Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 25.02.2013, RV/0384-F/12

Schätzung der Bemessungsgrundlagen, Zurechnung von Einkünften, Erwerbsteuer, Vorsteuer, Unternehmereigenschaft


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Miterledigte GZ:
RV/0523-F/12
RV/0524-F/12
RV/0525-F/12
RV/0526-F/12
RV/0527-F/12
RV/0386-F/12
RV/0528-F/12
RV/0529-F/12
RV/0530-F/12
RV/0531-F/12
RV/0385-F/12
RV/0532-F/12
RV/0533-F/12
RV/0387-F/12

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/15/0190 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der bw, vertreten durch vt, vom 24. Mai, 1. und gegen die Bescheide des Finanzamtes Bregenz, vertreten durch Dr. favt, vom 24. und betreffend Einkommensteuer 2005 bis 2010 und Umsatzsteuer 2009 bis 2011, Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2005 bis 2009 und Umsatzsteuer 2009 im Beisein des Schriftführers Mag. sf nach der am in 6800 Feldkirch, Schillerstraße 2, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Den Berufungen wird teilweise Folge gegeben.

Die Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2009 und 2010 werden abgeändert.

Der Bescheid betreffend Umsatzsteuer 2011 wird aufgehoben.

Die angefochtenen Bescheide betreffend Einkommensteuer 2005 bis 2010 sowie Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2005 bis 2009 und Umsatzsteuer 2009 bleiben unverändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden diese einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheiden vom wurde die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2005 bis 2009 sowie Umsatzsteuer 2009 verfügt und das Verfahren hinsichtlich dieser Abgaben gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder aufgenommen. Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gemäß § 303 (4) BAO aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind. Daraus ist auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen im Spruch bezeichneten Bescheid zu ersehen. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse an der Rechtsrichtigkeit das Interesse auf Rechtsbeständigkeit. Die steuerlichen Auswirkungen können auch nicht als bloß geringfügig angesehen werden.

Laut Niederschrift über die Schlussbesprechung gem. § 149 Abs. 1 BAO anlässlich der Außenprüfung wurde festgehalten, dass niemand zum vereinbarten Termin erschienen sei. Es sei keine Entschuldigung oder Absage erfolgt. Die Schlussbesprechung gelte somit gemäß § 149 Abs. 2 BAO als abgehalten - wie bereits in der Vorladung angekündigt. Es erfolge daher eine Veranlagung im Sinne der Prüfungsfeststellungen vom , welche gemeinsam mit der Vorladung zur Schlussbesprechung mittels RSa-Brief übermittelt wurden.

Der Prüfungsbericht vom enthält im wesentlichen folgende Feststellungen:

"Die Steuerpflichtige hat gemeinsam mit Herrn n1 vier Kinder. Frau n7 erklärte bis dato Einkünfte aus Gewerbebetrieb als selbständige Buchhalterin, ab November 2009 war sie unter anderem nichtselbständig erwerbstätig als Bürokraft für eine Steuerkanzlei. Die Steuerpflichtige wurde schriftlich mittels RSa-Brief zur Betriebsprüfung auf den vorgeladen. Zum vereinbarten Termin erschien Herr n1 für Frau n2 und legte eine entsprechende Vollmacht vor. Die Unterschrift hinsichtlich des Prüfungsauftrages wurde durch den Bevollmächtigten verweigert, ebenso die Beantwortung sämtlicher offener Fragen. Es wurde aber die Ausdehnung der Prüfung beantragt. Sämtliche Unterlagen, welche für die Prüfung benötigt wurden, lagen der Behörde vor, diese Unterlagen wurden im Zuge der Hausdurchsuchung sichergestellt.

Tz. 2 Alleinerzieherabsetzbetrag

Die Steuerpflichtige beantragte während des ganzen Prüfungszeitraumes den Alleinerzieherabsetzbetrag. Im Zuge des Prüfungsverfahrens wurde u.a. durch Erhebungen der Steuerfahndung festgestellt, dass Herr n1, der Vater der Kinder von n2, während des gesamten Prüfungszeitraumes bei ihr wohnhaft war. Zwar war n1 lt. ZMR woanders gemeldet, die Ermittlungen ergaben aber, dass es sich hierbei lediglich um Scheinwohnsitze gehandelt habe. Zudem gaben die Umstände bei der Hausdurchsuchung Anlass zur Annahme, dass n1 dauerhaft bei der Steuerpflichtigen wohnhaft war, da sämtliche Sachen von ihm (Bekleidung, Unterlagen) im Haus vorgefunden wurden.

Gemäß § 21 BAO ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise und nicht die tatsächliche rechtliche Ausgestaltung maßgeblich. Zwar war n1 nicht mit Hauptwohnsitz bei der Steuerpflichtigen gemeldet, dies kann jedoch nur als eine rechtliche Gestaltungsmöglichkeit angesehen werden, denn alle durch die Behörde angestellten Ermittlungen ergaben, dass der Hauptwohnsitz des Steuerpflichtigen bei seiner Familie war. Für den geltend gemachten Alleinerzieherabsetzbetrag liegen nach den Ermittlungen der Behörde die notwendigen Voraussetzungen nicht vor. Der bisher geltend gemachte Alleinverdienerabsetzbetrag war somit im Zuge des Verfahrens zu streichen.

