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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 26.02.2013, RV/0390-G/12

Grobes Verschulden: Beauftragung der steuerlichen Vertreterin mit der Einbringung eines ZE-Ansuchens am Nachmittag des Fälligkeitstages der UVA

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der L, vertreten durch Fiduzia Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Mitterdorferstraße 2, 8572 Bärnbach, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Oststeiermark vom über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit dem Bescheid vom setzte das Finanzamt Oststeiermark am Abgabenkonto der Berufungswerberin (Bw.) einen ersten Säumniszuschlag in der Höhe von 824,06 € fest, weil die Umsatzsteuervorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum 11/2011 in der Höhe von 41.202,79 € nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet wurde.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung beantragte die Bw. unter Bezugnahme auf § 217 Abs. 7 BAO, den Säumniszuschlag mangels groben Verschuldens nicht festzusetzen. Sie habe am Nachmittag des ihre steuerliche Vertreterin beauftragt, hinsichtlich der Umsatzsteuer 11/2011 in Folge eines kurzfristigen Liquiditätsengpasses eine Stundung zu beantragen.

Deren zuständige Mitarbeiterin mit den erforderlichen Berechtigungen für FinanzOnline sei krankheitsbedingt nicht anwesend gewesen, weshalb das Stundungsansuchen dem Finanzamt per Telefax übermittelt worden sei. Auf Grund eines technischen Gebrechens des Gerätes sei die Übermittlung fehlerhaft gewesen, was allerdings erst am nächsten Tag in der Früh nach Prüfung des Sendeprotokolles aufgefallen sei. Das Zahlungserleichterungsansuchen sei daraufhin unverzüglich über FinanzOnline übermittelt worden.

Mit der Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung mit der Begründung ab, die Bw. habe die Möglichkeit einer rechtzeitigen Antragstellung gehabt, weil sowohl die Höhe als auch der Fälligkeitstag der Abgabenschuld seit längerem bekannt gewesen seien.

Es handle sich auch nicht um einen einmaligen Liquiditätsengpass, weil seit 2009 monatlich Ansuchen um Zahlungserleichterung mit demselben Wortlaut eingebracht würden.

Auch seien in der Vergangenheit mehrmals die Abgabenzahlungsverpflichtungen nicht eingehalten worden; es liege daher eine über den minderen Grad des Versehens hinaus gehende Säumnis vor, die die Anwendung des § 217 Abs. 7 BAO ausschließe.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom brachte die Bw. vor, die Begründung in der Berufungsvorentscheidung setze sich mit ihrem Vorbringen überhaupt nicht auseinander. Es sei zwar zutreffend, dass bereits in der Vergangenheit wiederholt Zahlungserleichterungsansuchen eingebracht worden seien, dies habe aber nichts mit der Frage zu tun, ob das Verhalten der Mitarbeiterin der steuerlichen Vertreterin am 16. bzw. als minder schweres Versehen anzusehen sei.

Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde die Bw. am aufgefordert, das Sendeprotokoll des Telefax vom vorzulegen. Seitens der steuerlichen Vertreterin der Bw. wurde daraufhin mitgeteilt, sie verwende als Faxgerät ein Multifunktionsgerät der Firma A, für das auch ein Wartungsvertrag bestehe und bei dem bisher (und danach) keine Probleme aufgetreten seien. Ein Sendeprotokoll sei vom Gerät nicht erstellt worden. Gerade das Fehlen eines Sendeprotokolles habe am auf das Problem aufmerksam gemacht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 2 BAO).

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind Säumniszuschläge auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Umsatzsteuervorauszahlung für 11/2011 nicht spätestens bis zum Fälligkeitstag entrichtet wurde. Das diesbezügliche Stundungsansuchen wurde erst am eingebracht, weshalb die Festsetzung des Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 1 BAO dem Grunde nach zu Recht erfolgte. Die Bw. bringt jedoch vor, sie treffe an der Säumnis kein grobes Verschulden.

Bei Begünstigungstatbeständen wie § 217 Abs. 7 BAO tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht der Begünstigungswerberin in den Hintergrund. Die eine Begünstigung in Anspruch Nehmende hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann.

Das Antragsrecht auf Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO setzt voraus, dass den Abgabepflichtigen kein grobes Verschulden an der Säumnis trifft. Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt.

Keine leichte Fahrlässigkeit liegt jedenfalls dann vor, wenn jemand auffallend sorglos gehandelt hat. Auffallend sorglos handelt derjenige, der die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und persönlich zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt ().

Das grobe Verschulden des Vertreters ist dem Verschulden des Vertretenen gleich zu halten. Hingegen ist grobes Verschulden von Arbeitnehmern der Partei (oder des Parteienvertreters) nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls, ob der Partei selbst (bzw. ihrem Vertreter) grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- oder Kontrollverschulden anzulasten ist (; Ritz, BAO³, § 217 Tz 43 ff).

Entgegen dem Vorbringen der Bw. im Vorlageantrag vom ist daher ein etwaiges grobes Verschulden der Angestellten der steuerlichen Vertreterin, die das Zahlungserleichterungsansuchen am Nachmittag des mittels Fax an das Finanzamt zu übermitteln versucht hat, im Rahmen der Verschuldensprüfung des § 217 Abs. 7 BAO nicht schädlich. Entscheidend ist hingegen, ob der Bw. selbst bzw. ihrer Vertreterin (der S.GmbH.) grobes Verschulden anzulasten ist.

