Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSK vom 08.08.2008, RV/0174-K/06

Betriebsnotwendige Einlage iSd § 11a EStG 1988?

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/0174-K/06-RS1
Kann die Betriebsnotwendigkeit einer Einlage in dem Sinn, dass ein entsprechender Kapitalbedarf für eine betriebliche Investition bzw. einen betrieblichen Aufwand bestanden hat, für die sonst Fremdkapital erforderlich gewesen wäre, oder dass durch die jeweilige Einlage Fremdkapital nachhaltig reduziert werden konnte, nicht bejaht werden, kann die Einlage bei der Berechnung des gemäß § 11a EStG 1988 begünstigt zu besteuernden Betrages nicht einbezogen werden. Ebenso bleiben bloß buchungstechnische Einlagen unberücksichtigt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des A.B., 9... X., X.-Str.9, vertreten durch Dipl. Vw. Klaus Ortner, Steuerberater, 9500 Villach, Piccostraße 32,vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Spittal Villach, vertreten durch HR Dr. Arno Kohlweg, vom betreffend Einkommensteuer 2004 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) bezieht Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Im vorerst erlassenen Einkommensteuerbescheid für 2004 gewährte das Finanzamt die begünstigte Besteuerung gemäß § 11a Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 für € 13.631,55.

Nach Aufhebung dieses Bescheides gemäß § 299 BAO erging ein "neuer" und nunmehr angefochtener Einkommensteuerbescheid für 2004 vom ; in diesem berücksichtigte das Finanzamt die Begünstigung gemäß § 11a EStG 1988 nicht. Die Einlagen seien nicht betriebsnotwendig. Der Bw. habe die Einlagen durch laufende Entnahmen mehr als kompensiert. Betriebliche Investitionen, die einen möglichen Fremdkapitalbedarf provozieren hätten können, habe der Bw. nicht getätigt. Nach Ansicht des Finanzamtes ergäbe der Gewinn 2004 von € 250.065,00 abzüglich Entnahmen von € 271.284,00 einen Eigenkapitalabfall von € 21.219,00.

Beantragt war die begünstigte Besteuerung gemäß § 11a EStG 1988 für:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
in €
 
Steuerliches Ergebnis
250.064,84
abzgl. Entnahmen
- 271.284,30
zzgl. Einlagen
32.632,24
Eigenkapitalanstieg
11.412,78
abzgl. Eigenkapitalabfall aus 2003
-
maximal begünstigungsfähig
11.412,78
begünstigt besteuert
11.412,78

Die Einlagen setzten sich laut Bw. aus folgenden Teilbeträgen zusammen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
In €
Gutschrift betreffend ESt-Veranlagung 2002
9.547,48
 Gutschrift Anspruchszinsen 2002
150,56
Einkommensteuerausgleichsviertel 01-03/04
3.974,00
Gutschrift betreffend ESt-Veranlagung 2003
7.564,99
Gutschrift Anspruchszinsen 2003
53,18
21.290,21
IFB
2.218,77
2.218,77
Bildungsfreibetrag
168,20
168,20
VuV in Y., 2 Eigentumswohnungen in Summe
5.932,48
5.932,48
Div. andere Gutschriften (GKK, Kelag, ...)
3.022,58
3.022,58
 Summe
32.632,24
32.632,24

In der gegen den Einkommensteuerbescheid 2004 erhobenen Berufung führte der Bw. aus, dass im vorliegenden Fall schon aufgrund des zeitlichen Anfalles im Zeitraum bis die Einlagen keinesfalls zur Sicherung der begünstigten Besteuerung getätigt worden seien. Alle angeführten Beträge würden schon seit Jahren über das betriebliche Girokonto abgerechnet. Die Einlagen würden daher nicht lediglich zum Zweck des Ausgleichs von zu hohen Entnahmen getätigt.

