Scheidungsvergleich nur dann gebührenfrei, wenn tatsächlich eine Grundstücksübertragung vereinbart ist.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende HR Dr. Edith Putschögl und die weiteren Mitglieder HR Dr. Isolde Zellinger, Dipl.Ing. Christoph Bauer und Mag. Rudolf Lehner im Beisein der Schriftführerin Marija Schistek über die Berufung des WK., vertreten durch Dr. Gernot Fellner, Notar, 4020 Linz, Rainerstraße 20, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Gebühren nach der am in 4010 Linz, Bahnhofplatz 7, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Scheidungsfolgenvereinbarung
Am haben WK und seine Ehegattin EG folgende Vereinbarung gemäß §§ 87 Abs. 1 und 97 Abs. 1 EheG (Notariatsakt) geschlossen.
Präambel: Frau EG ist grundbücherliche Eigentümerin der Eigentumswohnung XY. Die Ehegatten erklären, dass es sich bei der Wohnung um ihre Ehewohnung handelt.Erstens: Nach Rechtsbelehrung vereinbaren die Ehegatten, dass die Übertragung des Eigentums oder eines dinglichen Rechts an ihrer Ehewohnung für den Fall der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung ihrer Ehe gemäß § 87 Abs. 1 EheG ausgeschlossen sein soll. An Stelle der Übertragung des Eigentums oder eines dinglichen Rechts an der Ehewohnung sollen ausdrücklich nur die Konsequenzen ihrer nachstehend beurkundeten Vereinbarung treten.Zweitens: Sollte die Ehe, unbeachtlich aus welchem Grund, gerichtlich geschieden werden, verbleibt die Ehewohnung im Alleineigentum der EG. Der andere Ehegatte erwirbt im Zeitpunkt der Rechtskraft der einvernehmlichen Scheidung oder des Scheidungsurteils gegen EG den Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von 50 % des Verkehrswertes der Ehewohnung.
Erstinstanzliches Verfahren
Die Parteien haben betreffend die obige Scheidungsfolgenvereinbarung am eine Gebührenanzeige ("allenfalls samt Abgabenerklärung") erstattet, woraufhin das Finanzamt WK aufgefordert hat, zum Zwecke der Gebührenbemessung den Verkehrswert der betreffenden Liegenschaft bekanntzugeben.
WK hat in seiner Eingabe vom allerdings die Auffassung vertreten, eine Gebührenvorschreibung sei in seinem Fall nicht zulässig, weil gemäß Punkt 1.8 des Erlasses des BMF, GZ BMF-010206/2007-VI/5/2010, vom die Vereinbarung grundsätzlich unter das GrEStG falle und daher die Befreiung nach § 15 Abs. 3 GebG greife. Die Ermittlung des Verkehrswertes der Liegenschaftsanteile sei somit nicht erforderlich.
Mit einem weiteren Ergänzungsersuchen vom hat das Finanzamt WK nochmals aufgefordert, den Verkehrswert der Liegenschaft bekanntzugeben, weil sich die Liegenschaft schon vor der Vereinbarung im Alleineigentum von EG befunden habe und auch im Falle der Scheidung in deren Alleineigentum verbleibe, sodass kein GrESt-pflichtiger Tatbestand vorliege.
Dem widerspricht WK in seinem Antwortschreiben vom , weil seiner Auffassung nach die gegenständliche Scheidungsfolgenvereinbarung sehr wohl einen GrESt-pflichtigen Tatbestand gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG erfülle, weil die Ehewohnung im Falle der Scheidung immer der richterlichen Aufteilung unterliege. Damit seien die Ehegatten immer zumindest gleichteilige wirtschaftliche Eigentümer einer Ehewohnung. Ohne Vereinbarung würde im Scheidungsfall das Gericht nach billigem Ermessen über die Aufteilung der Ehewohnung beschließen. Dabei wären alle Varianten denkbar: Teilung des bücherlichen Eigentums ... Übertragung der gesamten Ehewohnung an den anderen Ehegatten, mit oder ohne Ausgleichszahlung, oder Verbleib der Ehewohnung im Eigentum der Gattin, mit oder ohne Ausgleichszahlung. Es bestünde also in diesem Aufteilungsanspruch der Scheidungswilligen auch ein Anspruch auf Übereignung von Liegenschaftsanteilen, je nachdem, wie das Gericht endgültig entscheide. Um eben dem vorzugreifen und eine gesicherte Rechtslage zu schaffen, habe er mit seiner Gattin die Vereinbarung geschlossen. Es liege daher eindeutig ein grunderwerbsteuerlicher Vorgang iSd. § 1 Abs. 2 GrEStG vor. Diese Rechtsauffassung werde überdies gestützt durch die Berufungsentscheidung des .