Tz. 3 Zurechnung der Einkünfte

Frau n2 gab am niederschriftlich zu Protokoll, dass sämtliche Arbeiten betreffend die von ihr erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht von ihr durchgeführt worden seien. Sämtliche diesbezüglichen Arbeiten seien von n1 durchgeführt worden, sie habe in diesem Zusammenhang lediglich Hilfstätigkeiten durchgeführt (Abholung von Unterlagen). Auch entsprechende hieramtliche Ermittlungen bestätigen diese Aussage. Zwar lautete der Gewerbeschein entsprechend auf n2, doch im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise gem. § 21 BAO, sind für die Behörde nicht rechtliche Ausgestaltungen maßgeblich, sondern der wahre wirtschaftliche Gehalt. Zudem gibt es lt. Wissen der Behörde auch keine entsprechende Abmachung zwischen den genannten Personen im Sinne der Angehörigenjudikatur des VwGH, wo eine entsprechende Abtretung der Einkünfte geregelt worden wäre. Somit wird die Einkunftsquelle als solche im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise gem. § 21 BAO dem Steuerpflichtigen zugerechnet. Die Umsatzsteuer verbleibt aus verwaltungsökonomischen Gründen bei n2, da die Rechnungen auf ihren Namen ausgestellt wurden und sie die Umsatzsteuer somit Kraft Rechnungslegung schuldet.

Tz. 5 Wiederaufnahme des Verfahrens

Im gegenständlichen Prüfungsfall stellt die Tatsache, dass sämtliche bisher erklärten Erlöse aus Gewerbebetrieb nicht der Steuerpflichtigen zuzurechnen sind, einen Wiederaufnahmsgrund im Sinne des § 303 (4) BAO dar. Diese Tatsache konnte erst im Zuge des Ermittlungsverfahrens durch die Steuerfahndung ermittelt werden. Diese Tatsache wurde auch durch die Steuerpflichtige niederschriftlich bestätigt.

Ein weiterer Wiederaufnahmsgrund im Sinne des § 303 (4) liegt hinsichtlich des bisher geltend gemachten Alleinerzieherabsetzbetrages vor. Erst im Zuge des Verfahrens und der im Vorfeld durchgeführten Hausdurchsuchung konnte zweifelsfrei festgestellt werden, dass für die genannten Personen ein gemeinsamer Wohnsitz vorliegt und somit die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Alleinerzieherabsetzbetrages nicht vorliegen.

Auch die fälschlicherweise in Anspruch genommene Vorsteuer (Erwerbssteuer) für den Opel Zafira stellt einen Neuerungstatbestand im Sinne des § 303 (4) dar, da bisher aus den eingereichten Erklärungen nicht ersichtlich war, um welches Auto es sich gehandelt hat.

Tz 6 Veranlagung 2010, FSU 2011, VZ 2012

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 2010 werden mit Null geschätzt, es wird daher auch keine Vorauszahlung festgesetzt. Die Umsatzsteuer 2010 wird anhand der vorliegenden Unterlagen gem. § 184 BAO geschätzt, da die Steuerpflichtige die Rechnungen auf ihren Namen ausgestellt hat und die Umsatzsteuer somit Kraft Rechnungslegung schuldet. Auf dieser Basis erfolgt ebenfalls die Festsetzung der Umsatzsteuer für 2011."

Laut Feststellungen zur Betriebsprüfung 2005-2010/Nachschau-Zeitraum 2011 vom wurde im wesentlichen wie folgt ausgeführt:

"Tz 1. Zum Prüfungsfall

Bei der Steuerpflichtigen handelt es sich um die Mutter der Kinder von n1. Die Steuerpflichtige war im Prüfungszeitraum selbständig als Buchhalterin (lt. Angaben in der Steuererklärung) bzw. als Immobilienmaklerin (lt. eigenen Angaben) tätig. Ab November 2009 war die Steuerpflichtige geringfügig beschäftigte Bürokraft in der namentlich genannten Steuerberaterkanzlei. Daneben bezog die Steuerpflichtige im ganzen Prüfungszeitraum Arbeitslose bzw. Notstandshilfe. Laut Aussagen der Steuerpflichtigen habe sie im Rahmen ihrer "Buchhaltertätigkeit" lediglich Büroarbeiten entfaltet, die Verbuchung der Belege habe stets ihr Lebensgefährte n1 vorgenommen. 2008/2009 sei sie auch einer Tätigkeit als Immobilienmaklerin nachgegangen, welche sie aber mangels Erfolg wieder eingestellt hat.

Tz 2 Alleinerzieherabsetzbetrag

c) Feststellungen:

Im gegenständlichen Prüfungsfall wurde durch die Polizei und die Steuerfahndung folgendes erhoben: Laut ZMR-Abfragen war n1 im Prüfungszeitraum an folgenden Adressen mit Hauptwohnsitz gemeldet:

Vom bis in adr1, Unterkunftgeber: n3; vom bis in adr2, Unterkunftgeber: n3; vom bis in adr3, Unterkunftgeber: n4; vom bis in adr2, Unterkunftgeber: n3;

Laut Zeugenaussagen handelte es sich bei den oben angeführten Wohnsitzen lediglich um "Scheinwohnsitze". Bei den Unterkunftgebern handelt es sich um Bekannte des Steuerpflichtigen, die ihm laut eigenen Aussagen aus Gefälligkeit erlaubt hätten, bei ihnen einen Wohnsitz anzumelden, tatsächlich dort gewohnt, habe er allerdings nie. Vielmehr wohnte der Steuerpflichtige seit Herbst 2004 (Sept./Okt.) in adr5 in einem Reihenhaus gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin n2 und den gemeinsamen Kindern. Dies ist durch Zeugenaussagen sämtlicher Nachbarn, welche durch die Polizei befragt wurden, niederschriftlich belegt.

Zwar gaben n2 und n1 an, dass n1 nur gelegentlich wegen der Kinder dort gewesen sei, doch die Aussagen der Nachbarn sowie die Situation bei der Hausdurchsuchung (sämtliche Unterlagen und Bekleidung von n1 waren zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung im Haus) geben Anlass zu der Vermutung dass die Behauptung von n2 und n1 nicht der Wahrheit entspricht und als Schutzbehauptung zu werten ist. Die Abgabenbehörde geht daher von einem gemeinsamen Wohnsitz sowie einer eheähnlichen Gemeinschaft aus.

