OGH vom 28.04.2020, 1Ob60/20k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Kommanditgesellschaft, *****, vertreten durch die JAEGER LOIDL WELZL SCHUSTER SCHENK Rechtsanwälte OG, Linz, gegen die beklagte Partei U***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Maximilian Sampl, Rechtsanwalt in Schladming, wegen 6.261,56 EUR sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 1 R 93/19a-20, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom , GZ 8 C 221/18k-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 626,52 EUR (darin 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Beklagte ist Eigentümerin einer Liegenschaft, auf der sich ein Appartementhaus befindet. Die frühere Alleineigentümerin (und nun Kommanditistin der Klägerin) hatte mit ihrem Ehegatten im Jahr 1980 im Namen einer künftigen Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft eine Vereinbarung geschlossen, nach der er eine Wasserversorgungsanlage errichten und eine entsprechende Lieferverpflichtung zugunsten des zu errichtenden Hauses eingehen werde. Ende 1987 wurde diese Vereinbarung im Rahmen eines (von beiden unterfertigten) „Aktenvermerks“ ergänzt und dabei als Gerichtsstand „das zuständige Gericht in Wien“ festgelegt; auch hier erfolgte die Unterfertigung durch die Ehefrau „für die Eigentümergemeinschaft“.
Die Klägerin begehrte nun den Klagebetrag für den Wasserbezug der Beklagten von Juni 2018 bis Oktober 2018. Zur Zuständigkeit berief sie sich auf die Gerichtsstandsvereinbarung sowie eine behauptetermaßen auf beiden Seiten eingetretene Rechtsnachfolge.
Das Erstgericht wies die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts zurück.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.
Der dagegen erhobene Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig, weil darin keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt wird.
Rechtliche Beurteilung
1. Bei Abschluss einer Gerichtsstands-vereinbarung durch Dritte ist (seit der WGN 1989 erst) im Bestreitungsfall auch der urkundliche Nachweis der Bevollmächtigung notwendig (1 Ob 178/15f mwN); ebenso jener einer allfälligen Rechtsnachfolge. Ob der urkundliche Nachweis gelungen ist, ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig, weshalb nur im Fall einer im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifenden Fehlbeurteilung eine erhebliche Rechtsfrage vorläge (1 Ob 178/15f), was hier nicht der Fall ist:
2. Soweit sich die Revisionsrekurswerberin mit dem (von den Vorinstanzen verneinten) Nachweis der Vertretungsbefugnis der Frau für die (spätere) Eigentümergemeinschaft auseinandersetzt, vermag sie schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, weil das Rekursgericht nicht nur den Vollmachtsnachweis an sich als misslungen ansah, sondern darüber hinaus auch ausführte, dass die formularmäßige Vollmacht (in einem mit einem Wohnungskäufer abgeschlossenen „Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag“) lediglich das behördliche Bauverfahren und die im Zusammenhang damit erforderlichen Maßnahmen umfasse, nicht aber den Abschluss privatrechtlicher Vereinbarungen. Diese Beurteilung wird im Revisionsrekurs nicht bekämpft.
3. Auf die vom Rekursgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob die Genehmigung einer Gerichtsstandsvereinbarung durch nachträgliche Zustimmung (welche etwa bei einem Kläger dadurch zum Ausdruck komme, dass er die Klage beim vereinbarten Gerichtsstand einbringt) auch „bei einem Vollmachtsmangel auf Beklagtenseite vorliegen könnte, indem sich diese in einem anderen Verfahren ohne Erhebung einer Unzuständigkeitseinrede in die Verhandlung einließ“, braucht auch deshalb nicht eingegangen zu werden, weil dazu jedes Vorbringen der Klägerin im Verfahren erster Instanz fehlt. Dies gilt auch für die erstmals im Rechtsmittelverfahren aufgestellte Behauptung, „die Beklagte“ habe diese Gerichtsstandsvereinbarung im genannten Verfahren „bestätigt und anerkannt“. Abgesehen davon, dass selbst das Unterlassen einer Unzuständigkeitseinrede den Vollmachtsmangel bei Unterfertigung der Gerichtsstandsvereinbarung nicht sanieren (die ins Treffen geführte Judikatur [1 Ob 788/79 = SZ 53/4 ua; vgl auch RIS-Justiz RS0019740, RS0046830] bezieht sich auf die in der Klageerhebung beim prorogierten Gericht liegende nachträgliche Zustimmung durch den Kläger) und nicht über das jeweilige Verfahren hinaus wirken könnte, war in jenem Verfahren klagende Partei der Ehemann, der ja Partei der Gerichtsstandsvereinbarung war, und nicht die nunmehrige Klägerin. Wenn das Rekursgericht also die Rechtsauffassung vertreten hat, das prozessuale Verhalten der früheren Eigentümergemeinschaft im Vorprozess habe nicht dazu geführt, dass es der nun beklagten Alleineigentümerin verwehrt wäre, geltend zu machen, dass sich die Klägerin für diesen Prozess nicht auf die Gerichtsstandsvereinbarung stützen kann (dazu 2.), ist darin keine Fehlbeurteilung zu erblicken.
4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 528a ZPO iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 iVm 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die mangelnde Zulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00060.20K.0428.000 |
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Fundstelle(n):
ZAAAD-05457