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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 29.03.2012, RV/2533-W/07

§ 15a ErbStG (teilw. Stattgabe)

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des M, gegen den Bescheid des Finanzamtes A vom , Steuernummer, betreffend Erbschaftssteuer entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 289 Abs. 2 BAO abgeändert wie folgt:

Die Erbschaftssteuer wird mit 2.401,90 € festgesetzt.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Im Jänner 2006 ist Herr M. verstorben. Laut Einantwortungsbeschluss vom wurde der Nachlass der erblasserischen Witwe sowie den erblasserischen Kindern zu je einem Drittel eingeantwortet. Auf Grund des Erbteilungsübereinkommens vom übernimmt die erblasserische Witwe den gesamten Nachlass, trägt die gesamten Nachlasspassiven und die Verfahrenskosten und verpflichtet sich, die mit der Verbücherung ihres Eigentumsrechtes verbundenen Kosten und Abgaben aus Eigenem zu tragen. In Abgeltung der Erbteile der Kinder gebühren diesen je 58.450,31 Euro und verpflichtet sich die erbl. Witwe diese Beträge abzüglich einer errechneten Erbschaftssteuer von 892,42 Euro an die Kinder zu bezahlen. Diese Beträge werden bis zur Großjährigkeit gestundet.

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid setzte das Finanzamt Erbschaftssteuer in Höhe von 3.081,14 Euro fest, wobei auch der Wert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes mit einbezogen wurde.

Fristgerecht wurde Berufung eingebracht mit der Begründung, der Verfassungsgerichtshof habe die Erbschaftssteuer als verfassungswidrig erklärt, damit sei auch der bekämpfte Bescheid verfassungswidrig.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab, da die aufgehobene Bestimmung weiterhin auf alle bis zum Ablauf der vom Verfassungsgerichtshof bestimmten Frist verwirklichten Tatbestände noch anzuwenden sei.

Im Vorlageantrag vom wird nun eingewendet, in der Bemessungsgrundlage des angefochtenen Bescheides sei land- und forstwirtschaftliches Vermögen ausgewiesen worden. Hierauf sei die Steuerbefreiung des § 15a ErbStG 1955 anzuwenden und zwar nicht nur hinsichtlich des im Bescheid als land- und forstwirtschaftliches Vermögen ausgewiesenen Betrages, sondern auch hinsichtlich des gesamten laut Bewertungsgutachten des gerichtlich beeideten landwirtschaftlichen Sachverständigen H vom zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörigen Vermögens, zu welchem auch das in den Bescheiden unter "übrige Grundstücke" angeführte Vermögen zählt.

Im Übrigen habe der Verfassungsgerichtshof § 1 Abs. 1 Z 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 als verfassungswidrig aufgehoben. Deshalb müsse die Bekämpfung von Bescheiden, welche auf der Grundlage einer noch geltenden verfassungswidrigen Bestimmung erlassen worden sei, aus denselben Gründen zu deren Aufhebung wegen Verfassungswidrigkeit führen.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Zur Verfassungswidrigkeit

Wie der Bw richtig vorbringt, hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) mit Erkenntnis vom die Bestimmung des §1 Abs.1 Z1 ErbStG 1955 und somit den Grundtatbestand für Erwerbe von Todes wegen, also "die Erbschaftssteuer", als verfassungswidrig aufgehoben. Der VfGH hat allerdings in seinem Erkenntnis über die Aufhebung der Erbschaftssteuer entsprechend der Bestimmung des Art.140 Abs. 5 B-VG für das Inkrafttreten seiner Aufhebung eine Frist bis gesetzt.

Dies bedeutet gemäß Art.140 Abs.7 B-VG, dass von den zuständigen Verwaltungsbehörden die verfassungswidrige Bestimmung auf die zuvor verwirklichten Tatbestände, das heißt auf Fälle, bei denen der Todeszeitpunkt des Erblassers vor dem liegt (§12 Abs.1 ErbStG) - mit Ausnahme der im angeführten Erkenntnis genannten Anlassfälle und jener Rechtssachen, auf die der Verfassungsgerichtshof gemäß Art.140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG die Anlassfallwirkung ausgedehnt hat (das sind die beim Verwaltungsgerichtshof zu den Zahlen 2004/16/0143, 2005/16/0065, 2006/16/0081, 0082 und 2006/16/0209 anhängigen Verfahren) - weiterhin anzuwenden ist (vgl. u. a. ; , RV/0071-W/11).