Tz 3 Zurechnung von Einkünften:

a) Ausgangssituation: Im Prüfungszeitraum reichte die Steuerpflichtige Steuererklärungen ein, dort erklärte die Steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb und zwar für die Branche "Wirtschaftstreuhand und Steuerberatung". Dabei wurden in allen Prüfungsjahren Verluste erklärt.

b) rechtliche Grundlagen

Wirtschaftliche Betrachtungsweise

Gem. § 22 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Zurechnung der Einkünfte:

Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG 1988 sind demjenigen zuzurechnen, dem die Einkunftsquelle zuzurechnen ist. Die Zurechnung von Einkünften muss sich nicht mit dem wirtschaftlichen Eigentum an der Einkunftsquelle decken. Die Einkunftsquelle kann sich auf das wirtschaftliche Eigentum, auf ein Mietrecht, auf ein Recht zur Weiter- und Untervermietung, auf ein Nutzrecht oder eine bloße Tätigkeit gründen...."

Es wird auf die weiteren Ausführungen zu den Punkten "Zurechnung der Einkünfte", "Angehörigenjudikatur", "Schätzung der Besteuerungsgrundlagen" und den Feststellungen hiezu im vorgelegten Akt des Finanzamtes verwiesen.

Aufgrund vorstehender Ausführungen kam es zur Erlassung der nunmehr bekämpften Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2010 sowie Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2011 und Wiederaufnahmebescheide zur Einkommensteuer 2005 bis 2009 sowie Umsatzsteuer 2009. In sämtlichen Einkommensteuerbescheiden kam es aufgrund der Streichung des Alleinerzieherabsetzbetrages zu Abgabennachforderungen (E 2005 € 1.109,00; E 2006 € 1.109,00; E 2007 € 1.109,00; E 2008 € 1.329,00; E 2009 € 1.329,00;). Die Einkommensteuer 2010 wurde mit Bescheid vom erstmalig veranlagt und ergab eine Abgabengutschrift von € 110,00.

Mit Schriftsätzen vom berief die Berufungswerberin (Bw) gegen die Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2008 und beantragte die Einkommensteuerbescheide aufzuheben und einen neuen Bescheid gemäß ihrer Berufungsbegründung zu erlassen bzw. in der ursprünglichen Fassung zu belassen. Den Bescheiden liege keine Begründung zugrunde, zu welcher sie eine sachliche Berufungsbegründung ausführen könnte.

Betreffend den Einkommensteuerbescheid 2009 führte die Bw in ihrem Schriftsatz vom wie folgt aus:

"Ich verweise auf meinen Antrag auf Aufhebung der Außenprüfung (Prüfungsauftrag) gem. § 299 Abs. 1 BAO vom . Dass mir der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht zustehen würde, ist lediglich die Meinung von willkürlich handelnden Finanzbeamten. Denn wenn mir der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht zustehen würde, dann müsste man - Objektivität voraussetzend - bei Hrn. n1 den Alleinverdienerabsetzbetrag berücksichtigen. Ergebnis: ,Nullsummenspiel'."

Mit Schriftsatz vom berief die Bw auch gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 und führte aus: "Gemäß meiner am eingereichten Steuererklärung wurde mir der Alleinerzieherabsetzbetrag für fünf Kinder nicht berücksichtigt. Die 6-Monats-Frist für die Bescheiderstellung wurde seitens der Behörde nicht eingehalten. Außerdem verweise ich auf meinen Antrag auf Aufhebung gem. § 299 Abs. 1 BAO vom ."

Mit Schriftsätzen vom berief die Berufungswerberin (Bw) gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer 2005 bis 2009 und Umsatzsteuer 2009 rechtzeitig und führte hiezu aus, dass sie die ersatzlose Aufhebung beantrage, da die abgabenbehördliche Prüfung rechtswidrig, willkürlich und entgegen dem Prinzip der Wahrheitsfindung und Objektivität erfolgt sei. Sie verweise auf ihren Antrag auf Aufhebung gem. § 299 Abs. 1 BAO vom .

Mit Schriftsätzen vom berief die Bw rechtzeitig gegen die Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2011. Betreffend 2009 führte sie aus, dass sie die ersatzlose Aufhebung beantrage, da dem Bescheid keine Begründung zugrundeliegen würde, zu welcher sie eine sachliche Berufungsbegründung ausführen könnte. Betreffend die Jahre 2010 und 2011 führe sie aus, dass die abgabenbehördliche Prüfung rechtswidrig, willkürlich und entgegen dem Prinzip der Wahrheitsfindung und Objektivität erfolgt sei. Diesbezüglich verweise sie auf ihren Antrag auf Aufhebung gem. § 299 Abs. 1 BAO vom . Diese Begründung lag auch ihrer Berufung vom gegen den Bescheid auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2009 vom zugrunde.

Mit Berufungsvorentscheidung vom betreffend Berufungen vom gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2009 und Einkommensteuer 2005-2008 sowie vom gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009 führte die Abgabenbehörde erster Instanz wie folgt aus:

"Die Berufungen erfolgten mit der knappen Begründung, dass die Prüfung rechtswidrig, willkürlich und entgegen dem Prinzip der Wahrheitsfindungen und Objektivität erfolgt sei. Diesbezüglich verweise die Berufungswerberin auf ihren Antrag vom auf Aufhebung des Prüfungsauftrages gemäß § 299 Abs. 1 BAO.

Durch diese Begründung wird nicht aufgezeigt, wieso die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend die genannten Abgabenbescheide rechtswidrig sein soll.

Die substanzlosen Anwürfe von Rechtswidrigkeit, Willkür und Verstoß gegen die Prinzipien der Wahrheitsfindung und Objektivität durch die Berufungswerberin, die ihrerseits im Verdacht des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 StGB steht, sind strikt zurückzuweisen.

So ist darauf hinzuweisen, dass die Berufungswerberin jede Mitwirkung an der Prüfung vermissen ließ, weder der Vorladung auf den nachgekommen ist noch Unterlagen beigebracht hat und auch der Schlussbesprechung am ohne Begründung ferngeblieben ist.

