Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 14.08.2008, RV/1026-W/08

Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Familienbeihilfe für das zweite Studienjahr

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2011/16/0062 (vormals 2008/13/0184) eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum bis  entschieden:

Die Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin, in der Folge Bw. genannt, bezog im gegenständlichen Zeitraum für ihre Tochter T, Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag. Diese studierte ab dem Publizistik- u. Kommunikationswissenschaft (Bakkalauriatsstudium) und ab dem Biologie und Psychologie (Lehramtsstudium).

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt die Bw. unter Verweisung auf die Bestimmungen des § 26 Abs 1 FLAG 1967 iVm § 33 Abs 4 Z3 lit a und lit c EStG 1988 auf, Familienbeihilfe für den Zeitraum November 2006 bis Juni 2007 im Gesamtbetrag von € 1.425,60 sowie den Kinderabsetzbetrag für den gleichen Zeitraum im Gesamtbetrag von € 407,20 zurückzuzahlen und führte begründend aus, dass in § 2 Abs 1 lit. b FLAG 1967 hinsichtlich eines Studienwechsels auf die Bestimmungen des § 17 Studienförderungsgesetz hingewiesen werde.

Die genannte Gesetzesstelle normiere, dass ein günstiger Studienerfolg dann nicht vorläge, wenn die oder der Studierende das Studium öfter als zweimal gewechselt habe oder das Studium nach dem jeweils dritten fortgesetzt gemeldeten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt habe oder nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen habe, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

Die Tochter der Bw. habe im Studienjahr 2005/06 im Studium Publizistik- u. Kommunikationswissenschaft keinen günstigen Studienerfolgsnachweis erbracht da diese laut vorgelegtem Prüfungsnachweis vom lediglich vier Semesterwochenstunden im Nachweiszeitraum bis positiv absolviert habe. Für das neue Hauptstudium Lehramt - Studienwechsel mit Oktober 2006 - seien bis dato erst Prüfungen im Ausmaß von zwei Semesterwochenstunden nachgewiesen worden.

Die Familienbeihilfe stehe erst wieder ab dem Monat zu, in dem die Tochter der Bw. im Studienjahr 2006/07 aus dem Hauptstudium Prüfungen im Ausmaß von acht Semesterwochenstunden erreiche.

Die Bw. erhob gegen den o. a. Bescheid mit Schreiben vom Berufung und führte begründend aus, dass ihr keinerlei Gründe bekannt seien, warum es zu einer Rückforderung der Familienbehilfe gekommen sei. Weiters brachte die Bw. eine Bestätigung der Universität Wien über positiv abgelegte Prüfungen bei. Aus dieser geht hervor, dass die Tochter der Bw. im Studium Publizistik- u. Kommunikationswissenschaft (Bakkalauriatsstudium) folgende Prüfungen postiv ablegte:


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Fach
Semesterstunden
Datum
Note
2005W VO+UE STEP 2
2,00
4
2005W VO+UE STEP 1
2,00
4
2006S VO+UE STEP 6
2,00
4
2006S VO+UE STEP 4
2,00
3

Aus dieser Bestätigung geht weiters hervor, dass die Tochter der Bw. am im Lehramtsstudium Biologie und Psychologie die zwei Semesterstunden umfassende Prüfung "Einführung in die Psychologie für das Lehramt PP" positiv - Note 4 - absolvierte.

Weiters brachte die Bw. ein mit dem datiertes Sammelzeugnis der Universität Wien bei aus dem hervorgeht, dass ihre Tochter neben den o. a. Prüfungen im Lehramtsstudium Biologie und Psychologie folgende weitere Prüfungen positiv absolvierte:


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Fach
Semesterstunden
Datum
Note
2006W VO Entwicklungspsychologie I
2,00
3
2007S Allgemeine Psychologie II
2,00
4
2006W Allgemeine Psychologie I
2,00
4
2007S VO Entwicklungspsychologie II
2,00
3

Das Finanzamt erließ am eine abweisende Berufungsvorentscheidung in der es unter Verweisung auf die Bestimmung des § 2 Abs 1 lit b FLAG begründend ausführte, dass Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hätten, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule weitergebildet werden würden, dann hätten, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich sei. Bei Kindern die eine in § 3 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchten, sei eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn diese die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschritten. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr bestehe nur dann, wenn für das vorhergehende Studienjahr (Nachweiszeitraum) die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden nachgewiesen werde.

Erreiche ein Studierender im Nachweiszeitraum (1. Oktober bis 31. Oktober des Folgejahres) den erforderlichen Studienerfolg nicht, bestehe zunächst für das folgende Studienjahr kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Bei Nichterreichen des Studienerfolgsnachweses verfielen sämtliche bisher absolvierten Semesterwochenstunden und es beginne der Nachweiszeitraum neu zu laufen. Sobald acht Wochenstunden oder sechzehn ECTS Punkte im nächsten Studienjahr erreicht werden würden, bestehe - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - wieder Anspruch auf Familienbeihilfe.

Die Tochter der Bw. habe im Wintersemester 2006/07 einen Studienwechsel vorgenommen und das Lehramtsstudium Biologie und Psychologie begonnen. Da im Studienjahr 2006/07 der Studienerfolgsnachweis über acht Semesterwochenstunden am erbracht worden sei, seien die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe ab Juni 2007 wieder erfüllt worden. Für den Zeitraum November 2006 bis Mai 29967 habe mangels Vorliegen eines günstigen Studienerfolges kein Anpruch auf Familienbeihilfe bestanden.

