. Auszug aus Buch b. Dorst "Geleitwort.)

"Schwammrolle 3er": Dieser Rechnungsbetrag gehört zu den Malmitteln (die Buchhandlung Thalia verkauft neben Büchern auch Malmittel)

"Duden: Das Fremdwörterbuch" und "Wörterbuch der Analytischen Psychologie" sind für die Ausbildung essentiell wichtige Nachschlagewerke

"BL-GC4-L G-TEC-C4 GEL bl" war der Beleg für einen blauen Gelkugelschreiber

"Schlafes Bruder" - Wie Sie aus der Kostenzusammenstellung erkennen können, wurden die Kosten für dieses Buch nicht bei der Steuererklärung angeführt.

"Liebe im Märchen", "Rübezahl", "Grimms Märchen", Andersen Märchen": Fachliteratur zur systemischen Märchenarbeit (siehe obige Darstellung)

Wie ich bereits in meinem ausführlichen Schreiben vom dargestellt habe, mache ich diese mehrjährige Ausbildung, um mir ein zweites berufliches Standbein aufzubauen. Dies stellt eine Umschulung dar und keine Fortbildungsmaßnahme seitens meines Arbeitsgebers.

Mit dieser Ausbildung habe ich in ca. 4 bis 5 Jahren die Möglichkeit, bereits parallel zu meinem jetzigen Beruf als Angestellte den Beruf als Lebens- und Sozialberaterin ausüben zu können. Vor allem werde ich in meiner Pension, die ich It. meinen letzten Informationen mit 58,5 Jahren antreten werde, als LSB über ein Zusatzeinkommen verfügen, welches mir die Erhaltung meines Lebensstandards sichern wird.>

Das Finanzamt wies die Berufung mit folgender Begründung ab:

<Aufgrund der von Ihnen geschilderten Sachlage, liegen keine Umstände vor, die über eine bloße Absichtserklärung zur künftigen Einnahmenerzielung hinausgehen. Ein Werbungskostenabzug ist nicht zulässig, wenn eine Einkünfteerzielung auf Grund des Gesamtbildes der Verhältnisse von vornherein nicht zu erwarten ist. Die Intensität der Nachweisführung und Glaubhaftmachung muss umso höher sein, je mehr sich eine Umschulung nach der Verkehrsauffassung auch zu Befriedigung privater Interessen eignet. Dies trifft auf die von Ihnen absolvierte Ausbildung zu.

Hinsichtlich der in der Arbeitnehmerveranlagung für 2009 geltend gemachten Umschulungskosten wurden Sie mit Ergänzungsersuchen vom unter anderem aufgefordert, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass die Schulungsmaßnahme auf die TATSÄCHLICHE Ausübung eines anderen Berufes abzielt. Sie haben daraufhin zwar angegeben, dass Sie berechtigt wären, künftig als Kreativtrainerin tätig zu sein, den Nachweis einer TATSÄCHLICHEN Ausübung eines anderen Berufes haben Sie allerdings nicht erbracht. Sollten Sie in weiterer Folge Ihre Haupteinkünfte TATSÄCHLICH aus der Tätigkeit als Kreativtrainerin erzielen, können Sie einen Antrag gemäß § 295a BAO einbringen/stellen.>

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung legte die Bw. ergänzend den Gesetzestext und Aufbauplan der Ausbildung zur Lebens- und Sozialberaterin vor und ergänzte wie folgt: Die Bw. beabsichtige in den nächsten 1,5 Jahren die Stunden von 40 auf 30 zu verringern, um die Ausbildung und Diplomarbeit abschließen zu können. Es sei auch eine spezielle Ausbildung für Mal- und Gestaltungstherapie im Bereich Hospiz und Sterbebegleitung geplant. Der Pensionsantritt würde bereits im Jahr 2017 eintreten und soll daher eine zukünftige Einkunftsquelle erzielt werden, um den derzeitigen Lebensstandard zu erhalten. Die Bw. verweist auf ihren Willen und derzeit guten gesundheitlichen Zustand diese Tätigkeit zukünftig auszuüben.

Der Vertreter des Finanzamtes führt aus, dass das Vorliegen von Umschulungskosten grundsätzlich nicht bestritten wird, jedoch die Unsicherheit der zukünftigen Berufsausübung vorliegt unter Verweis auf die hohen Ausbildungskosten von rund € 7.000,- und € 8.000,- in den Jahren 2008 und 2009, was bei voller Ausbildung rund € 70.000,- ergeben würde.