Dem Bw. sei nicht anzulasten, dass der Gesetzgeber den Begriff der "betriebsnotwendigen Einlagen" im Sinn des § 11a EStG 1988 nicht entsprechend klar formuliert habe. Die EStR hätten wohl eine Klarstellung in einigen Bereichen gebracht, nicht jedoch werde in genügender Weise auf den Normzweck des Gesetzes Bezug genommen. Mit dem Begriff "betriebsnotwendige Einlage" habe der Gesetzgeber zu vermeiden versucht, dass vorangegangene Entnahmen kurz vor dem Bilanzstichtag durch Einlagen ausgeglichen werden können. Hilfestellung bei der Begriffsbestimmung gebe der Zweck des § 11a EStG 1988, und zwar der Förderung der Eigenkapitalbildung, sowie die Rechtsprechung des VwGH zur vergleichbaren Problematik bei § 11 EStG 1972. Zu letzterem habe der VwGH geurteilt, dass bei der Berechnung der Mehrentnahmen Einlagen und Entnahmen grundsätzlich gegeneinander aufzurechnen seien, und zwar auch dann, wenn die Entnahmen noch im selben Wirtschaftsjahr durch Einlagen rückgängig gemacht werden; es sei denn, dass die Einlage nur für kurze Zeit (um den Bilanzstichtag) dem betrieblichen Bereich verbleibe, also eine eindeutige Umgehung vorliege. Verwiesen werde auf die vielen Entscheidungen, sowie auf Doralt, § 11a EStG 1988, Seite 14.

Der "betriebsnotwendigen Einlage" könne kein über den Zweck, offensichtliche Umgehungshandlungen vermeiden zu wollen, hinausgehender Inhalt beigemessen werden. Hier handle es sich nicht um getätigte - bewusst gesteuerte - Einlagen, sondern um Einlagen, welche die laufende Geschäftsführung und Kontoführung einfach mit sich bringen. Aus der Aufstellung der Entnahmen und Einlagen für 2004 sei eindeutig ersichtlich, dass es sich nicht um Einlagen handle, die lediglich zum Zweck des Ausgleichs von zu hohen Entnahmen und auch nicht kurz vor dem Bilanzstichtag getätigt worden seien. Der Bw. habe weder Entnahmen noch Einlagen bewusst auf die begünstigte Besteuerung von Einkunftsanteilen gesteuert. Die Beurteilung des Finanzamtes entspreche keinesfalls der Intention des Gesetzgebers.

Im weiteren Berufungsverfahren wurde der Bw. im Vorhalt vom 13. Feber 2008 gebeten, sämtliche Unterlagen vorzulegen, aus denen hervorgehe, wo die jeweiligen Einlagen eingegangen seien, wofür die einzelnen (!) Einlagen in der Folge verwendet worden seien, des Weiteren, welche Einlagen mit welchen Entnahmen im direkten Zusammenhang stehen so z.B. Wahlarztkosten und ihr Ersatz, oder Entnahmen und Einlagen betreffend die Eigentumswohnung, usw. Der Bw. sollte den Stand auf Verbindlichkeiten und der Guthabensstände zu den jeweiligen Einlagestichtagen bekannt geben und nachweisen, dass für die einzelnen Einlagen eine "Betriebsnotwendigkeit" in dem Sinn zu bejahen wäre, dass ein entsprechender Kapitalbedarf für eine betriebliche Investition bzw. einem betrieblichen Aufwand bestanden habe, für die sonst Fremdkapital erforderlich gewesen wäre, oder dass durch die jeweilige Einlage Fremdkapital nachhaltig habe reduziert werden können.

In der Vorhaltsbeantwortung vom teilte der Bw. diesbezüglich mit, dass sämtliche Einlagen - soweit nicht Einkommensteuer sowie damit zusammenhängende Zinsen - auf dem laufenden Girokonto eingegangen seien. Die Gutschriften aus der Einkommensteuer 2002 seien zum nächstfolgenden Fälligkeitstermin für die Begleichung betrieblicher Automatik verrechnet worden. Die Gutschrift aus der Einkommensteuer 2003 vom habe das Finanzamt am auf das Girokonto des Bw. rücküberwiesen. Die € 2.218,77 seien die Auflösung eines Investitionsfreibetrages aus 2002. Am 8. März sei die Gutschrift des ersten Einkommensteuerausgleichsviertels 2004 auf Basis des Einkommensteuerbescheides 2002 erfolgt. Von sämtlichen anderen Beträgen liege das Detail auf. Der Betrieb des Bw. arbeite mit einem einzigen Girokonto, das während des gesamten Jahres keine negativen Stände aufweise. Der Stand zum habe € 113.499,55 (positiv) und zum € 131.558,31 (positiv) betragen. Über dieses Konto seien im Jahr 2004 Sollumsätze iHv mehr als € 4 Mio. und Habenumsätze iHv beinahe € 4 Mio. abgewickelt worden. Die getätigten Entnahmen inklusive der Einkommensteuervorauszahlungen 2004 iHv € 175.665,00 hätten daher lediglich rund 7% der Jahresumsätze dieses Kontos betragen.

