Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 08.07.2009, RV/0675-L/08

Sonderklassegebühren als Krankheitskosten iSd § 34 EStG 1988

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., AdresseBw., vertreten durch Stb, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, vertreten durch Amtspartei, vom betreffend Einkommensteuer 2006 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin erzielte im Jahr 2006 Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Zuge der Einkommensteuererklärung wurden außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 4.835,93 € geltend gemacht.


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Tabelle

Krankenkosten
Wagner - Jauregg
2.589,75 €
Elisabethinen
1.933,50 €
Kostenanteil Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft
312,68 €
4.835,93 €

Sowohl bei den Aufwendungen für das Wagner-Jauregg-Krankenhaus, als auch bei jenen für das Krankenhaus der Elisabethinen handelt es sich um Selbstbehalte für Sonderklassegebühren.

Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vom wurden außergewöhnliche Belastungen gemäß § 34 EStG 1988 in Höhe von 312,68 € berücksichtigt, die jedoch den Selbstbehalt nicht übersteigen. Begründet wurde unter Anderem wie folgt: Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, von denen ein Selbstbehalt abzuziehen sei, hätten nicht berücksichtigt werden können, da sie den Selbstbehalt in Höhe von 3.136,77 € nicht überstiegen hätten. Die Aufwendungen in Höhe von 2.589,75 € für die Rechnung des Wagner-Jauregg Krankenhauses (Selbstbehalt für die Sonderklasse) und für die Rechnung des Elisabethinen Krankenhauses (Selbstbehalt für die Sonderklasse) in Höhe von 1.933,50 € würden nichtabzugsfähige Ausgaben für die persönliche Lebensführung iSd § 20 EStG 1988 darstellen. Die Inanspruchnahme der Sonderklasse sei weder aus medizinischen, noch aus sonstigen Erfordernissen zwingend notwendig.