Soweit auf den Antrag vom auf Aufhebung des Prüfungsauftrages vom gemäß § 299 Abs. 1 BAO Bezug genommen wird, wird auf den diesbezüglichen Abweisungsbescheid vom verwiesen und nochmals betont, dass selbst ein potentiell rechtswidriger Prüfungsauftrag nicht zu einem (der BAO fremden) Beweismittelverwertungsverbot führen könnte."

Die Berufungen wurden daher als unbegründet abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom stellte die Bw den Antrag auf Entscheidung über die Berufungen gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2009 und Einkommensteuer 2005 bis 2009 durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte hiezu ergänzend aus:

"Der Vorladung vom wurde Folge geleistet. Unterlagen konnten nicht beigebracht werden, da sich die Unterlagen in der Verfügungsgewalt der Ermittlungsbehörden befanden. Daher wird beantragt, meinen Berufungen stattzugeben und die genannten Bescheide aufzuheben. Ich beantrage eine mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Finanzsenat."

Mit Berufungsvorentscheidung vom betreffend die Berufungen gegen die Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2011 und Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2010 wurde wie folgt ausgeführt:

"Die Berufungen betreffend Einkommensteuer 2005-2008 und Umsatzsteuer 2009 enthielten die lapidare Begründung, dass den Bescheiden keine Begründung zugrunde liege, zu welcher sie eine sachliche Berufungsbegründung ausführen könnte. Über Ergänzungsersuchen vom führte sie weiters aus, dass mit Verweis auf ihren Antrag auf Aufhebung vom betreffend der Außenprüfung sowie ihren Antrag auf Aufhebung vom betreffend dem Bescheid vom [= Bescheid über die Abweisung des Fristverlängerungsansuchens zur Berufungsergänzung] diese vorab ihre Berufungsbegründung darstellen würden. Das Erkenntnis des UVS l1 mit der Zahl UVS-1-020/E10-2012 vom dürfte dem Finanzamt hinlänglich bekannt sein, ansonsten die amtswegige Einholung des Erkenntnisses beantragt werde.

In der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 verweist die Berufungswerberin (wiederum) auf ihren Antrag vom auf Aufhebung der Außenprüfung (Prüfungsauftrag) gemäß § 299 Abs 1 BAO. Dass ihr der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht zustehen würde, sei lediglich die Meinung von willkürlich handelnden Finanzbeamten. Denn wenn ihr der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht zustehen würde, dann müsste man - Objektivität vorausgesetzt - bei Herrn n1 den Alleinverdienerabsetzbetrag berücksichtigen. Ergebnis: "Nullsummenspiel".

In den Berufungen gegen die Umsatzsteuerbescheide 2010 und 2011 wird wiederum (wie in den Berufungen gegen die Wiederaufnahmsbescheide betreffend Einkommensteuer 2005-2009 und Umsatzsteuer 2009) moniert, dass die abgabenbehördliche Prüfung rechtswidrig, willkürlich und entgegen dem Prinzip der Wahrheitsfindung und Objektivität erfolgt sei. Sie verweise diesbezüglich auf ihren Antrag vom auf Aufhebung des Prüfungsauftrages gemäß § 299 Abs 1 BAO.

In der Berufung betreffend Einkommensteuer 2010 wird vorgebracht, dass gemäß ihrer am ! eingereichten Steuererklärung ihr der Alleinerzieherabsetzbetrag für fünf Kinder nicht berücksichtigt worden sei. Die 6-Monatsfrist für die Bescheiderstellung sei seitens der Behörde nicht eingehalten worden. Außerdem verweise sie auf ihren Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 Abs 1 BAO vom .

Soweit eine fehlende Begründung moniert wurde, ist (wie im Ergänzungsersuchen vom ) auf den Prüfungsbericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung zu verweisen, welcher der Berufungswerberin (mit RsA-Sendung) bereits am zugestellt wurde. Eine substanziierte Auseinandersetzung mit den dortigen Ausführungen ist seitens der Berufungswerberin bislang nicht erfolgt. Vielmehr stellte sie mit Schriftsatz vom einen (nicht weiter begründeten) Fristverlängerungsantrag bis . Nach einer diesbezüglichen Abweisung verwies sie in der Vorhaltsbeantwortung vom wiederum auf ihren Antrag vom betreffend Aufhebung des Prüfungsauftrages gemäß § 299 Abs 1 BAO. Da dort aber keine spezifischen Einwendungen gegen die den angefochtenen Sachbescheiden zugrunde gelegten Sachverhaltsfeststellungen und rechtlichen Würdigungen erhoben wurden, genügt es, auf den diesbezüglichen Abweisungsbescheid vom zu verweisen. Weiters verwies sie auf ihren Antrag vom auf Aufhebung des Bescheides vom betreffend Abweisung der Fristverlängerung zur Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom . Aber auch dort wurden keine - die Sachbescheide betreffenden - sachdienlichen Ausführungen getätigt: Wenn Berufungsfristen mit einem Monat gesetzlich normiert seien, seien 10 Tage zur Beantwortung des Ergänzungsersuchens wohl zu wenig, während das Finanzamt mit sechs Monaten kein Auslangen finde, sodass sie u.a. hätte Devolutionsanträge stellen müssen. [Über diesen Antrag vom wird noch gesondert abzusprechen sein]

In der Vorhaltsbeantwortung vom wird weiter das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates für das Land l1 vom , ZI. UVS-1-020/E10-2012, angesprochen. Mit diesem Erkenntnis stellte der UVS für das Land l1 das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Berufungswerberin wegen Verstoßes gegen das Meldegesetz ein. Der Berufungswerberin war vorgeworfen worden, sie habe in der Zeit vom bis in o1, obwohl sie Grund zur Annahme gehabt habe, dass der Unterkunftsnehmer n1 die Meldepflicht nicht erfüllt habe, es verabsäumt, dies bis zum der Meldebehörde der Gemeinde o1 mitzuteilen. Der Genannte, dem sie Unterkunft gewährt habe, sei seit dem unter der Anschrift adr6, aufhältig gewesen, ohne sich anzumelden, worin die Bezirkshauptmannschaft eine Übertretung des § 33 Abs 2 Z 5 iVm § 8 Abs 2 MeldeG sah.

