Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 22.09.2005, RV/0356-I/03

Zusammenrechnung des gesamten Vermögensanfalles

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/0356-I/03-RS1
Der Erwerb aus dem eigentlichen Erbanfall als Alleinerbin und die Zahlung aufgrund eines mit einer Vermächtnisnehmerin geschlossenen Pflichtteilsübereinkommen sind für die Bemessung der Erbschaftsteuer zusammenzurechnen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Erbschaftssteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Laut Abhandlungsprotokoll betreffend den verstorbenen X war die Berufungswerberin aufgrund des Gesetzes allein zum Nachlass erbberechtigt. In einem vom Erblasser errichteten Testament, hat dieser die Berufungswerberin (seine Tochter) als Alleinerbin eingesetzt und weiters seiner Cousine Y den ideellen Hälfteanteil an einer Liegenschaft vermacht. Weiters wurde laut Abhandlungsprotokoll zwischen der Berufungswerberin und Y ein "Pflichtteilsübereinkommen" folgenden Inhaltes geschlossen:

"Zur Abgeltung des Pflichtteilsanspruches der Berufungswerberin verpflichtet sich die Legatarin zur Zahlung eines einmaligen Pflichtteilsabfertigungsbetrages in Höhe von 115.000 €.

In diesem Abfertigungsbetrag ist bereits ein Teilbetrag von 5.000 € für Todfallskosten berücksichtigt, weshalb alle Forderungen gegen den Nachlass der Legatarin für getragene Todfallskosten, Versicherungskosten, Zahlungen an Sozialsprengel, Grabinschrift, sonstige Forderungen aus dem Titel Hauskrankenpflege, Autoversicherung, Begräbniskosten, somit alle erdenklichen Ansprüche der Legatarin abgegolten sind."

Mit Erbschaftssteuerbescheid vom wurde die Erbschaftsteuer vom Finanzamt Innsbruck mit 11.520,82 € festgesetzt und in der Bemessungsgrundlage der Betrag in Höhe von 1.582.434 ATS (115.000 €) berücksichtigt, den die Berufungswerberin von der Legatarin aufgrund des mit ihr geschlossenen "Pflichtteilsübereinkommen" erhalten hatte.

Die Steuer wurde laut angefochtenen Bescheid wie folgt berechnet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Grundstücke
513.000,00 ATS
Guthaben bei Banken
110.424,00 ATS
andere bewegliche Gegenstände
118.600,00 ATS
Pflichtteil
(115.000 € =) 1.582.434,00 ATS
Kosten der Regelung des Nachlasses
- 62.224,00 ATS
sonstige Verbindlichkeiten
- 93.536,00 ATS
Freibetrag gem § 14 Abs. 1 ErbStG
- 30.000,00 ATS
- 20.000,00 ATS
Freibetrag gem § 15 Abs. 1 Z 17ErbStG
- 110.424,00 ATS
Steuerpflichtiger Erwerb
2.008.274,00 ATS
davon 8 % gem § 8 Abs. 1 ErbStG (Steuerklasse 1)
- 160.661,60 ATS
somit verbleibt
1.847.608,40 ATS
höchster Wertbetrag der nächstniedrigeren Tarifstufe gem. § 8 Abs. 1 ErbStG
2.000.000,00 ATS
davon 7 % entsprechend dieser Tarifstufe
- 140.000,00 ATS
somit verbleibt
1.860.000,00 ATS
steuerpflichtiger Erwerb (abgerundet gemäß § 28 ErbStG)
2.008.270,00 ATS
höchster Wertbetrag der nächstniedrigeren Tarifstufe nach Abzug der nach dieser entfallenden Steuer
- 1.860.000,00 ATS
Steuer gemäß § 8 Abs. 2 ErbStG daher
148.270,00 ATS

Mit Schreiben vom erhob die Abgabepflichtige gegen diesen Bescheid Berufung und führte begründend aus, dass es sich bei der Zahlung der Legatarin in Höhe von 1.582.434 ATS um eine Vergleichszahlung zur Abdeckung ihrer Pflichtteilsansprüche gehandelt habe.