Mit Schreiben vom wurde gegen obigen Bescheid Berufung eingereicht. Begründet wurde diese folgendermaßen: Es werde beantragt, die außergewöhnliche Belastung für Krankheitskosten um 4.523,25 € auf 4.835,93 € zu erhöhen. Laut Begründung sei die Nichtanerkennung als außergewöhnliche Belastung erfolgt, weil laut Ansicht der Finanzbehörde die gegenständlichen Aufwendungen nichtabzugsfähige Ausgaben für die persönliche Lebensführung darstellen würden. Nach Ansicht der Finanzbehörde wäre die Inanspruchnahme der Sonderklasse weder aus medizinischen, noch aus sonstigen Erfordernissen zwingend notwendig. Die gegenständliche Nichtanerkennung verstoße gegen das Prinzip der freien Arztwahl. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Inanspruchnahme der Sonderklasse nicht aus medizinischen Erfordernissen zwingend notwendig wäre. Im gegenständlichen Fall hätten sogar zwei Krankenanstalten in Anspruch genommen werden müssen, sodass bereits daraus hervor gehe, dass die freie Arztwahl im gegenständlichen Fall besonders wichtig gewesen sein würde. Man verweise diesbezüglich auch auf den Kommentar Die Einkommensteuer, Bd. III C, Seite 22f zu § 34 EStG 1988, Einzelfälle: Demnach könne die Pflege in der Sonderklasse allgemein öffentlicher Krankenanstalten im Einzelfall als außergewöhnliche Belastung angesehen werden. Selbst dieser restriktiven Ansicht des , die keineswegs mehr zeitgemäß sei, werde im gegenständlichen Fall vollinhaltlich entsprochen. Die Befassung von zwei namhaften Spitälern beweise von vornherein schon die Zweckmäßigkeit der Einholung von entsprechenden Fachmeinungen, die zwangsläufig nur im Rahmen der Sonderklasse erfolgen hätte können und könne. Es sei von vornherein nicht möglich, zu beweisen, ob triftige medizinische Gründe für das Beiziehen eines Vertrauensarztes vorliegen würden. Aufgrund der erwiesenen Komplexität des Falles durch die Notwendigkeit der Einschaltung von zwei Spitälern mit anerkannten Fachleuten sei selbst diesem geforderten Umstand entsprochen. Wenn man weiters berücksichtige, dass bei einer Vorpflege von 28 Tagen ein Spitalsaufenthalt von 15 bzw. 5 Tagen, insgesamt daher 20 Tagen, erforderlich gewesen wäre, so könne man bei der heutigen Effizienz der Spitäler davon ausgehen, dass es sich um einen komplizierten Fall handle, der eben die vorgenommene Vorgangsweise absolut rechtfertige bzw. sich zwangsläufig ergeben hätte, um zum gewünschten Ziel einer Gesundung zu kommen. Für die Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung schade es generell nicht, dass die überwiegende Mehrzahl der Steuerpflichtigen sich den Aufwand nicht leisten könne (). Entsprechend dem EStG-Kommentar Doralt, Bd. III, Seite 50, Rz 78 zu § 34 EStG 1988 anerkenne die Verwaltungspraxis generell Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung; einschränkende Kriterien seien auch nicht überprüfbar. Die Bescheidbegründung sei daher mangelhaft, weil zwangsläufig keine entsprechenden Prüfungshandlungen gesetzt worden wären bzw. diese überhaupt nicht möglich seien.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und wie folgt begründet: Nach § 34 EStG 1988 treffe Folgendes zu: Abs. 1: Bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen seien nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung müsse folgende Voraussetzungen erfüllen: 1. Sie müsse außergewöhnlich sein (Abs. 2). 2. Sie müsse zwangsläufig erwachsen (Abs. 3). 3. Sie müsse die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung dürfe weder Betriebsausgabe, Werbungskosten, noch Sonderausgabe sein. Abs. 2: Die Belastung sei außergewöhnlich, soweit sie höher sei als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwachse. Abs. 3: Die Belastung erwachse dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen könne. Für die Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung sei erforderlich, dass nachweislich eine Krankheit vorliege, die Behandlung in direktem Zusammenhang mit der Krankheit stehe und eine taugliche Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Krankheit darstelle. Die Aufwendungen würden aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Unter Krankheit sei eine gesundheitliche Beeinträchtigung zu verstehen, die eine Heilbehandlung bzw. Heilbetreuung erfordere. Nicht abzugsfähig seien daher Aufwendungen für die Vorbeugung vor Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit, weiters Verhütungsmittel, Kosten für eine Verjüngungskur, für eine Frischzellenbehandlung sowie für Schönheitsoperationen, ferner Zahlungen zur Beseitigung einer finanziellen Belastungssituation, auch wenn diese sich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken könne. Folge man der ständigen Rechtsprechung, was die krankheitsbedingten Aufwendungen betreffe, so seien höhere Aufwendungen als jene, die von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen würden, nur dann als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen erfolgen würden. Bloße Wünsche und Vorstellungen des Betroffenen über eine bestimmte medizinische Behandlung sowie allgemeine Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung finanzierten medizinischen Betreuung seien