Der UVS führte aus, dass nicht festgestellt werden konnte, dass mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit angenommen werden könne, dass n1 im Tatzeitraum überhaupt in adr7, Unterkunft genommen habe.

Eine weitergehende Begründung enthielt das knapp gehaltene Erkenntnis nicht. Augenscheinlich lag dem UVS die Ermittlungsergebnisse des Landeskriminalamtes für das Land l1 im Ermittlungsverfahren gegen die Berufungswerberin und n1 wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges und betrügerischen Krida (Zahl Staatsanwaltschaft o2 zl) nicht vor.

Sollte die Berufungswerberin mit dem Hinweis auf dieses Erkenntnis zum Ausdruck bringen wollen, dass damit feststehe, dass keine Lebensgemeinschaft mit n1 bestehe bzw bestanden habe und daher der Alleinerzieherabsetzbetrag zustehe, so ist dem entgegenzuhaIten:

Eine Bindungswirkung der Abgabenbehörde an einstellende Erkenntnisse des UVS in Verwaltungsstrafsachen besteht nicht. Im Übrigen sind Anmeldungen nach dem Meldegesetz lediglich ein Indiz für einen Wohnsitz am angemeldeten Ort. Für die Annahme eines Wohnsitzes und in weiterer Folge für die Annahme einer Lebensgemeinschaft (als Ausschluss des Alleinerzieherabsetzbetrages nach § 33 Abs 4 Z 2 EStG 1988) kommt es auf die tatsächliche Gestaltung der Dinge und nicht auf formale Anmeldungen oder Nichtanmeldungen nach dem Meldegesetz an. Nach den Ermittlungsergebnisses des LKA für das Land l1 (in welchen die angeblichen Unterkunftgeber des n1, nämlich n5 und n6, sowie eine Reihe von Nachbarn zeugenschaftlich einvernommen wurden, muss als erwiesen angenommen werden, dass n1 bei der Berufungswerberin wohnhaft und mit ihr in einer Lebensgemeinschaft stand. Auch wird die zeugenschaftliche Vernehmung der Berufungswerberin vom in Erinnerung gerufen, in welcher sie einräumt, dass es sich bei n1 um ihren Lebensgefährten handelt!

Wenn die Berufungswerberin vorbringt (Berufung Einkommensteuer 2009), dass - wenn ihr schon nicht der Alleinerzieherabsetzbetrag zustehe, dann müsste dem n1 der Alleinverdienerabsetzbetrag zustehen, was auf ein "Nullsummenspiel" hinauslaufe, so ist festzuhalten, dass mit den angefochtenen Bescheiden über die Einkommensteuer der Berufungswerberin und nicht jene des n1 abgesprochen wurde. Da nach dem EStG das Prinzip der Individualbesteuerung vorherrscht, kann es nicht unerheblich sein, ob der Berufungswerberin der Alleinerzieherabsetzbetrag oder dem Lebensgefährten n1 der Alleinverdienerabsetzbetrag zuerkannt wird.

Hinsichtlich der bekämpften Umsatzsteuerbescheide wurden ebenfalls keine spezifischen Einwendungen erhoben. Die wiederholten Vorwürfe von Rechtswidrigkeit, Willkür und Verstoß gegen das Prinzip der Wahrheitsfindung und Objektivität sind zurückzuweisen und dabei auf den Abweisungsbescheid vom (betreffend Aufhebung des Prüfungsauftrages) zu verweisen.

Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht der Berufungswerberin auch für 2010 nicht zu. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass die Berufungswerberin in ihrer Zeugenvernehmung vom die Lebensgemeinschaft mit n1 unumwunden einräumt, aber am in der elektronisch eingebrachten Einkommensteuerklärung 2010 den Alleinerzieherabsetzbetrag (für fünf Kinder) begehrt. Dass die 6-Monatsfrist nicht eingehalten worden ist, ändert nichts daran, dass der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht zusteht. Die (elektronische) Einkommensteuererklärung 2010 vom war zudem Prüfungsgegenstand laut Prüfungsauftrag vom . Dass sich diese Prüfung bis in den April 2012 hingezogen hat, ist nicht zuletzt auf die mangelnde Mitwirkung der Berufungswerberin zurückzuführen."

Die Berufungen wurden daher als unbegründet abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom stellte die Bw den Antrag auf Entscheidung über die Berufungen gegen die Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2011 und Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2010 durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte ergänzend wie folgt aus:

"§ 3 StPO ist der 1. Instanz offensichtlich nicht bekannt. Es wurde mir weder der Beschuldigtenstatus bekanntgegeben noch eine Rechtsmittelbelehrung erteilt. Die 1. Instanz war auch nicht in der Lage mir bekanntzugeben, seit wann ich als Beschuldigte geführt werde. Die vorgehaltene "Zeugen"aussage habe ich zwecks Stellungnahme nicht erhalten. Die Ermittlungsbehörden haben nach Auswertung meiner Unterlagen entgegen den datenschutzrechtlichen Bestimmungen meine Nachbarschaft mit entsprechenden Fragen, welche meine Privatsphäre betreffen, konfrontiert. Eine Nachreichung von Unterlagen zur Betriebsprüfung konnte ich schon deshalb nicht, da die 1. Instanz im rechtswidrigen Besitz meiner Unterlagen war. Beweisverwertungsverbot gilt schon deshalb, weil es insgesamt kein faires Verfahren war. Abgesehen davon: Welche Beweise haben die Ermittlungsbehörden? Akteneinsicht habe ich bis heute keine erhalten. Die Akteneinsicht ist vor der Schlussprüfung zu gewähren. Die von der 1. Instanz erwähnte Zeugeneinvernahme vom fand nicht statt, sondern lediglich die Hausdurchsuchung. Und eine Hausdurchsuchung ist keine freiwillige Nachschau. Bei der am durchgeführten Hausdurchsuchung hatten mir die Beamten meine Gegenstände ähnlich wie bei einer Plünderung weggenommen, ohne mir ein Sicherstellungs-/Beschlagnahmeprotokoll auszuhändigen. Bis heute habe ich u.a. das Medion Navigationsgerät samt 2 oder 4 GB Speicherkarte nicht zurück erhalten. Die bewilligte Hausdurchsuchung richtete sich gegen Herrn n1 und nicht gegen mich.