Gebührenbescheid
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt für obige Scheidungsfolgenvereinbarung gemäß § 33 TP 20 Abs. 1 lit. b GebG die Gebühr in Höhe von 1.200,00 € (2 %) festgesetzt. Die Bemessungsgrundlage bilde der Gesamtwert der von jeder am Vergleich beteiligten Partei übernommenen positiv zu erbringenden Leistungen. Im gegenständlichen Fall sei eine Ausgleichszahlung in Höhe von 50 % des Verkehrswertes der Wohnung vereinbart worden. Lt. Urkundensammlung im Grundbuch ergäbe sich ein durchschnittlicher Kaufpreis für eine Vergleichswohnung in Höhe von 120.000,00 €, sodass als Bemessungsgrundlage der halbe Verkehrswert in Höhe von 60.000,00 € herangezogen worden sei.
Berufung
Gegen diesen Gebührenbescheid hat WK, nunmehriger Berufungswerber, = Bw, am Berufung erhoben und für den Fall der Vorlage an die Abgabenbehörde II. Instanz die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat beantragt.
Der Bw wendet zunächst ein, das Verfahren sei mangelhaft durchgeführt worden und die Abgabenbehörde I. Instanz sei voreingenommen und befangen gewesen, weil sie bereits bei seinen Anfragen von der Gebührenpflicht ausgegangen sei. Außerdem seien die Beweise unrichtig gewürdigt und der Sachverhalt rechtlich unrichtig gewertet worden.
Zur inhaltlichen Begründung weist der Bw neuerlich auf obigen BMF Erlass hin, wonach Scheidungsfolgenvereinbarungen über unbewegliches Vermögen grundsätzlich der GrESt-Pflicht unterlägen, sodass die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 3 GebG anzuwenden sei. Der Gesetzgeber habe alle denkbaren Erwerbsvorgänge an unbeweglichem Vermögen, auch im Sinne der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, erfassen wollen. § 97 EheG stelle es nunmehr Ehegatten frei, Vereinbarungen zu treffen, die im Voraus die Aufteilung der Ehewohnung regeln. Für die Definition "Aufteilung der Ehewohnung" sei nach wie vor § 87 EheG heranzuziehen, wonach das Gericht die Übertragung dinglicher Rechte oder die Begründung eines schuldrechtlichen Verhältnisses anordnen könne. Auch das Fortsetzen des bisher gemeinsamen Rechtsverhältnisses alleine durch einen Ehegatten sei unter Aufteilung der Ehewohnung zu verstehen. Der Begriff Aufteilung der Ehewohnung sei äußerst weit auszulegen. Nach dem EheG hätten auch diejenigen Ehegatten, die nicht Miteigentümer der Ehewohnung seien einen unabdingbaren Aufteilungsanspruch. Diese rechtliche Ungewissheit sollte im Sinne der Interessen der Ehegatten geregelt werden. Gemäß dem Auffangtatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen auch Rechtsvorgänge, die einem anderen ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung rechtlich oder wirtschaftlich die Verwertungsmöglichkeit einräumen, der GrESt. Aufgrund der §§ 86 und 97 EheG könne daher auf die Dauer des aufrechten Bestehens der Ehe die Ehegattin nicht alleine über die Ehewohnung verfügen. Diesbezüglich weist der Bw auf die ständige Rechtsprechung zu Fragen der Gefährdung oder Vereitelung des Aufteilungsanspruches an der Ehewohnung, auf den Wohnungserhaltungsanspruch des nicht über die Ehewohnung verfügungsberechtigten Ehegatten und auf die Sicherungsmöglichkeit des Aufteilungsanspruches gemäß § 382 EO hin. Somit sei der Bw gemeinsam mit seiner Gattin als wirtschaftlicher, gleichteiliger Eigentümer der Ehewohnung zu verstehen. Durch die Vereinbarung würde die Gattin für den Fall der Scheidung ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung die endgültige Ermächtigung erhalten die Ehewohnung zu verwerten. Jedenfalls sollten mit dem BMF Erlass zweifellos sämtliche denkbaren Scheidungsfolgenvereinbarungen erfasst werden.