Die Legatarin habe kurz vor dem Tod des Erblasser unter zumindest bedenklichen Umständen von ihm ein Sparbuch mit einem Einlagenstand von ca. 8 Mio ATS "geschenkt" bekommen und sei dies von der Legatarin zunächst bestritten worden. Die Existenz des Sparbuches sowie dessen Übergabe an die Legatarin habe Mitte 2002 nachgewiesen werden können. Nachdem die Berufungswerberin Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck erstattet habe, habe sie schließlich Ende 2002 mit der Legatarin diesen Vergleich geschlossen.

Wie dem Vergleich entnommen werden könne, betrage der eigentliche Vergleichsbetrag 120.000 €, jedoch habe sie sich eine Gegenforderung der Legatarin für die von ihr vorschussweise bezahlten Todfallskosten in Höhe von 5.000 € aufrechnen lassen müssen, sodass letztlich nur 115.000 € zur Auszahlung gelangt seien. Daraus ergäbe sich, dass sie in Summe weitere 5.000 € an Todfallskosten (wenn auch an die Legatarin) habe bezahlen müssen, welche aber in der Berechnung des Finanzamtes nicht berücksichtigt worden seien.

Gem § 21 ErbStG (gemeint wohl § 18, Anmerkung des Unabhängigen Finanzsenates) sei für die Wertermittlung der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld maßgebend (). Gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 lit b (gemeint wohl § 12, Anmerkung des Unabhängigen Finanzsenates) entstehe die Steuerschuld für den Erwerb eines geltend gemachten Pflichtteilsrechtes im Zeitpunkt der Geltendmachung.

Der Pflichtteilsanspruch hätte erst Mitte 2002, geltend gemacht werden können, was im konkreten Fall insofern von Bedeutung sei, weil dann jedenfalls für die Berechnung der Erbschaftsteuer zumindest in Bezug auf den erhaltenen Pflichtteil die im Jahr 2002 geltende Bestimmung und nicht wie im angefochtenen Bescheid, die aus dem Jahre 2001 heranzuziehen sei. Würde man nämlich der Berechnung der Erbschaftssteuer die im Jahr 2002 geltende Fassung des ErbStG zugrunde legen, ergäbe sich eine deutliche Differenz zwischen der im angefochtenen Bescheid errechneten und der nach dieser Fassung tatsächlichen Erbschaftsteuer.

Konsequenterweise müsste daher die Pflichtteilsergänzungszahlung der Legatarin an sie in Höhe von 115.000 € getrennt auf Basis des ErbStG 2002 behandelt werden und die Steuer wie folgt berechnet werden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Grundstücke
513.000,00 ATS
Guthaben bei Banken
110.424,00 ATS
andere bewegliche Gegenstände
118.600,00 ATS
Kosten der Regelung des Nachlasses
- 62.224,00 ATS
sonstige Verbindlichkeiten
- 93.536,00 ATS
Freibetrag gem § 14 Abs. 1 ErbStG
- 30.000,00 ATS
- 20.000,00 ATS
Freibetrag gem § 15 Abs. 1 Z 17ErbStG
- 110.424,00 ATS
Steuerpflichtiger Erwerb 1
425.840,00 ATS
davon 3,5 % gem § 8 Abs. 1 ErbStG (Steuerklasse 1)
- 14.904,40 ATS
somit verbleibt
410.935,60 ATS
höchster Wertbetrag der nächstniedrigeren Tarifstufe gem. § 8 Abs. 1 ErbStG
400.000,00 ATS
davon 7 % entsprechend dieser Tarifstufe
- 12.000,00 ATS
somit verbleibt
388.000,00 ATS
steuerpflichtiger Erwerb (abgerundet gemäß § 28 ErbStG)
425.840,00 ATS
höchster Wertbetrag der nächstniedrigeren Tarifstufe nach Abzug der nach dieser entfallenden Steuer
- 388.000,00 ATS
Steuer gemäß § 8 Abs. 2 ErbStG daher
14.904,40 ATS
Pflichtteilsergänzung
110.000,00 €
davon 7 % gem § 8 Abs. 1 ErbStG
- 7.700,00 €
somit verbleibt
102.300,00 €
höchster Wertbetrag der nächstniedrigeren Tarifstufe
109.500,00 €
davon 6 % entsprechend dieser Tarifstufe
- 6.570,00 €
somit verbleibt
102.930,00 €
steuerpflichtiger Erwerb
110.000,00 €
höchster Wertbetrag der nächstniedrigeren Tarifstufe nach Abzug der nach dieser entfallenden Steuer
- 102.930,00 €
Steuer gemäß § 8 Abs. 2 ErbStG daher
7.070,40 €
Erbschaftsteuer gesamt Summe aus 1 und 2
8.153,14 € 12.189,65 ATS

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung (Ausfertigungsdatum ), stellte die Berufungswerberin mit Schreiben vom fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG unterliegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz (ua) der Erwerb von Todes wegen.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches. Nach Abs. 2 Z 4 dieser Bestimmung gilt als vom Erblasser zugewendet auch, was als Abfindung für einen Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch oder für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses von dritter Seite gewährt wird.