Die übrigen Einlagen laut Detail seien nicht getätigte Zuflüsse gewesen, welche schon seit Jahren über das betriebliche Girokonto abgewickelt werden und auf deren Zufluss der Bw. keinen direkten Einfluss ausübe. Die Einlagen seien während des gesamten Jahres Zug um Zug zur Finanzierung von Entnahmen und Betriebsausgaben herangezogen worden. Bei einem Girokonto mit jährlichen Soll- und Habenumsätzen von jeweils rund € 4 Mio. müsse einsichtig sein, dass "nicht gesteuerte" Einlagen sowohl mit Entnahmen als auch mit Betriebsausgaben im Zusammenhang stehen. Bei der angeführten Soll/Haben-Dimension sei eine direkte Zuordnung unmöglich. Es könne kein Nachweis erbracht werden, dass für die einzelnen Einlagen eine Betriebsnotwendigkeit in dem Sinn zu bejahen wäre, dass ein entsprechender Kapitalbedarf für rein betriebliche Investitionen und rein betrieblichen Aufwand bestanden habe.

Abschließend werde nochmals darauf hingewiesen, dass weder Einlagen kurz vor dem Bilanzstichtag, noch Einlagen zum Ausgleich von Entnahmen getätigt worden seien. Wenn Einkommensteuervorauszahlungen sowie Einkommensteuernachzahlungen als Entnahmen im Sinn des § 11a EStG 1988 gelten, sei es wohl denkfolgerichtig, entsprechende Einkommensteuergutschriften aus Vorjahren bzw. Gutschriften aus Ausgleichsvierteln mit Entnahmen saldieren zu können, die das Unternehmen gar nicht habe tätigen können.

In seiner Stellungnahme vom hielt das Finanzamt an seiner Ansicht fest. Die unter den betriebsnotwendigen Einlagen erfassten Einkommensteuergutschriften iHv insgesamt € 21.085,48 würden bei Weiten das vom Bw. beanspruchte Gewinnpotential überschreiten. Laut Protokoll zum Salzburger Steuerdialog 2007 könne lediglich die Verrechnung am Abgabenkonto selbst gegen bereits fällige Betriebssteuern bzw. Einkommensteuern eine betriebsnotwendige Einlage eine Einkommensteuergutschrift produzieren bzw. ein zeitnaher Zusammenhang zwischen Entnahme und Einlage im Einkommensteuerbereich eine neutralisierende Wirkung im Sinn des § 11a EStG 1988 haben. Aus der gegenständliche Stellungnahme sei ein diesbezüglicher Denkansatz nicht ableitbar ("zukünftige Betriebssteuern", "Rücküberweisung Girokonto").

Dem erwiderte der Bw. in der Gegenäußerung vom , dass auch noch so schöne Richtlinien nicht eine im Grundsatz verpfuschte Gesetzesstelle reparieren könnten. Es sei bedenklich, dass zu den "betriebsnotwendigen Einlagen" einige VwGH-Beschwerden anhängig seien und sich der UFS nicht zur Förderung der Eigenkapitalbildung bekenne. Die Nichterfassung von Einkommensteuergutschriften aus Vorperioden habe erstens die Bemessungsgrundlage des § 11a EStG 1988 im Jahr der Antragsstellung durch die überhöhten VZ gemindert und mindere nun im Zeitpunkt der Gutschrift dieser überhöhten VZ aus Vorperioden wegen Nichtanerkennung dieser Einkommensteuergutschriften als "betriebsnotwendige Einlagen" nochmals die Bemessungsgrundlage des jeweiligen laufenden Jahres. Somit liege eine doppelte Benachteiligung vor. Durch diesen falschen Denkansatz der Behörde werde es in den Folgejahren zu massiven Herabsetzungsanträgen der jeweiligen Einkommensteuervorauszahlungen kommen, um nicht die Bemessungsgrundlage für § 11a EStG 1988 zu schmälern. Wenn es die Möglichkeit einer Aktivierung von Einkommensteuerforderungen an den Fiskus und somit auch Anerkennung dieser Aktivierung als verminderte Entnahme gebe, könnte das Problem geregelt werden.