Alleinerzieherabsetzbetrag: Der unabhängige Verwaltungssenat l1 ist jedenfalls nicht von einer Unterkunftnahme des Herrn n1 im Sinne des Meldegesetzes an der Adresse der Kinder in adr6 ausgegangen (Erkenntnis vom , UVS-1-826/E2-2007 und Erkenntnis vom , UVS-1-020/E10-2012). Die Zeugen sind kein Beweis dafür, dass n1 bei mir im gemeinsamen Haushalt (Lebensgemeinschaft) lebt bzw. gelebt hat. Die Vermutung/Spekulation der 1. Instanz, wir würden in einem gemeinsamen Haushalt leben (Zeiträume?) ist somit aktenwidrig, durch die Beweisergebnisse nicht gedeckt und daher unrichtig.

Umsatzsteuerbescheid 2009: Betreffend dem Opel Zafira habe ich einen Kaufvertrag und eine Rechnung OHNE Umsatzsteuer, welche auch der 1. Instanz vorlagen aber nicht berücksichtigt wurden. Hierbei handelte es sich offensichtlich um eine Fehlbuchung.

Daher wird beantragt:

1. die - aufgrund des rechtswidrig ergangenen Prüfungsauftrages (s. Antrag auf Aufhebung vom ) iVm mit der rechtswidrigen Beschlagnahme OHNE Beschlagnahme-/Sicherstellungsprotokoll und Auswertung meiner Unterlagen etc - ergangenen Bescheide ersatzlos aufzuheben und

2. die Aussetzung der Einhebung in Höhe von € 8.926,36 zu bewilligen.

Ich beantrage eine mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Finanzsenat."

In der am abgehaltenen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt,dass nach Ansicht des Vertreters der Bw keine Angehörigeneigenschaft zur Bw bestehe. Die Bw sei praktisch die Gewerbetreibende. Hiezu weist der Vertreter der Abgabenbehörde erster Instanz auf den Zwischenbericht des Landeskriminalamts l1 hin und liest aus der Beschuldigtenvernehmung des n1 durch das Landeskriminalamtes l1 vor. Die Referentin des Unabhängigen Finanzsenates verliest sodann das Zeugeneinvernahmeprotokoll der Bw vom und merkt an, dass die Bw - entgegen ihren Einwendungen in den Berufungsschriftsätzen - rechtsbelehrt worden sei. Der Vertreter der Bw machte geltend, dass keine Rechtsbelehrung beigelegt worden sei. Weiters machte er die laut Protokoll angegebenen gesetzlichen Bestimmungen der Strafprozessordnung geltend und erklärte, der Berufung gemäß § 257 f BAO beitreten zu wollen.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2009 und Einkommensteuer 2005 bis 2009

Gemäß § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens vom Amts wegen unter den Voraussetzungen des § 303 Abs. 1 lit. a und c BAO und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Die Möglichkeit einer Berücksichtigung im abgeschlossenen Verfahren setzt voraus, dass die unberücksichtigt gebliebenen Tatsachen oder Beweismittel bereits im abgeschlossenen Verfahren vorhanden waren. Demzufolge stellen nach der ständigen Rechtsprechung und herrschenden Lehre nur solche Tatsachen oder Beweismittel Wiederaufnahmegründe dar, die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits existent waren, jedoch - weil unbekannt - im Verfahren unberücksichtigt blieben und später (neu) hervorkommen (nova reperta). Demgegenüber kommen solche Tatsachen, die erst nach Bescheiderlassung entstanden sind (nova producta) von vornherein nicht als Begründung einer Wiederaufnahme des Verfahrens in Betracht, da diese auch nicht in dem mit Bescheid abgeschlossenen Verfahren berücksichtigt hätten werden können (vgl. zB ; ; ; und ; Ritz, BAO4, § 303 Tz 13; Stoll, BAO-Kommentar, 2920 und 2924 f).

Im Streitfall erfolgte die Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 4 BAO aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind. Daraus ist auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen im Spruch bezeichneten Bescheid zu ersehen.

Laut den Feststellungen der Außenprüferin (siehe ua Bericht vom ) waren die von der Bw in ihren Steuererklärungen angegebenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht ihr selbst, sondern Herrn n1 aufgrund der durchgeführten und bereits im Sachverhalt erklärten Ermittlungsergebnisse zuzurechnen. Die Bw gab selbst am niederschriftlich zu Protokoll, dass sämtliche Arbeiten betreffend die von ihr erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht von ihr durchgeführt worden seien. Auf die Ausführungen im diesbezüglichen Prüfungsbericht vom 6. März und darf verwiesen werden.

In sämtlichen Berufungsschriftsätzen betreffend Wiederaufnahme der Verfahren gab die Bw an, dass die abgabenbehördliche Prüfung rechtswidrig, willkürlich und entgegen dem Prinzip der Wahrheitsfindung und Objektivität erfolgt sei. Diesbezüglich verweise sie auf ihren Antrag auf Aufhebung gem. § 299 Abs. 1 BAO vom (= Antrag auf Aufhebung des Prüfungsauftrages). Im Vorlageantrag vom gab sie ergänzend an, dass der Vorladung vom Folge geleistet worden sei. Unterlagen hätte sie nur deshalb nicht beibringen können, da sich diese in der Verfügungsgewalt der Ermittlungsbehörden befunden haben.