noch keine triftigen medizinischen Gründe. Die triftigen medizinischen Gründe müssten vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden. Wenn triftige medizinische Gründe den Aufenthalt in einem bestimmten Spital geboten erscheinen ließen, müssten nicht auch unbedingt die Kosten der Sonderklasse als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. In der Berufung sei Folgendes angegeben worden: - Die Nichtanerkennung verstoße gegen das Prinzip der freien Arztwahl. - Es sei auf Kommentare hingewiesen worden, dass Aufwendungen in der Sonderklasse im Einzelfall und grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung anzusehen seien. - Die Befassung von 2 Spitälern beweise die Zweckmäßigkeit der Sonderklasse. - Die Zwangsläufigkeit sei wegen der Länge des Spitalsaufenthaltes gegeben. - Es schade nicht, dass die überwiegende Mehrzahl der Steuerpflichtigen sich den Aufwand nicht leisten könne. - Die Bescheidbegründung sei daher mangelhaft. Dabei sei aber übersehen worden, dass es sich um triftige medizinische Gründe handeln müsse. So rechtfertige die Aufzählung von Vorteilen der Sonderklasse, wie die Möglichkeit der Wahl des Krankenhauses, die Behandlung durch den Arzt des Vertrauens, noch nicht die Annahme des Vorliegens triftiger medizinischer Gründe im konkreten Fall. Auch die Berufung, in welcher immer wieder auf den Vorteil der freien Wahl des Krankenhauses und des behandelnden Arztes hingewiesen werde, vermag keine sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteile aufzuzeigen, welche ohne die mit höheren Kosten verbunden medizinische Betreuung eintreten würden. Wie in der Berufung angegeben sei es laut den Angaben der Berufungswerberin nicht zu beweisen, dass triftige medizinische Gründe für das Beiziehen eines Vertrauensarztes vorliegen würden. Gerade deshalb liege aber keine Zwangsläufigkeit vor. Nach der Rechtsprechung seien die Aufwendungen bezüglich Sonderklasse nur dann absetzbar, wenn triftige medizinische Gründe vorliegen würden. Auch die Länge des Spitalsaufenthaltes stelle keinerlei Sachverhalt dar, triftige medizinische Gründe aufzuzeigen. Auch die Befassung von zwei Spitälern mit der Krankheit würde die Suche nach einem Arzt des Vertrauens erkennen, um die beste Behandlung zu ermöglichen. Damit stehe aber auch fest, dass keinerlei triftige medizinische Gründe für eine Anerkennung der Ausgaben bezüglich Sonderklasse vorhanden seien. Es seien daher keine Sachverhaltselemente dargelegt worden, welche triftige medizinische Gründe aufzeigen würden. Der Hauptgrund, die Sonderklasse in Anspruch genommen zu haben, wäre jener gewesen, sich den besten Arzt, der für die jeweilige Krankheit zuständig sei, aussuchen zu können. Das Aufsuchen von zwei Spitälern beweise ja eben diesen Sachverhalt. Daraus und aus den zuvor angestellten Überlegungen folge aber, dass mangels triftiger medizinischer Gründe das Element der Zwangsläufigkeit zu verneinen sei. Um die außergewöhnliche Belastung abziehen zu können, müsse sie zwangsläufig erwachsen sein gemäß § 34 Abs. 1 und 3 EStG 1988.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Vorlage zur Entscheidung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt und wie folgt ausgeführt: Es werde beantragt, die außergewöhnliche Belastung für Krankheitskosten um 4.523,25 € auf 4.835,93 € zu erhöhen. Zur Begründung betreffend die Berufungsvorentscheidung vom sei Folgendes anzumerken: Die gegenständliche Behandlung sei in direktem Zusammenhang mit der Krankheit gestanden und stelle eine vermeintlich taugliche Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Krankheit dar. Die gegenständlichen Aufwendungen seien daher aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig. Bei der gegenständlichen Krankheit handle es sich um eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Heilbehandlung bzw. Heilbetreuung erfordert hätte. Es handle sich keineswegs um Aufwendungen für die Vorbeugung von Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit, weiter nicht um Verhütungsmittel, Kosten für Verjüngungskur, für eine Frischzellenbehandlung sowie für Schönheitsoperationen. Ferner handle es sich auch nicht um Zahlungen zur Beseitigung einer finanziellen Belastungssituation. Die gegenständliche Begründung in der Berufungsentscheidung sei daher absolut unrichtig. Die triftigen medizinischen Gründe betreffend die gegenständliche Behandlung wären sehr wohl gegeben. Aufgrund der Komplexität der gegenständlichen Erkrankung wäre es notwendig, den Ratschlag einer zweiten Krankenanstalt anzunehmen, wobei aufgrund der gesundheitlichen Situation es geboten gewesen wäre, in jedem Fall alle Möglichkeiten auszuschöpfen, wie dies eine Sonderklassebehandlung durch die entsprechenden Primariate gewährleistet hätte. Es handle sich keineswegs um bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Behandlung, sondern die vorgenommene freie Arztwahl wäre ein Gebot der Ausschöpfung aller Möglichkeiten. Es handle sich keineswegs um allgemeine Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung finanzierten medizinischen Betreuung, sondern das Einschalten von zwei verschiedenen Krankenanstalten auf Basis