Nach § 2 Abs. 2 Z 4 ErbStG tritt die Abfindung an die Stelle der erbrechtlichen Ansprüche und wird deshalb steuerlich wie ein Erwerb behandelt, der aus dem Nachlass des Erblassers stammt. Mit § 2 Abs. 2 ErbStG werden grundsätzlich verschiedene Ersatztatbestände normiert, bei denen eine Zuwendung des Erblassers (vom Erblasser) fingiert wird, ohne dass das zugewendete Vermögen zum Nachlass gehört hat. Was dem Erben, Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigten von dritter Seite (auch vom Erben) als Abfindung für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses oder für einen Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch gewährt wird, ist zwar kein Erwerb von Todes wegen, gilt aber im Erbschaftsteuerrecht als solcher. Die genannte Bestimmung kommt auch bei einem Vergleich in einem Erbschaftsstreit in Betracht, dh bei einem Vergleich betreffend Streitigkeiten über erbrechtliche Positionen, insbesondere iZm Erbrechts- und Erbschaftsklagen (). Wird zwischen den beteiligten Personen ein (außergerichtlicher) Vergleich über die zwischen ihnen strittigen Rechte an der Verlassenschaft abgeschlossen, so ist unter sinngemäßer Anwendung des § 2 Abs. 2 Z 4 ErbStG ein Erwerb des Empfängers der Zuwendungen anzunehmen ().

Gemäß § 20 Abs. 1 erster Satz ErbStG gilt als Erwerb, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gesamte Vermögensanfall an den Erwerber.

Demnach sind alle Erwerbe zusammenzurechnen. Im streitgegenständlichen Fall sind daher sowohl der Erbanfall als auch der Pflichtteilsabfindungsanspruch, welcher von der Legatarin bezahlt wurde, in die Berechnung der Erbschaftssteuer einzubeziehen und zusammenzurechnen und ist nicht, wie von der Berufungswerberin beantragt, für die Erwerbe jeweils gesondert die Steuer zu berechnen.

Soweit in der Berufung vorgebracht wird, dass die Steuerschuld für den Erwerb eines geltend gemachten Pflichtteilsrechtes im Zeitpunkt der Geltendmachung entstehe und der Pflichtteilsanspruch erst Mitte 2002 geltend gemacht werden habe können, wird darauf hingewiesen, dass der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld lediglich für die Wertermittlung im Sinne von Bewertung des erworbenen Vermögens maßgebend ist.

Zu der in der Berufung angesprochenen Frage, ob der Betrag in Höhe von 5.000 € als sonstige Verbindlichkeit bei der Berechnung der Steuer in Abzug gebracht wurde, wird auf das Pflichtteilsübereinkommen verwiesen. Darin wurde vereinbart, dass sich die Legatarin zur Zahlung eines einmaligen Pflichtteilsabfertigungsbetrages in Höhe von 115.000 € verpflichtet hat und in diesem Abfertigungsbetrag bereits ein Teilbetrag von 5.000 € für Todfallskosten berücksichtigt ist, wodurch alle erdenklichen Ansprüche der Legatarin gegen den Nachlass abgegolten sind.

Der eigentliche Vergleichsbetrag beläuft sich daher - wie im Übrigen auch in der Berufung ausgeführt wurde - auf 120.000 € und wurde dieser für die von der Legatarin vorschussweise bezahlten Todfallkosten auf 115.000 € reduziert. Durch den Ansatz von lediglich 115.000 € für den Pflichtteil im angefochtenen Bescheid anstatt von 120.000 € wurde daher die "Verbindlichkeit" in Höhe von 5.000 € bereits berücksichtigt.

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Pflichtteilsübereinkommen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at