Auf den vom Finanzamt vorgelegten Auszügen des Finanzamtskontos ließ sich das Vorbringen des Bw. verifizieren, dass die Gutschrift aus der Einkommensteuer 2002 samt damit verbundenen Anspruchszinsen vom (€ 9.547,48 und € 150,56,00, zusammen € 9.698,04) sowie das Einkommensteuerausgleichsviertel für 01-03/04 iHv € 3.974,00 in weiterer Folge für betriebliche Steuern (Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag, fällig im April 2004) verwendet wurden; des Weiteren war die Rücküberweisung der Gutschrift aus der Einkommensteuer samt Anspruchszinsen für 2003 vom (€ 7.564,99 und € 53,18, zusammen € 7.618,17) per zu ersehen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Natürliche Personen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft oder aus Gewerbebetrieb durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, können gemäß § 11a Abs. 1 EStG 1988 den Gewinn, ausgenommen Übergangsgewinne (§ 4 Abs. 10) und Veräußerungsgewinne (§ 24), bis zu dem in einem Wirtschaftsjahr eingetretenen Anstieg des Eigenkapitals, höchstens jedoch € 100.000 00, mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 Abs. 1 versteuern (begünstigte Besteuerung).

Der Höchstbetrag von € 100.000,00 steht jedem Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum nur einmal zu. Der Anstieg des Eigenkapitals ergibt sich aus jenem Betrag, um den der Gewinn, ausgenommen Übergangsgewinne und Veräußerungsgewinne, die Entnahmen (§ 4 Abs. 1) übersteigt.

Einlagen (§ 4 Abs. 1) sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie betriebsnotwendig sind.

Streit besteht im gegenständlichen Fall, ob Einlagen iHv € 32.632,24 "betriebsnotwendig" sind und in die Berechnung des nicht entnommenen Gewinns einzubeziehen sind.

Dem Wortlaut nach dürfen für die Berechnung der Begünstigung des § 11a EStG 1988 nicht alle Einlagen berücksichtigt werden, sondern nur "betriebsnotwendige". Die "Betriebsnotwendigkeit" definiert das Gesetz nicht, wohl aber verweist § 11a Abs. 1 EStG 1988 bezüglich des Einlagenbegriffes auf § 4 Abs. 1 EStG 1988. Die Bezugnahme auf § 4 Abs. 1 EStG 1988 bedeutet, dass buchungstechnische Einlagen (zB IFB auf ein Kapitalkonto) unberücksichtigt bleiben. Einlagen sind in § 4 Abs. 1 EStG 1988 definiert als alle Zuführungen von Wirtschaftsgütern aus dem außerbetrieblichen Bereich (vgl. Doralt, Tz. 25 zu § 11a EStG 1988).

Wie den hier auszugsweise festgehaltenen Materialien zu § 11a EStG 1988, ErlRV der Beilagen XXII. GP, zu entnehmen ist, erreicht die steuerliche Begünstigung des Kapitalaufbaus nur dann ihren Zweck, wenn es sich um einen längerfristigen Aufbau handelt, der die Beobachtung über mehrere Geschäftsjahre erfordert. Komponenten dieses eigenständigen Eigenkapitalbegriffes bzw. -aufbaues sind Gewinne, Einlagen und Entnahmen, jeweils im einkommensteuerlichen Sinn. Damit ist klargestellt: Der Umfang der Zu- und Abgänge richtet sich nach den steuerlich maßgebenden Bewertungsvorschriften. Die zeitliche Wirksamkeit der Zu- und Abgänge orientiert sich an den tatsächlichen Kapitalveränderungen und nicht nach den Sollgrundsätzen des Bilanzsteuerrechts.

Die Einlage wird insbesondere dann betriebsnotwendig sein, wenn sie Fremdkapitalersatz darstellt, wie zB im Falle des Ankaufs einer neuen Herbstkollektion im Frühjahr mit einer Einlage anstelle eines Betriebsmittelkredits. Diese Einlage ist betriebswirtschaftlich veranlasst, auch wenn nach Eingang der Verkaufserlöse im Herbst die getätigte Einlage wieder zum Teil oder zur Gänze entnommen wird. Wird die Einlage lediglich zu Zwecken des Ausgleichs von zu hohen Entnahmen getätigt, ist sie nicht betriebsnotwendig. Dies wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn Einlagen kurz vor dem Bilanzstichtag getätigt werden, um frühere Entnahmen auszugleichen (um sich damit die begünstigte Besteuerung zu sichern). Hingegen wird die Vermutung für die Betriebsnotwendigkeit einer Einlage sprechen, wenn nach einer erfolgten Einlage sechs Monate hindurch keine oder nur unwesentliche Entnahmen getätigt werden.