der Sonderklasse unter Einbeziehung der jeweiligen Primariate stelle das einzig tauglich Mittel dar, um eine optimale Versorgung zu gewährleisten. Der Aufenthalt in den gegenständlichen Spitälern auf Sonderklasse ermögliche überhaupt erst die optimale Situation der Befassung seitens der ärztlichen Kapazitäten, insbesondere der jeweiligen Primare. Ohne die Tragung der Kosten der Sonderklasse würde es normalerweise ohne entsprechende Beziehungen nicht möglich gewesen sein, die gegenständlichen Behandlungen zu erhalten. Es sei das gewährleistete Recht der Steuerpflichtigen, sämtliche umfassende ärztliche Versorgung zu erhalten, wobei jedoch nicht übersehen werden könne, dass nur durch die Kosten der Sonderklasse diese Möglichkeit absolut gewährleistet sei. Es sei nicht möglich, in der Medizin den Nachweis anzutreten, dass eine bestimmte Leistung nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich sei. Theoretisch könne jede ärztliche Behandlung ohne Frage des Ansehens des Mediziners im Stande sein, eine entsprechende Heilbehandlung zu erzielen. Dass dies generell nicht von vornherein festgestellt werden könne, beweise bereits die Rechtsprechung betreffend die Möglichkeit der Geltendmachung von außergewöhnlichen Belastungen in diesen Fällen. Die geforderte Zwangsläufigkeit liege im gegenständlichen Fall sehr wohl vor. Wie bereits angeführt sei es im Bereich der Medizin praktisch nicht möglich, entsprechende Beweise anzutreten. Aufgrund der langwierigen Erkrankung wäre die Beziehung von Vertrauensärzten sehr wohl zwangsläufig, wobei es sich bei diesen Vertrauensärzten um die jeweiligen Primare handle, deren Tätigkeit nur unter Zuhilfenahme der Sonderklasse gewährleistet gewesen wäre. Die triftigen medizinischen Gründe würden schon daraus hervorgehen, dass zwei renommierte Krankenanstalten bzw. deren Leitungspersonen befasst werden hätten müssen, um zur gegenständlichen Behandlung zu gelangen. Wenn auch die Länge des Spitalsaufenthaltes für sich allein keinen Sachverhalt darstelle, triftige medizinische Gründe aufzuzeigen, so beweise die Länge des Spitalsaufenthaltes unter den nunmehrigen restriktiven Behandlungsvoraussetzungen der Spitäler betreffend Aufenthalt, dass es sich um einen schwerwiegenden Fall gehandelt hätte, der eben nicht von einer Krankenanstalt alleine gelöst hätte werden können. Die Befassung von zwei Spitälern alleine würde nicht gewährleistet haben, die beste Behandlung zu ermöglichen, sondern es hätte aufgrund der Komplexität des Falles erfordert, dass auch die jeweiligen leitenden Ärzte in den gegenständlichen Behandlungsfall eingeschaltet worden wären. Der Hauptgrund, die Sonderklasse in Anspruch zu nehmen im gegenständlichen Fall wäre jener gewesen, sich den besten Arzt aussuchen zu können, der für die jeweilige Krankheit zuständig sei. Genau für diesen Fall sei auch die Möglichkeit des Abzuges von entsprechenden Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung durch die Rechtsprechung vorgesehen. Es sei richtig, dass das Aufsuchen von zwei Spitälern die Suche nach einem Arzt des Vertrauens erkennen lasse, um die beste Behandlung zu ermöglichen. Es sei jedoch jedenfalls die Komplexität des Falles zu berücksichtigen, der nicht das "Aufsuchen" unter medizinischen Kapazitäten vorgesehen hätte, sondern überhaupt das Bestreben zu einer entsprechenden Diagnose bzw. Heilbehandlung zu kommen. Die Aussage, dass es sich damit jedoch nicht um eine zwangsläufige Behandlung handle, sei jedoch nicht richtig. Die angesprochenen Befassung mit den besten Ärzten stelle zweifellos die seitens der Rechtsprechung zitierte außergewöhnliche Belastung dar, weil diese Befassung mit den besten Ärzten im Rahmen der freien Arztwahl unter Berücksichtigung der entsprechenden Diagnose bzw. Heilbehandlung zweifellos triftige medizinische Gründe darstelle, dies das Element der Zwangsläufigkeit erfordere. Die gegenständlichen Aufwendungen der Sonderklasse seien daher unter Berücksichtigung der gebührenden Interessen der Steuerpflichtigen in jedem Fall zwangsläufig erwachsen und daher nach § 34 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung absetzbar, weil gerade die Aufwendungen der Sonderklasse die bestmögliche Diagnose bzw. Behandlung gewährleistet hätten. Würde über die gegenständliche Berufung ein Senat entscheiden, würde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Am wurde obige Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Mündliche Verhandlung Nach § 282 BAO obliegt die Entscheidung über Berufungen der Referentin namens des Berufungssenates, außer 1. in der Berufung, im Vorlageantrag oder in der Beitrittserklärung wird die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat beantragt oder 2. die Referentin verlangt, dass der gesamte Berufungssenat zu entscheiden hat. Da keine der obigen Voraussetzungen im gegenständlichen Fall zutrifft, obliegt die Entscheidung der Referentin und nicht dem gesamten Berufungssenat. Da die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung für den Fall beantragt wurde, dass ein Senat über die Berufung entscheidet, und dies nicht zutrifft, wird der Antrag als gegenstandslos eingestuft.