Das Finanzamt hat die Berufung am der Abgabenbehörde II. Instanz zur Entscheidung vorgelegt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 33 TP 20 Abs. 1 lit. b Gebührengesetz 1957 (GebG) beträgt die Gebühr für (außergerichtliche) Vergleiche 2 vH vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen.
Nach § 15 Abs. 3 GebG sind Rechtsgeschäfte, die unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Grunderwerbsteuergesetz, Kapitalverkehrsteuergesetz oder Versicherungssteuergesetz fallen, von der Gebührenpflicht ausgenommen; dies gilt auch für Rechtsgeschäfte, sofern und insoweit diese unter das Stiftungssteuergesetz fallen.
Streitpunkt im gegenständlichen Fall ist ausschließlich die Frage, ob die obige Scheidungsfolgenvereinbarung unter das Grunderwerbsteuergesetz fällt und damit gemäß § 15 Abs. 3 GebG von der Gebührenpflicht ausgenommen ist. Die grundsätzliche Gebührenpflicht, die Höhe der Bemessungsgrundlage und die Gebührenberechnung sind ausdrücklich unangefochten geblieben.
Zweck des § 15 Abs. 3 GebG ist es, zu vermeiden, dass ein Rechtsgeschäft, das nach einem der angeführten Abgabengesetze steuerbar ist, nicht überdies noch mit einer Rechtsgeschäftsgebühr belegt wird. Eine - durch § 15 Abs. 3 GebG zu vermeidende - Doppelbesteuerung setzt allerdings grundsätzlich die Identität des Rechtsvorgangs voraus. Für die Anwendung der Ausnahmebestimmung genügt es, dass das Rechtsgeschäft überhaupt den genannten Verkehrsteuergesetzen unterliegt. Auch solche Rechtsgeschäfte sind also gebührenfrei, die nach den genannten Abgabengesetzen zwar steuerbar, im Einzelfall aber steuerbefreit sind.
Sinn und Zweck der Vorschrift ist es nämlich, eine Belastung ein und desselben Rechtsgeschäftes mit einer Gebühr und einer Verkehrsteuer zu vermeiden; zur Verwirklichung dieses Regelungszweckes ist es jedoch weder erforderlich noch folgerichtig, Teile des Entgelts weder der Verkehrsteuer noch der Gebühr zu unterziehen ().
Es gilt somit zu prüfen, ob die Vereinbarung vom einen grunderwerbsteuerbaren Tatbestand erfüllt.
Gemäß § 1 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG) unterliegen Kaufverträge und Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, der Grunderwerbsteuer.
Nach § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.
Die GrESt ist ihrem Wesen nach als eine Verkehrsteuer zu verstehen, die grundsätzlich an jeden Übergang eines inländischen Grundstücks anknüpft. Materielle Zielsetzung des GrEStG ist es, den Grundstücksverkehr und nicht bloße (zu Verträgen verdichtete) Absichten zu besteuern. Nach der Struktur der GrESt als einer Rechtsverkehrsteuer wird der Grundstückswechsel zwischen verschiedenen Rechtsträgern besteuert. Besteuerungsgegenstand der als Rechtsverkehrsteuer ausgestalteten GrESt ist der wirtschaftliche Erfolg, der auf Grund eines auf den Eigentumserwerb gerichteten Rechtsvorgangs eintritt. (siehe Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, GrEStG, § 1 Rzn. 8 und 9)
Ein zwischen Ehegatten unter der Bedingung der Scheidung abgeschlossener Vergleich ist nach Lehre und Rechtsprechung grundsätzlich ein unter § 1 Abs. 1 GrEStG fallendes Rechtsgeschäft, wenn darin der Anspruch auf Übertragung einer Liegenschaft begründet wird (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, GrEStG, § 1 Rz. 200).
Unter Bedachtnahme auf Sinn und Zweck der GrESt ist somit auch bei einem Scheidungsvergleich erforderlich, dass tatsächlich der Übergang eines Grundstückes bzw. ein Rechtsträgerwechsel vereinbart wird. Die Steuer erfasst nur Vorgänge, die auf den Erwerb eines Grundstückes abzielen. Dem Wesen der GrESt entsprechend ist eine Scheidungsfolgenvereinbarung somit nicht bereits dann grunderwerbsteuerbar, wenn ein Beteiligter Eigentümer eines Grundstückes ist. Vielmehr muss auch ein Wechsel im Grundstückseigentum oder zumindest in der wirtschaftlichen Verfügungsmacht hinsichtlich eines inländischen Grundstückes erfolgen.
