Rückwirkend beantragte Familienbeihilfe wird für Asylwerber bis 30. April 2004 gewährt, ab 1. Mai 2004 nur mit Asylbescheid.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., T., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten, vom betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung derFamilienbeihilfe für den Zeitraum bis entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass für den Zeitraum 1. Februar bis die Familienbeihilfe gewährt wird.
Betreffend den Zeitraum bis wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) hat die russische Staatbürgerschaft und lebt seit als Asylwerber in Österreich. Den Asylantrag hat das Bundesasylamt abgewiesen und gemäß § 15 Abs.1 iVm § 15 Abs.3 leg. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis erteilt Am wurde dem Bw. gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt und gemäß § 12 leg.cit. festgestellt, dass dem Bw. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Am beantragte der Bw. die Gewährung der Familienbeihilfe für seine beiden Kinder T.M. geb. , und T.Me. geb. , rückwirkend ab Einreise am . Begründend führte er aus, dass die Änderung lt. BGBl 2004 Nr. I/142 vom rückwirkend in Kraft getreten sei, somit ab die alte Rechtlage gelte. Er sei am eingereist und habe daher ab diesem Tag Anspruch auf Familienbeihilfe bis . Darüber hinaus hätte er am nach alte Rechtslage den Status nach § 15 AsylG erhalten.
Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid ab. Als Begründung führte es aus, dass bei Gewährung der Familienbeihilfe österreichischen Staatsbürgern nun nicht mehr Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gleichgestellt seien, sondern Personen ab dem Zeitpunkt, zu dem ihnen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 zuerkannt worden sei. Maßgeblich sei das Datum des letzten, das Asylverfahren positiv abschließenden Bescheides. Ergeht dieser Bescheid vor dem bzw, am ist die alte Rechtslage anzuwenden; ergeht er nach dem gilt die neue Rechtslage. Im vorliegendem Fall sei der positive Abschluss des Asylverfahrens im August 2006 erfolgt, die Familienbeihilfe sei daher nicht rückwirkend zu gewähren.
Gegen diesen Bescheid brachte der Bw. Berufung ein. Nach der für die Zeit von 02/2004 bis 12/2004 maßgeblichen Rechtslage (bis zur Kundmachung der Novellierung des FLAG durch das BGBl. I Nr. 142/2004 am ) hätte der Anspruch auf Familienbeihilfe an die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Art. 1 des Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge vom , BGBl. 55/1995 und des Protokolls über die Rechtstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 angeknüpft und stelle nicht auf die bescheidmäßige Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch die österreichische Asylbehörde ab.
Er sei ethnischer Tschetschene aus der Russischen Föderation und sei im Jahr 2004 in Österreich eingereist. Er musste sein Heimatland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen. Die Flüchtlingseigenschaft sei bereits zum Zeitpunkt seiner Einreise nach Österreich im Jahr 2004 vorgelegen, weshalb ihm und seinen Kindern am der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 15 Abs.3 AsylG 1997 und letztlich auch Asyl in Österreich gewährt worden sei. Er hätte somit einen Anspruch auf Familienbeihilfe für den entsprechenden Zeitraum erworben, den er nicht bereits dadurch verlieren könne, dass der Zeitpunkt der Antragstellung auf Gewährung der Familienbeihilfe nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung liege - solange der Antrag innerhalb der in § 10 Abs.3 FLAG normierten Frist von fünf Jahren gestellt werde.
Für die Zeit von 01/2005 bis wird auf Artikel 23 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) verwiesen, nach der die Vertragsstaaten der GFK Flüchtlingen, die sich erlaubterweise auf ihrem Gebiet aufhalten, die gleiche Behandlung in der öffentlichen Unterstützung und Hilfeleistung gewähren sollen, wie sie ihren eigenen Staatsbürgern zuteil wird.
Gegen die abweisende Berufungsvorentscheidung brachte der Bw. einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz ein.
Über die Berufung wurde erwogen:
Die Rechtsgrundlagen stellen sich wie folgt dar:
§ 3 FLAG idF vor der mit dem Pensionsharmonisierungsgesetz, BGBl. I Nr. 142/2004, vorgenommenen Änderung lautet, dass Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe haben, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.