Die Bezugnahme auf § 4 Abs. 1 EStG bedeutet analog zu den Ausführungen im Vorabsatz, dass buchungstechnische Einlagen und Entnahmen (betreffend steuerfreie Erträge und nichtabzugsfähige Aufwendungen), ebenso wie im Geltungsbereich des seinerzeitigen § 11 EStG 1972 betreffend die Rücklage für den nicht entnommenen Gewinn, unberücksichtigt bleiben.

Diesen Ausführungen folgend sind die verrechnungstechnischen Beträge - der IFB (€ 2.218,77) sowie der Bildungsfreibetrag (€ 168,20) - keine betriebsnotwendigen Einlagen.

Wenn der Bw. nur im Falle einer Umgehungshandlung zur Sicherung der begünstigten Besteuerung - also im offensichtlichen Missbrauchsfall - die Betriebsnotwendigkeit verneinen möchte (vgl. auch die Ansicht bei Wolf/Hübl, SWK 9/2004, S 338), so spricht die Formulierung "betriebsnotwendig" wohl für eine weitere Fassung. Andernfalls hätte der Gesetzgeber eine entsprechend restriktive Formulierung gewählt. Wolf/Hübl sehen den Begriff der betriebsnotwendigen Einlage eng verzahnt mit jenem des "betriebsnotwendigen Betriebsvermögens". Betriebsnotwendiges Betriebsvermögen liegt vor, wenn die Wirtschaftsgüter ihrem Wesen nach dem Betrieb zu dienen bestimmt sind und tatsächlich betrieblich verwendet werden.

Es kommt also dem "Betrieb dienen" entscheidungswesentliche Bedeutung zu (vgl. RV/ 0124-S/07 sowie RV/202-F/06). Zumal der Bw. selbst angab, auf seinem Girokonto sowohl betriebliche, als auch private Vorgänge erfasst zu haben, ist daher die Frage bedeutsam, wofür er das "eingelegte Geld" in weiterer Folge verwendete. Diente es nur der Finanzierung bzw. dem Ausgleich von Entnahmen, so hat dieses Geld in keiner Weise dem Betrieb gedient.

Unzweifelhaft konnte der Bw. auf den Zeitpunkt der Einkommensteuergutschriften samt Anspruchszinsen keinen Einfluss nehmen, der Zufluss aufs Girokonto war somit von ihm nicht "gesteuert". In weiterer Folge hat der Bw. die Steuergutschrift aus der Einkommensteuer 2002 samt den damit verbundenen Anspruchszinsen vom (€ 9.547,48 und € 150,56, zusammen € 9.698,04), wie auch das Einkommensteuerausgleichsviertel für 01-03/04 iHv € 3.974,00 für die Begleichung betrieblicher Steuern verwendet. Diese Teilbeträge von insgesamt € 13.672,04 können somit als betriebsnotwendige Einlage qualifiziert werden, haben sie doch jedenfalls das Eigenkapital gestärkt.

Die Gutschrift aus der Einkommensteuer 2003 samt Anspruchszinsen für 2003 vom (€ 7.564,99 und € 53,18, zusammen € 7.618,17) hat dem Betrieb des Bw. im Jahr 2004 noch nicht dienen können, da dieses Geld erst am auf sein Konto überwiesen wurde. Die bloße Gutschrift am Finanzamtskonto reicht noch nicht für die "Betriebsnotwendigkeit" aus. Wenn das vom Gesetz zusätzlich genannte Erfordernis der Betriebsnotwendigkeit zu bejahen ist, kommt es sehr wohl zu einer entsprechenden Berücksichtigung der Einlage aus einer Einkommensteuer(vorauszahlungs)gutschrift bei der Berechnung des § 11a EStG 1988. Der Vorwurf der doppelten Benachteiligung im Falle eines Nichterfassens von Einkommensteuergutschriften aus Vorperioden ist daher in diesem Fall unberechtigt.