Am brachte die Bw. einen als Vorlageantrag zu beurteilenden Einspruch gegen die o. e. Berufungsvorentscheidung ein und führte in diesem begründend aus, gemäß dem FLAG ein Anspruch ab dem zweiten Studienjahr nur dann bestehe, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Ausmaß von sechzehn ECTS-Punkten nachgewiesen werde. Der Nachweis sei unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. In diesem Gesetzestext sei nicht definiert, dass die Prüfungen für den Nachweis des Studienerfolges innerhalb des ersten Studienjahres absolviert werden müssten.

Ihre Tochter habe die letzte Prüfung für das Sommersemester 2006 am positiv abgelegt. Die Bw. verwies außerdem auf die Durchführungsrichtlinien zum FLAG (BGBl. Nr. 376/1967 idF BGBl. I Nr. 168/2006) wonach Studierende bei aufrechter Zulassung bis zum Ende der Nachfrist zu Prüfungen antreten könnten, ohne dass die Leistung des Studienbeitrages erforderlich sei.

Weiters verwies die Bw. auf eine gleichzeitig beigebrachte Bestätigung des Studienprogrammleisters für Publizistik und Kommunikationswissensschaft der Universität Wien. Gemäß dieser Bestätigung seien Prüfungen für das vorangegangene Semester bis einschließlich für das vorangehende Sommersemester anzurechnen. Aus organisatorischen Gründen sei der Prüfungsablauf - das Ablegen aller benötigten Prüfungen für den Studienerfolgsnachweis - innerhalb eines Studienjahres eher nicht möglich. Die Bw. führte diesbezüglich u. a. weiters aus, dass ihrer Tochter Prüfungsergebnisse verspätet bekannt gegeben worden seien und dass diese im Oktober 2006 keine Möglichkeit zum Antritt zu den erforderlichen Prüfungen gehabt habe.

Vom UFS wird an dieser Stelle angemerkt, dass dass die im vorigen Absatz erwähnte Bestätigung vom wörtlich wie folgt lautete:

"Sehr geehrte Frau W,

gerne bestätige ich Ihnen zum Zwecke der Vorlage beim zuständigen Finanzamt, dass Prüfungen mit Prüfungsdatum bis einschließlich 30. November als Prüfung für das vorangegangene Semester gelten. Die studienrechtliche Frist ist u. a. auch für die Prüfungsberechtigung (im Zusammenhang mit der Einzahlung des Studienbeitrages) ausschlaggebend."

Über die Berufung wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Die Tochter der Bw. nahm im Wintersemester 2006/05 das Studium Publizistik- u. Kommunikationswissenschaft (Bakkalauriatsstudium) auf und legte in diesem zwischen dem und dem - auf die obigen diesbezüglichen nähreren Ausführungen wird verwiesen - insgesamt vier Prüfungen im Ausmaß von acht Semesterwochenstunden ab. Laut der o. e. Bestätigung des für dieses Studium zuständigen Studienprogrammleiters gelten Prüfungen mit Prüfungsdatum einschließlich 30. November als Prüfung für das vorangegangene Semester. Zu Beginn des Wintersemesters 2006/07 nahm die Tochter der Bw. einen Studienwechsel auf Biologie und Psychologie (Lehramtsstudium) vor. Da nach Ansicht des Finanzamtes im Studienjahr 2005/06 bei der Tochter der Bw. kein günstiger Studienerfolg vorlag, erließ dieses den gegenständlichen Rückforderungsbescheid.

Dieser Sachverhalt war rechtlich folgendermaßen zu würdigen:

Anspruch auf Familienbeihilfe haben gemäß § 2 Abs 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 Personen, die im Bundesgebiet eine Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen.

Gemäß § 17 Abs 1 Studienförderungsgesetz 1992 liegt ein günstiger Studienerfolg nicht vor, wenn der Studierende

1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder

2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder

3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

Laut der o. e. Bestätigung der Universität Wien gelten im Studium Publizistik- u. Kommunikationswissenschaft (Bakkalauriatsstudium) mit Prüfungsdatum einschließlich 30. November abgelegte Prüfungen als Prüfungen für das vorangegangene Semester. Wie aus § 2 Abs 1 lit. FLAG 1967 unmissverständlich zu entnehmen ist, ist der im Gesetz geforderte Nachweis eines günstigen Studienerfolges ausschließlich durch Bestätigung der Universität zu erbringen. Die Tochter der Bw. legte, w. o. ausgeführt, die von ihr in diesem Studium positiv absolvierten Prüfungen am , am , am und am ab. Im Hinblick auf die obigen Ausführungen gelten diese als im ersten Studienjahr erbracht. Da im gegenständlichen Fall keines der drei in § 17 Abs StudFG normierten Ausschlussmerkmale zutrifft und da die von der Tochter der Bw. im ersten Studienjahr absolvierten Prüfungen einen Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden aufwiesen, lagen bei dieser nach dem erfolgten Studienwechsel die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Familienbeihilfe für das zweite Studienjahr vor.

Der Rückforderungsbescheid vom war daher ersatzlos aufzuheben.

Da der Berufung bereits aus den oben diesbezüglich angeführten Gründen Folge zu geben war, kann ein näheres Eingehen auf das weitere im Vorlageantrag der Bw. erstellte Vorbringen unterbleiben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
günstiger Studienerfolg
Studienwechsel

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at