Einleitung, Verdacht einer Abgabenhinterziehung aufgrund eines Verfahrens der KIAB vor dem UVS
Entscheidungstext
Beschwerdeentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates Wien 2, HR Mag. Gerhard Groschedl, in der Finanzstrafsache gegen Herrn A.B., C., vertreten durch Dr. Hubert Maier, Rechtsanwalt, 4310 Mauthausen, Vormarktstraße 17, wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß §§ 11, 33 Abs. 2 lit. b des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , Strafnummer-3,
zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen A.B. (in weiterer Folge Bf.) zur Strafnummer-3 ein Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass er als Kommanditist der Firma B-KEG vorsätzlich dazu beigetragen habe, dass unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1988 entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer für Jänner bis November 2005 in Höhe von € 59.749,25 und Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für Jänner bis November 2005 in Höhe von € 12.197,60 bewirkt worden sei und hiermit ein Finanzvergehen nach § 11 iVm § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG begangen habe. Als Begründung wurde ausgeführt, dass sich der Verdacht der Begehung des angeführten Finanzvergehens aus dem Bericht über die GPLA-Prüfung vom ergebe.
Gleichzeitig erfolgte die Verständigung von der Einleitung des Finanzstrafverfahrens wegen des Verdachts einer Beteiligung an einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 11 iVm § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG für weitere Lohnabgaben desselben Tatzeitraumes.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beschuldigten vom , in der unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wird.
Wie dem Firmenbuch, zuständiges Landesgericht, entnommen werden könne, sei unbeschränkt haftender Gesellschaft der B-KEG Herr J.R. gewesen, der die Gesellschaft auch alleine und selbstständig vertreten habe. Der Bf. sei zusammen mit Herrn W.M. lediglich Kommanditist mit einer Haftsumme von je € 100,00 gewesen. Schon allein daraus und dem beim Firmenbuch erliegenden Gesellschaftsvertrag vom sei zweifelsfrei ersichtlich, dass der Bf. keinerlei Einfluss auf die Führung und Tätigkeit der B-KEG zu irgendeinem Zeitpunkt gehabt habe. Aufgrund dieser Firmenkonstellation habe der Bf. gar nicht vorsätzlich dazu beigetragen können, dass unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1988 entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer für Jänner bis November 2005 in Höhe von € 59.749,25 sowie Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfond für Familienbeihilfen für Jänner bis November 2005 in Höhe von € 12.197,60 bewirkt worden sei.
Offensichtlich haben Herr J.R. und das zuständige Finanzamt tief greifende Auffassungsunterschiede betreffend die Steuerpflicht von selbstständigen Einzelunternehmern, die für die B-KEG tätig waren, gehabt. Da die Judikatur im Gegensatz zu Herrn J.R. den Begriff der Scheinselbständigkeit klar definierte, ging das zuständige Finanzamt gestützt auf diese Entscheidungen davon aus, dass Scheinselbstständige für die B-KEG tätig gewesen seien und Lohnsteuer für diese Personen nachgezahlt werden müsse. Offenbar sei der Geschäftsführer der B-KEG nach Einholung mehrerer Rechtsauskünfte zur Erkenntnis gekommen, dass er in Österreich doch Steuern nachzuzahlen hätte. Aus diesem Grunde dürfte sich Herr J.R. Ende 2005 wieder endgültig abgesetzt haben.
Dem Akt könne entnommen werden, dass die B-KEG vermögenslos sei. Offensichtlich sei mangels Erlag eines Kostenvorschusses der Antrag auf Konkurseröffnung mit Beschluss des Landesgerichtes vom rechtskräftig zurückgewiesen worden. Aus diesem Grunde sei die Gesellschaft auch gemäß § 39 FBG formell aufgelöst.
Der Versuch der Finanzbehörde 1. Instanz, eine Haftung des Kommanditisten (des Bf.) zu konstruieren, sei schon allein aufgrund der formalrechtlichen Situation rechtswidrig und unzulässig.
Da der Bf. in der B-KEG nachweislich keine wie immer geartete Tätigkeit verrichtet und auch keinerlei wie immer gearteten Einfluss auf die Unternehmensführung des J.R. ausgeübt habe, könne jedenfalls keinerlei Haftung aus seiner Position als Kommanditist mit einer Einlage von € 100,00 abgeleitet werden.
Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte daher gar kein Finanzstrafverfahren gegen den Bf. eingeleitet werden dürfen.