Wie bereits in der Berufungsvorentscheidung vom ausgeführt, wurde durch die obige Begründung nicht aufgezeigt, weshalb die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend die genannten Abgabenbescheide rechtswidrig sein soll. Betreffend des von der Bw ins Treffen geführten Antrages auf Aufhebung des Prüfungsauftrages vom gemäß § 299 BAO darf auf die bereits vom Unabhängigen Finanzsenat zu GZ. RV/0389-F/12 ergangene Berufungsentscheidung vom verwiesen werden.

Entgegen den Einwendungen der Bw hat diese aktenkundig jede Mitwirkung an der Prüfung vermissen lassen, ist der Vorladung auf den nicht selbst nachgekommen und auch der Schlussbesprechung am ohne Begründung ferngeblieben (siehe Feststellungen im Akt).

Eine Rechtswidrigkeit der Wiederaufnahme der obangeführten strittigen Verfahren kann somit von der Referentin des Unabhängigen Finanzsenates nicht erkannt werden.

2. Einkommensteuer 2005 bis 2010:

Betreffend die Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2008 hat die Bw in ihren Berufungsschriftsätzen lediglich ausgeführt, dass den Bescheiden keine Begründung zugrunde liege und sie eine sachliche Begründung daher nicht ausführen könnte. Zur Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 2009 und 2010 verwies sie wiederum auf ihren Antrag auf Aufhebung der Außenprüfung vom . Zusätzlich führte sie aus, dass es der Meinung willkürlich handelnder Finanzbeamten entspreche, wenn ihr der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht zustehen würde. Denn wenn ihr dieser nicht zustünde, dann müsste man den Alleinverdienerabsetzbetrag bei Herrn n1 berücksichtigen, was einem "Nullsummenspiel" gleich käme. Betreffend den Einkommensteuerbescheid 2010 führte die Bw in ihrer Berufung aus, dass gemäß ihrer eingereichten Steuererklärung der Alleinerzieherabsetzbetrag für fünf Kinder nicht berücksichtigt worden wäre. Die 6-Monats-Frist für die Bescheiderstellung sei seitens der Behörde nicht eingehalten worden.

Diesen Argumenten ist wie folgt zu entgegnen:

Betreffend den Hinweis auf ihren Antrag auf Aufhebung des Prüfungsauftrages darf wiederum auf die UFS-Entscheidung vom zu GZ. RV/0389-F/12 und die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung vom verwiesen werden. Wie bereits von der Abgabenbehörde erster Instanz in ihrer Berufungsvorentscheidung vom ausgeführt, ist betreffend des Einwandes einer fehlenden Begründung auf den Prüfungsbericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung zu verweisen. Sämtliche Ausführungen des Finanzamtes in seiner Berufungsvorentscheidung werden auch zum Inhalt dieser Entscheidung erhoben. Wie bereits ausgeführt, verweist die Behörde darin auf die von der Bw ins Treffen geführte Entscheidung des UVS vom , Zl. UVS-1-020/E10-2012. Diesem Erkenntnis lagen jedenfalls die Ermittlungsergebnisse des Landeskriminalamtes für das Land l1 betreffend die Bw und n1 nicht vor. Eine Bindungswirkung der Abgabenbehörden ist jedenfalls nicht gegeben. Dasselbe gilt auch für die von der Bw zusätzlich ins Treffen geführte UVS Entscheidung vom zu Zahl UVS-1-826/E2-2007.

Das Finanzamt gibt dezidiert die Beweismittel, welche für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft und die Annahme eines gemeinsamen Wohnsitzes sprechen, an (siehe ua zeugenschaftliche Vernehmungen der Nachbarn der Bw, Aussagen der "angeblichen" Unterkunftgeber von n1 sowie die eigenen Angaben der Bw in ihrer Vernehmung vom etc.).

Die Bw konnte das gesamte Vorbringen der Abgabenbehörde erster Instanz nicht entkräften.

Auch die Einwendungen im Vorlageantrag vom (Nichterteilung einer Rechtsbelehrung; vorgehaltene Zeugenaussagen seien ihr nicht vorgehalten worden, es sei gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen worden; Beweisverwertungsverbot; Akteneinsicht sei vor der Schlussprüfung zu gewähren; insgesamt kein faires Verfahren, die Zeugeneinvernahme vom habe nicht stattgefunden; ein Sicherstellungs-/Beschlagnahmeprotokoll sei nicht ausgehändigt worden; die Spekulation des gemeinsamen Haushaltes sei aktenwidrig, durch Beweisergebnisse nicht gedeckt und unrichtig etc.) können die von der Abgabenbehörde erster Instanz dargelegten Ermittlungsergebnisse nicht entkräften bzw. als Beweis für deren Unrichtigkeit dienen. Auf den im Akt befindlichen Abschluss-Bericht des Landespolizeikommandos für l1 vom darf ebenfalls verwiesen werden.

Entgegen den Argumenten der Bw ist der Bw sehr wohl eine Rechtsbelehrung erteilt worden (siehe hiezu auch die Ausführungen der Referentin während der mündlichen Verhandlung). Auch die vom Finanzamt ins Treffen geführten Zeugenaussagen wurden der Bw mehrmals vorgehalten. Inwieweit gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen wurde, konnte die Bw weder näher erläutern, noch ist dies aus dem Akteninhalt für die Referentin des Unabhängigen Finanzsenates ersichtlich. Auch zum Thema Beweisverwertungsverbot konnte die Bw keine näheren Angaben machen. Die Zeugeneinvernahme hat tatsächlich und nachweislich (siehe vorgelegter Akt des Finanzamtes) am stattgefunden und wurde die diesbezügliche Niederschrift auch noch während der mündlichen Verhandlung von der Referentin vorgetragen und dem Vertreter der Bw eine Kopie derselben ausgehändigt. Inwieweit hier Spekulationen eines gemeinsamen Haushaltes aktenwidrig angenommen wurden, konnte von der Bw weder näher erläutert noch mittels Gegenargumenten oder exakten Angaben unter Beweis gestellt werden. Vielmehr sprechen sämtliche Beweismittel der Abgabenbehörde für das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes und wurden diese Ermittlungsergebnisse der Bw bereits mehrmals vorgehalten und beruhen sogar auch zusätzlich noch auf ihren eigenen Angaben.