Dem Vorbringen des Finanzamtsvertreters entgegnet die Bw., dass die Aufwendungen bereits im dritten Jahr 2011 nur rund € 3.400,- betrugen und auch in den nächsten Jahren nicht höher anfallen werden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 180/2004 sind Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf die tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen, Werbungskosten. Aufwendungen für Nächtigungen sind jedoch höchstens im Ausmaß des den Bundesbediensteten zustehenden Nächtigungsgeldes der Höchststufe bei Anwendung des § 13 Abs. 7 der Reisegebührenvorschrift zu berücksichtigen.

In der Begründung des Finanzausschusses des Nationalrates zu dieser Gesetzesänderung, welche im Wesentlichen gleichlautend auch in § 4 Abs. 4 Z 7 EStG 1988 hinsichtlich der Absetzbarkeit von Betriebsausgaben ihren Niederschlag findet, wird unter anderem ausgeführt, dass Aufwendungen für Umschulungsmaßnahmen ergänzend zur bisherigen Regelung des § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 abzugsfähig sind, wenn sie derart umfassend sind, dass sie einen Einstieg in eine neue berufliche Tätigkeit ermöglichen, die mit der bisherigen Tätigkeit nicht verwandt ist und auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.

Aufwendungen für einzelne Kurse oder Kursmodule für eine nicht verwandte berufliche Tätigkeit sind nicht abzugsfähig, wenn diese Kurse bzw. Kursmodule nicht "umfassend" sind (z.B. Aufwendungen für den Besuch eines einzelnen Krankenpflegekurses, der für sich allein keinen Berufsumstieg sicherstellen). Derartige Aufwendungen sind nur abzugsfähig, wenn sie Aus- oder Fortbildungskosten darstellen.

Der Begriff "Umschulung" setzt voraus, dass der Steuerpflichtige eine Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat (Wiesner/Grabner/Wanke, EStG-Kommentar, § 16 Anm 141 und 142).

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.

Die Bw. strebt als Bankangestellte nach Abschluss ihrer Ausbildung zur Lebens- und Sozialberaterin die selbständige Tätigkeit an.

Die Bw. besuchte im Jahr 2009 (und in den Folgejahren) Kurse zur "Mal- und Gestaltungstherapie".

Nach einer Darstellung auf der Homepage des MGT Seminarinstituts (www.gestaltungstherapie.at) ist daran anschließend eine "Aufbaustufe Mal- und Gestaltungstherapie" mit dem Abschluss als diplomierte Mal- und Gestaltungstherapeutin und eine "Diplomstufe integrative Lebens- und Sozialberatung" mit dem Abschluss als diplomierte Lebens- und Sozialberater möglich. Die Grundstufe Kreativtraining und Aufbaustufe MGT sind Bestandteil der gesamten Ausbildung zum Lebens- und Sozialberater. Es liegen belegmäßige Teilnahmebestätigungen des MGT Seminarinstituts betreffend den Grundkurs und Einführungsseminar in Höhe von € 4.100,- und € 250,- vom 25.5. und vor:

Zu prüfen ist, ob in den Kosten zur Ausbildung zur Lebens- und Sozialberaterin abzugsfähige Umschulungskosten zu erblicken sind.

Lebens- und Sozialberatung ist die bewusste und geplante psychologische Beratung und Begleitung von Menschen jedes Lebensalters in den verschiedensten Problem- und Entscheidungssituationen. Wie der Lebens- und Sozialberater-Verordnung BGBl. II Nr. 140/2003 entnommen werden kann, umfasst die erforderliche Ausbildung ein breites Spektrum an Lehrgangsinhalten wie Einführung in die Lebens- und Sozialberatung, Gruppenselbsterfahrung, Grundlagen für die Beratung in den angrenzenden sozialwissenschaftlichen, psychologischen, psychotherapeutischen, pädagogischen und medizinischen Fachbereichen, Krisenintervention, Rechtsfragen, Berufsrecht und betriebswirtschaftliche Grundlagen.

Die Lebens- und Sozialberatung stellt eine eigene Berufssparte dar, welche unterschiedliche Beratungstätigkeiten abdeckt, und zwar Beratung und Betreuung von Menschen beispielsweise im Zusammenhang mit Persönlichkeit-, Partnerschafts-, Erziehungs- oder Berufsproblemen bzw. der Kreativitätsförderung.

Die Ausbildung zum Lebens- und Sozialberaterin sieht nach erfolgreichem Abschluss einer schriftlichen und mündlichen Prüfung, praktisch-fachliche Tätigkeiten (wie protokollierte Beratungen, Leitungen von Gruppen, Supervision, Einzelselbsterfahrung) die Berechtigung zur Ausübung eines selbständigen Berufes vor, nämlich in Form eines bewilligungspflichtigen und konzessionierten Gewerbes.

Im vorliegenden Fall befindet sich die Bw. seit in Ausbildung. Teilnahmebestätigungen und Stundenanrechnung gibt es aus dem Jahr 2009 und 2012, wonach die Bw. voraussichtlich im Herbst 2013 die Ausbildung zur Lebens- und Sozialberatung abschließen wird.