Der Beschwerdeführer stellt daher an den Unabhängigen Finanzsenat den Antrag, seiner Beschwerde Folge zu geben, den Bescheid des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs über die Einleitung des Strafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes vom , Strafnummer-3, ersatzlos aufzuheben und auszusprechen, dass gegen den Bf. kein Finanzstrafverfahren eingeleitet werde.
In der Rechtfertigung vom führt der Bf. auszugsweise aus, dass auch aus dem Gesellschaftsvertrag, der beim Firmenbuchgericht erliege, ersichtlich sei, dass der Bf. nur Kommanditist gewesen sei und keinerlei wie immer gearteten Einfluss auf die Geschäftsführung und Gebarung der B-KEG gehabt habe. Er habe auch keine Kenntnis über Art und Anzahl von Beschäftigten der Firma gehabt. Herr J.R. habe ihn auch nicht über Aufträge und Baustellen informiert. Lediglich aus einer kurzen Mitteilung seiner Gattin sei dem Bf. bekannt, dass es bei einer Steuerprüfung Differenzen mit dem Finanzamt, bei der Frage Scheinselbständigkeit oder nicht, gegeben habe.
Offensichtlich sei Herr J.R. der Ansicht gewesen, dass von ihm beschäftigte Einzelunternehmer auf keinen Fall unter den Begriff scheinselbständig fallen.
Das Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs habe aber, gestützt auf die neuere höchstgerichtliche Judikatur, eine Neu- bzw. Nachberechnung von Scheinselbständigen vorgenommen, was letztlich den persönlich haftenden Gesellschafter und Geschäftsführer der B-KEG, Herrn J.R. veranlasst habe, die B-KEG stillzulegen und sich abzusetzen.
All dies könne aber nicht zu Lasten des Bf. gehen. Er sei nur Kommanditist mit einer Einlage von lediglich € 100,00 gewesen. Der Bf. habe vorsätzlich keine Handlungen gesetzt, die zum Nachteil des Finanzamtes bzw. der Republik Österreich waren. Er sei vielmehr überhaupt nicht für die B-KEG tätig gewesen.
Es werde daher beantragt, das gegenständliche Finanzstrafverfahren einzustellen und den ausgewiesenen Vertreter von der Einstellung zu informieren.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Gemäß § 82 Abs. 1 in Verbindung mit § 83 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz, sofern genügend Verdachtsgründe für die Einleitung wegen eines Finanzvergehens gegeben sind, das Finanzstrafverfahren einzuleiten.
Gemäß § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1988 entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer oder Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, wenn gegen den Verdächtigen genügende Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Betracht kommt. Ein derartiger Verdacht, der die Finanzstrafbehörde zur Einleitung eines Finanzstrafverfahrens verpflichtet, kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ein Verdacht ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl. beispielsweise ). Dabei ist nur zu prüfen, ob tatsächlich genügend Verdachtsgründe gegeben sind, nicht darum, schon jetzt die Ergebnisse des förmlichen Untersuchungsverfahrens gleichsam vorwegzunehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde bekannt gewordenen Umstände für einen Verdacht ausreichen oder nicht.
Den vom Bf. dargelegten Beschwerdeausführungen, der Bf. hätte keinerlei Einfluss auf die Führung und Tätigkeit der B-KEG zu irgendeinem Zeitpunkt gehabt, er hätte auch keine Kenntnis über Art und Anzahl von Beschäftigten der Firma gehabt, Herr J.R. habe ihn auch nicht über Aufträge und Baustellen informiert, vielmehr wäre der Bf. überhaupt nicht für die B-KEG tätig gewesen, lediglich aus einer kurzen Mitteilung seiner Gattin sei ihm bekannt, dass es bei einer Steuerprüfung Differenzen mit dem Finanzamt gegeben habe und der Versuch der Finanzbehörde erster Instanz, eine Haftung des Bf. als Kommanditisten zu konstruieren, sei schon allein aufgrund der formalrechtlichen Situation rechtswidrig und unzulässig, ist zu erwidern, dass von der KIAB gegen den Geschäftsführer der A-GmbH beim Magistrat ein Verfahren nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz geführt wird. Im Verlauf einer in dieser Angelegenheit beim UVS Salzburg am stattgefundenen öffentlichen Berufungsverhandlung, bei der auch Frau G.H. als Zeugin einvernommen wurde, trat laut Darstellung der KIAB zu Tage, dass der nur gebrochen Deutsch sprechende Pole J.R. als Strohmann missbraucht worden ist und die tatsächlich handelnden Personen der B-KEG die Kommanditisten W.M. und der Bf. sowie dessen Frau gewesen waren. Die Aufträge mit dem einzigen Kunden der B-KEG, der A-GmbH, wurden von Herrn W.M. in Zusammenarbeit mit dem Bf. angebahnt. Der Geschäftsführer der B-KEG ist beim einzigen Kunden unbekannt. Die Unterschrift des J.R. auf dem Rahmenvertrag mit der A-GmbH ist offensichtlich gefälscht. Auch waren den Arbeitern der B-KEG nur der Bf. sowie W.M. bekannt, ein J.R. wurde bei den Befragungen nie genannt. Nicht zuletzt hat W.M. darauf hingewiesen, dass seines Erachtens der Bf. im Wesentlichen die Geschäfte der B-KEG geführt hat.
