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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 08.07.2009, RV/2330-W/09

Ein unerledigter Wiedereinsetzungsantrag steht einer Zurückweisung einer Berufung nicht entgegen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend Zurückweisung der Berufung vom hinsichtlich Anspruchszinsen für die Jahre 2000 bis 2005 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom (Einbringungstag ) brachte die Berufungswerberin (Bw.) gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2005 sowie gegen die Anspruchszinsenbescheide 2000 bis 2005, alle vom , das Rechtsmittel der Berufung ein und führte aus, dass sich erst jetzt bei ihren Berechnungen und Kontrollen verschiedene Differenzen ergeben hätten.

Bei Durchsicht der belasteten Beträge hätte jetzt festgestellt werden können, dass die belastenden Rechnungen sehr wohl in der Buchhaltung aufscheinen würden und verbucht worden seien.

Gleichzeitig sei der Bw. zugetragen worden, dass verschiedene Finanzämter die für die belastenden Rechnungen verrechnete und absetzbare Mehrwertsteuer abgezogen und bei der Umsatzsteuerberechnung berücksichtigt hätten.

Aus all den Gründen werde um Wiederaufnahme der Prüfung ersucht.

Mit Bescheiden vom wies das Finanzamt die Berufungen gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2005 mit der Begründung zurück, dass diese nicht fristgerecht eingebracht worden sei.

Mit der am beim Finanzamt eingelangten undatierten Eingabe brachte die Bw. eine "Berufung gegen die Abweisung der Bescheide meiner Berufung vom gegen die Bescheide der Einkommensteuer für die Jahre 1999 bis 2005 und die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2005 sowie der hiefür festgesetzten Anspruchszinsen" (gemeint offenbar Berufung gegen die Zurückweisungsbescheide vom ) ein und führte aus, dass es ihr gemäß § 303 Abs. 1 BAO gestattet sei, wenn sich irgendwelche Ungereimtheiten bzw. anders darzustellende Sachverhalte zu ihren Gunsten ergeben würden, diese belastenden Beträge anzufechten. Dies sei vom Finanzamt zur Kenntnis zu nehmen und die Wiederaufnahme anzustreben. Egal ob die Berufung zu einem späteren Zeitpunkt als der gesetzten Frist eingebracht werde, stehe im Gesetz, dass wenn sich neue Verdachtsmomente ergäben, ganz gleich ob für oder wider den Abgabepflichtigen, eine Wiederaufnahme zu erfolgen habe.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt die Berufung vom (Schreiben vom ) betreffend Anspruchszinsen für die Jahre 2000 bis 2005 mit der Begründung zurück, dass die Berufung nicht fristgerecht eingebracht worden sei. Es werde darauf hingewiesen, dass bei (teilweiser) Stattgabe der Berufung gegen den Stammabgabenbescheid ein Gutschriftszinsenbescheid ergehe, sofern die Anspruchszinsen den Betrag von € 50,00 übersteigen würden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung vom gegen die Zurückweisungen der Berufung gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2005 sowie Anspruchszinsenbescheide mit der Begründung ab, dass die Abgabenbehörde gemäß § 273 Abs. 1 BAO eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen habe, wenn diese nicht fristgerecht eingebracht worden sei.

Die angefochtenen Bescheide vom seien unter Einrechnung von zwei Posttagen am zugestellt worden. Die Berufungsfrist ende daher am .

Die Ausführungen in der Begründung der Berufung im Hinblick auf § 303 Abs. 1 BAO seien in diesem Zusammenhang hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Berufung nicht von Bedeutung.

§ 303 Abs. 1 BAO setze einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens voraus. Diesbezüglich werde auf die der Berufungsvorentscheidung beigelegten Ablichtung der Bestimmungen der §§ 303 und 303a verwiesen.

Dagegen beantragte die Bw. die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte aus, dass ihr auch bei abgelaufener Frist das Rechtsmittel der Berufung zustehe, da sich dies aus § 303 Abs. 1 lit. b BAO ergebe.

Weiters sei der Antrag auf Wiederaufnahme binnen einer Frist von drei Monaten einzubringen.

Am erließ das Finanzamt einen Mängelbehebungsauftrag und am einen Bescheid über die Zurücknahme der Eingabe vom gemäß § 275 BAO betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 1999 bis 2005, wogegen die Bw. am das Rechtsmittel der Berufung einbrachte. Der Inhalt wird mangels Entscheidungsrelevanz nicht wiedergegeben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Berufungsfrist einen Monat.

Gemäß § 273 Abs. 1 lit. b BAO hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn diese nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Unbestritten ist, dass die Berufung gegen die Anspruchszinsenbescheide nicht innerhalb eines Monats ab Zustellung eingebracht wurde.

Aus den vorliegenden Akten geht nicht hervor, dass über den Wiederaufnahmeantrag betreffend Anspruchszinsenbescheide für die Jahre 2000 bis 2005 (positiv) entschieden worden wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB VwGH 2005/16/0039, ) steht der Zurückweisung einer Berufung als verspätet ein unerledigter Wiedereinsetzungsantrag nicht entgegen. Wird nach Zurückweisung der Berufung dem die Berufungsfrist betreffenden Wiedereinsetzungsantrag stattgegeben, so ergibt sich aus § 310 Abs. 3, dass hiedurch der Zurückweisungsbescheid aus dem Rechtsbestand beseitigt wird (vgl. Ritz BAO-Kommentar, 3 Auflage, TZ 19 zu § 273).

Dem vorliegenden Zurückweisungsbescheid lastet daher keine Rechtswidrigkeit an.

Informativ wird jedoch festgestellt:

Anspruchszinsenbescheide sind an die Höhe der im Bescheidspruch des Einkommensteuerbescheides ausgewiesenen Nachforderung oder Gutschrift gebunden. Die Festsetzung von Anspruchszinsen ist verschuldensunabhängig und allein von der zeitlichen Komponente, nämlich wann der Einkommensteuerbescheid dem Abgabepflichtigen bekannt gegeben wurde, und von der Höhe des Nachforderungsbetrages abhängig.

Nach den Ausführungen in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der oben zitierten Gesetzesbestimmung (RV 311 BlgNR 21. GP, 210 ff.) entstehen Ansprüche auf Anspruchszinsen unabhängig von einem allfälligen Verschulden des Abgabepflichtigen oder der Abgabenbehörde. Zinsenbescheide setzen nicht die materielle Richtigkeit des Stammabgabenbescheides, wohl aber einen solchen Bescheid voraus. Solche Bescheide sind daher auch nicht mit der Begründung anfechtbar, der Stammabgabenbescheid bzw. ein abgeänderter Bescheid wäre rechtswidrig.

Jede Nachforderung bzw. Gutschrift löst gegebenenfalls einen Anspruchszinsenbescheid aus.

Der für die Anspruchszinsen maßgebliche Differenzbetrag errechnet sich bei erstmaliger Abgabenfestsetzung aus dem Saldo zwischen der Abgabenvorschreibung und der Summe der Vorauszahlungen sowie entrichteter Anzahlungen. Bei Abänderungen von Abgabenfestsetzungen (z.B. als Folge einer Wiederaufnahme des Verfahrens) ergibt sich der zinsenrelevante Differenzbetrag aus der nunmehr vorgeschriebenen Abgabe abzüglich der bisher vorgeschriebenen Abgabe.

Daraus folgt, dass auch bei Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer keine Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Anspruchszinsen möglich ist, zumal ohnedies ein weiterer Zinsenbescheid ergeht, daher keine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides zu erfolgen hat.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 245 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 273 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at