Mit der gegenständlichen Scheidungsfolgenvereinbarung ist aber gerade kein Rechtsträgerwechsel vereinbart worden, vielmehr soll die Gattin ihr bisheriges Alleineigentum auch im Falle der Scheidung behalten.
Die oben dargelegten Grundsätze des GrESt-Rechtes gelten auch für Fälle der bloßen Einräumung der Verwertungsbefugnis.
Gemeinsames Merkmal der Erwerbsvorgänge des § 1 GrEStG ist der Rechtsträgerwechsel bezüglich eines Grundstückes. Der Erwerbsvorgang muss darauf gerichtet sein oder darin bestehen, dass das Grundstück von einem Rechtsträger auf einen anderen übergeht. Ein derartiger Wechsel in der Zuordnung ist auch für Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2 GrEStG erforderlich, wobei allerdings dieser Wechsel in der Grundstückszuordnung unterhalb der Ebene eines Eigentümerwechsels stattfindet. Die Vorschrift soll solche Erwerbsvorgänge erfassen, die einem Eigentumswechsel so nahe kommen, dass sie es dem Erwerber ermöglichen, sich den Wert des Grundstückes für eigene Rechnung nutzbar zu machen (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, GrEStG, § 1 Rz. 247).
Der Bw begründet das Bestehen einer GrESt-Pflicht für den gegenständlichen Vergleich im Wesentlichen mit seinem zukünftigen Ausgleichs- und Aufteilungsanspruch im Fall der Scheidung. Dadurch entstehe quasi gleichteiliges wirtschaftliches Eigentum an der Ehewohnung. Durch den Scheidungsfolgenvergleich räume der Bw seiner Gattin die endgültige Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG ein.
Dem kann nicht gefolgt werden:
Nicht jeder scheidungsbedingte Ausgleichs- oder Aufteilungsanspruch bewirkt automatisch eine Grundstücksübertragung und damit die Steuerpflicht nach dem GrEStG.
Wie der Bw selbst ausführlich darlegt, besteht Ungewissheit über einen allfälligen, zukünftigen Aufteilungsanspruch. Weder aus den §§ 86 und 97 EheG noch aus § 382 EO lässt sich ein konkreter Anspruch des Bw an der Ehewohnung, welchen er aufschiebend bedingt auf seine Gattin übertragen könnte, ableiten.
Gesetzlicher ehelicher Güterstand in Österreich ist die Gütertrennung gemäß § 1237 ABGB. Jeder Gatte bleibt Eigentümer des von ihm in die Ehe eingebrachten und während der Ehe erworbenen Vermögens. Das Ziel einer nachehelichen Vermögensaufteilung liegt nach der Rechtsprechung in einer billigen Zuweisung der real vorhandenen Bestandteile des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse unter tunlichster Aufrechterhaltung der Eigentumsverhältnisse an unbeweglichen Sachen. Nur bei besonderer Bedarfslage kann die Ehewohnung eine Ausnahme von den in § 82 Abs. 1 EheG genannten Sachen, die nicht der Aufteilung unterliegen, darstellen. In einem solchen Fall kann das Gericht gemäß § 87 Abs. 1 EheG für die Ehewohnung, wenn sie kraft Eigentums eines Ehegatten benützt wird, die Übertragung des Eigentums von einem auf den anderen Ehegatten anordnen. Der Wohnungserhaltungsanspruch (§ 97 ABGB) setzt allerdings ein dringendes Wohnbedürfnis des nicht verfügungsberechtigten Ehegatten voraus. Bei der Beurteilung des auf die Ehewohnung "Angewiesenseins" ist ein strenger Maßstab anzulegen.
Um diese Ungewissheit zu beseitigen, haben die Parteien die gegenständliche Scheidungsfolgenvereinbarung geschlossen, welche aber, wie oben bereits mehrfach betont, nur dann grunderwerbsteuerlich relevant sein kann, wenn darin tatsächlich und nicht bloß hypothetisch ein Wechsel in der Grundstückszuordnung vereinbart wäre. Konkret soll die Ehewohnung im Fall einer Scheidung vereinbarungsgemäß bei der Gattin verbleiben. Unter dieser Prämisse ist aber eine grunderwerbsteuerlich relevante Grundstücksübertragung vom Bw auf seine Gattin ausschließlich für den Fall denkbar, dass dem Bw tatsächlich ein Anspruch auf teilweise oder gänzliche Übereignung zustünde.