Abs. 2 leg. cit: Abs. 1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und für Flüchtlinge im Sinne des Art. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtling vom , BGBl.Nr. 55/1955, und des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974.
§ 3 Abs. 2 FLAG 1967, BGBl. Nr. I 142/2004 (Pensionsharmonisierungsgesetz) lautet:
"Abs. 1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde."
Nach § 50x wird folgender § 50y eingefügt:
"§ 50y.(1) § 39j Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr.142/2004 tritt mit in Kraft.
(2) Die §§ 3 Abs. 2 und 38a Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 142/2004 treten mit in Kraft. Ausgenommen sind jene Fälle, in denen bis einschließlich des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde."
Die beiden Höchstgerichte haben sich bereits mit den gegenständlich strittigen Änderungen des FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004 befasst.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom , B 3295/05, die Behandlung einer entsprechende Beschwerde gegen eine Bescheid des Zl. RV/1042-W/05, abgelehnt. Der VfGH verweist darauf, dass in Anbetracht des großen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bei der Gewährung familienfördernder Maßnahmen (Hinweis auf VfSlg. 8605/1979 und 14.694/1996) und der verfassungsrechtlich unbedenklichen Übergangsbestimmungen die behauptete Rechtsverletzung wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen so wenig wahrscheinlich sei, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom , Zl. 2006/15/0089 ausgesprochen, dass für vor dem Mai 2004 liegende Zeiträume - im gegenständlichen Fall Dezember 2003 bis April 2004 - sich der Beihilfenanspruch nach § 3 FLAG 1967, in der Fassung vor der durch das Pensionsharmonisierungsgesetz vorgenommenen Änderungen, richtet. Was zur Folge hat, dass auf die Eigenschaft als Flüchtling im Sinne des Art. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom , BGBl. Nr. 55/1955, und des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, abzustellen ist.
Für das gegenständliche Berufungsverfahren bedeutet das, dass dem Antrag des Bw. auf Familienbeihilfe für die Monate Februar 2004 bis April 2004, entsprechend der "alten" Rechtslage - vor dem Inkrafttreten des § 3 Abs. 2 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004 mit (siehe § 50y Abs. 2 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004 ) - stattzugeben ist. Dem Bw. steht für diesen Zeitraum für seine zwei Kinder die Familienbeihilfe zu.
Hinsichtlich des Geltungsbereiches der Änderungen des BGBl. I Nr. 142/2004 ab führt der VwGH aus:
"Für die Frage, ob im Zeitraum ab Mai 2004 ein Beihilfenanspruch besteht, ist, wie sich dies aus § 50y Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 ergibt, § 3 leg.cit. in der durch das Pensionsharmonisierungsgesetz geänderten Fassung maßgeblich, was zur Folge hat, dass der Beihilfenanspruch erst ab der tatsächlichen Asylgewährung (im gegenständlichen Berufungsfall ab August 2006) besteht. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers erweist sich die Rechtsansicht der belangten Behörde als richtig, dass die novellierte Fassung ihrem klaren Wortlaut nach für die Anspruchsvoraussetzungen der Familienbeihilfe darauf abstellt, ob tatsächlich bereits Asyl gewährt worden ist."
Die gegenständliche Berufung ist daher für den Zeitraum Mai 2004 bis Juli 2006 (dem Monat vor Ausstellung des Asylbescheides) abzuweisen.
Entgegen der Ansicht des Bw., stellt der Gesetzgeber - wie auch der VwGH bestätigt - mit § 3 Abs 2 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004 tatsächlich auf das Datum der Erteilung des Asylbescheides ab.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Zu den Ausführungen, dass dem Bw. gemäß § 15 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis erteilt worden ist und ihm daher Familienbeihilfe zustünde, wird angemerkt, dass gemäß Familienlastenausgleichsgesetz i.d.f. den Streitraum geltenden Fassung die Anspruchsvoraussetzungen auf Gewährung von Familienbeihilfe auf den Asylbescheid abstellt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 3 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 3 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 50y Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte | Asylbescheid rückwirkende Familienbeihilfe |
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