Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 07.09.2007, RV/0377-G/05

Eingehen eines Scheindienstverhältnisses zum Zweck der Erlangung (Verlängerung) eines Befreiungsscheines nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des M, vertreten durch Mag. Aleksandar Hofstätter, Steuerberater, 1040 Wien, Johann Strauß Gasse 4/2/5, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Einkommensteuer 2003 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen. Dieses bildet einen Bestandteil des Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) erklärte für das Jahr 2003 Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Daneben wurde dem Finanzamt ein Lohnzettel von der H GmbH übermittelt, in dem für den Bw. für das Streitjahr ein Bruttolohn von 11.429,15 Euro ausgewiesen ist. Die Veranlagung erfolgte erklärungsgemäß.

In der gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 erhobenen Berufung wurde ausgeführt, der Bw. habe für die H GmbH nie irgendwelche Leistungen erbracht und dementsprechend auch keinen Lohn erhalten.

In dem gegen die abweisende Berufungsvorentscheidung eingebrachten Vorlageantrag wurde begehrt, dass ein Einkommensteuerbescheid erlassen werde, der von dem fälschlich ausgestellten Lohnzettel abweiche. Entscheidend sei nicht, ob ein vermeintlicher Arbeitgeber einen Lohnzettel ausstelle, sondern ob es jemals ein Dienstverhältnis gegeben habe, aus dem Einkünfte erzielt worden seien. Als Beweis dafür, dass der Bw. keine Einkünfte erzielt habe, wurde auf sein privates Bankkonto verwiesen, auf dem alle persönlichen Einnahmen des Bw. eingehen. Er sei bei der H GmbH nie beschäftigt gewesen, sondern habe nur eine "Gefälligkeitsmeldung" für ein Behördenverfahren gebraucht. Es habe sich daher um ein klassisches "Scheindienstverhältnis" gehandelt. Da der "Arbeitgeber" vermutlich in Konkurs sei, werde eine Kontaktaufnahme mit diesem zwecks Berichtigung des Lohnzettels nicht mehr möglich sein. Es werde jedoch beantragt, den Masseverwalter und den ehemaligen Geschäftsführer des "Arbeitgebers" ausfindig zu machen und als Zeugen zu befragen.

Über Auftrag des Unabhängigen Finanzsenates richtete das Finanzamt Graz-Stadt ein Amtshilfeersuchen an das Finanzamt Wien 8/16/17 betreffend Befragung des ehemaligen Arbeitgebers des Bw. Vom Finanzamt Wien 8/16/17 wurde jedoch mitgeteilt, dass die H GmbH bereits im März 2004 aufgelöst und im Oktober 2004 im Firmenbuch gelöscht worden sei. Der ab tätige Geschäftsführer sei seit unbekannten Aufenthaltes.

Mit Schreiben des Finanzamtes Graz-Stadt wurde dem Bw. der Inhalt des Schreibens des Finanzamtes Wien 8/16/17 mitgeteilt und er aufgefordert, da der ehemalige Geschäftsführer der H GmbH nicht mehr befragt werden könne, Namen und Adressen anderer geeigneter Zeugen zu nennen. Außerdem wurde der Bw. aufgefordert, den genauen Zweck der Anmeldung des Arbeitsverhältnisses bei der Gebietskrankenkasse bekannt zu geben.

Dieses Schreiben blieb unbeantwortet.

Mit Vorhalt des Unabhängigen Finanzsenates vom wurde der Bw. daher nochmals aufgefordert, Namen und Adressen von als Zeugen zu befragenden Personen bekannt zu geben sowie näher auszuführen, wofür die angebliche "Gefälligkeitsmeldung" benötigt worden sei.