Außergewöhnliche Belastung Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: 1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2). 2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3). 3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Gemäß Abs. 3 leg cit erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Nach ständiger Judikatur des VwGH (siehe etwa vom , 87/14/0116 oder vom , 85/14/0181) können Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für die eigene medizinische Betreuung anfallen, auch dann zwangsläufig iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 sein, wenn sie die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, sofern diese höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen getätigt werden. Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen dar, welche die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen (Jakom, EStG², § 34, Rz 90). Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden.

Wie auch der UFS in RV/1234-L/04 vom festgestellt hat, rechtfertigt die Aufzählung von Vorteilen der Sonderklasse, wie die Möglichkeit der Wahl des Krankenhauses, die Behandlung durch den Arzt des Vertrauens, freundliches Spitalszimmer, schnellerer Heilungsprozess, Besucherzeiten, Zuschüsse für einen Kuraufenthalt noch nicht die Annahme des Vorliegens triftiger medizinischer Gründe im konkreten Fall.

Die strittigen Krankheitskosten in Höhe von 4.523,25 € stellen Aufwendungen für Selbstbehalte Sonderklassegebühren dar und wurden von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übernommen.

In der Berufungsvorentscheidung vom wurde von der Amtspartei das Fehlen von triftigen medizinischen Gründen gerügt.

Dass sich die Berufungswerberin - laut ihren Angaben als Hauptgrund - durch die Inanspruchnahme der Sonderklasse erhofft hat, sich den besten Arzt für ihre Krankheit aussuchen zu können ("Prinzip der freien Arztwahl", "Gebot der Ausschöpfung aller Möglichkeiten"), lässt keinen triftigen medizinischen Grund erkennen. Der von der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung gestellten Behandlung durch die mit dieser in Vertrag stehenden Ärzte kann nicht von vornherein die Kompetenz abgesprochen werden, den - wie von der Berufungswerberin betont - "komplizierten Fall" zu behandeln. Die allgemeinen Erläuterungen betreffend Behandlung durch Fachleute und Einholung von Zweit- oder Drittmeinungen treffen wohl auf sämtliche Krankheiten zu. Aus welchem Grund die gegenständliche Erkrankung "komplexer" und "komplizierter" sein solle, als andere Krankheiten, und daher die Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung nicht ausreichend sein würden, wurde nicht erläutert. Ebenso geht aus den Vorbringen der Berufungswerberin nicht hervor, weshalb die Behandlung in der Sonderklasse, "das einzig taugliche Mittel darstelle, um eine optimale Versorgung zu gewährleisten". Aus welchem triftigen medizinischen Grund gerade die Behandlung durch einen bestimmten Arzt notwendig sein würde, wurde nicht erläutert. Ebensowenig konnten ernsthafte gesundheitliche Nachteile aufgezeigt werden, die ohne die "Sonderklassenbehandlung" zu befürchten gewesen wären.

Die sehr allgemeinen Ausführungen der Berufungswerberin lassen keinen Schluss auf die laut oben zitierter Judikatur geforderten speziellen Erfordernisse zu, triftige medizinische Gründe wurden nicht glaubhaft gemacht, die Zwangsläufigkeit iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 ist folglich nicht gegeben. Die Aufwendungen für die Sonderklasse konnten daher nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden, die Berufung war als unbegründet abzuweisen.

Linz, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at