Für die Abzugsfähigkeit von umfassenden Umschulungsmaßnahmen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben wird von den gesetzlichen Bestimmungen gefordert, dass die Aufwendungen auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.

Die Beweggründe für eine Umschulung können unterschiedlichster Natur sein. Der Steuerpflichtige muss in der Lage sein, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass er tatsächlich die Ausübung eines anderen Berufes anstrebt.

Ob der Wille besteht, eine andere Berufstätigkeit tatsächlich auszuüben oder ob andere Motive (z.B. hobbymäßiges Verwerten), ist im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen (Wiesner/Grabner/Wanke, EStG-Kommentar, § 16 Anm. 143).

Die Bw. absolviert seit Mai 2009 die Ausbildung der Mal- und Gestaltungstherapie bzw. Lebens- und Sozialberaterin, wobei für den Abschluss der Kursbesuche und Ausbildung mit einer Stundenreduktion der derzeitigen Tätigkeit beabsichtigt ist. Die Pensionierung sei im Jahr 2017 geplant. Die (selbständige) Tätigkeit als Lebens- und Sozialberaterin sei u.a. auch in der Sterbehilfe z.B. bei der C. geplant.

Es kann unzweifelhaft von einer umfassenden Umschulungsmaßnahme gesprochen werden, wenn die auf die Ausübung eines gänzlich anderen Berufes abzielt.

Da aber die Bw. ihre Ausbildung noch nicht beendet hat und daher nicht absehbar ist, ob die von ihr gesetzten Ausbildungsschritte unmittelbare Anwendung in der folgenden Tätigkeit als Lebens- und Sozialberaterin finden werden, kann eine endgültige Entscheidung hinsichtlich der von der Bw. getroffenen Bildungsmaßnahmen derzeit nicht getroffen werden.

Gemäß § 200 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn er Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist.

Ist die Ungewissheit beseitigt, wird die vorläufige Abgabenfestsetzung durch eine endgültige Festsetzung ersetzt. Gibt die Beseitigung der Ungewissheit zu einer Berichtigung der vorläufigen Festsetzung keinen Anlass, so ist ein Bescheid zu erlassen, der den bisher vorläufigen zum endgültigen Abgabenbescheid erklärt (§ 200 Abs. 2 BAO).

Die von der Bw. dargestellten Ausbildungsschritte lassen zwar darauf schließen, dass eine neue Tätigkeit angestrebt wird, es lässt sich aber nicht voraussagen, ob die Bw. ihre diesbezügliche Absichtserklärung auch in die Tat umsetzen wird.

Da es sich bei der von der Bw. absolvierten Ausbildung um Aufwendungen im Zusammenhang mit einem bisher noch nicht ausgeübten Beruf handelt, ist jedoch die bloße Möglichkeit einer neuen Berufsausübung nicht ausreichend. Ziel der Ausbildung muss vielmehr die tatsächliche Ausübung eines neuen Berufes sein. Es müssen daher Umstände vorliegen, die objektiv auf die ernsthafte und konkrete Absicht zur Einkünfteerzielung schließen lassen (vgl. u.a. ).

Diese über die bloße Absichtserklärung hinausgehende tatsächliche Absicht der Berufsausübung wurde von der Bw. zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht nachgewiesen.

Der Umstand, dass eine abschließende Beurteilung derzeit nicht möglich ist, da sich die Bw. frühestens erst nach dem im Jahr 2013 erfolgten Abschluss der Ausbildung in der Lage ist, ihre Absichtserklärung auch in die Tat umzusetzen, stellt eine Ungewissheit iSd § 200 BAO dar, weshalb die Abgabenfestsetzung nur vorläufig erfolgen kann.

Im Zuge der endgültigen Beurteilung wird anhand der konkreten Tätigkeitsinhalte festzustellen sein, ob von der Bw. tatsächlich Tätigkeiten angeboten werden, bei welchem die von der Bw. gewählten Ausbildungsschritte zentrale und wesentliche Inhalte sind.

Da jedoch nach derzeit vorliegendem Sachverhalt ungewiss ist, ob die Bw. den Beruf des Lebens- und Sozialberaterin tatsächlich ergreifen wird, hat die Abgabenfestsetzung bis zur Erbringung des Nachweises, dass der mit der Ausbildung angestrebte Beruf auch tatsächlich ausgeübt wird, gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig zu erfolgen.

Unter Verweis auf die Auffassung des Finanzamtes kommt der Unabhängige Finanzsenat nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu dem Ergebnis, dass streitgegenständlich der Berufung nicht Folge zu geben ist und daher die Werbungskosten vorläufig nicht anzuerkennen sind.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Umschulung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at