Ist die Parteienvertreterin eine juristische Person im Sinne des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes, ist das Verschulden jenes Organs bzw. Vertreters der juristischen Person, der nach den gesetzlichen Vorschriften und den Organisationsnormen der juristischen Person zu deren Vertretung berufen ist und deren Eingaben an Behörden unterfertigt, dem Verschulden des berufsmäßigen Parteienvertreters - und nicht jenem des Kanzleipersonals desselben - gleichzuhalten (). Ein eventuelles Verschulden des Geschäftsführers der S.GmbH . wäre somit der vertretenen Partei zuzurechnen.

Ein Überwachungsverschulden des Geschäftsführers der steuerlichen Vertreterin läge zwar vor, wenn weder im Allgemeinen noch im Besonderen ein (wirksames) Kontrollsystem vorgesehen ist, welches im Falle des Versagens eines Mitarbeiters eine Fristversäumung auszuschließen geeignet ist, somit nicht durch entsprechende Kontrollen sichergestellt wird, dass Unzulänglichkeiten infolge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen sind.

Die Überwachungspflicht geht aber nicht so weit, ausnahmslos jeden Arbeitsablauf lückenlos zu überwachen und auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Zeitgerechtheit zu überprüfen (Stoll, BAO, 2987). So muss etwa eine ausdrücklich angeordnete Postaufgabe nicht auf ihr tatsächliches Stattfinden kontrolliert werden (Ritz, BAO³, § 308 Tz 17 mit Judikaturnachweisen).

Die Überwachungspflicht des verantwortlichen und vertretungsbefugten Geschäftsführers der steuerlichen Vertreterin (S.GmbH .) würde daher überspannt werden, ginge man davon aus, dass dieser jedes Versenden eines Fax unverzüglich auf die tatsächlich erfolgte Versendung und das Vorliegen eines entsprechenden Sendeprotokolles überprüfen müsste.

Ob, wie das Finanzamt vermeint, von der Vertreterin der Bw. Vorkehrungen für den Fall einer Erkrankung der im FinanzOnline Verfahren versierten Mitarbeiterin zu treffen gewesen wären, ist im vorliegenden Fall nicht relevant, weil die Einbringung von Zahlungserleichterungsansuchen nicht an dieses Verfahren gebunden, sondern ebenso unter Verwendung eines Telekopierers zulässig ist (BGBl II 2002/395). Das Ansuchen hätte daher auch ohne Anwesenheit einer im FinanzOnline Verfahren geschulten Kanzleiangestellten mittels Fax eingebracht hätte werden können.

Zusammenfassend ist daher nicht von einem groben Verschulden des verantwortlichen Geschäftsführers der steuerlichen Vertreterin an der Säumnis auszugehen.

Es bleibt jedoch zu überprüfen, ob die Bw. selbst an der verspäteten Abgabenentrichtung ein (grobes) Verschulden trifft. Auf ein solches nimmt das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung vom Bezug, wenn es ausführt, der Bw. sei ihr finanzieller Engpass bereits seit längerem bekannt, weil seit dem Jahr 2009 monatlich Zahlungserleichterungsansuchen mit demselben Wortlaut eingebracht würden.

Aktenkundig ist weiters, dass die Bw. vor dieser Säumnis ihren Zahlungsverpflichtungen bereits des Öfteren nicht nachgekommen ist (siehe u.a. Säumniszuschlagsbescheide vom , , , , , , , , und ).

Diese Feststellungen wurden von der Bw. nicht bestritten. Der Bw. war daher ihre schlechte finanzielle Lage seit langem bekannt (siehe auch aushaftende Verbindlichkeiten am Abgabenkonto der Bw. in der Höhe von 19.809,77 € seit ). Dennoch hat sie ihre steuerliche Vertreterin erst am Nachmittag des letztmöglichen Tages ersucht, hinsichtlich der Zahllast von 41.202,49 € ein Ratenzahlungsansuchen einzubringen. Zu diesem Zeitpunkt konnte die Bw. aber nicht mehr mit Sicherheit davon ausgehen, dass das Zahlungserleichterungsansuchen von der steuerlichen Vertreterin noch an diesem Tag verfasst und beim Finanzamt eingebracht würde, weil eine sofortige Verfügbarkeit von Angestellten einer Steuerberatungskanzlei nicht erwartet werden kann und mit zeitlichen und personellen Engpässen in Steuerberatungskanzleien insbesondere an gesetzlichen Fälligkeitstagen gerechnet werden muss. Wartet die Bw. daher mit einer Beauftragung ihrer steuerlichen Vertreterin bis zum letzten Moment zu, obwohl eine frühere Beauftragung im Fall einer sorgfältigen Büroorganisation (Vormerkung von Fristen und Terminen, Vorsorge für die fristgerechte Entrichtung regelmäßig wiederkehrender Zahlungsverpflichtungen) leicht möglich gewesen wäre, handelt sie auffallend sorglos und daher grob fahrlässig und hat die Folgen einer Säumnis zu tragen.

Auf Grund des von der Bw. geschilderten Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Bescheides nach § 217 Abs. 7 BAO nicht vorliegen. Gründe, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Zahlungsverzug auf einen bloß minderen Grad des Versehens zurückzuführen ist, wurden von der Bw. nicht dargelegt. Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at