Aufgrund des Legalitätsprinzips (Art.18 B-VG) ist auch der UFS als Verwaltungsbehörde in diesem Fall sowohl an die als verfassungswidrig aufgehobene Bestimmung als auch an die übrigen Bestimmungen des Erbschaftssteuergesetzes gebunden.

Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände - mit Ausnahme der Anlassfälle - ist das Gesetz daher weiterhin anzuwenden ().

Dem gegenständlichen Fall kommt zweifelsfrei keine Anlassfallwirkung zu. Zum Zeitpunkt der Erlassung des obigen VfGH-Erkenntnisses war gegenständlich noch gar keine Berufung (eingebracht am mit Schriftsatz vom ), geschweige denn eine Beschwerde bei den Höchstgerichten anhängig.

2. Zur Anwendung des § 15 a ErbStG 1955

Mit Art. IX Z 4 Steuerreformgesetz 2000, BGBl. I 1999/106, wurde § 15a Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) mit Wirkung vom in das ErbStG eingefügt. Nach Z 1 des § 15a Abs. 2 ErbStG zählen zum begünstigungsfähigen Vermögen inländische Betriebe und Teilbetriebe, bei denen nach den einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen (§ 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus selbstständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb bezogen werden.

Gemäß § 15a ErbStG 1955 bleiben Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen unter Lebenden von Vermögen gemäß Abs. 2 nach Maßgabe der Abs. 3 und Abs. 4 bis zu einem Wert von 365.000,00 € steuerfrei, sofern der Erwerber eine natürliche Person ist und der Geschenkgeber das 55.Lebensjahr vollendet hat oder wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen in einem Ausmaß erwerbsunfähig ist, dass er nicht in der Lage ist, einen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Gesellschafter verbundenen Aufgaben und Verpflichtungen zu erfüllen.

Die Steuer ist auf Grund des Abs. 5 leg. cit. nach zu erheben, wenn der Erwerber innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb das zugewendete Vermögen oder wesentliche Grundlagen davon entgeltlich oder unentgeltlich überträgt, betriebsfremden Zwecken zuführt oder wenn der Betrieb oder Teilbetrieb aufgegeben wird.

Was unter einer freibetragsschädlichen Übertragung zu verstehen ist, ist im Wege der Auslegung zu erschließen. Der Verfassungsgerichtshof hat zu seinem Erkenntnis vom , B 3551/05, nachstehenden Rechtssatz gefasst:

"Es ist offenkundiger Zweck des §15a ErbStG 1955, die Übergabe von Betrieben (gleichgültig, ob diese in Form eines einzelkaufmännischen Unternehmens oder einer Personen- oder Kapitalgesellschaft geführt werden) im Interesse der Substanzerhaltung und der Sicherung von Arbeitsplätzen zu erleichtern. Vor dem Hintergrund des - an sich sachlichen - Zweckes der Begünstigung ist die Bestimmung des Abs. 5 leg cit auszulegen, der zufolge es zu einer Nacherhebung der Steuer kommt, wenn eine (Weiter)Übertragung bzw betriebsfremde Verwendung des erworbenen Vermögens innerhalb von 5 Jahren derart erfolgt, dass die Fortführung des Betriebes durch die vom Freibetrag begünstigten Personen gerade nicht mehr gesichert erscheint. Während ein die Unternehmensfortführung wahrender Übergang im Fall der Schenkung jedenfalls ein einstufiger Vorgang ist, kann dasselbe Ergebnis beim Erwerb von Todes wegen bei Fehlen einer testamentarischen Verfügung zwangsläufig nur durch Zuteilung des Unternehmens im Rahmen der Erbauseinandersetzung (zivilrechtlich gesehen also durch einen zweiaktigen Vorgang) erreicht werden. Aus dem Zweck der Begünstigung folgt aber dann, dass eine "Übertragung", die die Unternehmenserhaltung durch den oder die begünstigten Erwerber nicht nur nicht gefährdet, sondern sich auf eine Aufteilung des Nachlasses zwischen diesen Erwerbern reduziert und die Erhaltung des Unternehmens(teils) sogar typischerweise sichert, sachlicher Weise nicht zu einer Nacherhebung der Steuer (oder einer Versagung des Freibetrags) führen darf" (vgl. zB ).

Auf gegenständlichen Fall umgelegt bedeutet dies, dass durch das Erbteilungsübereinkommen vom der begünstigte Zweck nicht aufgegeben wurde. Das land- und forstwirtschaftliche Vermögen ist somit (mit Ausnahme des Wohnungswertes) steuerfrei.