Was die "Einlagen aus der Vermietung und Verpachtung" iHv 5.947,48 sowie "diversen anderen Gutschriften" im Gesamtbetrag von € 3.022,58 anlangt, so kann mangels konkreter nachvollziehbarer Angaben des Bw. nicht gesagt werden, dass es sich diesbezüglich um betriebsnotwendige Einlagen handelte. Vielmehr sprechen die Ausführungen des Bw., dass ein Kapitalbedarf für betriebliche Aufwendungen oder Investitionen nicht bestanden habe, das Girokonto während des gesamten Jahres positiv gewesen sei und keine Fremdfinanzierung nachhaltig zu senken war, gegen die Betriebsnotwendigkeit. Die Dimension der Soll- bzw. Habenumsätze entbindet den Bw. noch nicht davon, die Verwendung der Gelder zur Überprüfung der Betriebsnotwendigkeit entsprechend darzutun. Wenn der Bw. am Konto sowohl Betriebsausgaben als auch Entnahmen tätigt, wäre es an ihm gelegen, angesichts der unterschiedlichen Konsequenzen die Verwendung der "Einlage" für den Betrieb entsprechend nachzuweisen.

Die Entnahmen und Einlagen im Jahr 2004 stehen in folgendem Verhältnis:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Entnahme in €
Einlage in €
Entnahmen abzgl. Einlagen in Summe in €
28.01.
58.451,17
29,17
58.422,00
20.02.
4.401,34
618,07
62.205,27
08.03.
2.942,44
13.672,04
51.475,67
16.03.
43,92
302,04
51.217,55
07.04.
5.814,72
55,04
56.977,23
20.04.
44.310,72
843,22
100.444,73
09.06.
12.563,11
18,69
112.989,15
15.06.
81,35
799,23
112.271,27
01.07.
7.665,91
327,08
119.610,10
21.07.
46.143,25
528,48
165.224,87
12.08.
4.331,53
835,87
168.720,53
08.09.
2.533,63
24,46
171.229,70
16.09.
37,90
375,86
170.891,74
15.10.
5.806,92
434,04
176.264,62
02.11.
45.151,50
751,68
220.664,44
17.11.
11.871,79
644,17
231.892,06
30.11.
1.014,76
1.394,71
231.512,11
06.12.
2.394,93
7.618,17
226.288,87
07.12.
468,41
750,00
226.007,28
15.12.
990,97
15,65
226.982,60
30.12.
1.463,62
30,50
228.415,72
31.12.
12.800,41
2.564,07
238.652,06
 
271.284,30
32.632,24

Angesichts fehlender Nachweise für die Verwendung der "diversen anderen Gutschriften" sowie der Gutschriften aus der Vermietung lässt diese Ergebnissituation den Unabhängigen Finanzsenat nicht zur Auffassung gelangen, dass die Einlagen nicht dem Ausgleich von Entnahmen gedient hätten, mögen die Einlagen auch nicht gesteuert gewesen sein. Bei dem vom Gesetzgeber gewollten "längerfristigen" Eigenkapitalaufbau ist die hier vorliegende Entnahmenentwicklung diesem Zweck wohl eher abträglich.

Zum bloß pauschal gehaltenen Hinweis auf die VwGH-Judkatur zum § 11 EStG 1972 ist anzumerken, dass der Wortlaut des § 11 EStG 1972 von jenem des § 11a EStG 1988 abweicht und sich in ersterem keine "betriebsnotwendige Einlage" findet.

Im gegenständlichen Fall konnte lediglich den Teilbeträgen von insgesamt € 13.672,04 aus der Einkommensteuergutschrift für 2002 samt Anspruchszinsen sowie dem Einkommensteuerausgleichsviertel für 01-03/04 der Charakter einer betriebsnotwendigen Einlage zugesprochen werden. Bringt man vom steuerlichen Ergebnis iHv € 250.064,84 die Entnahmen von € 271.284,30 in Abzug und rechnet die betriebsnotwendigen Einlagen von € 13.672,04 hinzu, verbleibt ein Eigenkapitalabfall von € 7.547,42. Die begünstigte Besteuerung eines nicht entnommenen Gewinnes kann daher nicht zum Tragen kommen. Die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2004 war folglich als unbegründet abzuweisen.

Klagenfurt, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Betriebsnotwendig
Einlage
Gewinn
begünstigt besteuert
Kapitalbedarf
betriebliche Investition
betrieblicher Aufwand
Fremdkapital
buchungstechnische Einlage
Zitiert/besprochen in
taxlex-SRa 2008/103
UFSaktuell 2009, 42

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at