Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 11.09.2007, RV/0706-G/07

Erlassung eines Zurücknahmebescheides durch das Finanzamt nach Nichtbefolgung eines Ergänzungsauftrages

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Anton Cuber, Rechtsanwalt, 8010 Graz, Glacisstraße 53, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Zurücknahmeerklärung einer Berufung (§§ 85, 275 BAO) entschieden:

Der Berufung gegen den Bescheid vom betreffend Zurücknahmeerklärung der Berufung gegen den Haftungsbescheid vom wird Folge gegeben.

Der Bescheid vom sowie die Berufungsvorentscheidung vom werden aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Gegen den vom Finanzamt Graz-Stadt erlassenen Haftungsbescheid vom , mit dem die Berufungswerberin (= Bw.) als Haftungspflichtige für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Z.GmbH. im Gesamtausmaß 1,351.813,02 S (98.240,08 €) in Anspruch genommen wurde, brachte die Bw. durch ihren Vertreter fristgerecht (Eingabe vom ) das Rechtsmittel der Berufung ein.

Am forderte das Finanzamt Graz-Stadt die Bw. unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Berufung auf, dem Finanzamt binnen eines Monats die Gleichbehandlung aller Gläubiger und die Entrichtung der Verbindlichkeiten in der Zeit vom bis nachzuweisen sowie das genaue Datum der Zurücklegung der Geschäftsführerfunktion bekanntzugeben.

Nach mehreren von der Bw. eingebrachten Fristverlängerungsanträgen erklärte das Finanzamt mit dem Bescheid vom die Berufung vom gemäß § 275 BAO mit der Begründung als zurückgenommen, dem Auftrag, die Mängel der Berufung bis zu beheben, sei nicht entsprochen worden.

In der Eingabe vom erhob die Bw. durch ihren Vertreter gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Berufung. Die Berufung gegen den Haftungsbescheid vom (gemeint offensichtlich ) enthalte alle vom Gesetz geforderten Bestandteile, weshalb eine Zurückweisung gemäß § 275 BAO nicht in Frage komme. Es werde die ersatzlose Aufhebung des Zurückweisungsbescheides beantragt.

Mit der Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab, woraufhin die Bw. beantragte, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 250 Abs. 1 BAO muss die Berufung enthalten:

a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;

b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;

c) die Erklärung, welche Änderungen benatragt werden;

d) eine Begründung.

Entspricht eine Berufung nicht den im § 250 Abs. 1 umschriebenen Erfordernissen, so hat die Abgabenbehörde dem Bw. die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufgetragen, dass die Berufung nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt (§ 275 BAO).

Im vorliegenden Fall ist aktenkundig, dass gegen den Haftungsbescheid vom fristgerecht am eine Berufung eingebracht wurde, die den im § 250 Abs. 1 BAO umschriebenen Erfordernissen vollinhaltlich entspricht. Davon geht offenkundig auch das Finanzamt aus, weil der Bw. ein Mängelbehebungsauftrag im Sinne des § 275 BAO nicht erteilt wurde.

Zur Beibringung von Beweismitteln dürfen Mängelbehebungsaufträge nicht erteilt werden (). Folgerichtig hat das Finanzamt im vorliegenden Fall am gegenüber der Bw. einen Ergänzungsauftrag im Sinne des § 161 Abs. 1 BAO erlassen, um den mit dem Vorbringen in der Berufung vom betreffend die Haftungsinanspruchnahme der Bw. in Zusammenhang stehenden Sachverhalt zu erheben.

Nach der Aktenlage wurde diesem Ergänzungsvorhalt seitens der Bw. weder innerhalb der im Ergänzungsauftrag gesetzten Monatsfrist noch innerhalb der vom Finanzamt stillschweigend bis verlängerten Frist (Fristverlängerungsanträge vom , , , und ) entsprochen.

Kommt eine Partei der Aufforderung des Finanzamtes, unvollständige Angaben zu ergänzen bzw. diesbezügliche Beweismittel vorzulegen nicht nach, so hat die Abgabenbehörde - gegebenenfalls nach Durchführung weiterer Ermittlungen - in freier Beweiswürdigung zu entscheiden, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 167 Abs. 2 BAO). Die Erlassung eines Bescheides, mit dem die Berufung als zurückgenommen erklärt wird, ist hingegen im Fall der Nichtmitwirkung eines Abgabepflichtigen im Abgabenverfahren als Sanktion nicht vorgesehen.

Ein Zurücknahmebescheid ist gesetzwidrig, wenn die Berufung keinen Mangel im Sinne des § 250 BAO aufweist ().

Da die Berufung gegen den Haftungsbescheid keinen Mangel im Sinne des § 250 Abs. 1 BAO aufweist und kein Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes ergangen ist, war die Erlassung des angefochtenen Bescheides, mit dem die Berufung gegen den Haftungsbescheid als zurückgenommen erklärt wurde, rechtswidrig.

Der Bescheid vom war daher ersatzlos aufzuheben.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 275 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Berufung
Zurücknahmeerklärung
Ergänzungsauftrag
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at