Betreffend des Antrages auf Akteneinsicht wird auf den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates zu GZ RD/0005-F/12 vom verwiesen.

Es darf abschließend noch auf die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates zu GZ RV/0389-F/12 vom verwiesen werden.

3. Umsatzsteuer 2009 bis 2011:

Betreffend Umsatzsteuerbescheid 2009 führte die Bw aus, dass dem Bescheid keine Begründung zugrunde liegen würde, zu welcher sie eine sachliche Berufungsbegründung ausführen könnte.

Betreffend Umsatzsteuerbescheide 2010 und 2011 verwies sie wiederum auf ihren Antrag auf Aufhebung des Prüfungsauftrages gem. § 299 Abs. 1 BAO vom sowie die rechtswidrige, willkürliche und entgegen dem Prinzip der Wahrheitsfindung und Objektivität erfolgte abgabenbehördliche Prüfung.

Zu diesen Argumenten darf auf die obigen Ausführungen zur Einkommensteuer sowie die Ausführungen des Finanzamtes in seiner Berufungsvorentscheidung vom verwiesen werden.

Zu den einzelnen Umsatzsteuerbescheiden ist wie folgt auszuführen:

2009:

Wie aus den Prüfungsergebnissen ersichtlich wurde der Bw der Unternehmerstatus aufgrund der vorliegenden Ermittlungen abgesprochen, jedoch Erwerbsteuer- und Vorsteuerbeträge im Bescheid vom berücksichtigt.

Die Rechnungen im Kalenderjahr 2009 wurden laut Feststellungen der Betriebsprüferin auf den Namen der Bw ausgestellt, weshalb es zur Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 kommt.

Innergemeinschaftlicher Erwerb:

Gemäß Art. 1 Abs. 1 UStG unterliegt der Umsatzsteuer auch der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt. Nach Abs. 2 liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt vor, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Ein Gegenstand gelangt bei einer Lieferung an den Abnehmer (Erwerber) aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates, auch wenn der Lieferer den Gegenstand in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt hat;

2. der Erwerber ist

a) ein Unternehmer, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt, oder

b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt, und

3. die Lieferung an den Erwerber

a) wird durch einen Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt und

b) ist nach dem Recht des Mitgliedstaates, der für die Besteuerung des Lieferers zuständig ist, nicht auf Grund der Sonderregelung für Kleinunternehmer steuerfrei.

Nach dem Konzept der Binnenmarktrichtlinie unterliegt der innergemeinschaftliche Erwerb (kurz: ig. Erwerb) neuer Fahrzeuge stets der Besteuerung im Bestimmungsland. Auf den Erwerb eines gebrauchten Fahrzeuges finden diese Sonderregelungen keine Anwendung. Bei Erwerb von einem Nichtunternehmer bleibt es bei der Kaufpreisbelastung im Ursprungsland. Zwischen Unternehmern liegt grundsätzlich ein ig. Erwerb vor, bei Schwellenwerbern nur, wenn die Erwerbsschwelle überschritten wurde. Eine Ausnahmeregelung besteht im Falle von nicht zur Umsatzsteuerpflicht optierter Kleinunternehmer als Verkäufer, bei denen nach Art 1 Abs. 1 Z 3b UStG die Lieferung "auf Grund der Sonderregelung für Kleinunternehmer steuerfrei" ist.

Nachdem die Bw Nichtunternehmerin war, bleibt es bei der Kaufpreisbelastung im Ursprungsland und darf Österreich daher keine Erwerbsteuer - wie im angesprochenen Bescheid jedoch ausdrücklich erfolgt - vorschreiben.

Auch die vom Finanzamt berücksichtigten Vorsteuern in Höhe von € 576,52 können aufgrund des Fehlens der Unternehmereigenschaft nicht in Abzug gebracht werden. Der Bescheid war daher diesbezüglich laut beiliegendem Berechnungsblatt 1 zu berichtigen.

2010:

Die Rechnungen im Kalenderjahr 2010 wurden laut Feststellungen der Betriebsprüferin auf den Namen der Bw ausgestellt, weshalb es zur Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 kommt. Ein Vorsteuerabzug laut Bescheid vom (die Prüferin hat die Vorsteuer mit einem Betrag von € 576,00 geschätzt) steht jedoch mangels Unternehmereigenschaft nicht zu. Der Bescheid war dementsprechend abzuändern (siehe Berechnungsblatt 2).

Betreffend Erwerbsteuer wird auf die Angaben für das Kalenderjahr 2009 verwiesen.

2011:

Laut Feststellungen der Betriebsprüferin wurden die Erlöse für 2011 aufgrund des Vorliegens einer exemplarischen Rechnung mit € 2.600,00 geschätzt. Nachdem die Bw als Nichtunternehmerin laut Feststellungen der Prüferin die Umsatzsteuer nur kraft Rechnung gem. § 11 Abs. 12 UStG 1994 schuldet, ist auch im Kalenderjahr 2011 die Vorschreibung von Umsatzsteuer nur im Falle des Vorliegens einer Rechnung vorzunehmen. Diesbezügliche Angaben fehlen und es war daher dieser Bescheid aufzuheben.

Den Berufungen war daher teilweise Folge zu leisten und es war wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Beilage: 2 Berechnungsblätter

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 11 Abs. 12 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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