Nach Z 1 des § 15a Abs. 2 ErbStG zählen zum begünstigungsfähigen Vermögen inländische Betriebe und Teilbetriebe, bei denen nach den einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen (§ 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus selbstständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb bezogen werden.

Ob ein Betrieb vorliegt und welches Vermögen er umfasst, ist daher zunächst - im Hinblick auf die ausdrückliche Bezugnahme - nach den Begriffsinhalten des Ertragssteuerrechtes zu beurteilen. Zu einem Betrieb können demgemäß nur Wirtschaftsgüter gehören, die nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften als Betriebsvermögen anzusehen sind. Es gilt der allgemeine - aus § 4 Abs. 1 EStG 1988 ableitbare - Betriebsvermögensbegriff. Notwendiges Betriebsvermögen sind ausschließlich jene Wirtschaftsgüter, die objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt sind und ihm auch tatsächlich dienen. Auch der Umstand, dass das Bild des bäuerlichen Betriebes historisch gewachsen ist bzw. ein Betrieb eine organisch in sich geschlossene Einheit darstellt, ändert daran nichts.

Demgegenüber sind jene Wirtschaftsgüter, die objektiv erkennbar den privaten Bedürfnissen des Steuerpflichtigen dienen, das sind alle in der privaten Sphäre selbstgenutzten Gegenstände, notwendiges Privatvermögen. Kein notwendiges Betriebsvermögen liegt eindeutig bei einer Wohnung im Betriebsgebäude vor (siehe Doralt, EStG § 4 Tz 53).

Auch das Bewertungsrecht geht davon aus, dass die Wohnung privat ist, weshalb eben der Wert privat genutzter Räumlichkeiten gesondert als Wohnungswert (§ 33 BewG) bewertet wird.

Im Sinne des § 30 Abs. 1 BewG besteht der landwirtschaftliche Betrieb aus all jenen Teilen der wirtschaftlichen Einheit, die dauernd einem landwirtschaftlichen Hauptzweck dienen.

Gemäß Abs. 2 Z 4 dieser Bestimmung gilt hingegen nicht als Teil des landwirtschaftlichen Betriebes der den Vergleichswert übersteigende Teil des Wohnungswertes.

Dieser ist gemäß § 33 Abs. 2 BewG als sonstiges bebautes Grundstück gemäß § 54 Abs. 1 Z 5 BewG dem Grundvermögen zuzurechnen und nach den Vorschriften über die Bewertung von bebauten Grundstücken zu bewerten, wobei gemäß der Fiktion des § 33 Abs. 1 und 2 BewG ein pauschaler Betrag von 2.180,185 Euro Bestandteil des (betrieblichen) Vergleichswertes bleibt.

Der landwirtschaftliche Betrieb umfasst daher auch nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des Bewertungsgesetzes nicht den übersteigenden Wohnungswert, sodass sich die Begünstigung des § 15a ErbStG nicht darauf erstreckt. Ob ein Grundstück einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zuzurechnen ist, hängt demnach auch davon ab, ob es im Bewertungsverfahren seiner Art nach als land- oder forstwirtschaftliches Grundstück qualifiziert wurde (§ 29 BewG), denn die Feststellung der Grundstücksart erwächst in Rechtskraft. Nicht zuletzt haben die Lagefinanzämter in einer auch für die Erbschafts- und Schenkungssteuer bindenden Weise nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955 über wirtschaftliche Einheiten abzusprechen (vgl. zB ).

Wie die h. o. Ermittlungen ergeben haben, wurde für den landwirtschaftlichen Betrieb ein Einheitswert von 13.153,78 Euro festgestellt und beträgt der gemäß AbgÄG 1982 um 35% erhöhte Einheitswert für den Wohnungswert zum Stichtag unverändert 31.467,34 Euro.

Somit ergibt sich folgende Berechnung:


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Steuerpflichtiger Erwerb bisher
57.468,65 €
Abzüglich Wert des Land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 15a ErbStG)
- 13.153,78 €
44.314,87 €
Gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG (Stkl I) 4 % vom gemäß § 28 ErbStG abgerundeten steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von
44.314,00 €
1.772,56 €
Gemäß § 8 Abs. 4 ErbStG 2% vom gem. § 28 ErbStG abgerundeten steuerlich maßgeblichen Wert der Grundstücke (Wohnungswert) in Höhe von
31.467,00 €
629,34 €
Erbschaftssteuer (gerundet gem. § 204 BAO)
2.401,90 €

Im Übrigen war die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at