Nur in diesem Fall wäre eine - fiktive - Rückübertragung der strittigen Wohnung an die Gattin denkmöglich. Allerdings erhellt das Erkenntnis des ,0113, dass der Gesetzgeber Rechtsgeschäfte, mittels derer der Übereignungsanspruch dem Übereignungsschuldner rückabgetreten wird, nicht erfassen wollte. Im entgeltlichen Verzicht auf den Anspruch der Übertragung einer Liegenschaft ist kein GrESt Vorgang zu erblicken.
Soweit der Bw ein wirtschaftliches Eigentum an der Ehewohnung behauptet, ist ihm entgegenzuhalten:
Wirtschaftliches Miteigentum des Bw an der Wohnung würde voraussetzen, dass dem Bw Rechte zustünden, welche ihm eine eigentümerähnliche Stellung verschaffen bzw. welche es ihm ermöglichen, mit der Sache wie ein Eigentümer zu schalten und zu walten. Dh. dem Bw müssten die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind, nämlich Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung, Veräußerung, und zwar auch gegenüber der Eigentümerin, zustehen. Derart umfassende Rechte werden vom Bw nicht einmal behauptet. Bloße Verwaltungs- und Nutzungsrechte bewirken hingegen kein vom zivilrechtlichen Eigentum abweichendes wirtschaftliches Eigentum.
Im Übrigen hängt die vereinbarte Ausgleichszahlung im Ausmaß von 50 % des Verkehrswertes der Wohnung nicht von der Bedingung ab, dass das Gericht dem Bw tatsächlich ein dingliches Recht an der Ehewohnung zuspricht, sondern ausschließlich von der Bedingung der Scheidung.
Die Ausgleichszahlung im gegenständlichen Fall kann somit keinesfalls als Gegenleistung für einen wirklich stattfindenden, aufschiebend bedingten Grundstücksübergang verstanden werden. Ein Vergleich fällt aber, wie bereits dargelegt wurde, nur unter der Voraussetzung unter das GrEStG, wenn darin tatsächlich der Anspruch auf Übertragung einer Liegenschaft begründet wird.
Die Ansicht des Bw hätte für den sehr wahrscheinlichen Fall, dass ihm die Ehewohnung vom Gericht nicht zugesprochen würde, zur Folge, dass weder eine Vergleichsgebühr noch GrESt anfiele. Dies wäre nicht im Sinne der Ausnahmebestimmung des § 15 Abs. 3 GrEStG.
Soweit der Bw sich auf das Ergebnis der Bundessteuertagung Gebühren und Verkehrsteuern 2008 beruft, liegt kein vergleichbarer Rechtsvorgang zugrunde. Wie aus der Fragestellung zu ersehen ist, betrifft die erlassmäßige Aussage Sachverhalte, in denen tatsächlich unter einer aufschiebenden Bedingung eine GrESt-pflichtige Liegenschaftsübertragung vereinbart wurde. Im vorliegenden Fall wurde aber keine Liegenschaftsübertragung, sondern lediglich eine Abfindung vereinbart. Über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten können aus dem Erlass nicht abgeleitet werden.
Der Berufungsentscheidung des , liegt im Gegensatz zum gegebenen Fall ebenfalls eine Übertragung einer Liegenschaftshälfte zugrunde, indem der Treuhänder zwar Alleineigentum erworben hatte, der Treugeber aber durch Vereinbarung die wirtschaftliche Verfügungsmacht über eine Hälfte erhalten hat.
Da somit die gegenständliche Scheidungsfolgenvereinbarung vom per se nicht dem GrEStG unterliegt, ist sie auch nicht gemäß § 15 Abs. 3 GebG von der Gebührenpflicht ausgenommen.
Demgegenüber liegt im konkreten Sachverhalt geradezu ein typischer Vergleich. Es können nämlich auch künftige auf Gesetz beruhende Ansprüche, wenn noch zweifelhaft ist, ob und inwieweit die gesetzlich normierten Voraussetzungen gegeben sein werden, vergleichsweise geregelt werden. Der VwGH sieht daher in ständiger Rechtsprechung Vereinbarungen, die (auch schon vor der beabsichtigten Eheschließung) allfällige Scheidungsfolgen regeln, als Vergleiche im Sinne des § 33 TP 20 GebG an.
Der Berufung kommt daher keine Berechtigung zu und war spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 33 TP 20 Abs. 1 lit. b GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 15 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 1 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
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