Für die Annahme der Täterschaft des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung genügt auch eine bloß faktische Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen, weil es zur finanzstrafrechtlichen Haftung weder eines Vollmachtsverhältnisses noch einer formellen Vertretung des Abgabenschuldners bedarf, sondern auch schon die bloß faktische Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Abgabepflichtigen genügt. Wer die Geschäfte tatsächlich führt, der hat auch die abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Gesellschaft zu erfüllen. Dass sich der faktische Geschäftsführer um die abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Steuerpflichtigen schlechterdings nicht gekümmert hat, kann ihn nicht deswegen vom Schuldvorwurf entlasten, weil er für diese Angelegenheiten eben nicht zuständig gewesen sei, sondern begründet mangels Handelns einer anderen Person für die Gesellschaft gerade die ihm angelastete Pflichtverletzung (). Für das Vorliegen einer vorsätzlichen Abgabenverkürzung als Beitragstäter betreffend Abgaben eines Unternehmens ist es nicht erforderlich, dass der Beschuldigte Geschäftsführer (im juristischen Sinn) des Unternehmens war, sondern es genügt, wenn er durch sein tatsächliches Verhalten dazu beigetragen hat, Abgaben zu verkürzen (, 0068).
Die Erkenntnisse aus dem vor dem UVS Salzburg geführten Verfahren lassen die Ausführungen des Bf., er hätte keinerlei Einfluss auf die Führung und Tätigkeit der B-KEG, vorerst als Schutzbehauptungen erscheinen, da die entsprechenden Darstellungen der KIAB das Gegenteil besagen, vielmehr der Bf. und seine Frau bzw. W.M. die tatsächlich handelnden Personen gewesen sind. Zusammengefasst erscheint entgegen den Beschwerdeausführungen der Verdacht der Beteiligung am angeschuldeten Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung dadurch, dass der Bf. als faktisch Wahrnehmender die Geschäfte der B-KEG tatsächlich besorgt hat, da er laut Darstellung der KIAB einerseits Entscheidungsträger, andererseits im Unternehmen real bestimmt hat, was zu geschehen hat und was unterbleibt, gegeben.
In welcher Form der Beteiligung der Bf. in Erscheinung getreten ist, als unmittelbarer Täter, Bestimmungstäter oder Beitragstäter, ist im derzeitigen Verfahrensstadium angesichts der Gleichwertigkeit der drei Täterschaftsformen des § 11 FinStrG ohne Relevanz, da die Täter hinsichtlich eines Finanzvergehens selbständig und unabhängig von der Strafbarkeit der anderen Beteiligten für eigenes Unrecht und eigene Schuld haften (). Dass der Bf. mit abgabenrechtlichen Bestimmungen vertraut ist, bringt er unter anderem dadurch zum Ausdruck, dass er sich mit steuerlichen Spezialthemen wie der Frage der Scheinselbständigkeit auseinandergesetzt hat.
Die Beantwortung der Frage, ob und in welcher Beteiligungsform der Bf. (und/oder seine Frau bzw. und/oder W.M.) das in Rede stehende Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, bleibt dem Ergebnis des nach den §§ 114 ff FinStrG zu führenden weiteren finanzstrafbehördlichen Untersuchungsverfahrens vorbehalten.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 83 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 11 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte | Einleitung faktischer Wahrnehmender Beteiligung Abgabenhinterziehung |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at