In der Vorhaltsbeantwortung vom wurde ausgeführt, aus den Abgabenerklärungen des Bw. sei die Intensität der Beschäftigung des Bw. in seiner GmbH ersichtlich, sodass sich die Frage stelle, ob er überhaupt Zeit für irgendwelche anderen Beschäftigungen gehabt habe. Vom Finanzamt werde eine Vollzeitbeschäftigung behauptet, die absurd erscheine. Namen und Adressen etwaiger Zeugen werden bis zum nachgemeldet. Dem Bw. haben für die Verlängerung seines "Befreiungsscheines" einige Monate an Beschäftigungszeit gefehlt. Es sei durchaus üblich, dass in solchen Fällen der "Anmeldungswerber" die Unkosten, die dem "Beschäftiger" entstehen, ersetze, was auch in diesem Fall durch Bezahlung von rund 250 Euro monatlich durch den Bw. an seinen vermeintlichen Arbeitgeber erfolgt sei. Es entbehre nicht einer gewissen Naivität von Seiten der Finanzverwaltung an der Wahrheit der Angaben des Bw. zu zweifeln, weil derartige Gefälligkeitsmeldungen in Verfahren betreffend die Verlängerung von Arbeitsbewilligungen an der Tagesordnung seien. Für den Bw. gäbe es keine Arbeitszeitevidenz, keine Dienstzettel, keinen Arbeitsvertrag und es seien auch keine Löhne überwiesen worden. Es habe daher auch kein Dienstverhältnis bestanden. Das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses werde vom Finanzamt nur deshalb behauptet, weil angeblich Lohnabgaben gezahlt worden seien. Der angebliche Arbeitgeber des Bw. sei in Konkurs. Für die Behörde könne es kein Problem sein, den Masseverwalter im Konkursverfahren ausfindig zu machen und zu befragen. Aufgrund des Konkurses des angeblichen Arbeitgebers des Bw. werde jedoch bezweifelt, dass für den Bw. Sozialversicherungsbeiträge und Lohnabgaben in voller Höhe abgeführt worden seien. Vom Finanzamt werde daher eine Auflistung aller diesbezüglichen Zahlungen sowie deren Zusammensetzung begehrt.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien, Aktenzeichen X, wurde der Konkursantrag betreffend die H GmbH mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen. Ein Masseverwalter, der zur Beschäftigung des Bw. hätte befragt werden können, wurde daher nicht bestellt.

Aus dem Veranlagungsakt war ersichtlich, dass für das Jahr 2003 T die Lohnverrechnung für die H GmbH durchführte. Mit Schreiben des Unabhängigen Finanzsenates wurde T daher gefragt, ob ihm bekannt sei, ob der Bw. im Jahr 2003 bei der H GmbH beschäftigt gewesen sei und ob es im Zusammenhang mit dieser Beschäftigung noch irgendwelche Unterlagen gäbe.

Diese Anfrage beantwortete T damit, dass der Bw. im Auftrag seines damaligen Klienten, der H GmbH, mit bei der Gebietskrankenkasse als Facharbeiter angemeldet und mit abgemeldet worden sei. Ob die Bezüge an den Bw. tatsächlich ausbezahlt worden seien, wisse er nicht, weil er die Buchhaltung für die H GmbH nur bis Jänner 2003 geführt habe. Die monatlichen Lohnbelege sowie alle Austrittspapiere habe er stets an seine Klienten übermittelt. Als Beilage zu diesem Schreiben wurden das Lohnkonto des Bw. für das Jahr 2003 sowie eine Kopie seines Meldezettels, seines Aufenthaltstitels, seiner Versicherungskarte und seiner Beschäftigungsbewilligung übermittelt.

Die auf dem Lohnkonto ausgewiesenen Daten stimmten mit jenen überein, die dem Finanzamt bekannt gegeben worden waren. Am Lohnkonto war auch vermerkt worden, dass das Arbeitsverhältnis zum einvernehmlich aufgelöst worden sei.

Das Schreiben des T sowie die diesem Schreiben angeschlossenen Beilagen wurden dem Bw. zur Kenntnis gebracht. Der steuerliche Vertreter des Bw. führte dazu aus, dass die genannten Unterlagen keine neuen Erkenntnisse bringen und zu den Ausführungen des Bw. bzw. seines steuerlichen Vertreters nicht im Widerspruch stehen. Bemerkenswert sei jedoch, dass ein Unternehmen, das dem Wirtschaftstreuhänder nur bis Jänner 2003 Belege übermittelt habe, bis November 2003 Mitarbeiter beschäftigt haben soll. Der Bw. halte sein bisheriges Vorbringen aufrecht.

Am gab der steuerliche Vertreter des Bw. die Namen und Adressen von drei Zeugen bekannt. In einem ergänzenden Schriftsatz vom wurde bekannt gegeben, dass die drei genannten Personen seinerzeit Dienstnehmer der "Z GmbH" gewesen seien. Sie könnten daher bestätigen, dass sich der Bw. aus zeitlichen Gründen seinerzeit nur im Rahmen seiner GmbH betätigt habe.

Bei der "Z GmbH" handelt es sich um die S GmbH mit Sitz in Y. Als Firmensitz sei Y gewählt worden, weil auch der (einzige) Auftraggeber seinen Sitz in Y habe. Die S GmbH führe Schweißarbeiten aus und sei im Schlossereigewerbe tätig. Der Betrieb sei im Jahr 2000 eröffnet worden. Für das Streitjahr erklärte die S GmbH einen Umsatz von 1,262.873,14 Euro sowie Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 11.221,30 Euro. Der Bw. erzielte als Geschäftsführer dieser GmbH im Streitjahr Einkünfte in Höhe von 27.110,47 Euro.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 84 Abs. 1 EStG 1988 hat der Arbeitgeber dem Finanzamt der Betriebsstätte (§ 81) ... ohne besondere Aufforderung die Lohnzettel aller im Kalenderjahr beschäftigten Arbeitnehmer zu übermitteln. Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, ist der Steuerpflichtige gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 zu veranlagen, wenn er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt.

Unbestritten ist, dass sowohl dem Finanzamt als auch der Sozialversicherungsanstalt gemeldet wurde, dass der Bw. in der Zeit vom bis zum als Facharbeiter bei der H GmbH tätig gewesen sei. Dem Finanzamt wurde aus diesem Grund von der genannten GmbH ein Lohnzettel für den Bw. übermittelt, in dem Bruttobezüge von 11.429,15 Euro ausgewiesen sind. Da der Bw. darüber hinaus für das Streitjahr die Erzielung von Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von 27.110,47 Euro erklärte, wurde gemäß § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 eine Veranlagung durchgeführt.

Die Meldungen an das Finanzamt bzw. die Sozialversicherungsanstalt bzw. die Übermittlung des Lohnzettels an das Finanzamt sprechen für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses des Bw. im Streitjahr. Im Berufungsverfahren wurde jedoch vorgebracht, es habe sich um eine reine "Gefälligkeitsmeldung" gehandelt bzw. es sei nur ein "Scheindienstverhältnis" vorgelegen. Tatsächlich habe der Bw. für den angeblichen Arbeitgeber keine Leistungen erbracht und von diesem auch keinen Lohn erhalten. Die Ausstellung eines berichtigten Lohnzettels sei wegen der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der H GmbH jedoch nicht möglich.

Die vom Bw. zu diesem Vorbringen zunächst erstatteten Beweisanträge, nämlich den (erst ausfindig zu machenden) Masseverwalter sowie den ehemaligen Geschäftsführer der H GmbH als Zeugen zu befragen, waren nicht geeignet, die Angaben des Bw. zu bestätigen. Die H GmbH war bereits im März 2004 aufgelöst und im Oktober 2004 im Firmenbuch gelöscht worden. Der ehemalige Geschäftsführer der GmbH, ein kroatischer Staatsbürger, ist unbekannten Aufenthaltes, weshalb seine Befragung durch die Abgabenbehörde nicht möglich war. Masseverwalter war im Konkursverfahren über das Vermögen der H GmbH keiner bestellt worden, weil der Konkursantrag bereits mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen worden war.

Darüber hinaus gab der Bw. als einzigen Zweck für das Eingehen eines "Scheindienstverhältnisses" an, ihm haben für die Verlängerung seines "Befreiungsscheines" (vgl. § 15 Ausländerbeschäftigungsgesetz [AuslBG], BGBl. Nr. 218/1975) noch einige Monate an Beschäftigungszeit in Österreich gefehlt. In diesem Zusammenhang wies der Bw. daher auch darauf hin, dass er hauptberuflich als Geschäftsführer seiner "eigenen GmbH" (das ist die S GmbH) tätig sei bzw. tätig gewesen sei, weshalb es unmöglich gewesen wäre, gleichzeitig eine Vollzeitbeschäftigung als Dienstnehmer eines anderen Unternehmens auszuüben.

Dieses Vorbringen ist glaubwürdig und überzeugend, weil aus dem Veranlagungsakt der S GmbH ersichtlich ist, dass der Bw. seit dem Jahr 2000 als Geschäftsführer eines Unternehmens tätig ist, das beachtliche Umsätze erzielt, ständig mehrere Dienstnehmer beschäftigt und der Bw. ein Geschäftsführergehalt bezieht, das geeignet ist, seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Dass der Bw. neben der Tätigkeit für die S GmbH nicht die Zeit hatte, eine Vollzeitbeschäftigung als Facharbeiter bei einem anderen Unternehmen auszuüben und wohl auch nicht bereit war, für ein Bruttogehalt von insgesamt 11.429,15 Euro elf Monate im Streitjahr für ein anderes Unternehmen tätig zu sein, ist daher glaubwürdig.

Es war somit wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Beilage : 1 Berechnungsblatt

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Scheindienstverhältnis
Befreiungsschein
Ausländerbeschäftigungsgesetz
Gefälligkeitsmeldung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at